Hasmonäischer Bruderkrieg

Hasmonäischer Bruderkrieg

Als Hasmonäischer Bruderkrieg wird eine Auseinandersetzung zwischen den Brüdern Aristobulos II. und Johannes Hyrkanos II. um die Thronfolge in Judäa bezeichnet. Der Krieg begann mit der Erkrankung der Königin Salome Alexandra im Jahr 67 v. Chr. und endete im Wesentlichen mit der Neuordnung Judäas durch Gnaeus Pompeius Magnus im Jahr 63 v. Chr. Versuche der Nachkommen des Aristobulos, ihre Ansprüche auf das Königtum in Judäa durchzusetzen, währten noch bis zur Hinrichtung von Antigonos, Sohn des Aristobulos im Jahr 37 v. Chr.

Obwohl von der Geschichtsschreibung nicht einmal mit einem gebräuchlich Namen gewürdigt, war es diese Auseinandersetzung, die mit immer wieder angezettelten Aufständen insgesamt 30 Jahre lang währte und mit der Neuordnung Judäas durch Pompeius 63 v. Chr. das Ende einer halbwegs unabhängigen jüdischen Staatlichkeit mit sich brachte.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Der Krieg begann im Jahr 67 v. Chr. Königin Alexandra war schwer erkrankt und ihr Sohn und Hohepriester Johannes Hyrkanos übernahm die Regentschaft. Der die politische Landschaft prägende Konflikt, nicht nur während ihrer Regierung, sondern auch während der Regierung ihres Vorgängers und Gatten Alexander Jannaios, war die Kampf zweier religiöser Parteien, der Sadduzäer und der Pharisäer um politische Macht und kulturelle Dominanz.

Während Alexander Jannaios die Sadduzäer bevorzugt hatte, war unter Alexandra eine politische Wende vollzogen worden. Exilierte Pharisäer durften zurückkehren und die pharisäische Partei beherrschte den Rat (Synhedrion). Wie schon oft, waren die Pharisäer von Verfolgten zu Verfolgern geworden und suchten insbesondere die nun unterlegenen Sadduzäer durch strenge Auslegung des (pharisäischen) Religionsgesetzes mit Anklagen und Todesurteilen heim, bis diese den Schutz von Königin Alexandra erflehten. Alexandra schuf einen gewissen Ausgleich der politischen Machtverhältnisse, indem sie einen Großteil der Grenzfestungen der Kontrolle der Sadduzäer übergab.

Bürgerkrieg

Diese Entscheidung sollte sich als fatal erweisen. Alexandra erkrankte und ihr ehrgeiziger, ohnehin der sadduzäischen Partei zuneigender Sohn Aristobulos II. brachte zunächst die Festung Agaba und binnen kurzer Zeit 21 weitere unter sadduzäischer Kontrolle stehende Festungen in seine Hand, womit der Aufstand de facto begonnen hatte. Seine Frau und die Kinder, die er in Jerusalem zurückgelassen hatte, wurden in der Festung Baris (der späteren Burg Antonia) gefangengesetzt (Ant. XIII.422ff; Bell. I.177f).

Alexandra hatte ihren anderen Sohn Hyrkanos zum Nachfolger bestimmt. Beim Tod ihres Mannes hatte sie die Regierung übernommen, konnte aber aus kultischen Gründen nicht wie ihr verstorbener Mann die Ämter des Hohenpriesters und Königs auf sich vereinen. Hoherpriester wurde daher ihr Sohn Hyrkanos, der als ihr Nachfolger die Personalunion von Hoherpriester und König wiederhergestellt hätte.

Hyrkanos war der legitime König, doch was die Machtmittel anbelangte, war sein Bruder Aristobulos im Vorteil. Er verfügte nicht nur über die Unterstützung der sadduzäischen Partei, sondern es gelang ihm auch Söldner anzuwerben. Bei der Begegnung der Heere bei Jericho flohen die Soldaten des Hyrkanos oder liefen zu Aristobulos über. Hyrkanos zog sich darauf nach Jerusalem zurück, wo er noch immer die Familie des Aristobulos in Gewahrsam hatte. Die Situation schien für ihn jedoch so aussichtslos gewesen zu sein, dass er sich damit einverstanden erklärte, auf seinen Anspruch auf den Thron zu verzichten und sich ins Privatleben zurückzuziehen (aus der Schilderung bei Josephus wird nicht klar, ob er auch auf das Amt des Hohenpriesters zu verzichten bereit war). Diese Vereinbarung zwischen den beiden Brüdern wird im Tempel vor allem Volk beeidet.

An diesem Punkt scheint Antipatros, Stratege von Idumäa und Ratgeber des Hyrkanos diesem geraten zu haben, seinen Anspruch nicht aufzugeben, vielmehr aus Jerusalem zu fliehen und die Hilfe des Nabatäerkönigs Aretas III. zu suchen, der dem Antipatros durch verwandtschaftliche Beziehungen verbunden war. Aretas gewährte auch Hilfe, nachdem ihm Hyrkanos die Rückgabe der von Alexander Jannaios eroberten nabatäischen Städte versprochen hatte, und zog mit einem Heer von 50000 Mann gegen Aristobulos und besiegte ihn, worauf Aristobulos nach Jerusalem floh und dort von Aretas belagert wurde.

Das Blatt wendet sich, als Scaurus, ein General des Pompeius in den Konflikt eingreift und nach sorgfältiger Abwägung der von beiden Brüdern gebotenen Bestechungssummen Aretas zwang, die Belagerung aufzuheben. Nach Abzug des Aretas und des Scaurus sammelt Aristobulos erneut ein Heer und es gelingt ihm, die Streitkräfte von Hyrkanos bei Papyron zu schlagen. Hyrkanos und Antipatros finden Asyl in Petra, der Hauptstadt der Nabatäer.

Neuordnung Syriens durch Pompeius und die Folgen

Da die Regelung der Verhältnisse durch Scaurus offenbar nicht geeignet war, in Judäa dauerhaft Frieden zu stiften, berief Pompeius etwa ein Jahr später (64/63 v. Chr.) die Vertreter der beiden Parteien zu sich. Antipatros erscheint dort als Vertreter des Hyrkanos, als Vertreter des Aristobulos erscheint Nikodemus, der den Scaurus und Gabinius der Bestechlichkeit anklagt, was weder diese beiden Parteigänger des Pompeius noch vermutlich Pompeius selbst für die Sache Aristobulos einnimmt. Pompeius entscheidet zunächst nicht, sondern marschiert im Frühling nach Damaskus, wo betreffend die judäische Frage drei Parteien vor ihm erscheinen, nämlich außer der Vertretern der beiden Brüdern noch eine dritte Partei. Diese Partei wünschte als Vertreter des jüdischen Volkes, überhaupt nicht von Königen regiert zu werden, sondern alter Sitte gemäß von einem Hohenpriester.

Vielleicht aufgrund rechtlicher Überlegungen, vielleicht auch bewogen durch das undiplomatische und hochfahrende Wesen des Aristobulos entschied Pompeius schließlich zugunsten von Hyrkanos. In der Folge kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Pompeius und Aristobulos, der einmal den Forderungen des Pompeius nachzugeben schien, dann wieder Vorbereitungen zum militärischen Widerstand traf. Schließlich wurde Aristobulos gefangengesetzt, seine Anhänger in Jerusalem leisteten jedoch weiter Widerstand und verschanzten sich schließlich im Tempel, nachdem Anhänger des Hyrkanos die Römer in die Stadt gelassen hatten. Nach einer dreimonatigen Belagerung gelang den Römern die Erstürmung des Tempels. Nicht nur die zahlreichen Opfer unter den Priestern, sondern vor allem das Betreten des Allerheiligsten durch Pompeius sorgte für große (und nachhaltige) Empörung unter den Juden. Warum Pompeius eine solche bewusste Verletzung religiöser Gefühle für sinnvoll hielt, ist nicht klar. Man kann vermuten, dass es eine wohlüberlegte Handlung war mit dem Ziel, den Herrschaftsanspruch Roms in der Region symbolisch zu demonstrieren (etwa wie bei anderer Gelegenheit die Römer die Götter einer eroberten Stadt symbolisch gefangen nahmen). Jedenfalls zeigte sich der imperiale Anspruch nicht nur in symbolischen Handlungen, sondern vor allem in der Neuordnung Syriens und insbesondere Judäas im Jahr 63 v. Chr.. Pompeius verfügte folgendes:

  • Hyrkanos wurde in seinem Amt als Hoherpriester bestätigt, jedoch nicht als König der Juden. Er ist dem Statthalter der Provinz Syrien verantwortlich. Erster dieser Legaten wird Marcus Aemilius Scaurus der Jüngere.
  • Die von den Hasmonäern eroberten Gebiete und Städte außerhalb des jüdischen Kerngebiets wurden zurückgegeben bzw. wieder frei. dazu gehören insbesondere eine Reihe von Städten mit vorwiegend griechischer Bevölkerung.
  • Judäa wurde tributpflichtig.
  • Aristobulos wurde mit seiner Familie nach Rom gesandt.
  • Antipatros wurde Verwalter mit römischem Auftrag. Er erwies sich in dieser Funktion den Römern als äußerst nützlich, weshalb er seine Stellung auch noch behielt, als Hyrkanos von Gabinius (der 57-54 v. Chr. Legat in Syrien war) aller politischen Macht entkleidet wurde.

Aufstände des Aristobulos und seiner Söhne

Auf dem Weg nach Rom war es Alexander, dem Sohn des Aristobulos, gelungen zu fliehen. Er kehrte 57 v. Chr. nach Judäa zurück, sammelte eine beachtliche Armee (laut Josephus 10000 Mann und 1500 Reiter) und machte sich de facto zum Herrn des Landes. Darüber hinaus begann er nicht nur die von Pompeius geschleiften Befestigungen Jerusalems zu erneuern, sondern befestigte auch andere Plätze, darunter Alexandrium bei Koreae (eine Bergfestung, in die sich schon sein Vater auf der Flucht vor Pompeius begeben hatte), Hyrcania und Machaerus. Nachdem seine Armee von den Truppen des von Gabinius mit einem Teil des syrischen Heeres vorausgeschickten Marcus Antonius geschlagen wurde, zog er sich nach Alexandrium zurück, wo er von Gabinius und Marcus Antonius belagert wurde. Dem Heer des Antonius gehörte auch jüdische Hilfstruppen unter Antipatros, Malichus und Pitholaos an Malichus war später Anstifter der Ermordung des Antipatros, Pitholaos wurde auf Anraten des Antipatros von Cassius hingerichtet. Schließlich musste sich Alexander ergeben. Auf Bitten seiner Mutter wurde er verschont, die Festungen jedoch wurden geschleift.

Gabinius lässt die vom Krieg verwüsteten Städte wieder aufbauen. Darüber hinaus wird durch seine Verfügung Judäa in fünf Bezirke geteilt (Jerusalem, Gadara, Amathus, Jericho und Sepphoris). Diese Bezirke werden fortan von aristokratischen Ältestenräten (Synhedrion) regiert, womit das Königtum der Hasmonäer auch formal sein Ende fand. Hyrkanos bleibt weiterhin Hoherpriester.

Kaum war der Aufstand Alexanders beendet und die Mauern von Alexandrium niedergerissen, beginnt sein Vater Aristobulos einen neuen Aufstand. Ihm und seinem Sohn Antigonos war es gelungen, aus Rom zu fliehen. Sie sammeln ein Heer von (schlecht bewaffneten) Aufständischen, dem sich auch Pitholaos anschließt, und in Alexandrium und Machaerus wird wieder gebaut. Doch erneut unterliegen sie in der Schlacht gegen Gabinius. Sie flüchten nach Machaerus, müssen jedoch nach kurzer Belagerung sich ergeben und werden in Ketten nach Rom gebracht.

Im Jahr darauf (55 v. Chr.) gelang es Alexander erneut, in Judäa einen Aufstand zu entfachen. Der von Gabinius entsandte Antipatros konnte diesmal einen erheblichen Teil der Aufständischen zum Niederlegen der Waffen bewegen. Alexander und 30000 Anhänger weigerten sich jedoch, aufzugeben und wurden am Berg Tabor von Gabinius geschlagen (Jos. Ant. XIV,102).

Hauptbeteiligte

Quellen

Hauptquelle für den in Frage stehenden Zeitraum ist Josephus mit seinen beiden Büchern, dem zuerst verfassten De bello Judaico ("Über den jüdischen Krieg") und dem späteren Antiquitates Judaicae ("Jüdische Altertümer"). Beide werden hier nach der Abschnittszählung von Niese zitiert. Beide Werke finden sich Online (griech./engl.) auf der Website von PACE [1].

Im Bericht des Appian über den Krieg des Pompeius gegen Mithridates [2] und dem Buch über die syrischen Kriege (Syriaca) [3] finden die jüdischen Angelegenheiten nur am Rande Erwähnung.

Im Buch XXXVII der Römischen Geschichte von Cassius Dio [4] wird die Auseinandersetzung summarisch, die Belagerung Jerusalems durch Pompeius jedoch ausführlicher besprochen.

Weblinks


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