Hermann Mannheim

Hermann Mannheim

Hermann Mannheim (* 26. Oktober 1889 in Libau; † 20. Januar 1974 in Orpington bei London) war ein deutsch-britischer Kriminologe, der einer Familie entstammte, die teilweise jüdischen Glaubens gewesen war.

Mannheim studierte Rechtswissenschaften in München, Freiburg, Straßburg und Königsberg. 1911 legte er sein Erstes Staatsexamen ab, 1912 wurde er promoviert, 1913 bestand er das Zweite Staatsexamen und wurde bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges als Rechtsanwalt tätig. Im Krieg war er Artillerie-Offizier. 1923 trat er in den Justizdienst ein und wurde zum Richter am Landgericht in Berlin ernannt, 1931 wurde er Richter am Kammergericht . Gleichzeit betrieb er kriminologische Studien an der Universität. 1924 habilitierte er sich an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, wo er bis Mitte 1933 als nicht beamteter außerordentlicher Professor Lesungen abhielt. Nach der NS-Machtergreifung wurde Mannheim verfolgt. Es wurde ihm vorgeworfen, jüdischer Herkunft zu sein. Mannheim wurde aus seinem Richteramt entlassen und auch an der Universität drangsaliert. Er beantragte Urlaub zu Forschungszwecken. Anfang 1935 musste er auf Grund der zunehmenden Repressionen sein akademisches Amt niederlegen und emigrierte nach London. Dort wurde er 1940 eingebürgert. Er arbeitete seit 1935 an der London School of Economics LSE als Kriminologe, seit 1946 als ordentlicher Professor. Mannheim entwickelte sich zum international führenden Kriminologen. [1] Eines seiner Hauptarbeitsgebiete war die vergleichende Kriminologie. Sein Standardwerk "Comparative Criminology" , vergleicht soziologische und juristische Betrachtungsweisen. [2] Das Kriminologische Institut an der LSE ist nach ihm benannt: Mannheim Centre for Criminology.

Inhaltsverzeichnis

Werke (Auswahl)

  • Beiträge zur Lehre von der Revision wegen materiellrechtlicher Verstösse im Strafverfahren. Springer, Berlin 1925
  • Preßrecht. Springer, Berlin 1927
  • Strafprozeßordnung [für das Deutsche Reich] und Gerichtsverfassungsgesetz : Textausg. mit Einl., Anm. u. Nebengesetzen . Bearb. von Eduard Kohlrausch in Verbindung mit Hermann Mannheim, 22. Auflage De Gruyter Berlin 1930 und 23. Auflage 1933
  • Rechtsfälle aus dem Strafprozeßrecht : Mit e. kurzen Anleitg zur Bearb. strafprozessualer Fälle u. d. Entw. e. Strafurteils . Springer, Berlin 1930
  • The dilemma of penal reform, London: Allen and Unwin, 1939.
  • Comparative criminology. Routledge and Kegan Paul Ltd, London 1939
  • Social aspects of crime in England between the wars, London: Allen and Unwin, 1940.
  • War and crime, London: Watts, 1941.
  • Criminal justice and social reconstruction, London: Paul, Trench, Trubner & Co., 1946.
  • Lawless youth, London: Allen & Unwin, 1947.
  • Die kriminalrechtliche Behandlung von jungen Rechtsbrechern (über 18 Jahren) in England, in Frankreich und in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt/M.: Metzner, 1958
  • Vergleichende Kriminologie: ein Lehrbuch in 2 Bänden. Geleitwort von Thomas Würtenberger. Dt. Übers. von Dieter Bär u. Siegfried Bertz, Enke Verlag, Stuttgart 1974. Deutsche Übersetzung des 1939 in London erschienenen Werkes Comparative Criminology.

Literatur

  • Horst Göppinger: Mannheim, Hermann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, S. 66 f.
  • Helmut Heinrichs u.a. (Hrsg.): Deutsche Juristen jüdischer Herkunft. München 1993, ISBN 3-406-36960-X
  • Anna-Maria Gräfin von Lösch: Der nackte Geist: Die juristische Fakultät der Berliner Universität im Umbruch von 1933. Mohr Siebeck, Tübingen 1999, ISBN 3-16-147245-4

Einzelnachweise

  1. Anna-Maria Gräfin von Lösch: Der nackte Geist: Die juristische Fakultät der Berliner Universität im Umbruch von 1933. Mohr Siebeck, Tübingen 1999, ISBN 3-16-147245-4, S. 308.
  2. Peter Landau in seinem Beitrag Juristen jüdischer Herkunft im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. in Helmut Heinrichs u.a. (Hrsg.): Deutsche Juristen jüdischer Herkunft. München 1993, ISBN 3-406-36960-X, S. 190.

Weblinks


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