Handelsgericht

Handelsgericht

Handelsgerichte dienen der Beilegung von handelsrechtlichen Streitigkeiten. Nach dem Vorbild der französischen Tribunaux de commerce wurden spätestens im neunzehnten Jahrhundert in fast allen europäischen Staaten Spruchkörper eingerichtet, die zu einem Teil, überwiegend oder gar ausschließlich mit Kaufleuten besetzt waren. Noch heute gibt es Handelsgerichte in zahlreichen europäischen Staaten – etwa in Deutschland, Frankreich, Belgien, Österreich und in einigen Kantonen der Schweiz (nämlich Zürich, Bern, Aargau sowie St. Gallen) – und zwar in unterschiedlichen Formen und mit unterschiedlichen Zuständigkeiten.

Richter, die an Handelsgerichten tätig sind, können hauptberufliche, nebenberufliche oder ehrenamtliche Richter sein. Die nebenamtlich oder ehrenamtlich tätigen Handelsrichter werden auch als Fachrichter bezeichnet. Die Ergänzung der Gerichte mit nebenamtlichen Richtern wird dabei als fachliche Ergänzung der Gerichte gesehen.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Es gibt in Deutschland sogenannte Kammern für Handelssachen, die nach den §§  93 bis 114 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an den Landgerichten gebildet werden können und in der Regel auch gebildet wurden. Eine solche Kammer besteht aus einem Berufsrichter und zwei Handelsrichtern (§ 105 Abs. 1 GVG). Diese Kammern sind zuständig, soweit ein Rechtsstreit unter Kaufleuten vorliegt, aber auch bei Streitigkeiten aus einem Wechsel im Sinne des Wechselgesetzes, auf Grund des Scheckgesetzes, auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und auf dem Bereich des Marken- und Geschmacksmusterrechts. Die Kammern werden nur auf Antrag einer der Parteien tätig (§ 96 Absatz 1, § 98 GVG).

Schweiz

Ein eigenständiges Handelsgericht kennen die Gerichtsordnungen der Kantone Zürich, Bern, St. Gallen und Aargau.

Das bekannteste ist das Zürcher Handelsgericht. Seines großen Ansehens in Justiz und Wirtschaft ungeachtet, geriet es Anfang 2009 in die Kritik, als der Zürcher Anwalt Daniel Schwander, vormals Sekretär am Gericht, in einem Buch[1] die Auswahl der Richter und die Zuordnung der Streitsachen zu den einzelnen Kammern kritisierte. Nachdem hierüber zahlreiche überregionale Zeitungen berichteten,[2][3][4] kam es zu einer – bislang unbeantworteten – kantonsrätliche Anfrage an den Zürcher Regierungsrat.[5]

Handelsrichter

Die Handelsrichter haben nationale Verbände gebildet, die ihrerseits in einer Europäischen Union der Richter in Handelssachen (Union Européenne des Magistrats Consulaire) zusammengeschlossen sind.

Literatur

  • Wilhelm Silberschmidt, Die Entstehung des deutschen Handelsgerichts, Leipzig, 1894.
  • Wilhelm Silberschmidt, Die Deutsche Sondergerichtsbarkeit in Handels- und Gewerbesachen insbesondere seit der französischen Revolution, Stuttgart, 1904.
  • Daniel Schwander, Das Zürcher Handelsgericht und die branchenspezifische Zusammensetzung seines Spruchkörpers, Herkunft - Praxis - Kritik, Berlin, 2009.
  • Europäische Handelsgerichtsbarkeit;Herausgegeben von Brunner, Alexander; Stämpfli Verlag AG Bern, ISBN : 978-3-7272-9808-0

Einzelnachweise

  1. https://portal.d-nb.de/opac.htm?method=showFullRecord&currentResultId=schwander%2Bz%25C3%25BCrcher%2526any&currentPosition=0
  2. http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/kanton/story/12853515
  3. http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/kanton/Das-Netz-der-Rotarier-Wer-auf-welchem-Sessel-sitzt/story/18838586
  4. http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/das_handelsgericht_in_der_kritik_1.1985829.html
  5. http://www.kantonsrat.zh.ch/internet/fs1_main.asp?MNID=3541&GS_ID={2A7FC37C-E411-4DC4-A59E-B77AF3015331

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