Hantavirus

Hantavirus
Gattung Hantavirus
Sin Nombre virus
Systematik
Reich: Viren
Ordnung: nicht klassifiziert
Familie: Bunyaviridae
Taxonomische Merkmale
Genom: (-)ssRNA segmentiert
Baltimore: Gruppe 5
Symmetrie: helikal
Hülle: vorhanden

Die Gattung Hantavirus aus der Familie der Bunyaviridae umfasst u. a. die humanpathogenen Arten Hantaan-Virus, Puumala-Virus, Dobrava-Belgrad-Virus, Seoul-Virus, Korea-Fieber-Virus, Sin-Nombre-Virus. Diese behüllte Einzel-Strang(−)-RNA-Viren [ss(−)RNA] verursachen Lungenerkrankungen, akutes Nierenversagen (Nephrotisches Syndrom) oder schwere hämorrhagische Fiebererkrankungen insbesondere im südasiatischen Raum. Hanta-Viren sind weltweit verbreitet. In Mitteleuropa sind beispielsweise einige Regionen in Niedersachsen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg sowie in Österreich Teile der Steiermark[1] als Endemiegebiete für das Puumala-Virus bekannt, durch die es besonders im Frühjahr zu Erkrankungen mit plötzlichem Nierenversagen kommen kann.

Der Name Hanta geht auf einen Fluss in Korea zurück, an dem in den 1950er-Jahren während des Koreakrieges Tausende UNO-Soldaten an einer Infektion mit Hantaviren (Typ Hantaan) erkrankten.

Inhaltsverzeichnis

Übertragung

Die Übertragung geschieht durch verschiedene Nager, die mit dem Speichel, den Fäkalien und dem Urin (Virurie) große Mengen an Erregern ausscheiden. Bei den Nagern sind vor allem Mäuse, in Deutschland besonders die Rötelmaus als Überträger festgestellt, die jedoch selbst nicht erkranken. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt sowohl durch Kontaktinfektion als auch durch orale, überwiegend jedoch durch respiratorische Aufnahme der Erreger, seltener durch Nagetierbisse.[2] Eine mögliche Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist nur in einem einzigen Fall in Südamerika beschrieben worden.[3]

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit beträgt 12 bis 21 Tage.

Symptomatik

Es kommt zu Fieber, Petechien, geringen Blutungen und Proteinurie; diese Symptome heilen ohne Folgen aus.

Bei bis zu einem Drittel der Erkrankten ergibt sich ein schwererer Verlauf: Nach einer Fieberphase von 3 bis 7 Tagen mit Kopfschmerzen, Myalgien (Muskelschmerzen), Blutungen der Augenbindehaut (konjunktivalen Blutungen), Hautblutungen (Petechien) und Blutungen der Schleimhäute kommt es vorübergehend zu Hypotonie (Blutdruck unterhalb der Norm), Tachykardie (Herzrasen) und evtl. Bewusstseinsstörungen. Eine akute tubuläre und interstitielle Nephritis kann dann zunächst zu Oligurie mit arterieller Hypertonie führen oder zum Ausfall einer oder beider Nieren. Begleitend treten Erbrechen, gastrointestinale (den Magen-Darm-Trakt betreffende) und zerebrale (das Gehirn betreffende) Blutungen, Hämaturie, selten Lungenödeme auf. Das Schicksal des Patienten entscheidet sich in dieser Phase. Anschließend (5. Krankheitswoche) kommt es zu einer Phase mit verstärkter Urinausscheidung (Diurese) mit einer Ausscheidung von 3 bis 6 l/Tag. Erkrankungen durch Hantaviren müssen bei schwerem Verlauf im Krankenhaus behandelt werden, andernfalls kann die Erkrankung zum Tode führen. Eine Anämie kann Monate fortdauern. Der Nachweis von Hantaviren ist meldepflichtig.

Die europäische mildere Form, verursacht durch das Puumala-Virus, wird als Nephropathia epidemica bezeichnet. Dabei treten selten Blutungen auf. Akute Glaukomanfälle, eine Beteiligung des Zentralen Nervensystems (ZNS), Myokarditiden und intestinale (den Darm betreffende) Blutungen können als Komplikationen auftreten.

Diagnose

Die Erregerisolation ist im Tierversuch und in Zellkulturen zu Krankheitsbeginn möglich. Der serologische Nachweis wird im Immunfluoreszenztest und ELISA erbracht. IgM-Antikörper sind nur einige Wochen nachweisbar, wohingegen die 14 Tage nach Krankheitsbeginn auftretenden IgG-Antikörper jahrelang bestehen bleiben können.

Prophylaxe

Eine Impfung gegen Hantaviren befindet sich erst im Entwicklungsstadium.[4][5][6][7][8]. Eine andere Möglichkeit, die Infektion mit Hantaviren zu verhüten, ist, Nagetiere im Umfeld von menschlichen Siedlungen zu bekämpfen. Ist ein Kontakt nicht zu vermeiden, z. B. beim Reinigen befallener Räume, wird empfohlen, Nagetierkadaver nur mit Einmalhandschuhen zu entfernen. Ein Anfeuchten der betroffenen Flächen vermindert das Aufwirbeln von Staub, gegebenenfalls sollte ein Mundschutz getragen werden. Kontaminierte Flächen sollten nach dem Reinigen desinfiziert werden.[9]

Vorkommen

Hantaviren sind weltweit verbreitet. Da Hantavirus-Erkrankungen in Deutschland erst seit 2001 meldepflichtig sind, liegen für die Erkrankungsraten aus früheren Jahren keine verlässlichen Daten vor. Mit 1687 gemeldeten Fällen gehörten Hantavirus-Infektionen im Jahr 2007 zu den fünf häufigsten meldepflichtigen Viruserkrankungen in Deutschland (nach Noroviren, Rotaviren, Influenza und Hepatitis C). Auffällig sind die jährlich großen Unterschiede der Erkrankungsfälle: 2007 waren die Fallzahlen viermal höher als 2005, und 2006 wurden nur 72 Erkrankungen gemeldet.[10] Auch regionale Unterschiede bestehen: Hohe Fallzahlen wurden 2007 aus der Schwäbischen Alb, dem Bayerischen Wald, dem Spessart, Köln und dem Münsterland gemeldet.

Systematik

  • Hanta-Virus
    • Hantaanviren (Serogruppe)
      • Hantaan-Virus = muerto-Canyon-Virus – hämorrhagisches Fieber
      • Seoul-Virus – hämorrhagisches Fieber
      • Psospect-Hill-Virus – hämorrhagisches Fieber
      • Puumala-Virus (PUU) – hämorrhagisches Fieber
      • Dobrava-Virus – hämorrhagisches Fieber
      • Tula-Virus – hämorrhagisches Fieber
      • Korea-Fieber-Virus – Korea-Fieber, hämorrhagisches Fieber
      • Sin-Nombre-Virus – hämorrhagisches Fieber mit schwerem Lungenödem

Einzelnachweise

  1. http://steiermark.orf.at/magazin/immergutdrauf/gesundheit/stories/213537/
  2. http://www.rki.de/cln_028/nn_226734/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2006/40__06,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/40_06
  3. P.Padula et al.: [Epidemic outbreak of Hantavirus pulmonary syndrome in Argentina. Molecular evidence of person to person transmission of Andes virus.] Medicina (B Aires). (2004) 58 Suppl 1:27-36
  4. http://ec.europa.eu/research/rtdinfo/46/02/article_2947_de.html
  5. http://www.pubmedcentral.nih.gov/articlerender.fcgi?artid=224585
  6. http://www.springerlink.com/content/8yl0yruwvyljpaqq
  7. http://www.usamriid.army.mil/press%20releases/hooper_press_release.pdf
  8. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=PubMed&list_uids=11709294&dopt=Abstract
  9. http://www.ukaachen.de/go/show?ID=4472610&ALTNAVID=4378328&DV=0&COMP=page&ALTNAVDV=0
  10. Epidemiologisches Bulletin Nr. 19 vom 9. Mai 2008, S. 149, PDF

http://www.dasumwelthaus.de/page.cgi?ID=14925

Weblinks


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