Hans-Wolfgang von Herwarth

Hans-Wolfgang von Herwarth

Hans-Wolfgang Herwarth von Bittenfeld (üblicherweise: Hans Wolfgang von Herwarth) (* 23. Mai 1871 in Berlin; † 25. Dezember 1942) war ein deutscher Offizier, Diplomat (Militärattaché), Publizist und Ministerialbeamter.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Leben im Kaiserreich (1870 bis 1918)

Hans-Wolfgang Herwarth von Bittenfeld wurde als zweites von sechs Kindern von Wilhelm Hans Theodor Herwarth von Bittenfeld (1835–1894) und seiner Gattin Anna von Wimpfen (*1850) geboren.

Ende der 1880er Jahre trat Herwarth in die kaiserliche Armee ein. Im Anschluss an seine Ausbildung erfuhr er in Bernsberg und Groß-Lichterfelde trat er als Reserveoffizierskadett in das 2. Infanterieregiment ein. Am 15. Dezember 1897 heiratete Herwarth Modesta Friederike Katharina Wagenführ-Tangerhütte (* 4. August 1879 in Tangerhütte). Aus der Ehe, die später geschieden wurde (13. Mai 1914), gingen zwei Söhne (Hans Eberhard [* 1898], Heinrich Wolfgang [1901-1968]) und eine Tochter (Renata [1908-1982]) hervor.

Nach dem Abschluss seiner Ausbildung an der Kriegsakademie wurde Herwarth 1902 dem Generalstab attachiert. 1904 wurde er zum Hauptmann befördert. Im folgenden Jahr kam er in den Stab des 8. Armeekorps. Im Herbst 1905 wurde Herwarth erstmals in den Großen Generalstab versetzt. Von Herbst 1906 bis Sommer 1909 kommandierte Herwarth ein Hamburger Infanterieregiment. 1904 trat Herwarth auch als einer der Mitgründer der Zentralstelle für deutsche Personen- und Familiengeschichte in Erscheinung.

Nach einer erneuten Beschäftigung im Großen Generalstab wurde Herwarth am 10. August 1910 im Rang eines Majors zum Militärattaché an der deutschen Botschaft in Washington, D.C. ernannt. Dort oblagen ihm die Pflege der militärpolitischen Beziehungen des Deutschen Reiches zu den Vereinigten Staaten von Amerika und – in Personalunion – für das benachbarte Mexiko. Im Frühjahr 1914 wurde Herwarth auf diesem Posten durch den Hauptmann und späteren Reichskanzler Franz von Papen abgelöst.

Bei seiner Rückkehr nach Deutschland übernahm Herwarth abermals Aufgaben im Großen Generalstab. Nachdem bereits 1913 auf Herwarths Veranlassung eine Presseabteilung im Preußischen Kriegsministerium gegründet worden war, bestand seine Hauptaufgabe in den folgenden Jahren, bis Frühjahr 1916, darin, die Deutschland betreffenden Veröffentlichungen der Auslandspresse auszuwerten. Unterbrochen wurde diese Tätigkeit kurzzeitig, im August und September 1914 durch eine kurzzeitige Beschäftigung im deutschen Generalstab in Brüssel. Nach einer kurzen Tätigkeit als Bataillonskommandeur beim 136. Infanteriekorps (?) wurde Herwarth als Invalide im Rang eines Obersten aus der Armee entlassen. In den Jahren 1916 bis 1918 leitete Herwarth die Militärstelle des Auswärtigen Amtes. Am 9. Dezember 1916 heiratete Herwarth die Baronin Julie von Degenfeld-Schonburg (* 1. März 1871; 12. November 1942), die Witwe von Baron Jan von Wnedelstadt. Aus der Ehe ging eine 1917 geborene Tochter, Rosemarie, hervor, die bei der Geburt starb. Diese Ehe wurde 1923 geschieden.

Zu den Auszeichnungen die er im Krieg erhalten hatte zählten unter anderm das Eiserne Kreuz beider Klassen.[1]

Weimarer Republik (1919 bis 1933)

Nach dem Krieg war Herwarth in der Leitung der Verlagshäuser Eisenschmidt (Verlag für Militärliteratur) und Räder (Verlag der Technischen Nothilfe) tätig. Daneben tat Herwarth sich in den 1920er und 30er Jahren vor allem durch rege publizistische Tätigkeit hervor. Für deutsche Zeitungen (z.B. die Vossische Zeitung) und Zeitschriften verfasste er Artikel über die Aufgaben der Presse und die „Leistungen des Deutschtums“. In ausländischen Publikationen trat Herwarth vor allem der sogenannten Kriegsschuldthese (vgl. Kriegsschuldfrage) sowie ausländischer Kritik an den politischen Vorgängen in Deutschland entgegen. So trat er beispielsweise in einem Leserbrief im Times Magazine vom 1. August 1932 der Kritik dieses Organs an der Ernennung Franz von Papens zum Reichskanzler entgegen.

In den frühen 1920er Jahren stand Herwarth zudem in, bis heute nicht völlig geklärten, Verbindungen zu einigen der in Süddeutschland ansässigen Gegnern der jungen Weimarer Republik, denen er Zeitungsberichten zufolge sein Schloss Neubeuern bei Rosenheim als Treffpunkt und Planungszentrum zur Verfügung stellte.[2] Insbesondere den Bestrebungen zur Wiederherstellung der Wittelsbachermonarchie in Bayern war Herwarth dabei zugeneigt. Zu den Personen, die in seinem Haus zu dieser Zeit ein und ausgegangen sein sollen, werden unter anderem die Putschisten Hermann Erhardt und Waldemar Pabst sowie der ungarische General Miklós Horthy gerechnet.

In dritter Ehe heiratete Herwarth Frieda Johanna Schneider (* 1889).

NS-Zeit (1933 bis 1942)

Am 1. April 1933 wurde Herwarth Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnr. 1.667.522). Der amerikanische Diplomat James Grover McDonald beschreibt Herwarth für diese Zeit als einen überzeugten Nationalsozialisten, der in beinahe lyrischen Tönen über Themen wie Rassenreinheit und die Vorherrschaft der nordischen Rasse sprechen würde.[3]

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Herwarth Sonderreferent in der von Karl Bömer geleiteten Abteilung für Auslandspresse des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda. Auf Wunsch von Propagandaminister Joseph Goebbels übernahm Herwarth die Aufgabe, eine zur psychologischen Kriegsführung gedachte Broschüre zu verfassen, in der das Kriegsgeschehen anhand von Prophezeiungen des mittelalterlichen „Sehers“ Nostradamus aufschlüsselte. Die hinter dieser, 1940 in acht Sprachen vertriebenen, Veröffentlichung stehende Absicht war es, den Aberglauben im feindlichen und neutralen Ausland zugunsten der deutschen Kriegsanstrengungen auszunutzen. Zu diesem Zweck wurden Vorhersagen Nostradamus’ – dem vielfach die Gabe zugesprochen wird, dass er die Zukunft vorhersagen konnte – aneinandergereiht, und mit Kommentaren versehen, die den Eindruck erweckten, dass der deutsche Sieg im Krieg letztlich eine Unvermeidbarkeit sei. Goebbels zeigte sich zu dieser Zeit in seinem Tagebuch sehr beeindruckt von Herwarths Erfahrungen und Fähigkeiten im Propagandabereich.

Am 23. Mai 1941 wurde Herwarth von der Philosophischen und Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster zum Ehrendoktor ernannt. Die Übergabe der Ernennungsurkunde erfolgte am 14. Juni 1941.

Herwarth starb nach langer Krankheit im Dezember 1942. Das auf einen Irrtum des NSDAP-Hauptarchivs zurückgehende Todesdatum des 25. Novembers 1942 ist unzutreffend.

Schriften

  • Herwarthisches. Für die Familienmitglieder zusammengestellt von Hans-Wolfgang Herwarth von Bittenfeld, Schriftführer des Herwarthischen Familienvereins, 1899.
  • Charakteristik der Auslandspresse, 8 Bde., .
  • Handbuch der Auslandspresse, 1918.
  • Sonette aus dem Portugiesischen, 1920. (Nachdichtungen Herwarths basierend auf Elizabeth Barrett Browning)
  • What Will Happen in the Near Future? For an Answer we must turn to „Les Vrayes Centuureis et Propheties de Maistre Michel Nostradamus“ - The Prophecies of the Ancient French Astrologer Michel Nostradamus and the Present War, 1940. (Broschüre; auch in Kroatisch, Italienisch, Niederländisch, Rumänisch, Schwedisch und Serbisch erschienen)
  • Ahnentafel des Generalfeldmarschalls Eberhardt Herwarth von Bittenfeld und seiner Brüder der Generale Hans und Fritz Herwarth von Bittenfeld, (= Ahnentfafel berühmter Deutscher Bd. 6) 1944. (postum, zusammen mit Herbert Herbig)

Literatur

Einzelnachweise

  1. New York Times. 25. April 1915.
  2. Bavaria Denies Wirth's Charges. In: New York Times. 17. September 1921.
  3. United States Holocaust Memorial Museum: Advocate for the Doomed. The Diaries and Papers of James G. McDonald, 1932-1935. 2007, S. 34.

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