Handelsbuch

Handelsbuch

Handelsbuch ist der bankaufsichtsrechtliche Begriff für Positionen in Finanzinstrumenten, Anteilen und handelbaren Forderungen, die von einem Kreditinstitut zum Zwecke des kurzfristigen Wiederverkaufs unter Ausnutzung von Preis- und/oder Zinsschwankungen gehalten werden. Darunter fallen auch eng mit Handelsbuchpositionen verbundene Positionen, die der Absicherung von Marktrisiken des Handelsbuchs dienen. Damit werden im Handelsbuch überwiegend Positionen erfasst, die im Rahmen des Eigenhandels einer Bank mit dem Ziel getätigt werden, sie kurzfristig weiter zu veräußern oder aus ihrer Realisierung Gewinne aufgrund von Wertdifferenzen zu erzielen. Kreditinstitute, die ein Handelsbuch zu führen verpflichtet sind, unterliegen bestimmten Auflagen durch das Kreditwesengesetz. Sie werden als Handelsbuchinstitute bezeichnet.

Nicht verwechselt werden darf dieser Begriff aus dem Kreditwesen mit der Pflicht zur Führung von Handelsbüchern im Sinne des § 239 HGB. Dies sind Aufzeichnungen, aus denen die Handelsgeschäfte und die Vermögenslage eines Kaufmanns nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich sind.

Ebenfalls zu unterscheiden ist der bankaufsichtliche Begriff des Handelsgeschäfts nach den Mindestanforderungen an das Risikomanagement.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsinhalt

Handelsbuch ist bei Kreditinstituten der Bestand an Finanzinstrumenten, die zu kurzfristigen Handelszwecken oder im Eigenbestand zur Erzielung eines Gewinns gehalten werden (§ 1a Abs. 1 KWG)[1]. Insbesondere gehören zum Handelsbuch Finanzinstrumente und Waren, die übernommen werden, um bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen den Kauf- und Verkaufspreisen oder Schwankungen von Marktkursen, -preisen, -werten oder -zinssätzen kurzfristig zu nutzen, damit ein Eigenhandelserfolg erzielt wird. Zum Handelsbuch werden nur Finanzinstrumente und Waren zugelassen, sofern diese handelbar sind und entweder mit Handelsabsicht oder zur Absicherung anderer Bestandteile des Handelsbuchs gehalten werden. Handelsbuch-Risikopositionen sind nach § 4Abs. 6 SolvV die zins- und aktienkursbezogenen Risikopositionen des Handelsbuches eines Handelsbuchinstituts.

Finanzinstrumente

Nach § 1a Abs. 3 KWG sind Finanzinstrumente alle Verträge, die für eine der beteiligten Seiten einen finanziellen Vermögenswert und für die andere Seite eine finanzielle Verbindlichkeit oder ein Eigenkapitalinstrument schaffen. Hierzu zählen insbesondere:

  • Wertpapiere
  • Anteile in Investmentvermögen
  • Geldmarktinstrumente sowie
  • Derivate.

Handelbarkeit und Handelsabsicht

Handelbar sind Positionen, für die es einen Markt gibt. „Die Handelbarkeit der Instrumente… ist wichtig, um eine Einbeziehung von Geschäften in das Handelsbuch zu verhindern, die am Markt nicht umgeschlagen werden können und so – mit gegenüber dem Anlagebuch relativ geringen Anrechnungs- und Unterlegungssätzen – zu einer Risikoverdichtung bei dem unterlegenden Institut führen können“[2]. Forderungen sind handelbar (bei Schuldscheindarlehen ist deshalb die Fungibilität besonders hoch), für andere Kredite hat sich ein Sekundärmarkt etabliert (Kredithandel).

Zur Handelsabsicht wurde in Artikel 11 Abs. 2 der Kapitaladäquanzrichtlinie Stellung genommen: „Bei Positionen[3], die mit Handelsabsicht gehalten werden, handelt es sich um jene, die absichtlich zum kurzfristigen Wiederverkauf gehalten werden oder bei denen die Absicht besteht, aus derzeitigen oder in Kürze zu erwarteten Kursunterschieden zwischen dem Ankaufs- und dem Verkaufskurs oder aus anderen Kurs- und Zinsschwankungen Profit zu ziehen.“ Beispielhafte Kriterien für die Zuordnung zum Handelsbuch direkt beim Geschäftsabschluss:

  • Wiederverkauf im Eigenbestand,
  • Nutzung von Unterschieden zwischen Kauf- und Verkaufspreisen,
  • kurzfristige[4] Erzielung eines Eigenhandelserfolgs,
  • in Zusammenhang stehende Absicherungsgeschäfte.

Außerdem gehören zum Handelsbuch die Pensions- und Darlehensgeschäfte auf Positionen des Handelsbuchs sowie Geschäfte, die mit Pensions- und Darlehensgeschäften auf Positionen des Handelsbuchs vergleichbar sind. Hierzu gehören insbesondere:

  1. Finanzinstrumente, handelbare Forderungen und Anteile, die das Institut zum Zweck des Wiederverkaufs im Eigenbestand hält oder von dem Institut übernommen werden, um bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen den Kauf- und Verkaufspreisen oder Preis- und Zinsschwankungen kurzfristig zu nutzen, damit ein Eigenhandelserfolg erzielt wird;
  2. Bestände und Geschäfte zur Absicherung von Marktrisiken des Handelsbuchs und damit im Zusammenhang stehende Refinanzierungsgeschäfte;
  3. Aufgabegeschäfte sowie
  4. Forderungen in Form von Gebühren, Provisionen, Zinsen, Dividenden und Einschüssen, die mit den Positionen des Handelsbuchs unmittelbar verknüpft sind.

Handels- und Anlagebuch

Das Handelsbuch und das Anlagebuch müssen sich jederzeit zweifelsfrei identifizieren lassen und sind deshalb getrennt voneinander zu führen. Aus diesem Grund muss auch im Rechnungswesen die Kennzeichnung oder zumindest die jederzeitige Ermittelbarkeit der bilanziellen und außerbilanziellen Handelsbuchpositionen gewährleistet sein.

Eine Umwidmung von Positionen des Handelsbuchs in das Anlagebuch oder umgekehrt ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine Zurechnung der entsprechenden Position zum Handelsbuch oder zum Anlagebuch entfallen sind. Ansonsten darf eine Umwidmung von Positionen des Handelsbuchs in das Anlagebuch oder umgekehrt nur dann erfolgen, wenn für die Umwidmung ein schlüssiger Grund vorliegt (§ 1a Abs. 4 KWG). Damit soll bankaufsichtsrechtlich verhindert werden, dass Kreditinstitute durch willkürliche Umwidmungen Gestaltungsspielräume zu ihren Gunsten ausnutzen. Mit einem kurzfristigen Wiederverkauf gleichzusetzen ist das partielle oder vollständige Schließen der Marktrisikoposition durch ein Absicherungsgeschäft (Glattstellung)[5].

Kundengeschäfte im Handelsbuch

Bei Geschäften mit Dritten, die durch den Auftrag eines Kunden ausgelöst werden (Kundengeschäfte), bei welchen der Dienstleistungsaspekt im Vordergrund steht und die daher dem Anlagebuch zugerechnet werden müssten, sind die betreffenden Geschäfte jedoch in das Handelsbuch umzuwidmen, wenn sie nicht spätestens zum Geschäftsschluss weitergehandelt worden sind. Der Dienstleistungscharakter von Kundengeschäften ist nämlich bankaufsichtsrechtlich grundsätzlich dann in Frage gestellt, wenn damit spekulative Zwecke zumindest mitverfolgt werden; jedenfalls kommt eine Zuordnung zum Anlagebuch von vorneherein nicht in Betracht.

Auf den Geschäftsschluss abzustellen, ist nicht unproblematisch. In der Zeit zwischen Abschluss des Kundengeschäftes und Geschäftsschluss können sich für das Institut Risiken entwickeln, die objektiv spekulativen Charakter annehmen. Nach Gesetzeswortlaut und -zweck könnte die BaFin ebenso gut vertreten, die Position sei unverzüglich (also nur mit technisch bedingten Verzögerungen) weiterzuhandeln, wenn die Zuordnung des Kundengeschäftes zum Handelsbuch vermieden werden solle. Die bestehende Erleichterung lässt sich nur mit der Maßgabe vertreten, dass die BaFin bei bestimmten Geschäftsstrukturen - die zwar formal unter die Erleichterung fallen - nach dem Zweck der gesetzlichen Regelung jedoch die Zuordnung zum Handelsbuch verlangen, deren Zuordnung zum Handelsbuch vorgibt[6]. So ist für die im Rahmen des Emissionsgeschäftes (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KWG) begründeten Positionen die Zuordnung zum Handelsbuch zwingend, sofern das Institut die Wertpapiere nicht in den Anlagebestand übernehmen möchte[7], sondern zum kurzfristigen Weiterverkauf im Bestand hält.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Monatsbericht der Bundesbank Dezember 2006, S. 76
  2. BaKred zum Handelsbuch, 1999, S. 4
  3. der Begriff Position umfasst Eigenhandelspositionen, Positionen, die sich aus der Kundenbetreuung ergeben sowie Market Making-Positionen; vgl. CAD III Art. 11 Abs. 2
  4. Handelsbuchgeschäfte mit einer Haltedauer von weniger als 3 Monaten
  5. BaKred-Rundschreiben 17/99 vom 8. Dezember 1999, S. 9
  6. BaKred Rundschreiben 17/99, a.a.O.
  7. BaKred Rundschreiben 17/99, a.a.O.

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