Hochmoselübergang

Hochmoselübergang
Blick ins Moseltal vom Kloster Machern (2009)
Moseltal vom Kloster Machern aus gesehen mit eingarbeiteter Hochmoselbrücke
Moseltal bei Zeltingen-Rachtig (2009)
Moseltal bei Zeltingen-Rachtig mit eingarbeiteter Hochmoselbrücke

Der Hochmoselübergang ist eine 25 Kilometer lange Neubaustrecke der Bundesstraße 50 zwischen dem Autobahnkreuz Wittlich und Longkamp. Die Neubaustrecke soll die Bundesautobahnen 60 und 1 am Kreuz Wittlich mit der Bundesautobahn 61 bei Rheinböllen verbinden. Das verkehrspolitische Ziel besteht in einer leistungsfähigen europäischen Fernstraße E 42. Der geplante Straßenquerschnitt beträgt 26 Meter.

Die Neubaustrecke soll insgesamt etwa 330 Millionen Euro kosten. Seit Oktober 2011 wird mit 360 Millionen Euro gerechnet nach Angaben des rheinland-pfälzischen Infrastrukturministeriums.[1] Sie besteht aus den Abschnitten I und II. Der Abschnitt II ist etwa 21 Kilometer lang und mit 270 Millionen Euro Baukosten veranschlagt. Er liegt zwischen Platten und Longkamp. Er umfasst im Abschnitt IIa den eigentlichen Hochmoselübergang zwischen Platten und Erden bzw. Lösnich. Nachdem anfangs eine Realisierung des Streckenabschnittes durch eine Finanzierung über eine Maut, die eine PPP-Gesellschaft für die Benutzung erhebt, und eine Anschubfinanzierung des Staates in Betracht gezogen wurde, erfolgte schließlich die komplette Finanzierung durch den Staat. 20 Millionen Euro der Baukosten trägt das Land, den Rest finanziert der Bund, insbesondere mit Mautmitteln und dem Haushaltsetat für Bundesfernstraßen.[2] Die Verkehrsübergabe des Abschnittes II ist für das Jahr 2016 vorgesehen; offizieller Baubeginn war der 27. April 2009.

Der Hochmoselübergang ist 5,3 Kilometer lang und mit 163 Millionen Euro Kosten kalkuliert. Kernstück des Abschnittes ist die Hochmoselbrücke in der großen Moselschleife zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach. Das Bauwerk ist rund 1,7 Kilometer lang und 160 Meter hoch. Zum Streckenabschnitt gehören als große Ingenieurbauwerke unter anderem die beiden Talbrücken Bieberbach und Wasserbaum mit jeweils 200 Meter Länge und die Talbrücke Weierborn mit 100 Meter Länge. Am westlichen Moselhang ist außerdem vor der Hochmoselbrücke ein 100 Meter langer Tunnel unter dem Moselhochrücken bei Ürzig vorgesehen. Er soll in offener Bauweise mit einem Rechteckquerschnitt hergestellt werden.[3] Unmittelbar hinter dem östlichen Brückenkopf der Hochmoselbrücke wird sich eine Anschlussstelle befinden, die über einen Zubringer die Hauptverkehrsstraßen im Moseltal, ausgehend von der Lösnicher Moselbrücke, direkt mit der B50n verknüpft. Die Bauaufträge erhalten vorwiegend mittelständische Unternehmen aus dem Großraum Trier.[4]

Inhaltsverzeichnis

Kontroverse

Als Hochmoselbrücke wird die Hochbrücke nach dem Vorbild der Winninger Brücke (Fertigstellung 1972) bezeichnet, welche das erste und einzige Bauwerk seiner Art im Bereich der Mittelmosel sein soll und die Verbindung für den motorisierten Individualverkehr zwischen Wittlich in der Eifel und Morbach im Hunsrück verkürzen würde.

Befürworter erhoffen sich einen Rückgang des Verkehrsaufkommens in den Ortsgemeinden des Landkreises Bernkastel-Wittlich. Ihrer Ansicht nach werde dadurch die Qualität des Wohnumfeldes gesteigert und die Entwicklung des Tourismus in der Region begünstigt. Ferner werde der Hochmoselübergang die bisher aufgrund des Moseltals schlechte Anbindung des Flughafens Frankfurt-Hahn aus Richtung Norden und Westen verbessern.

Kritiker halten die Baumaßnahme für überflüssig, da die Verbindung zwischen den westlichen Nordseehäfen und dem Rhein-Main-Gebiet über bereits vorhandene Fernstraßen - im ersten Teil die A 61 aus Richtung Venlo bzw. die A 4 aus Richtung Aachen und schließlich zwischen Köln und Frankfurt die A 3 - auf nachweislich kürzerem Wege hergestellt sei, und eine bessere Anbindung des Moseltals durch die ungünstige Streckenführung nicht gegeben sei. Sie berufen sich auch auf die in eine Stellungnahme zum Bundeswegeplan eingegangene Studie des Diplom-Geographen Herrig (s. Literatur), in der hinsichtlich der Erreichbarkeitseffekte einerseits und des Eingriffs in die Natur andererseits das Projekt nicht befürwortet wird.

Durch seine Größe stelle der Hochmoselübergang einen erheblichen, nicht ausgleichbaren Eingriff in das Landschaftsbild dar,[5] was sich negativ auf den Tourismus auswirke. Zudem erwarte man eine Störung des Wasserhaushaltes der weltbekannten Weinlagen Wehlener Sonnenuhr, Zeltinger Himmelreich, Graacher Himmelreich und Bernkasteler Doctor, weil die Strecke auf dem sogenannten Moselsporn - einem Ausläufer des Hunsrück - nahe an der Abbruchkante bis zu 15 Meter tief in den Boden gegraben wird.[6]

Laut Aussage der rheinland-pfälzischen Landesregierung werde das Landschaftsbild des Moseltals jedoch vielmehr durch die Umstrukturierungen im Weinbau selbst als durch Straßenbaumaßnahmen verändert. So sei die Anbaufläche im 240 km langen Moseltal vom Jahr 1989 bis zum Jahr 2009 um circa 4400 Hektar auf circa 8000 Hektar vermindert worden. Weiterhin könne eine Störung des Wasserhaushaltes ausgeschlossen werden, da der Waldgürtel oberhalb des süd-westlichen Weinhangs durchgehend erhalten bleibe. Außerdem werde die Trasse auf dem Moselsporn größtenteils nördlich in unmittelbarer Nähe der Wasserscheide verlaufen, wodurch eine Beeinflussung der Rebflächen ausgeschlossen sei. In dem Abschnitt, wo die Trasse innerhalb des Südteils der Wasserscheide verlaufe, werde das im Bereich der Trasse anfallende Oberflächenwasser unmittelbar wieder dem Boden zugeführt und nicht großräumig abgeleitet, womit der Aufrechterhaltung des lateralen Wasserhaushaltes Rechnung getragen werde. Die Landesregierung bemängelt vor allem die Vorgehensweise der Kritiker des Projektes, die weltweit in den Medien von einer "Zerstörung des Moseltals" sprechen und damit der Tourismus- und Weinregion Mosel einen viel schwerwiegenderen Imageschaden zufügen würden als das Projekt selbst.[7]

Zu den prominentesten Kritikern des Baus gehören die internationalen Weinexperten Hugh Johnson, Jancis Robinson und Stuart Pigott [8] sowie die Spitzenwinzer Ernst Loosen, Katharina Prüm und Markus Molitor. Sie bezweifeln die Aussagen der Landesregierung, dass die massive Bautätigkeit ohne Folgen für den Wasserhaushalt der weltberühmten Weinlagen seien, zumal es dazu kein eigenes Gutachten gibt. Sie fordern einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen Weinlagen und der Mosel-Kulturlandschaft insgesamt, was durch den Bau des Hochmoselübergangs nicht gegeben sei.[9]

Während die SPD ebenso wie die CDU und FDP den Bau befürworten, lehnen die Grünen sowie die Linke das Projekt ab.

Nach der Landtagswahl im April 2011 in Rheinland-Pfalz haben die regierende SPD und der neue Koalitionspartner Die Grünen vereinbart, den Hochmoselübergang fertigzustellen. Dafür werde auf den Bau der ebenfalls umstrittenen Mittelrheinbrücke verzichtet.[10]

Planfeststellungsbeschluss

Im Jahr 2003 hatte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz einer Klage der Naturschützer gegen den ersten Planfeststellungsbeschluss teilweise stattgegeben. Die Richter stellten fest, das Vorhaben verstoße gegen die europäische Vogelschutzrichtlinie. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte eine Revision des Landes damals abgewiesen.

Der Planfeststellungsbeschluss wurde überarbeitet und im Rahmen eines erneuten Planfeststellungsverfahrens als ergänzender Planfeststellungsbeschluss festgestellt, gegen welchen der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erfolglos klagte. Der achte Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz hat die Klage der Umweltschutzorganisation gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Hochmoselübergang am 22. November 2007 abgewiesen und die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Die durch den BUND eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht am 17. Juli 2008 zurück.

Vor dem Petitionsausschuss des Bundestages befindet sich eine Petition zum Vorgang 2011 in der parlamentarischen Prüfung.[11]

Literatur

  • Georg Herrig: Die zu erwartenden Auswirkungen des Projekts A60/B50n auf die Erreichbarkeitsverhältnisse in den Räumen Brüssel/Lüttich, Rheinland-Pfalz und Rhein-Main. In: Raumbezogene Verkehrswissenschaften - Anwendung mit Konzept. Reihe: Material zur Angewandten Geographie, Band 26, hrsg. im Auftrag des Deutschen Verbandes für Angewandte Geographie e. V. Arnulf Marquardt-Kuron; Konrad Schliephake (Hrsg.), Kuron, Bonn 1996, ISBN 3-923623-17-8, 173–194.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. dpa / lrs: Hochmoselbrücke wird wohl teurer. In: Trierischer Volksfreund vom 20. Oktober 2011.
  2. Stellungnahme des Bundesverkehrsministeriums zur Finanzierung, 16. Dezember 2009.
  3. Frank Giarra: Rund eine Milliarde für den Straßenbau. In: Trierischer Volksfreund vom 9. Januar 2009.
  4. PR-Redaktion TMVG: Wirtschaftsfaktor B 50 neu. Vorteile für Bauunternehmen, Gastronomie, Beherbergungsbetriebe und langfristig für die gesamte Region. In: Sonderveröffentlichung des Trierischen Volksfreunds vom 11. Oktober 2011, (PDF-Datei; 170 KB).
  5. Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsverfahren vom 30. April 1999, Anlage 1
  6. Pressemitteilung zur Lateralwasserverteilung - BUND, 11. September 2009.
  7. Stellungnahme der Landesregierung Rheinland-Pfalz zum Hochmoselübergang vom 12. April 2010
  8. Thomas Holl: Der „Hochmoselübergang“. Wenn Reben weinen. In: FAZ vom 27. April 2011.
  9. Geht Infrastruktur vor Spitzenlagen? Erklärung des VDP zum Hochmoselübergang, April 2010, mit links zu weiteren Artikeln.
  10. Rheinland-Pfalz: Koalition baut Moselbrücke. In: Frankfurter Rundschau vom 2. Mai 2011.
  11. Petition: Bundesstraßen - Baustopp für den so genannten Hochmoselübergang - Petition an den Bundestag vom 9. März 2010.
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