Hansa Records

Hansa Records

Hansa Musik Produktion war eine deutsche Produktionsfirma für Popmusik mit eigenem Schallplattenlabel (Hansa Records, kurz: Hansa).

Logo der Hansa Musik Produktion GmbH

Inhaltsverzeichnis

Gründer

Hansa wurde im Frühjahr 1964 von den Söhnen des Operettenkomponisten Will Meisel, Peter und Thomas Meisel, und dem Komponisten Christian Bruhn gegründet. Vorangegangen waren Musikproduktionen, die Verleger Peter Meisel bei anderen Labels veröffentlichen konnte; z. B. mit Drafi Deutscher („Marmor, Stein und Eisen bricht“), Manuela („Schuld war nur der Bossa Nova“), Siw Malmkvist („Liebeskummer lohnt sich nicht“), Cornelia Froboess („Midi-Midinette“) oder Marianne Rosenberg („Mister Paul McCartney“). Komponisten und Textdichter in dieser Zeit waren hauptsächlich Christian Bruhn, Peter Moesser, Heino Gaze, Rudolf-Günter Loose, Gerhard Hämmerling, Hans Bradtke oder Georg Buschor.

Anfänge

Die Gründung von Hansa erfolgte – als Gegengewicht zu den deutschen Branchenriesen Polydor, Ariola oder Teldec – als eine unabhängige Schallplattengesellschaft nach amerikanischem Vorbild („Independent Record Company“). Dafür konnte Peter Meisel den damaligen Marketingleiter der U-Musik bei Teldec, Hans-Eberhard Blume, gewinnen.

Die ersten Singleschallplatten mit Schlagerproduktionen unter dem Hansa-Label erschienen im November 1964 im Vertrieb der Ariola (damals noch in Gütersloh). Die erste Single mit der Katalognummer 11 088 AT war „Ich setze alles auf eine Karte“/„Aus (Shout)“ von Peggy Peters (später als Tina Rainford bekannt); Komponisten der A-Seite waren Heino Gaze und Fred Ignor. Seinen ersten Millionseller landete das Hansa-Label mit 1,6 Millionen verkauften Exemplaren im Sommer 1965: „Il Silenzio“ von Nini Rosso. Weitere Erfolge im Jahr 1965 waren „Er ist wieder da“ (Marion) und „Winter in Canada“ (Elisa Gabbai).

Erfolge

Ab Anfang der 1970er-Jahre waren es im wesentlichen die deutschen Schlager, die das finanzielle Standbein der Firma darstellten. In der ZDF-Hitparade waren nicht selten bis zu vier auf Hansa erschienene Titel vertreten. Ende der Siebziger sorgten die Produktionen von Frank Farian mit Boney M. und Eruption für weltweit (mit Ausnahme der USA) höchst beachtenswerten Erfolg. Zwischen 1978 und 1981 waren The Teens die erfolgreichste Künstlergruppe der Firma.

Mit der Verpflichtung Dieter Bohlens als Hausproduzent Mitte der 1980er-Jahre und dem Projekt Modern Talking stellte sich weiterer Erfolg ein. Ende der achtziger Jahre war es erneut Frank Farian, der mit Milli Vanilli – und nochmals Mitte der 1990er-Jahre mit La Bouche – weltweiten Erfolg erringen konnte.

Nach dem geschäftlichen Ausstieg von Mitgründer Peter Meisel 1985 kehrte dieser in den 1990er-Jahren wieder ins Musikgeschäft zurück und landete 1999 mit seiner Entdeckung Lou Bega und der Coverversion „Mambo No. 5“ den weltweiten Sommerhit. Die Veröffentlichung der Produktionen aus der Fernsehserie Deutschland sucht den Superstar 2003 bescherte der Firma ihr erfolgreichstes Jahr.

Verkauf

Als Hansa Musik Produktion GmbH gehörte die Firma zum Familienunternehmen Meisel, bis sie 1985 an den Unterhaltungskonzern Bertelsmann verkauft wurde und später als deren 100%ige Tochter zu BMG Berlin Musik GmbH umbenannt wurde. Andere Firmenbereiche wie das Verlagswesen, die Druckerei und die Hansa-Tonstudios blieben in privater Hand. Im Frühjahr 2005 wurde die verbliebene Kreativ-Firma in der Wittelsbacherstraße in Berlin-Wilmersdorf durch die Konzernmutter geschlossen, Künstlerverträge wurden von SonyBMG übernommen. Das Label „Hansa“ (Labelcode 00835) als solches wird von SonyBMG in München weitergeführt.

Hansa-Tonstudios

Im Besitz der Meisel-Firmengruppe befanden sich mehrere Tonstudios:

Studio 1 befand sich zunächst der Nestorstraße in Wilmersdorf, später folgte der Umzug in die Köthener Straße. Hier entstanden fast alle Hansa-Produktionen von Roland Kaiser, Bernhard Brink, Frank Zander, Gunter Gabriel, aber auch Fremdproduktionen für andere Labels, beispielsweise mit Peter Maffay, Dorthe Kollo, Siw Inger oder Marianne Rosenberg.

Studio 2 entstand durch den Kauf des Hauses in der Köthener Straße 38 nahe dem Potsdamer Platz und der Übernahme des zur Ariola gehörenden Sonopress-Tonstudios. Hier produzierte vorwiegend Jack White seine Künstler Tony Marshall, Lena Valaitis, Jürgen Marcus, Renate & Werner Leismann, Nina & Mike oder Tanja Berg; aber auch CBS produzierte hier diverse nationale Künstler.

Als von jedermann buchbares Tonstudio erlangte es Bedeutung als Studio by the Wall oder auch Big Hall by the Wall. Nachdem David Bowie es mit seiner Berlin-Trilogie und insbesondere („Heroes“) von 1977 auf die Landkarte der internationalen Musikwelt gebracht hatte, Iggy Pop dort zusammen mit Bowie produzierte folgten Depeche Mode, Marillion, Falco, Nick Cave, U2 und weiteren Rock- und Popgrößen. Studio 2 wurde abgerissen um den Meistersaal zu rekonstruieren, der bis dahin als Aufnahmeraum diente.

Das Studio hatte in den 1980ern mehrere Vorteile: verglichen mit ähnlichen Studios in anderen Städten und insbesondere dem Vereinigten Königreich war es durch die Berlinförderung vergleichsweise preiswert. So hatte es bei der Produktion von Depeche Modes Construction Time Again (1983) bereits ein 64-Kanal-Mischpult und schon damals lobte Alan Wilder, dass alles computerisiert sei und so auch ahnspruchsvolle Mixes möglich machte. Es war durch Bowies Berliner Phase popkulturell geadelt und mit einem ungewöhnlich prachtvollen Ambiente historischer Doppeldeutigkeit, da der große Saal des Studios vor 1945 als Tanzsaal für SS-Offiziere gedient hatte. Andererseits ermöglichte der Kontrollraum aus einen direkten Blick auf die Berliner Mauer, was ebenfalls zur historisch-politischen Ambivalenz des Ortes beitrug und beispielsweise Bowie direkt zu seinem "Heroes"-Song inspirierte.[1]

Studio 3 befand sich ebenfalls im Haus Köthener Straße 38 und ist gleichwohl inzwischen abgerissen.

Heute umfassen die Hansa-Tonstudios lediglich das alte Studio 1, zwei weitere kleinere Studios und das ehemalige „Misch-Studio“, das derzeit vorwiegend von Jack White und Udo Jürgens genutzt wird.

„Hall of Fame“

Für folgende Künstler war „die Hansa“ das Sprungbrett ihrer Karriere:

Nummer-1-Hits

Diese auf Hansa erschienenen Titel erreichten den Spitzenplatz der deutschen Verkaufshitparade:

  • „Il Silenzio“ (Nini Rosso, 1965)
  • „Am Tag, als Conny Kramer starb“ (Juliane Werding, 1972)
  • „Der Junge mit der Mundharmonika“ (Bernd Clüver, 1973)
  • „Der kleine Prinz“ (dto., 1973)
  • „Rocky“ (Frank Farian, 1976)
  • „Daddy Cool“ (Boney M., 1976)
  • „Sunny“ (dto., 1976)
  • „Ma Baker“ (dto., 1977)
  • „Magic Fly“ (Space, 1977)
  • „Belfast“ (Boney M., 1977)
  • „Rivers Of Babylon“ (dto., 1978)
  • „Rasputin“ (dto., 1978)
  • „Mary’s Boy Child/Oh My Lord“ (dto., 1978)
  • „El Lute“ (dto., 1979)
  • „Santa Maria“, (Roland Kaiser, 1980)
  • „Ja, wenn wir alle Englein wären“ (Fred Sonnenschein & seine Freunde, 1981)
  • „You’re My Heart, You’re My Soul“ (Modern Talking, 1985)
  • „You Can Win If You Want“ (dto., 1985)
  • „Cheri, Cheri Lady“ (dto., 1985)
  • „Brother Louie“ (dto, 1986)
  • „Midnight Lady“ (Chris Norman, 1986)
  • „Atlantis Is Calling“ (Modern Talking, 1986)
  • „Girl, You Know It’s True“ (Milli Vanilli, 1988)
  • „Be My Lover“ (La Bouche, 1995)
  • „Mief!“ (Die Doofen, 1995)
  • „Flugzeuge im Bauch“ (Oli.P, 1998)
  • „Mambo No. 5“ (Lou Bega, 1999)
  • „Blue (Da Ba Dee)“ (Eiffel 65, 1999)
  • „So bist du“ (Oli.P, 1999)
  • „Ich vermiss’ dich… wie die Hölle“ (Zlatko, 2000)
  • „Großer Bruder“ (Zlatko & Jürgen, 2000)
  • „Around The World/La La La La La“ (ATC, 2000)
  • „Es ist geil ein Arschloch zu sein“ (Christian, 2000)
  • „We Have A Dream“ (Deutschland sucht den Superstar, 2003)
  • „Take Me Tonight“ (Alexander, 2003)
  • „You Drive Me Crazy“ (Daniel Küblböck, 2003)
  • „Für dich“ (Yvonne Catterfeld, 2003)
  • „Free Like The Wind“ (Alexander, 2003)
  • „Du hast mein Herz gebrochen“ (Yvonne Catterfeld, 2004)
  • „Augen auf!“ (Oomph!, 2004)

Quelle

  1. Jonathan Miller: "Stripped: Depeche Mode"; Omnibus Press, 2004 ISBN 1844494152 S. 161-162
  • Persönliche Mitteilung eines langjährigen Hansa-Mitarbeiters

Weblinks


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