Hauptabschluss

Hauptabschluss

Der Jahresabschluss ist der rechnerische Abschluss eines kaufmännischen Geschäftsjahres. Er stellt die finanzielle Lage und den Erfolg eines Unternehmens fest und beinhaltet den Abschluss der Buchhaltung, die Zusammenstellung von Dokumenten zur Rechnungslegung sowie deren Prüfung, Bestätigung und Veröffentlichung. Bei Unternehmen, die der Pflicht zur Buchführung unterliegen, sind die Hauptbestandteile des Jahresabschlusses die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung, gegebenenfalls ergänzt um den Anhang und den Lagebericht. Kleine Gewerbetreibende und Freie Berufe stellen eine Einnahmenüberschussrechnung auf.

Inhaltsverzeichnis

Funktionen

Der Jahresabschluss hat zwei Grundfunktionen: Er informiert über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und stellt die Bemessungsgrundlage für die Verteilung des Ergebnisses auf.

  • Informationsfunktion: Die Dokumentation der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zum Bilanzstichtag ist Basis für Planungen und künftige Entscheidungen des Unternehmens, der Anteilseigner und externer Gruppen. Das Ergebnis des Jahresabschlusses wird von Banken und anderen Gläubigern als Kriterium für Kreditvergabe herangezogen und kann nach § 258HGB als Beweis in einem Rechtsstreit verwendet werden.
  • Zahlungsbemessungsfunktion: Der Jahresabschluss ist Grundlage für die Besteuerung des Unternehmens und für die Ermittlung von erfolgsabhängigen Auszahlungen wie Dividenden und Erfolgsbeteiligungen.

Rechtliche Grundlagen

Die handelsrechtlichen Grundlagen für die Aufstellung des Jahresabschlusses sind im wesentlichen im deutschen Handelsgesetzbuch und im österreichischen Unternehmensgesetzbuch enthalten. Kapitalmarktorientierte Unternehmen müssen darüber hinaus internationale Rechnungslegungsstandards beachten. Die beiden wichtigsten Regelwerke sind die International Financial Reporting Standards (IFRS), verpflichtend für Konzernunternehmen, und die United States Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) für Unternehmen, die im US-amerikanischen Markt tätig sind. Die Anwendung von US-GAAP kann Voraussetzung für die Börsennotierung in den USA sein. Die zum Teil erheblich voneinander abweichenden Vorschriften der einzelnen Standards können die Notwendigkeit einer Parallelen Buchführung und mehrerer paralleler Abschlüsse zur Folge haben. Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee entwickelt in Deutschland Empfehlungen zur Standardisierung nationaler und internationaler Grundsätze. Es hat jedoch inzwischen infolge des Vormarsches der IFRS an Bedeutung verloren.

Diese Rahmen-Regelwerke werden durch weitere spezielle Gesetze und Verordnungen ausgestaltet. Zu nennen sind insbesondere das Publizitätsgesetz, das die Veröffentlichung der Abschlüsse bestimmter Unternehmen definiert, sowie steuerliche Bestimmungen wie das Einkommensteuergesetz. Zudem ergeben sich Besonderheiten in Abhängigkeit von der Rechtsform (z. B. §§ 150ff Aktiengesetz oder § 42 GmbHG).

Auch für bestimmte Branchen gibt es spezielle Vorschriften. So erfolgt der Jahresabschluss in Deutschland bei Banken nach der Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung (RechKredV), bei Versicherungen nach der Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung (RechVersV) und bei Pensionsfonds nach der Pensionsfonds-Rechnungslegungsverordnung (RechPensV).

Zeitpunkt der Aufstellung

Die Bilanz als wesentlicher Teil des Jahresabschlusses wird nach § 242 HGB von jedem Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres gefordert. Die Fristen sind gestaffelt: Große und mittelgroße Kapitalgesellschaften müssen den Jahresabschluss in den ersten drei Monaten, kleine Kapitalgesellschaften in den ersten sechs Monaten des neuen Jahres aufstellen (§ 264). Nicht-Kapitalgesellschaften sind lediglich zur Einhaltung einer „einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit“ verpflichtet (§ 243).

Vorbereitung

Die vorbereitenden Arbeiten im Jahresabschluss überprüfen und korrigieren das Ergebnis, das durch die laufende Buchführung entstanden ist, und bereiten es den internen und gesetzlichen Erfordernissen entsprechend auf. Im folgenden sind die wichtigsten Vorarbeiten aufgeführt.

  • Die Inventur stellt den tatsächlichen Bestand des Vermögens und der Schulden fest. Die in das Inventar aufgenommenen Bestände werden nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung bewertet und Differenzen zwischen Soll- und Istbestand erfolgswirksam ausgebucht.
  • Durch die Ermittlung und Buchung von Abschreibungen fließen Wertminderungen des Anlagevermögens entsprechend der Nutzungsdauer der einzelnen Anlagegegenstände in den Jahresabschluss ein. Gegebenenfalls sind Abschreibungen auch auf das Umlaufvermögen erforderlich.
  • Forderungen müssen auf ihre Bonität geprüft und bewertet werden. Erkennbare Risiken des Forderungsausfalls werden durch die Buchung von Einzel- und Pauschalwertberichtigungen berücksichtigt.
  • Die periodengerechte Erfolgsermittlung wird durch die zeitliche Rechnungsabgrenzung und die Bildung von Rückstellungen gewährleistet.
  • Ebenfalls zu den vorbereitenden Abschlussbuchungen zählt die Einstellung gesetzlich vorgeschriebener oder freiwilliger Rücklagen.
  • Neben den genannten Schritten können zahlreiche weitere Korrekturen notwendig sein. Dazu zählt etwa die Abgrenzung des privaten vom geschäftlichen Bereich (Eigenverbrauch) oder die sachliche Abgrenzung betriebsfremder Aufwendungen und Erträge (zum Beispiel Spenden).

Aufstellung

Die Aufstellung des Jahresabschlusses geschieht in mehreren aufeinanderfolgenden Arbeitsschritten:

Kontenabschluss

  • Abschluss der Unterkonten: Oft sind wichtige Konten der Übersichtlichkeit wegen in Unterkonten aufgesplittet, deren Salden im Jahresabschluss in den zugehörigen Hauptkonten zusammengeführt werden müssen (beispielsweise Skonti).
  • Abschluss der Hauptkonten: Auch die Hauptkonten werden abgeschlossen, indem ihre Salden gezogen und über das Schlussbilanzkonto in die Bilanz, oder über das Gewinn- und Verlustkonto in die Gewinn- und Verlustrechnung übertragen werden. Hierbei ist häufig die Aufsplittung des Ergebnisses in ein Betriebsergebnis notwendig, das aus der betrieblichen Leistungserstellung entstanden ist, und weitere Ergebnisstufen, die betriebsfremde oder außerordentliche Erträge und Aufwendungen ausweisen.

Abschlussübersicht

Die „Abschlussübersicht“, auch „Hauptabschlussübersicht“ oder „Betriebsübersicht“ genannte Tabelle dient der Überprüfung des Zahlenwerkes. Sie stellt in komprimierter Form die Anfangsbestände, die Summen aller Soll- und Habenbuchungen, die Salden aller Konten, die oben erläuterten vorbereitenden Korrekturen sowie deren Ergebnis dar und gliedert das Zahlenwerk abschließend nach den Bestands- und den Erfolgskonten auf.

Die Betriebsübersicht ist dem Finanzamt auf Verlangen zusätzlich zu Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung vorzulegen. Bei kleinen Unternehmen kann sie den Jahresabschluss ersetzen, wenn die formalen Anforderungen und die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten eingehalten werden.

Feststellung

Verantwortlich für die Aufstellung ist der Kaufmann. Bei Kapitalgesellschaften wird der Abschluss von den gesetzlichen Vertretern aufgestellt und anschließend zur Prüfung und Feststellung weitergeleitet. Die Feststellung, also die Billigung des Jahresabschlusses, obliegt bei der GmbH den Gesellschaftern (§ 42a GmbHG), bei der AG dem Aufsichtsrat oder der Hauptversammlung (§ 172 AktG). Bei Personengesellschaften wird der Jahresabschluss durch die Gesellschafterversammlung festgestellt (sog. Grundlagengeschäft).

Rechnungslegungsdokumente

Nach deutschem und österreichischem Handelsrecht ist der Jahresabschluss die Zusammenstellung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, die bei Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften ohne natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter um einen erläuternden Anhang erweitert werden. Weiterhin sind mittelgroße und große Kapitalgesellschaften verpflichtet, einen Lagebericht beizufügen.

Die Rechnungslegung nach IFRS und US-GAAP fordert die Vorlage weiterer Dokumente. Dazu zählen die Kapitalflussrechnung (cash flow statement), die Gesamtleistungsrechnung (statement of comprehensive income), die Eigenkapitalveränderungsrechnung (statement of changes in stockholders's equity), die Segmentberichterstattung sowie Angaben zu ausgewählten Finanzdaten aus der Vergangenheit oder zu den Kursen ausgegebener Wertpapiere.

Für die Festsetzung ertragsabhängiger Steuern ist die Bilanz beim Finanzamt einzureichen. Wegen der Unterschiede bei den handels- und steuerrechtlichen Bestimmungen für Bilanzierung und Bewertung ist es für die meisten Unternehmen notwendig, sowohl eine handelsrechtliche als auch eine Steuerbilanz zu erstellen.

Publizitäts- und Prüfungspflichten

Der Jahresabschluss bestimmter Unternehmen, insbesondere von größeren Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Unternehmen bestimmter Wirtschaftszweige (Versicherungen, Kreditinstitute) oder Wirtschaftsbetrieben der öffentlichen Hand, muss von unabhängigen Instituten geprüft und anschließend im Handelsregister und im Bundesanzeiger veröffentlicht werden (Offenlegung). Art und Umfang der Prüfungs- und Publizitätspflichten ist bei Kapitalgesellschaften von der Größe abhängig. Während ein Verstoß gegen diese Pflichten zuvor kaum sanktioniert wurde, änderte sich dies mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über das elektronische Handelsregister (EHUG). Aktiengesellschaften veröffentlichen die offiziellen Bestandteile in der Regel zusammen mit ergänzenden Informationen für die Anteilseigner im Rahmen eines Geschäftsberichtes.

Vor 2007 waren rund 1,1 Millionen Unternehmen verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse bei den Amtsgerichten einzureichen, was jedoch nur von einem Bruchteil der Unternehmen tatsächlich gemacht wurde. Seit einer Neuregelung aus dem Jahre 2007 sind diese Unternehmen nun verpflichtet, die Jahresabschlüsse bei der Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH einzureichen. Hierfür wird explizit der elektronische Übermittlungsweg vorgeschrieben; für eine Übergangszeit bis Ende 2009 ist jedoch die Einreichung in Papierform noch zulässig. Die Frist zur Einreichung der Abschlüsse 2007 lief Ende 2008 aus. Im Gegensatz zur Situation bis zwei Jahre zuvor ist nun das Bundesamt für Justiz von Amts wegen verpflichtet, gegen alle vom Bundesanzeiger wegen Versäumnis der Meldepflicht beanstandeten Unternehmen ein Verfahren einzuleiten. Im Jahr 2008 wurden rund 460 000 Ordnungsgeldverfahren eröffnet; im Jahr 2009 werden es deutlich weniger (etwa 200 000) sein. [1]

Gewinn- und Verlustverteilung

Die Gewinn- und Verlustrechnung stellt die einzelnen Stufen des Ergebnisses inklusive der Auswirkung der Besteuerung dar. Wie der verbliebene Gewinn oder Verlust letztendlich unter den Unternehmenseignern verteilt wird, hängt von der Rechtsform des Unternehmens ab. Neben vertraglichen Regelungen sind auch gesetzliche Vorschriften, zum Beispiel zur Haftung einzelner Gesellschafter in der OHG und der KG, zur Einstellung von Rücklagen, sowie die Notwendigkeit zur Bildung von Gewinn- und Verlustvorträgen zu beachten. Beschlüsse über die Ergebnisverwendung sind Teil der Offenlegungspflichten.

Auswertung

Mit der Auswertung von Jahresabschlüssen befasst sich die Jahresabschlussanalyse. Sie bereitet Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung auf und ermittelt und beurteilt Kennzahlen wie Kapitalausstattung, Vermögensaufbau, Rentabilität, Liquidität oder Quotienten für Finanzierung und Investition. Neben den offiziellen Bestandteilen des Abschlusses können für unternehmensinterne Zwecke auch interne Daten wie Fälligkeitstermine, Bestellungen oder Ergebnisse der Planungsrechnung für die Auswertung herangezogen werden.

Einzel- und Konzernabschluss

Sind mehrere rechtlich selbständige Unternehmen in einen Konzern eingegliedert, werden ihre Einzelabschlüsse in der Regel zu einem Konzernabschluss zusammengeführt, um den Adressaten des Abschlusses ein unverfälschtes Bild über die Lage der Gesamtgruppe zu liefern. Unter bestimmten Bedingungen ist die Konsolidierung von Einzelabschlüssen gesetzlich vorgeschrieben. So sind kapitalmarktorientierte Konzern-Mutterunternehmen mit Sitz in der Europäischen Union verpflichtet, für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2004 beginnen, einen Konzernabschluss nach den Regeln der IFRS zu erstellen (§ 315a HGB). Da ein IFRS-Abschluss zwingend die Vorjahresdaten enthalten muss, waren betroffene Konzerne gezwungen, bereits ein Jahr früher parallel nach IFRS zu bilanzieren.

Literatur

  • Coenenberg, A.G. u.a.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. Aufl., Landsberg am Lech 2005, ISBN 3-7910-2378-0
  • Küting, K., Weber, C.P.: Handbuch der Rechnungslegung, 5. Aufl., Stuttgart 2000
  • Wysocki, K.v., Wohlgemuth, M., Konzernrechnungslegung, 4. Aufl., Düsseldorf 1996
  • Bussiek/Ehrmann: Buchführung, 7. Aufl., Ludwigshafen 2002, ISBN 3-470-70807-X
  • Hahn/Hilgers/Laufenberg: Rechnungswesen, Troisdorf 2005, ISBN 3-8237-1674-3
  • Schmolke/Deitermann: Industrielles Rechnungswesen, Winklers Verlag 1999, ISBN 3-8045-6652-9
  • Zdrowomyslaw/Kuba: Buchführung und Jahresabschluss. R. Oldenbourg Verlag, 3. Aufl. 2002, ISBN 3-486-25855-9
  • Bilanzrecht für die Praxis. Arbeitshandbuch, 2. Auflage, Memento Verlag, Freiburg 2006, ISBN 978-3-939099-04-8
  • Fudalla, Mark/Tölle, Martin/Wöste, Christian/zur Mühlen, Manfred, Bilanzierung und Jahresabschluss in der Kommunalverwaltung, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-503-10307-2
  • Lüdicke: Unternehmenssteuerrecht, Beck Juristischer Verlag München 2008, ISBN 978-3-406-57406-1

Einzelnachweise

  1. 200 000 Jahresabschlüsse fehlen noch. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. März 2009, Wirtschaft S. 13.

Weblinks

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