Hermann von Mangoldt

Hermann von Mangoldt

Hermann Hans von Mangoldt (* 18. November 1895 in Aachen; † 24. Februar 1953 in Kiel) war ein deutscher Rechtswissenschaftler und Politiker (CDU).

Er war von Juni bis November 1946 Innenminister des Landes Schleswig-Holstein.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Beruf

Nach dem Abitur in Danzig leistete Mangoldt ab April 1914 seinen Wehrdienst bei der kaiserlichen Marine ab und nahm als Soldat von 1914 bis 1919, zuletzt als Kommandant eines Torpedoboots am Ersten Weltkrieg teil. Nach Ende des Krieges studierte er zwei Semester Bauingenieurwesen in Danzig und trat im September 1919 in den Polizeidienst beim Reichswasserschutz ein. Ab 1922 absolvierte er neben dem Beruf ein Studium der Rechtswissenschaft, welches er nach seinem Ausscheiden aus dem Polizeidienst 1926 mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. Nach Ableistung des Referendariats bestand er auch das zweite juristische Staatsexamen. 1928 erfolgte seine Promotion zum Dr. jur. an der Universität Königsberg mit der Arbeit Grundprobleme des deutschen öffentlichen Binnenschiffahrtsrechtes. 1934 habilitierte er sich in Königsberg mit der Arbeit Geschriebene Verfassung und Rechtssicherheit in den Vereinigten Staaten von Amerika. Anfang 1934 trat er dem Bund Nationalsozialistischer Juristen (BNSDJ), dem späteren Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund, bei und 1935 wurde er zum außerplanmäßigen Professor an der Universität Königsberg ernannt. Im selben Jahr nahm er den Ruf der Eberhard-Karls-Universität Tübingen an. Hier wurde er 1939 ordentlicher Professor für Öffentliches Recht. Am 15. März 1939 veröffentlichte er in der Würtembergischen Verwaltungszeitschrift, deren Herausgeber der Staatssekretär Karl Waldmann war, die rechtsvergleichende Betrachtung Rassenrecht und Judentum, in welcher er unter Bezug auf Hitlers Mein Kampf die rechtlichen Grundlagen der Nürnberger Gesetze mit den Verfassungen der angelsächsischen Länder verglich:

Die Geschichte der Völker aller Kontinente zeigt deutlich die Gefahren, die aus einer Vermischung des eigenen mit stark artfremdem Blute drohen. Immer wieder haben daher die Völker zu den einschneidenden Maßnahmen gegriffen, um einer solchen Überfremdung vorzubeugen. Niemals vorher ist die ganze Frage aber mit der gleichen Schärfe wie heute im Dritten Reiche und in einzelnen anderen mitteleuropäischen Ländern als Rassenproblem erkannt und gleichzeitig auch in der Gesetzgebung als solches behandelt worden. [...]
Sucht man nach einer Erklärung für diese Ausgestaltung unserer Rassenrechte, so ist sie rasch in den in Mitteleuropa gegebenen Bevölkerungsverhältnissen gefunden. Die Gefahr der Rassenüberfremdung drohte hier ernstlich nur von den Juden. Kein anderes artfremdes Volk hat in diesem Raume auch nur annähernd so hohe Zahlen wie sie erreicht.[...]
Diese Gesetzgebung hält im übrigen auch nach der ethischen Seite jeden Vergleich mit den Maßnahmen der angelsächsischen Welt aus. Keineswegs handelt es sich bei ihr, wie das immer wieder vom Auslande behauptet wird, nur um eine jeder höheren Ideale bare Reaktion auf eine Vergangenheit, in der sich das artfremde Volk der Juden im politischen Geschehen, in allen wirtschaftlichen und kulturellen Dingen einen ihm nicht zukommenden Einfluss anmaßte. Gewiß sind diese artfremden Einflüsse mit zunehmender Intensität, und zwar zuerst dem deutschen Volke immer unerträglicher geworden, und es war kein Wunder, daß unter solchen Umständen der Ruf nach einem Zurück zu einem arteigenen politischen Leben, zu einer arteigenen Kunst und Wissenschaft immer lauter ertönte. Entscheidend sind diese Gründe für die Einführung des Rassenrechts indes nicht gewesen. Vielmehr werden mit ihm ganz andere, und zwar hohe ethische Ziele verfolgt. Die durch diese Gesetze gesicherte Reinerhaltung des Blutes ist nicht Selbstzweck, sondern wie der Führer im "Kampf" (S.434) gesagt hat, "ist der höchste Zweck des völkischen Staates die Sorge um die Erhaltung derjenigen rassischen Urelemente, die, als kulturspendend, die Schönheit und Würde eines höheren Menschentums schaffen".[1]

Er war als Professor für Öffentliches Recht, zusammen mit Theodor Maunz und Carl Schmitt maßgeblich an der juristischen Legitimierung des Nationalsozialismus beteiligt.

1941 folgte er dem Ruf der Friedrich-Schiller-Universität Jena und 1943 dem Ruf der Christian-Albrechts-Universität Kiel auf den Lehrstuhl für Öffentliches Recht. An der Universität Kiel war er ab 1943 auch Direktor des Instituts für internationales Recht. Die Wahrnehmung der Hochschullehreraufgaben war jedoch zwischen 1939 und 1944 wegen Kriegsteilnahme (als Korvettenkapitän) eingeschränkt.

Er war als Mitglied des Parlamentarischen Rates maßgeblich an der Erarbeitung des Grundgesetzes beteiligt. Insbesondere fungierte er als Vorsitzender des Ausschusses für Grundsatzfragen und Grundrechte. Das von ihm mitgeprägte Grundgesetz und die damit eingeführte freiheitlich-demokratische Grundordnung gilt als bewusstes Gegenmodell zur nationalsozialistischen Unrechtsordnung. Nichtsdestotrotz setzte er sich maßgeblich dafür ein, dass das von Thomas Dehler in der Sitzung des Parlamentarischen Rates am 8. Februar 1949 als "Fessel des Gesetzgebers" bezeichnete Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG, wonach Grundrechte einschränkende Gesetze das eingeschränkte Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen müssen, nicht in das Grundgesetz aufgenommen wird. Sein dahingehender Antrag wurde jedoch von der Mehrheit abgelehnt.

Er war Begründer des Grundgesetz-Kommentars Mangoldt-Klein, der noch heute seinen Namen trägt. Durch diesen Kommentar schaffte er es, wie Theodor Maunz, dem Begründer des Grundgesetz-Kommentars Maunz–Dürig, erfolgreich seine eigenen Ansichten zum Grundgesetz, welche nicht ohne Grund (vgl. Zitiergebot weiter oben) vom Parlamentarischen Rat abgelehnt wurden, trotzdem zu einem sowohl vertretenen als auch bezweifelten Standard der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu etablieren. Seine Arbeiten zur neuen, demokratischen und rechtsstaatlichen Verfassungsordnung gelten als grundlegend.

Heute wird sein Lebenswerk wegen seiner nationalsozialistischen Biographie und seiner offen bekundeten Ablehnung der "jüdischen Rasse" unterschiedlich und zum Teil sehr kritisch beurteilt. Kritiker beziehen sich auf seine Schriften zum nationalsozialistischen Unrecht. Andere heben seine Leistungen als Politiker und Rechtswissenschaftler beim Aufbau des Rechtsstaates nach dem Krieg hervor. Er zählt zusammen mit Theodor Maunz und Carl Schmitt zu den einflussreichsten nationalsozialistischen Juristen der Nachkriegszeit.

Familie

Er entstammte einem alten osterländischen Adelsgeschlecht aus Posern bei Weißenfels (Sachsen-Anhalt) und war der Sohn des königlich preußischen Geheimen Regierungsrats Hans von Mangoldt (1854–1925), Professor der Mathematik an der Technischen Hochschule Danzig, und der Gertrud Sauppe (1860–1946).

Mangoldt heiratete in erster Ehe am 10. August 1938 in Berlin-Steglitz Ingeborg Oppel. Die Ehe wurde am 5. September 1948 in Jena (Thüringen) wieder geschieden. Der ältere seiner beiden Söhne ist der Verfassungsrechtler Hans von Mangoldt.

In zweiter Ehe heiratete Mangoldt am 9. April 1949 in Wyk auf Föhr die Rechtsanwältin Waltraud Hunnius.

Abgeordneter

Mangoldt war von 1946 bis 1950 Mitglied des Landtages von Schleswig-Holstein. Dem ersten ernannten Landtag gehörte er zunächst als fraktionsloser Abgeordneter an, wurde jedoch im März 1946 Hospitant und Juni 1946 Mitglied der CDU-Fraktion. Hier war er von April bis November 1946 Vorsitzender des Ausschusses für Verfassung und Geschäftsordnung sowie von April 1946 bis April 1947 Vorsitzender des Innenausschusses.

Hermann von Mangoldt war 1948/49 Mitglied des Parlamentarischen Rates. Hier war er Vorsitzender des Ausschusses für Grundsatzfragen und Grundrechte.

Öffentliche Ämter

Vom 12. Juni bis zum 22. November 1946 gehörte er als Vorsitzender des Hauptausschusses für Innere Verwaltung der von Theodor Steltzer geleiteten Regierung von Schleswig-Holstein an.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hermann von Mangoldt: Rassenrecht und Judentum. In: Württembergische Verwaltungszeitschrift. Nr. 3 vom 15. März 1939, 35. Jahrgang. Hrsg. Karl Waldmann, S. 1f.

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