Hermann Hofmeister

Hermann Hofmeister

Hermann Louis Karl Hofmeister (* 17. Mai 1878 in Hannover; † 26. Juli 1936 in Braunschweig) war ein antisemitischer deutscher Lehrer, Historiker und Archäologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hofmeister stammte aus einer hannöverschen Kaufmannsfamilie. In Marburg studierte er Philologie und promovierte 1904. Ab 1905 war er zunächst als Lehrer in Wesermünde tätig, bis er 1908 als Oberlehrer an das Johanneum in Lübeck ging. Im Ersten Weltkrieg wurde er verwundet und kehrte so bereits 1916 in den Lübecker Schuldienst zurück.

Rassist und Antisemit

Um 1920 wurde er als Lehrer wegen rassistischer antisemitischer Äußerungen auffällig. Hofmeister war bekennendes Mitglied des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes. Er indoktrinierte die Schüler innerhalb der Schule und außerhalb dieser in rechtsradikalen Jugendverbänden. Er überwarf sich mit dem Schulleiter Hermann Stodte. Die Eltern der von ihm diskriminierten jüdischen Schüler führten Beschwerden an den Vorsitzenden der Oberschulbehörde Senator Kulenkamp. Ein 1921 durch den Senat der Freien Hansestadt Lübeck eingeleitetes Disziplinarverfahren führte erst nach weiteren Disziplinarstrafen 1923 zu seinem Ausscheiden aus dem staatlichen Lübecker Schuldienst wegen Dienstunfähigkeit. Hofmeister zog sich zunächst in seine Heimatstadt Hannover zurück, wo er vor- und frühgeschichtliche Studien anstellte. In Hannover verfasste er die Schrift Vom Hansegeist zum Händlergeist, seine Geschichte der Juden in Lübeck, sie ist ein beredtes Zeugnis seiner Geisteshaltung.

Während seiner Lübecker Zeit betrieb er die Erforschung von alten Wehranlagen in Lübeck und Schleswig-Holstein und nahm zahlreiche Ausgrabungsarbeiten in diesem Zusammenhang vor. Mit dem Titel Urholstein legte 1932 seinen Grabungsbericht über die Kaaksburg im Kreis Steinburg vor.

Landesarchäologe des Freistaates Braunschweig

Auf Betreiben des Braunschweigischen Volksbildungsministers und NSDAP-Mitglieds Dietrich Klagges wurde Hofmeister im Herbst 1932 – trotz erheblichen Widerstandes seitens der kulturwissenschaftlichen Abteilung der Technischen Hochschule in Braunschweig – ein Lehrauftrag für Vor- und Frühgeschichte sowie für „Germanenkunde“ verschafft.[1] Darüber hinaus wurde Hofmeister zum Landesarchäologen des Freistaates Braunschweig ernannt. 1934 folgte seine Beförderung zum Professor. Hofmeisters Bestreben war eine im Sinne des Nationalsozialismus ideologisch verbrämte Volkserziehung unter permanenter Hervorhebung der „unerreichten und unübertroffenen Kulturleistung der Germanen“.[1]

Hofmeisters Spezialgebiet war die Erforschung von Burgen und Befestigungsanlagen. Im Freistaat Braunschweig war er damit beschäftigt, die Lübbensteine bei Helmstedt zu rekonstruieren sowie den Tetzelstein in Elm sowie die Asseburg zu erforschen.

Öffnung der Gruft Heinrichs des Löwen im Braunschweiger Dom

Grabmal Heinrichs des Löwen und seiner Frau Mathilde
Gruft Heinrichs des Löwen im Braunschweiger Dom

Im Frühsommer 1935 plante das nationalsozialistische Regime, die Grablege Heinrichs des Löwen im Braunschweiger Dom zu öffnen, was auch geschah. Nach anfänglichen Schwierigkeiten übernahm Hofmeister die Projektleitung. Die Graböffnung erfolgte Ende Juni unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Beisein des neu ernannten NSDAP-Ministerpräsidenten Klagges und weiteren NSDAP-Größen wie Heinrich Himmler und Alfred Rosenberg.

Bereits nach wenigen Tagen wurden die Ausgrabungsarbeiten abgeschlossen. Hofmeister erstellte kurz vor seinem Tod einen offiziellen Grabungsbericht, der elf Seiten Text mit 56 Fotos umfasste, jedoch wegen des den Nationalsozialisten ideologisch unliebsamen Inhalts nicht veröffentlicht wurde. Erst 1978 erschien eine geringfügig gekürzte Fassung.

Hofmeisters Fehlinterpretation der Funde, wonach er annahm, Heinrich sei ein Krüppel gewesen, hatte bis ca. 1974 Bestand. Das Interesse der Nationalsozialisten an einer propagandistischen Verwertung des Grabungsergebnisses erlosch umgehend. Heute gehen Fachleute davon aus, dass der von Hofmeister als Heinrich der Löwe identifizierte Leichnam mit dessen Ehefrau Mathilde verwechselt wurde.

Hofmeisters letztes Werk ist die 1936 erschienene Germanenkunde. Er verstarb 1936 nach einer Operation.

Werke

  • Die Wehranlagen Nordalbingiens. Zusammenstellung und Untersuchung der urgeschichtlichen und geschichtlichen Burgen und Befestigungen: Heft 1 - Lübeck; Heft 2- Amt Fürstentum Ratzeburg . Lübeck 1917
  • Vom Hansegeist zum Händlergeist . Th. Weicher, Leipzig 1925
  • Die Chatten: Band 1 Mattium. J. Baer & Co., Frankfurt a. M. 1930
  • Die Vorgeschichtlichen Denkmäler im Lübeckischen Staatsgebiet. Lübeck 1930.
  • Urholstein. Glückstadt, J. J. Augustin, 1932.
  • Germanenkunde und nationale Bildung. Hrsg. vom nationalsozialist. Lehrerbund, Gau Südhannover-Braunschweig, Appelhans, Braunschweig 1934. Schriftenreihe des Nationalsozialistischen Lehrerbundes, Gau Südhannover-Braunschweig.
  • Germanenkunde. Diesterweg-Verlag, Frankfurt a. M. 1936
  • Bericht über die Aufdeckung der Gruft Heinrichs des Löwen im Dom zu Braunschweig im Sommer 1935. Gekürzte Fassung. Archiv-Verlag, Braunschweig 1978.

Literatur

  • Manfred Gläser, Doris Mührenberg: Lübecker Bürger und die Archäologie. Lübeck 2008, S. 40 - 41. ISBN 978-3-7950-1290-8
  • Horst-Rüdiger Jarck, Günter Scheel (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert, Hannover 1996
  • Richard Schult: Toleranz - vaterländische Gesinnung - Deutschtum - Antisemitismus, Politische Werteerziehung am Johanneum während der Weimarer Republik. In: Johanneum zu Lübeck 1872-1997, Lübeck 1997, S. 221 ff. (S. 251-259 Der Fall Prof. Dr. Hermann Hofmeister)

Einzelnachweise

  1. a b Horst-Rüdiger Jarck, Günter Scheel (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert, Hannover 1996, S. 283.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hofmeister (Begriffsklärung) — Hofmeister steht für: einen Adelserzieher, siehe Hofmeister einen deutschen Musikverlag, siehe Friedrich Hofmeister Musikverlag Hofmeister ist der Familienname folgender Personen: Adolf Hofmeister (1883–1956), deutscher Historiker Corbinian… …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Graßmann — Hermann Günther Graßmann[1] (* 15. April 1809 in Stettin; † 26. September 1877 in Stettin) war ein deutscher Mathematiker und Sprachwissenschaftler. Er gilt als eigentlicher Begründer der …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Bollnow — (* 19. Juli 1906 in Stettin; † 31. März 1962 in Wilhelmshaven) war ein deutscher Historiker. Ein Schwerpunkt seiner Forschung waren die Burgwälle Pommerns. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Leistungen 2 Schriften (Auswahl) …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Plüddemann — Hermann Freihold Plüddemann Hermann Freihold Plüddemann (* 17. Juli 1809 in Kolberg; † 24. Juni 1868 in Dresden) war ein deutscher Historienmaler und Illustrator. Inhaltsverzeich …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Dinkla — im November 2009 Hermann Dinkla (* 22. Januar 1943 in Hage) ist ein Politiker der CDU. Er ist Präsident des 16. Niedersächsischen Landtags. Der verheiratete Vater von drei Kindern erlernte zunächst den Beruf des Tischlers im väterlichen Betrieb.… …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Nottelmann — (auch: Herrmann, * 4. September 1626 in Vlotho; † 5. September 1674 in Lübeck) war ein deutscher Pädagoge. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann von Gnas — († 26. Februar 1438) war Bischof von Lavant und Gegenbischof von Gurk. Hermann von Gnas entstammte einer steirischen Ritterfamilie mit Sitz in Gnas in der Mittelsteiermark. 1430 wurde er Domherr in Salzburgund Hofmeister des Salzburger… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Wilhelm Benedikt Hofmeister — Friedrich Hofmeister Friedrich Wilhelm Benedikt Hofmeister (* 18. Mai 1824 in Leipzig; † 12. Januar 1877 in Lindenau) war ein deutscher Botaniker und Universitätsprofessor. Hofmeister erkannte als erster die Gleichartigkeit des… …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Friedrich Benedict Hofmeister — Friedrich Hofmeister Friedrich Wilhelm Benedikt Hofmeister (* 18. Mai 1824 in Leipzig; † 12. Januar 1877 in Lindenau) war ein deutscher Botaniker und Universitätsprofessor. Hofmeister erkannte als erster die Gleichartigkeit des… …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Hofmeister — Friedrich Hofmeister Friedrich Wilhelm Benedikt Hofmeister (* 18. Mai 1824 in Leipzig; † 12. Januar 1877 in Lindenau) war ein deutscher Botaniker und Universitätsprofessor. Hofmeister erkannte als erster die Gleichartigkeit des… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”