Heinrich Rittershausen

Heinrich Rittershausen

Heinrich Rittershausen (* 5. August 1898 in Schleswig; † 15. Juni 1984 in Köln) war ein deutscher Ökonom

Inhaltsverzeichnis

Leben

In Erfurt bestand er im Jahre 1917 die Prüfung zum Abitur. In Hannover begann er an der Technischen Hochschule ein Studium der Ingenieurwissenschaften. Diesen Studiengang setzt er aber nicht fort und wechselte zum Fach der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Es folgten Studien an den Universitäten von Frankfurt/Main, Greifswald und Jena. Im Jahre 1922 erlangte er die Promotion an der Universität Frankfurt mit dem Thema Die Aufbringung der Reparationen.

Anschließend nahm er bei der Reichsfinanzverwaltung in Frankfurt/Main eine Beschäftigung in der Abteilung für Buch- und Betriebsprüfung auf. Danach ging er nach Weimar zur Thüringischen Staatsbank. In Berlin nahm er im Jahre 1924 an der Gründung der Treuhand AG teil. Danach wechselte er an die Deutsche Bodenkultur AG in Berlin, wo er als Abteilungsleiter arbeitete. Aufgrund einer schweren Erkrankung musste er diese Tätigkeit abbrechen. Danach konnte er mittels eines Stipendiums nach London an die heutige London School of Economics and Political Science gehen, wo er sich ökonomischen Studien widmete.

1930 veröffentlichte Rittershausen sein viel beachtetes Werk „Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung“, zu dem ihm John Maynard Keynes ein anerkennendes Schreiben zukommen ließ. Aufgrund dieser Arbeit wurde er 1933 von der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main für das Fach Volkswirtschaftslehre habilitierte, wo er bereits seit dem Jahr 1930 mit der Unterstützung von Wilhelm Kalveram einen Lehrbeauftrag für das Fach der Hypothekenbanken wahrnahm. Diesen Lehrauftrag übte er bis 1938. In den Jahren 1931 und 1932 sowie 1935 folgten durch die Rockefeller-Stiftung ermöglichte Forschungsaufenthalte in Paris bzw. Madrid.

Nach siebenjähriger Privatdozententätigkeit wurde ihm 1938 dort die Lehrbefugnis entzogen. [1] Beim Reichskommissar für die Preisbildung in Berlin fand er als Referent bei Peter Yorck von Wartenburg eine Anstellung. Im folgenden Jahr konnte er auf Verwendung von Jens Jessen eine Vertretung bei einem Lehrstuhl für Nationalökonomie an der Wirtschaftshochschule Berlin einnehmen. Im Jahre 1940 folgte er einem Ruf an die Universität Breslau, wo er bis 1944 eine außerordentlicher Professur ausübte.

Nach dem Kriegsende konnte er in Neustadt an der Weinstraße eine Beschäftigung bei einer Firma für Montage von Behelfsheimen finden, an deren Gründung er mitwirkte. Ab dem 1. Oktober 1945 wirkte er in Minden an der „Verwaltung für Wirtschaft“ (später umbenannt in „Verwaltungsamt für Wirtschaft“). Der hiermit im Staatsdienst stehende Ökonom wurde dort zum Ministerialdirektor ernannt. In dieser Stellung leistete er einen Beitrag zur Währungsreform von 1948 und zur Reform der Preisbildung. Von 1948 bis 1950 betätigte er sich als Journalist beim Tagesspiegel, bei der Neue Zürcher Zeitung und der späteren Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Während dieser Zeit nahm er auch einen Lehrauftrag an der Universität Frankfurt/Main wahr.

An die Wirtschaftshochschule Mannheim ging er 1950 und lehrte dort Volkswirtschaft und Wirtschaftspolitik. Im Jahre 1953 nahm er an der Universität Köln nach dem Tod von Kalveram im Jahre 1951 die Tätigkeit auf, um das Seminar für Bankbetriebslehre fortzusetzen. Er legte den Schwerpunkt auf eine Verbindung zur Bankwirtschaft und richtete ein Bank- und Börsenseminar ein. Im Jahre 1957 beteiligte er sich dort an der Gründung des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht, dessen Direktor er 1958 wurde. Im Jahre 1966 erfolgte seine Emeritierung.

Politische Einstellung

Nach einer Beurteilung durch die NSDAP galt er 1933 als „Nationalsozialist durch und durch“.[2]

Schriften (Auswahl)

  • Reform der Mündelsicherheitsbestimmungen und der lndustrielle Anlagekredit - zugleich ein Beitrag zum Erwerbslosenproblem, Jena 1929
  • Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung; zugleich ein bankpolitisches Programm zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise, Jena 1930
  • Am Tage nach dem Zusammenbruch; Berlin 1931
  • Der Neubau des deutschen Kreditsystems : eine zentrale nationalpolitische Aufgabe, Berlin 1932
  • Das andere System, ein Wirtschafts- und Finanzvorschlag in vier Gesetzentwürfen, Berlin 1932
  • Kreditwirtschaftliche Forderungen an eine kommende nationale Bau- und Arbeitbeschaffungspolitik, Vortrag gehalten vor der Gruppe Berlin-Brandenburg des Reichsverbande Industrieller Bauunternehmungen e. V., Berlin 1933
  • Lage und Gesundungsmöglichkeiten der Hypothekenbanken, Untersuchungsausschuss für das Bankenwesen, 1933
  • Die Devisenfrage, Frankfurt/Main (1936)
  • Die preisrechtlichen Generalklauseln in der Praxis der europäischen Kriegspreispolitik, 1944
  • Die Zukunft der Notendeckung durch Handelswechsel : unter besonderer Berücksichtigung des Handelsrechts und der Voraussetzungen auf den Gebieten der Wirtschafts-, Geld- und Haushaltsverfassung, Nürnberg 1944, Nachdruck Erlangen 1995
  • Bundesbahn im Wettbewerb : Die Umstellung eines größten ehemaligen Monopolunternehmens auf eine neue Zeit, Bad Hersfeld 1950
  • Internationale Handels - und Devisenpolitik, Frankfurt/Main 1955
  • Bankpolitik - eine Untersuchung des Grenzgebiets zwischen Kredittheorie, Preistheorie und Wirtschaftspolitik, Frankfurt/Main 1956
  • Wirtschaft, Frankfurt/Main 1958 (Das Fischer-Lexikon), später Neubearbeitungen
  • Wirtschaft von A-Z - Über Staatshaushalt, Politik, Preis und Markt und anderes, Köln 1958
  • Moderne Investitions-Finanzierung - Festschrift zum zehnjährigen Bestehen der Westdeutschen Finanzierungsgesellschaft mit Günter Schmölders, Essen 1959
  • Die Gelddisposition der Kreditbanken mit Wolfgang van Wyk, Frankfurt/Main 1960
  • Beiträge zur Betriebwirtschaftslehre, als Hrsg., Wiesbaden 1962
  • Die Zentralnotenbank - ein Handbuch ihrer Instrumente, ihrer Politik und ihrer Theorie, Frankfurt/Main 1962
  • Geldstromtheorie und Liquiditätstheorie mit Helmut Leutner, Frankfurt/main 1962
  • Kalkulation und Preisbildung der Kreditinstitute : Der preisdispositive Bereich bei deutschen und amerikanischen Banken aus kalkulatorischer Sicht mit Joachim Süchting, Frankfurt/Main 1963
  • Industrielle Finanzierungen. Systematische Darstellung mit Fällen aus der Unternehmenspraxis, Wiesbaden 1964
  • Economia mit Tullio Baglotti, Milano 1968
  • Bankwirtschaftliche Sonderveröffentlichungen des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht an der Universität zu Köln, als Hrsg., Köln 1968
  • Rechtsfragen der Währungsparität. Festsetzung und Vollzug der DM-Parität im Verfassungs-, Verwaltungs- und Völkerrecht mit Hans-Egon Büschgen, Walter Ermann, Ulrich Klug, Harald Kühnen, Philipp Möhring und Johannes Zahn, München 1969
  • Die Arbeitslosigkeit als Problem des Umsatzkredites und der Zahlungsmittelversorgung, München 1987
  • Unemployment as a problem of turnover credits and the supply of means of payment, Berlin 1987

Referenzen

  • Hans Egon Büschgen (Hrsg.), Geld, Kapital und Kredit - Festschrift zum 70. Geburtstag von Heinrich Rittershausen, Stuttgart 1968
  • Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender, Berlin 1983
  • DBE, Band 8, München 2007

Einzelnachweise

  1. Vgl. Hans E. Büschgen: Geld, Kapital und Kredit, Poeschel: Stuttgart, 1968, S. 6.
  2. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 500.

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