Humanismus

Humanismus
Michelangelo Buonarroti:
Die Erschaffung des Menschen

Humanismus ist eine Weltanschauung, die auf die abendländische Philosophie der Antike zurückgreift und sich an den Interessen, den Werten und der Würde des einzelnen Menschen orientiert. Toleranz, Gewaltfreiheit und Gewissensfreiheit gelten als wichtige humanistische Prinzipien menschlichen Zusammenlebens. Die eigentlichen Fragen des Humanismus sind aber: „Was ist der Mensch? Was ist sein wahres Wesen? Wie kann der Mensch dem Menschen ein Mensch sein?“ Humanismus bezeichnet die Gesamtheit der Ideen von Menschlichkeit und des Strebens danach, das menschliche Dasein zu verbessern. Der Begriff leitet sich ab von den lateinischen Begriffen humanus (menschlich) und humanitas (Menschlichkeit). Der Humanismus beruht auf folgenden Grundüberzeugungen:[1]

  1. Das Glück und Wohlergehen des einzelnen Menschen und der Gesellschaft bilden den höchsten Wert, an dem sich jedes Handeln orientieren soll.
  2. Die Würde des Menschen, seine Persönlichkeit und sein Leben müssen respektiert werden.
  3. Der Mensch hat die Fähigkeit, sich zu bilden und weiterzuentwickeln.
  4. Die schöpferischen Kräfte des Menschen sollen sich entfalten können.
  5. Die menschliche Gesellschaft soll in einer fortschreitenden Höherentwicklung die Würde und Freiheit des einzelnen Menschen gewährleisten.

Die Humanität ist die praktische Umsetzung der Ideen des Humanismus.[2] Dazu gehören die Güte, die Freundlichkeit und das Mitgefühl für die Schwächen der Menschen, seiner selbst inne und mächtig zu werden und sich im Mitmenschen selbst wiederzufinden.

Inhaltsverzeichnis

Epochen des Humanismus

Die Antike als Vorbild

Griechenland

Platon im Pergamonmuseum

Humanistisches Denken ist geprägt durch den Rückgriff auf das antike Ideal einer ethisch-kulturellen Höchstentfaltung der menschlichen Kräfte. Dabei diente insbesondere die griechische Philosophie als Vorbild. Zwei der frühen griechischen Philosophen sind Heraklit und Protagoras. Drei der auf sie zurückgehenden Lehren lauten: panta rhei (alles fließt)“,[3] „Aus Allem Eins und aus Einem Alles“[4] und „Der Mensch ist das Maß aller Dinge (panton chrematon)“[5]. Diese drei Aussagen haben das weitere Denken nachhaltig beeinflusst. Sie behaupten, dass alles einem ewigen Wandel unterworfen sei (Lehre vom Fluss aller Dinge); zugleich könne der Mensch die Einheit in der Vielfalt und die Vielfalt in der Einheit erkennen und sich selbst als Teil einer Ganzheit begreifen (Lehre von der Einheit aller Dinge); es gebe keine moralischen oder gesetzlichen Absolutheiten, und der Mensch als schöpferisches Wesen sei die höchste Autorität im Universum, denn nicht die Götter sind die Quelle und das Maß von Gerechtigkeit und allem anderen (Lehre des Relativismus).[6]

In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. wurde in der Athener Demokratie bereits die Paideia entwickelt. Dabei handelte es sich um das Ideal einer umfassenden geistigen und körperlichen Bildung des Menschen. Es ist das, was einer als sein Wesen bestimmend aus der Jugend mitbringt. Dieser menschlichen Prägung wurde eine größere Bedeutung beigemessen als der durch die Geburt erworbenen Zugehörigkeit.[7] Der Kerngedanke der Paideia betrifft dabei aber nicht nur den Schulunterricht für Kinder, sondern die Hinwendung des Menschen zum Denken des Maßgeblichen.

Der alte delphische Spruch Gnothi seauton („Erkenne dich selbst“) bedeutete nicht nur „Erkenne deine Nichtigkeit und denke daran, dass du ein Mensch und kein Gott bist“, sondern nach Ansicht mancher Philosophen auch „Erkenne deine wunderbare Anlage, deine hohe Bestimmung, deine Würde und deine Pflicht“.[8] Im Sinne des delphischen Spruchs dichtete Pindar:

„In kurzer Zeit wächst den Menschen
das Erfreuliche; so aber fällt es auch zu Boden.
[...]
Eintagswesen. Was ist einer? Was ist einer nicht? Eines Schattens Traum
Der Mensch. Doch wenn gottgegebener Glanz kommt
Ist ein strahlendes Licht auf den Menschen und das Leben ist freundlich.“

Pindar[9]

Apollon, der Gott von Delphi, war ein Gott der bewusstmachenden Wahrheit, des Maßes, der inneren Ordnung und der Reinheit. Er wies dem Menschen, den er als ein in der Zeit gebundenes und auf den Tod hin entworfenes Wesen ansprach und an seine Grenzen erinnerte, „den ihm zukommenden Ort […] in der großen Ordnung von Himmel und Erde an.“[10] Nur der richtig orientierte, geordnete und gerechte Mensch ist zum wahren Dienst an der Gottheit fähig. „Das Fromme ist ein Teil des Gerechten.“[11] Religio als gewissenhafte Beachtung dessen, was die Gottheit vom Menschen will, zielt auf die ethisch orientierte Verwirklichung dessen, was das Menschen-Gemäße ist.

Dem Homo-mensura-Satz des Protagoras hielt Platon entgegen: „Das Maß aller Dinge sei der Gott.“[12] Erst an diesem absoluten Maßstab wird der Mensch bescheiden und human. Das Höhlengleichnis Platons verdeutlichte den Aufstieg zur Schau der Idee des Guten. Durch diesen Aufstieg wird der Mensch fähig, aus Einsicht heraus zu handeln. Ansonsten bleibt sein Verhalten von Vorurteilen und Handlungsroutinen programmiert und ist weder selbstbestimmt noch frei.[13] In der griechischen Antike wurde die Idee von der Einheit und Gleichheit der Menschen geboren.[14] Es bestand ein großes Vertrauen in die kreativen Leistungen des Menschen und in seine Fähigkeit, das Leben selbstbestimmt zu gestalten.

Rom

Die altrömische Erziehung war ganz auf die Bedürfnisse des pater familias als eines aktiven Mitglieds des römischen Gemeinwesens (civitas) ausgerichtet. Die Praxis (usus) lehrte, was erforderlich war. Buchwissen spielte eine untergeordnete Rolle für die Bildung. Umfang und Inhalt bestimmten sich nach dem Nutzen (utilitas). Die Existenz eines römischen Humanismus ist umstritten.[15] Marcus Tullius Cicero setzte sich für die griechische Bildung und philosophische Reflexion ein.

„Philosophia iacuit usque ad hanc aetatem nec ullum habuit lumen litterarum Latinarum; quae inlustranda et excitanda nobis est, ut, si occupati profuimus aliquid civibus nostris, prosimus etiam, si possumus, otiosi. (Übers. Die Philosophie lag bis in unsere Zeit darnieder und hat in der lateinischen Literatur überhaupt noch keine glanzvoll-erhellende Darstellung[16] gefunden. Es ist also unsere Aufgabe, ihr Ansehen und Leben zu geben, um unseren Mitbürgern, denen wir in unserer staatlichen Tätigkeit vielleicht etwas genützt haben, auch in der Muße zu dienen, soweit wir können.“

Marcus Tullius Cicero[17]

Sein Ideal des Redners zeichnet sich durch eine hohe Allgemeinbildung und gute Kenntnisse in Geschichte, Philosophie und Recht aus.[18] Maßgeblich von Cicero wurde der Begriff humanitas geprägt, der erstmals in einer anonymen Schrift um 80 v. Chr. mit dem Titel „Rhetorica ad Herennium“ belegt ist. Cicero, bei dem der Begriff in zahlreichen Schriften begegnet, knüpft mit ihm an die griechische Paideia an. Humanität ist dem Menschen nicht angeboren, erst durch die Erziehung in den Künsten (artes) wird die Jugend zur humanitas geformt und gebildet („ad humanitatem informari“).[19] Humanität bezeichnet das im Menschen, was ihn eigentlich zum Menschen macht. Der Mensch ist etwas Großes und Bejahenswertes. Zur humanitas gehören neben Gerechtigkeit und einer sittigenden Kraft auch liebenswertes Miteinander, Muße, Freude an einer gepflegten Sprache sowie vor allem eine schwerelose und verbindende Geistigkeit.[20] Humanus steht im Tonfall und in der Bedeutung dem Wort urbanus nahe. Es bezeichnet keine ernste Besinnung, sondern heitere Selbstsicherheit. Es geht um das geistreiche, feine, witzige und höfliche Wesen des Stadtrömers.[21] Es verbinden sich tiefer, unverkrampfter Ernst und anmutiges Scherzen. Die eigenen Wahrheiten werden leicht und elegant hingeworfen, man spottet milde über die eigene Rolle. Es geht um die Freude an einer gelungenen Erkenntnis und um die Freude an einer geistigen Tätigkeit, die ohne Zweck und Nutzen betrieben wird.[22] Der rücksichtslose Mensch, der sich für andere Menschen nicht interessiert, ist nicht human. Arroganz, Dickköpfigkeit, hinterwäldlerische Plumpheit und Brutalität sind mit humanitas unvereinbar. Sie ist dann in Gefahr, wenn der Mensch sich in der Äußerlichkeit verliert oder durch Gewöhnung an das Schlimme abstumpft.[23] In der zweiten Hälfte der Regierungszeit Neros verkündeten Seneca, Marcus Annaeus Lucanus und Aulus Persius Flaccus ein transzendentes Ideal „sittlicher Vollendung wahren Menschentums“.[24]

Renaissance-Humanismus

Hauptartikel: Renaissance-Humanismus

Im engeren Sinne wird als Humanismus das fortschrittliche, sich vom Mittelalter und der Scholastik abwendende geistige Klima des 15. und 16. Jahrhunderts bezeichnet. Man unterscheidet dabei zwischen der Renaissance als dem umfassenden kulturellen und sozialen Wandel zwischen Mittelalter und Neuzeit und dem Humanismus als der Bildungsbewegung, die ihm zugrunde liegt. Nachdem es bereits von den Kreuzfahrern verwüstet und geschwächt worden war, fiel im Jahr 1453 Konstantinopel, die Hauptstadt des Oströmischen Reichs, an die Türken. Dadurch gelangten zahlreiche griechische Gelehrte und eine Fülle von griechischen Handschriften in den Westen. Erst mit der Einbeziehung der griechischen Sprache und Literatur gewann der humanistische Kanon seine volle Gestalt.[25] Auch die Erfindung des Buchdrucks war den Bestrebungen der Humanisten nützlich. Er verhalf ihren Werken zu weiter Verbreitung und machte die ganze gelehrte Welt mit ihren Ideen bekannt.

Die antike Kultur wurde als unübertrefflich nachgeahmt. Das Studium der antiken Literatur und Philosophie diente dazu, sich einer in sich ruhenden Bildung zu vergewissern und sich von theologischen und philosophischen Vorentscheidungen zu lösen. Der über den ständischen Gliederungen stehende uomo universale verkörperte das ideale Menschenbild. Bereits im 15. Jahrhundert bestand ein Selbstverständnis gebildeter Kreise, die sich als humanistae begriffen und so bezeichneten, also als Humanisten. Der Begriff humanista tauchte zum ersten Mal 1490 in einem volkssprachlichen Brief auf.[26] Er bezeichnet die Gräzisten, Latinisten, Dichter und Redner, die sich den studia humanitatis widmeten und Cicero sowie Quintilian besonders in der Rhetorik als Vorbilder betrachteten. Diese Gelehrtenbewegung wollte das antike Menschenbild erneuern.

Die antike Bildung wurde als unübertreffliches Vorbild empfunden und das lebensbejahende und schöpferische Individuum rehabilitiert. Die Verherrlichung des Menschen ergab sich bei den italienischen Humanisten aus der Überzeugung, dass der Mensch als das Ebenbild Gottes das Höchste in der ganzen Schöpfung sei.[27] Der berühmteste und einflussreichste Humanist der frühen Neuzeit war Erasmus von Rotterdam, dessen philosophia christiana die Überbetonung der rhetorischen Kultur relativierte. Weder Philipp Melanchthons Grundlegung der protestantischen Bildung noch das Schulwesen der Jesuiten sind ohne humanistischen Einfluss denkbar.[28] Den Humanismus als Bildungsbewegung in seiner Vielschichtigkeit hatte vor Jacob Burckhardt schon Georg Voigt erkannt.

Neuhumanismus

Hauptartikel: Neuhumanismus

Seit etwa 1750 erfolgte eine Erneuerung der humanistischen Bewegung, um die Nivellierung des Menschen in der festgelegten spätfeudalen Ständeordnung zu überwinden. Das Individuum sollte sich als produktiv tätiger Mensch immer weiter vervollkommnen und Selbstbestimmung über seine Lebensbedingungen gewinnen. Die menschliche Individualität sollte sich frei entfalten. Damit verbunden war eine Hinwendung zum klassischen Altertum. Im Zeitalter der Aufklärung war der Begriff Humanismus zunächst noch ungebräuchlich. Überwiegend sprach man in Anlehnung an Cicero und die Renaissance gleichbedeutend von Humanität. Schiller und Herder verstanden unter Humanität die Menschlichkeit an sich. In seinen 1793 bis 1797 erschienenen Briefen zur Beförderung der Humanität erklärte Herder:

„Humanität ist der Charakter unseres Geschlechts; er ist uns aber nur in Anlagen angeboren, und muß uns eigentlich angebildet werden. Wir bringen ihn nicht fertig auf die Welt mit; auf der Welt aber soll er das Ziel unsres Bestrebens, die Summe unsrer Übungen, unser Wert sein … Wenn der Dämon, der uns regiert, kein humaner Dämon ist, werden wir Plagegeister der Menschen … Humanität ist der Schatz und die Ausbeute aller menschlichen Bemühungen, gleichsam die Kunst unsres Geschlechts. Die Bildung zu ihr ist ein Werk, das unablässig fortgesetzt werden muß, oder wir sinken … zur rohen Tierheit, zur Brutalität zurück.“

Johann Gottfried Herder[29]

Insbesondere für Herder war Humanität zugleich an einen Fortschritt in der Geschichte geknüpft, er sah in ihr ein „Hauptgesetz der Natur“. Kunst und Wissenschaft helfen dabei, das wahre Wesen des Menschen zu verwirklichen und zu vervollkommnen. Der menschliche Geist ist in der Lage, einen sinnvollen Zusammenhang der Dinge zu erkennen und mit dem Willen zu bejahen.[30]

Kant beschrieb die Humanität als „[...] den Sinn für das Gute in Gemeinschaft mit anderen überhaupt; einerseits das allgemeine Teilnehmungsgefühl, andererseits das Vermögen, sich innigst und allgemein mitteilen zu können, welche Eigenschaften zusammen verbunden die der Menschheit angemessene Geselligkeit ausmachen.“[31] Nach Kant wird der Mensch erst durch Erziehung zum Menschen. Das Programm der Menschenbildung hat nach Kant vier Stufen: In der Disziplinierung geht es um die Zähmung der animalischen Wildheit im Menschen. Bei der Kultivierung geht es um die Belehrung und Unterweisung, um Fähigkeiten zu beliebigen Zwecken zu erwerben. Bei der Zivilisierung geht es darum, dass der Mensch klug wird, sich in die menschliche Gesellschaft einfügt, beliebt ist und Einfluss erlangt. Bei der Moralisierung geht es schließlich um die Entwicklung einer vernunftgemäßen Gesinnung. Der Mensch soll lernen, gute Zwecke zu wählen. Gute Zwecke sind solche, die von jedermann gebilligt werden und gleichzeitig jedermanns Zwecke sein können. Kant verband mit diesem Programm die Idee eines Fortschreitens der Menschheit zum Besseren.[32]

Schiller, Wilhelm und Alexander von Humboldt, Goethe

Wilhelm von Humboldt und seine Helfer schufen in kurzer Zeit ein dreistufiges Bildungswesen: Elementarschule, Gymnasium und Universität. Das Gymnasium sollte zur Hochschulreife führen und beschränkte sich im Wesentlichen auf allgemeinbildende Fächer. Einen wichtigen Beitrag leistete der altsprachliche Unterricht durch das Erlernen des Lateinischen und Griechischen, die am neuhumanistischen Gymnasium etwa die Hälfte der verfügbaren Schulstunden in Anspruch nahmen.[33] Die Schriften Platons und Ciceros gehörten zum Lektüreprogramm. Der Weimarer Klassik galt das klassische Griechenland als Inbegriff höchster Humanität. Es war das Symbol für die eigenen Bestrebungen. Insbesondere Goethe und Schiller propagierten das Ideal einer Persönlichkeit, das sich nur durch die harmonische Entfaltung aller Anlagen und Kräfte verwirklichen lasse. Man glaubte, dass diese Ideale im antiken Griechenland schon einmal verwirklicht worden seien. So beschrieb Goethe das Wirken der Humanität: „Seele legt sie auch in den Genuß, noch Geist ins Bedürfnis, Grazie selbst in die Kraft, noch in die Hoheit ein Herz.“[34]

Der deutsche Begriff Humanismus wurde erstmals von Friedrich Immanuel Niethammer in dem 1808 erschienenen Buch „Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unserer Zeit“ verwendet. Er verteidigt die an der griechischen Klassik orientierte Bildung gegen die praktisch-technische Ausbildung an den Realschulen. Der praktische Nutzen soll nicht allein im Vordergrund stehen. Die humanistische Bildung gibt den Jugendlichen klassische Muster vor, die zu einer ästhetischen, moralischen und geistigen Entwicklung beitragen. Nach Niethammer hat der von den Griechen thematisierte Logos den Menschen über seine rohe Natur hinaus zum Geistigen geführt. Erst damit wurde seine wahre Menschlichkeit begründet. Der Logos habe sich in Jesus Christus inkarniert (Joh 1,14 EU). Der Logos sei zugleich das Urprinzip menschlicher Bildung.

Humanismus in der Moderne

Dritter Humanismus

Werner Jaeger, Lithographie von Max Liebermann (1915)

Der bedeutendste Repräsentant des sogenannten Dritten Humanismus war Werner Jaeger. Die Bezeichnung Dritter Humanismus - nach dem Renaissance-Humanismus und dem Neuhumanismus - stammt aus einer 1921 gehaltenen Rede des Berliner Philosophen Eduard Spranger, mit dem Jaeger befreundet war und sich gemeinsam für die alten Sprachen und eine Philosophie der Bildung einsetzte:

„Aber ein Unterschied unseres Humanismus, den man den dritten nennen könnte gegenüber jenem zweiten, liegt in der Weite des Suchens und des Verstehens, das wir Modernen aufzubringen vermögen.“

Eduard Spranger[35]

Nach Jaeger hat die Kultur im Griechentum schlechthin ihren Ursprung. Die Griechen haben ihre geistige Gesamtschöpfung als Erbe an die übrigen Völker des Altertums weitergegeben. Für Jaeger beginnt der Humanismus mit der Übernahme der griechischen Kultur im Römischen Reich. Der griechische Bildungsgedanke sei dann im Christentum in eigenständiger Weise fortgesetzt worden. Konstitutiv für jede Erscheinungsform von Humanismus sei dabei die Struktur des Wiederaufnehmens. Die abendländische Geschichte wird bei Jaeger zu einer Reihe von Erneuerungen der griechischen Bildungsidee.[36] Er setzte das Griechentum mit der Idee gleich, den Menschen nach einem bestimmten Ideal zu formen.

Der Begriff der Paideia war für Jaeger gleichbedeutend mit der griechischen Bildung. Sie sei nicht ein bloßer Inbegriff abstrakter Ideen, sondern die griechische Geschichte selbst in der konkreten Wirklichkeit des erlebten Schicksals. Die Gesamtheit der griechischen Kultur sei Ausdruck dieses Strebens, den Menschen zu formen. Die Griechen hätten die Dinge „organisch“ betrachtet. Sie hätten das Einzelne als Teil eines Ganzen aufgefasst. Erst dadurch wären sie zur Schöpfung des Begriffs „Natur“ fähig geworden. Mit diesem habe sich das Interesse verbunden für die Gesetze, welche in den Dingen selbst wirkten. Aus der Einsicht in die Gesetzmäßigkeiten des menschlichen Wesens entsprängen die Normen für die persönliche Führung der Seele und für den Aufbau der Gemeinschaft.

Das höchste Kunstwerk, das es zu bilden gelte, sei der Mensch. Über allem stehe der Mensch als Idee. Der erzieherische Gehalt der Antike solle für die Gegenwart fruchtbar gemacht werden. Die Zukunft der Jugend sei durch Wahrheit, Bildung, Werte und eine Zentralperspektive - Jaeger spricht von einem „Totalbild“ - zu gewährleisten.[37] Die Formung des Menschen sei unwiderruflich an die Gemeinschaft gebunden. Der Mensch sei zu seiner wahren Form zu erziehen, nämlich dem eigentlichen Menschsein als allgemeingültiges und verpflichtendes Bild der Gattung. Die generalisierende Sichtweise Jaegers auf die Antike ist umstritten und wird teilweise als Idealisierung kritisiert.[38]

Plessner

Helmuth Plessner kritisierte den Humanismus aus der Sicht des Historismus: Die Geschichte der eigenen und der fremder Kulturen habe gezeigt, dass die Selbstauffassung des Menschen im Sinne einer Idee, was der Mensch sein solle, vom Menschen selbst geschichtlich und unter kulturell-kontingenten Annahmen hervorgebracht worden sei, also keinen Anspruch auf allgemeine Geltung erheben könne. So zeige die Erfahrung

„[…] daß die Selbstauffassung des Menschen als Selbst-Auffassung, als Mensch im Sinne einer […] ‚Idee‘ selbst ein Produkt seiner Geschichte bedeutet, die Idee Mensch, Menschlichkeit von ‚Menschen‘ eroberte Konzeptionen sind, denen das Schicksal alles Geschaffenen bereitet ist, untergehen […] zu können.“

Helmuth Plessner[39]

Er setzt dem eine Anthropologie entgegen, die die wesentliche Unergründlichkeit des Menschen ins Zentrum stellt: Was der Mensch sei, lasse sich nicht ergründen, denn der Mensch sei kein abgeschlossenes, sondern ein unfertiges Wesen. Diese Einsicht beende auch die Überheblichkeit einer missionierenden christlich-europäischen Kultur, die meine, die Menschlichkeit erst den anderen Kulturen bringen zu müssen.[40]

Sartre

Jean-Paul Sartre, humanistischer Existentialist

Im existentialistischen Humanismus Jean-Paul Sartres wird die Eigenverantwortlichkeit des Menschen betont. Nach Sartre ist der Existenzialismus „eine Lehre der Tat“. Grundlegend hierzu war der 1945 veröffentlichte Essay L'existentialisme est un humanisme. Sartre entwarf einen Humanismus im Gewand der Moderne: Die Existenz geht der Essenz voraus. Der Mensch tritt in die Welt ein und erst dann entwirft bzw. erfindet er sich selbst. Der Mensch ist nichts Anderes als das, wozu er sich in seiner totalen Freiheit macht. Deshalb ist er auch für das, was er ist, verantwortlich. Dies verleiht ihm seine Würde. Das Leben hat a priori keinen Sinn. Der Mensch wählt sich seine Moral, sie ist seine Schöpfung und Erfindung. Mit sich selbst erschafft der Mensch ein Vorbild. Der Mensch ist nichts Anderes als sein Leben. Er ist die Summe seiner Handlungen, seiner Beziehungen und Unternehmungen. Er existiert nur in dem Maße, in dem er sich selbst verwirklicht.

„Es gibt kein anderes Universum als ein menschliches, das Universum der menschlichen Subjektivität. Diese Verbindung von den Menschen ausmachender Transzendenz – nicht in dem Sinn, wie Gott transzendent ist, sondern im Sinn von Überschreitung – und Subjektivität in dem Sinn, dass der Mensch nicht in sich selbst eingeschlossen, sondern immer in einem menschlichen Universum gegenwärtig ist, das ist es, was wir existentialistischen Humanismus nennen.“

Jean-Paul Sartre[41]

Heidegger

Martin Heidegger antwortete mit seinem Brief über den »Humanismus«, der 1947 als Anhang zu einem anderen Werk und 1949 erstmals selbstständig erschien, auf eine schriftliche Anfrage des französischen Philosophen Jean Beaufret.[42] Er warf dem klassischen Humanismus vor, dass in seiner Bestimmung des Menschen als vernünftiges Subjekt die eigentliche Würde des Menschen noch nicht erfahren sei und er die Humanitas des Menschen nicht hoch genug angesetzt habe. Die Philosophie seit dem klassischen Griechenland sei zur Metaphysik entartet. Das Wesen des Menschen müsse anfänglicher erfahren werden.

Das Sein komme im Denken zur Sprache. Die Sprache sei „das vom Sein ereignete und aus ihm durchgefügte Haus des Seins“. Durch sie sei der Mensch in die Lichtung des Seins freigestellt. Das Sein selbst habe ihn „in die Wahrheit des Seins »geworfen«, daß er, dergestalt ek-sistierend, die Wahrheit des Seins hüte“.[43] Heidegger bezeichnet den Menschen deshalb als Hirten des Seins. Das Denken vollbringe zugleich das Wesen des Menschen. Darum ruhe im Denken die Menschlichkeit. Das Denken des Seins ereigne sich noch vor der Unterscheidung von Theorie und Praxis. Es habe weder Ergebnis noch Wirkung. Es sei ein Tun, das alle Praxis übertreffe. Die Philosophie habe dagegen aus der Sprache ein Herrschaftsinstrument über das Seiende gemacht und das Denken damit falsch interpretiert. Das animal rationale gebärde sich als Herr des Seienden und kreise heimatlos um sich selbst. Es sei ausgestoßen aus der Wahrheit des Seins.

Peter Sloterdijk kritisiert Heideggers Position. Er sieht den Menschen in der Reihe der Lebewesen und wendet sich gegen Heideggers Ablehnung jeder Anthropologie. Es gebe eine Geschichte des Heraustretens des Menschen in die Lichtung. Diese werde von Heidegger ignoriert. Die Realgeschichte der Lichtung werde von der Natur- und Sozialgeschichte erzählt. Die Lichtung sei ein Ereignis, wo aus dem Sapiens-Tier der Sapiens-Mensch werde. Hier beginne die Sozialgeschichte der Zähmungen. Es zeige sich das andere, bisher verhüllte Gesicht der Lichtung. Diese sei ein Kampfplatz und ein Ort der Entscheidung und der Selektion.[44]

Fromm

Erich Fromm,
Psychoanalytiker und Philosoph

In den Jahren von 1961 bis 1978 veröffentlichte Erich Fromm mehrere Aufsätze und Reden, die in dem Sammelband Humanismus als reale Utopie herausgegeben wurden. Die Entfremdung ist nach Fromm die Krankheit des modernen Menschen. Der Mensch wird zum Götzendiener, der das Werk seiner eigenen Hände anbetet. Er ist nur noch damit beschäftigt zu arbeiten, um konsumieren zu können. Er möchte viel haben, statt viel zu sein. Machtstreben, Vergnügungssucht und Besitz verdrängen Liebe, Freude und persönliches Wachstum. Ängstlichkeit verbindet sich mit der Unfähigkeit, zu lieben. Der moderne Mensch flieht in ein leeres Geschäftigsein. An die Stelle der traditionellen Werte des Guten, Schönen und Wahren, die der Entfaltung des Menschen dienten, ist der technologische Wert getreten: Das technisch Mögliche wird zum Selbstzweck; ist etwas technisch möglich, dann wird es auch getan. Nach Fromm soll man sich der humanistischen Alternative bewusst werden. Der Humanismus geht vom fühlenden, lebendigen, leidenden und denkenden Menschen als der zentralen Kategorie aus.

„Bei diesem Bezugsrahmen besteht der Sinn des Lebens in der völligen Entwicklung der menschlichen Eigenkräfte, insbesondere in der von Vernunft und Liebe, im Transzendieren der Enge des eigenen Ichs und in der Entwicklung der Fähigkeit, sich hingeben zu können, in der vollen Bejahung des Lebens und von allem Lebendigen im Unterschied zur Anbetung von allem Mechanischen und Toten.“

Erich Fromm[45]

Über das Unbewusste kann man den Kontakt zum ganzen, universalen Menschsein gewinnen.

„Haben wir aber mit dem ganzen Menschen in uns Kontakt, dann gibt es nichts Fremdes mehr. Es gibt kein Verurteilen anderer mehr aus einem Gefühl der eigenen Überlegenheit […] Der Mensch steht heute vor der Wahl: Entweder wählt er das Leben und ist zur neuen Erfahrung von Humanismus fähig, oder die neue 'eine Welt' wird nicht gelingen.“

Erich Fromm[46]

Die Liebe ist der Hauptschlüssel, mit dem sich die Tore zum persönlichen Wachstum öffnen lassen. Die Praxis der Liebe ist das menschlichste Tun, das den Menschen ganz zum Menschen macht und ihm zur Freude am Leben gegeben ist.[47]

Die Humanismuskritik Foucaults

Michel Foucault

Michel Foucault stellte sich die Frage, wie man als freier Mensch leben könne. Für Foucault verschwindet der Mensch wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand.[48] Gerade im Humanismus sieht er die dunkle Seite der Aufklärung:

„Ich verstehe unter Humanismus die Gesamtheit der Diskurse, in denen man dem abendländischen Menschen eingeredet hat: Auch wenn du die Macht nicht ausübst, kannst du sehr wohl souverän sein. […] Je besser du dich der Macht unterwirfst, die über dich gesetzt ist, umso souveräner wirst du sein. Der Humanismus ist die Gesamtheit der Erfindungen, die um diese unterworfenen Souveränitäten herum aufgebaut worden ist: die Seele (souverän gegenüber dem Leib, Gott unterworfen), das Gewissen (frei im Bereich des Urteils, der Ordnung der Wahrheit unterworfen), das Individuum (souveräner Inhaber seiner Rechte, den Gesetzen der Natur oder den Regeln der Gesellschaft unterworfen).“

Michel Foucault, Von der Subversion des Wissens[49]

Für Foucault gibt es keine objektive Wahrheit, sondern nur relative Wahrheiten. Jede Form von metaphysischem Denken lehnt er ab. Humanismus ist für ihn nichts Anderes als eine Säkularisierung idealistischer Gedanken. Es gebe weder ein Wesen des Menschen noch objektive und universelle Menschenrechte. Es bestehe auch keine überhistorische Norm, die das Wesen des Menschen bestimmen könne. Der Versuch, eine solche Norm aufzustellen, führe zu einer Uniformierung des Menschen. Die moderne Anthropologie setze noch immer das Ideal eines „homo dialecticus“ voraus, der seine innere Wahrheit und seinen inneren Wert erkennen könne. Aber nicht mehr der Mensch sei das Objekt der Wissenschaften, sondern vielmehr die nur äußeren Beziehungen und Vernetzungen von Elementen, die frei von jeder Vorstellung eines souveränen Subjekts und Bewusstseins seien. Der Organismus funktioniere. Einen Zweck gebe es nicht. Alle Rechtfertigungsversuche durch Gott oder die Idee der Menschheit seien überflüssige Selbsttäuschungen und Fehlausbildungen der Kontrollmöglichkeiten, die jedes Funktionssystem in sich trage. Es handele sich beim Humanismus um den trügerischen Versuch von Selbstrechtfertigungen, die davon ablenken sollen, dass es dem Menschen wie allen Lebewesen um das bloße Funktionieren ohne irgendwelche höheren Zwecke gehe. Den Gedanken des Humanismus, dass der Mensch sich selbst Zweck sein könne, weist Foucault ab:

„Tatsächlich hat die Menschheit keine Zwecke. Sie funktioniert, sie kontrolliert ihr Funktionieren und bringt ständig Rechtfertigungen für diese Kontrolle hervor. Wir müssen uns damit abfinden, dass es nur Rechtfertigungen (d.h. keine Wahrheiten) sind. Der Humanismus ist nur eine von ihnen, die letzte.“

Michel Foucault, Von der Subversion des Wissens[50]

Bei Sartre ist der Mensch zugleich Deuter und Programmierer des Sinns gewesen. Für Foucault ist Sinn nichts als eine Art Oberflächenwirkung, eine Spiegelung oder ein Schaum. Was uns im Tiefsten durchdringe, was vor uns da sei, was uns in der Zeit und im Raum halte, sei das System. Nicht der Mensch dürfe an die Stelle Gottes gesetzt werden, sondern ein anonymes Denken, Erkenntnis ohne Subjekt, Theoretisches ohne Identität. Die noch von Sartre verfochtene Freiheit sei letztlich eine Illusion. Tatsächlich denke man innerhalb eines anonymen und zwingenden Gedankensystems einer bestimmten Sprache und Epoche. Mit dieser Erkenntnis werde die Idee vom Menschen in der Forschung und im Denken überflüssig. Sie sei nur ein Hindernis, die wahren Zusammenhänge zu erkennen. Das am meisten belastende Erbe, das uns aus dem 19. Jahrhundert zufalle, sei der Humanismus. Alle politischen Regime des Ostens oder des Westens brächten ihre schlechte Ware unter der Flagge des Humanismus durch:

„All diese Herzensschreie, alle diese Ansprüche der menschlichen Person, der Existenz sind abstrakt: d.h. abgeschnitten von der wissenschaftlichen und technischen Welt, die nämlich unsere wirkliche Welt ist. Was mich gegen den Humanismus aufbringt, ist der Umstand, dass er nur noch der Wandschirm ist, hinter den sich reaktionärstes Denken flüchtet, hinter dem ungeheuerliche und undenkbare Bündnisse geschlossen werden: so will man beispielsweise Sartre und Teilhard verbinden. [...] Der Versuch, der gegenwärtig von einigen unserer Generation unternommen wird, besteht daher nicht darin, sich für den Menschen gegen die Wissenschaft und gegen die Technik einzusetzen, sondern deutlich zu zeigen, dass unser Denken, unser Leben, unsere Seinsweise bis hin zu unserem alltäglichsten Verhalten Teil des gleichen Organisationsschemas sind und also von den gleichen Kategorien abhängen wie die wissenschaftliche und technische Welt. Es ist das „menschliche Herz“, das abstrakt ist. Wir aber bemühen uns, den Menschen mit seiner Wissenschaft, mit seinen Entdeckungen, mit seiner Welt, die konkret ist, zu verbinden.“

Michel Foucault[51]

Humanismus und Recht

Gustav Radbruch, ein humanistisch geprägter Rechtsphilosoph

Da die Existenz Gottes nicht allgemein anerkannt wird, hat man sich auf die unantastbare Menschenwürde als Grundlage eines Wertesystems sowohl völkerrechtlich als auch in den meisten nationalen Verfassungen geeinigt. Durch die Übernahme des sittlichen Wertes der Menschenwürde in geltendes Recht ist sie zugleich zu einem Rechtswert geworden. So beginnt die Präambel der Charta der Vereinten Nationen:

„Da die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt bildet […]“

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Und in Art. 1 Satz 1 heißt es dort: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Art. 1 Abs. 1 des deutschen Grundgesetzes lautet beispielsweise: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Dieser Gesamtanspruch wird dann im Einzelnen international durch die Menschenrechte und beispielsweise in Deutschland, der Schweiz und Österreich national durch die jeweiligen Grundrechte konkretisiert. In Deutschland sind die Grundrechte durch das Grundgesetz aus dem Jahr 1949 und in der Schweiz durch die revidierte Bundesverfassung aus dem Jahr 1999 garantiert. In Österreich sind die Grundrechte auf mehrere Gesetze verteilt und nicht zentral geregelt: Bundesverfassung, Staatsgrundgesetz von 1867, Staatsverträge von Saint-Germain (1919) und Wien (1955), Europäische Menschenrechtskonvention von 1958, Zivildienstgesetz und Datenschutzgesetz. Auch auf europäischer Ebene ist ein Grundrechtsschutz anerkannt, insbesondere durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Die Unantastbarkeit der Menschenwürde als Rechtswert ist eine historische Konsequenz aus dem Staatsterror des Nationalsozialismus. Dabei half das humanistisch geprägte Denken des Rechtsphilosophen Gustav Radbruch, die Grenzen für die Rechtsgeltung von Schandgesetzen aufzuzeigen, an die kein Richter mehr gebunden ist:

„[…] eine andere Grenzziehung aber kann mit aller Schärfe vorgenommen werden: wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewußt verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur „unrichtiges“ Recht, vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur. Denn man kann Recht, auch positives Recht, gar nicht anders definieren als eine Ordnung und Satzung, die ihrem Sinne nach bestimmt ist, der Gerechtigkeit zu dienen.“

Gustav Radbruch[52]

Humanismus und Psychologie

Hauptartikel: Humanistische Psychologie

Die humanistischen Theorien in der Psychologie wurden maßgeblich von Abraham Maslow und Carl Rogers geprägt. Die Persönlichkeit entwickelt sich mit dem Ziel, sich selbst zu verwirklichen. Die eigenen Fähigkeiten und Talente sollen entwickelt werden, um das innere Potential zu realisieren. Das Streben nach Selbstverwirklichung ist zugleich der

„[…] Organisator all der unterschiedlichen Kräfte, deren Zusammenspiel ununterbrochen das erschafft, was eine Person ausmacht … Dieses angeborene Streben nach Selbsterfüllung und nach Realisierung des eigenen einzigartigen Potentials ist eine konstruktive leitende Kraft, die jede Person im allgemeinen zu positiven Verhaltensweisen und zur Weiterentwicklung des Selbst bewegt.“

Philip G. Zimbardo[53]

Humanismus und Religion

Im Verhältnis des Humanismus zur Religion gibt es ein weitreichendes Spektrum von ausdrücklichem Bezug auf die Religion bis zu ausdrücklicher Ablehnung. Dabei steht der Begriff Humanismus im Spannungsfeld zwischen der menschlichen Autonomie einerseits und der traditionellen Rückbindung der Menschenwürde an die ontologische Zwischenstellung des Menschen zwischen Gott und Welt andererseits, die transzendente Sinnressourcen eröffnen soll.[54] Die etablierten Religionen haben in der Regel humanistische Traditionen selbst entwickelt, Anliegen des Humanismus aufgenommen und in ihre Glaubenssätze integriert oder eigene Impulse zur Entwicklung des Humanismus gegeben.

Judentum

Die Tora entspricht den fünf Büchern Mose im Alten Testament. Sie ist Teil des Tanach, der Hebräischen Bibel.

Bereits im Judentum gelten die Gebote der Nächsten- und Fremdenliebe nach der Hebräischen Bibel:

„Hasse deinen Nächsten nicht in deinem Herzen! Sondern weise ihn auf das Recht hin, damit du nicht seinetwegen Schuld auf dich lädst. Räche dich nicht noch behalte Zorn gegen die Kinder deines Volkes. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst: Ich bin JHWH.“

Tanach, Wajikra (Lev 19,17 EU)

Das Gebot der Fremdenliebe wendet sich gegen eine Beschränkung der Nächstenliebe auf Mitjuden:

„Den Fremdling, der bei euch wohnt in eurem Land, sollt ihr nicht unterdrücken. Er soll wie ein Einheimischer unter euch wohnen, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr ward auch Fremdlinge in Ägypten. Ich bin JHWH, euer Gott.“

Tanach, Wajikra (Lev 19,33 EU; vgl. auch Devarim Dtn 10,19 EU)

Das Judentum hat mit seinem Gebot, auch den Fremden zu lieben, einen erheblichen Beitrag zu den moralischen Standards der Menschheit geleistet.[55] In der Pflicht gegen den Fremdling ist die unbedingte Humanität am bestimmtesten erfasst worden. Die Entdeckung des Menschen als Mitmensch setzt voraus, dass auch der Fremdling ein zum Ebenbild des einzigen Gottes geschaffenes Lebewesen ist (Gen 1,26 EU). Auch der Fremdling und Nichtjude ist jener Nächste, auf den das Gebot der Nächstenliebe zu beziehen ist. Der Fremdling lehrt die Humanität. An ihm ist der Mensch als Mitmensch immer wieder klar erkannt und gewissermaßen aufgedeckt worden.[56]

Der Begriff des Noachiden definiert das Recht des Fremdlings im Judentum. Ein Noachide, ein Nachkomme Noachs (Gen 7,7 EU), ist jeder, der die elementarsten Pflichten übt, die sich aus der Menschlichkeit und der Landeszugehörigkeit ergeben. Gleichgültig ist dabei seine Religionszugehörigkeit oder Staatsangehörigkeit. Der Noachide hat nicht nur Duldung, sondern Anerkennung zu beanspruchen. Er ist dem einheimischen Staatsbürger gleichgestellt.[57] Der Noachide wird damit zum Prototyp des Mitmenschen. Er repräsentiert eine fundamentale ethische Gleichheit, die jedem positiven staatlichen Recht vorangeht. Eine besondere Bedeutung haben die Verpflichtungen der noachidischen Gebote erlangt. Auf sieben Gebote sind die Nachkommen Noachs nach dem Babylonischen Talmud verpflichtet:[58]

Die noachidischen Gebote sind dabei nicht einklagbares Recht, sondern „Ausdruck des theologisch-ethischen Horizonts, in dem sich die geistig-religiöse Nachbarschaft zum außerjüdischen Mitmenschen vollziehen kann“.[59] Gleichwohl wurden die großen Völkerrechtler des 17. Jahrhunderts Hugo Grotius und John Selden vom Recht des Fremdlings im Talmud angeregt und haben diesen Gedanken in ihre Systeme aufgenommen. Nach Hermann Cohen ist der Begriff des Noachiden sogar ein Vorläufer des Naturrechts, was allerdings umstritten ist.[60] Die jüdische Ethik und rabbinische Literatur hat die Bestimmungen des Tanach beständig verfeinert und humanisiert. Sie steht der christlichen Ethik nicht nach.

Christentum

Gregor von Nyssa verband Christentum und Platonismus

Anknüpfungspunkt für den christlichen Humanismus im Neuen Testament ist das Doppelgebot der Liebe:

„Und einer von ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und fragte: Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz? Jesus aber antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und wichtigste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Evangelium nach Matthäus (Mt 22,35-40 EU).[61]

Das frühe Christentum sprach griechisch und explizierte sich in Denkkategorien, die von Platon und Aristoteles geprägt waren. Paulus knüpft in der Apostelgeschichte auf dem Areopag in Athen an die griechische Philosophie an (Apg 17,22 EU). Es wurde die Paideia Christi verkündigt.[62] Mit Clemens von Alexandria und Origenes erfolgte eine philosophische Vertiefung und weitere Hellenisierung der christlichen Religion. Origenes erklärte die Bibel in umfangreichen Kommentaren nach ihrem wörtlichen, grammatischen, historischen und pneumatischen Sinn. Mit dieser vom Griechentum übernommenen Philologie wurde er zum Vater der theologischen Exegese. Mit den Kirchenvätern Basilius von Caesarea, Gregor von Nazianz und Gregor von Nyssa erfolgte eine weitere Verschmelzung griechischen Denkens mit dem Christentum, welche dann das westliche Denken für tausend Jahre prägte.

Der Renaissance-Humanismus wurde von den Päpsten finanziell gefördert. Mit Papst Pius II. stellten sie selbst einen bedeutenden Humanisten. Die Scholastikkritik der humanistischen Reformtheologen, die sich für eine Reform der herrschenden Theologie einsetzten, prägte viele spätere Reformatoren. Der teilweise unmoralische Lebenswandel der Kirchenoberen und Priester zog einen mehr oder weniger ausgeprägten Antiklerikalismus nach sich.[63] Mit der Reformation wurden Missstände innerhalb der Kirche bekämpft und theologisch eine Rückkehr zum Ursprünglichen und Authentischen angestrebt. Martin Luther betonte, dass der Schlüssel zum Verständnis der Bibel in ihr selbst angelegt sei („sui ipsius interpres“). Jeder Christenmensch besitze die Fähigkeit, die Schrift selbst auszulegen und zu verstehen (Sola scriptura-Prinzip). Philipp Melanchthon stützte sich bei der Ausarbeitung seiner frühprotestantischen Hermeneutik auf die humanistische Rhetoriktradition.[64]

Zum Ende des 18. Jahrhunderts erklärte der evangelische Theologe und Dichter Johann Gottfried Herder in seinen Briefen zur Beförderung der Humanität:

„Das Christentum gebietet die reinste Humanität auf dem reinsten Wege. Menschlich und für jedermann faßlich; demüthig, nicht stolz-autonomisch; selbst nicht als Gesetz sondern als Evangelium zur Glückseligkeit Aller gebietet und giebt es verzeihende Duldung, eine das Böse mit Gutem überwindende thätige Liebe.“

Johann Gottfried Herder[65]

Der katholische Philosoph Jacques Maritain vertrat im 20. Jahrhundert einen christlichen Humanismus. Dieser sei aber erst dann integral, wenn der Mensch in seinem wahren Wesen, in seiner Bindung an Gott und seiner Erneuerung durch Gott erfasst werde. Die modernen Auffassungen von Humanismus sollten mit der von der mittelalterlichen Scholastik entwickelten Seinslehre verbunden werden.[66] Dagegen meinte der evangelische Dogmatiker Karl Barth, man müsse in erster Linie von einem Humanismus Gottes sprechen: von der Liebe Gottes zum Menschen. Der Mensch als das von Gott bewirkte Wesen solle sich aus seiner irdischen Wirklichkeit in das Geheimnis seines Ursprungs öffnen. Dabei erfahre er dann die Heiligung der Gnade, den Humanismus Gottes. Die weltlichen Humanismen seien eigentlich überflüssig. Sie seien nur „abstrakte Programme“ gegenüber der von den Evangelien verkündeten Gotteskindschaft des Menschen.[67]

Nach Rudolf Bultmann ist der Humanismus ein Glauben an den Adel des Menschen als Geistwesen. Der Geist verwirkliche sich im Wahren, Guten und Schönen. Diese Ideen bestimmten Wissenschaft, Recht und Kunst. Der Humanismus mache die Welt so zur Heimat des Menschen. Dagegen sei für das Christentum die Welt die Fremde. Der christliche Glaube entweltliche den Menschen. Gott als schlechthin jenseitiger sei von der Welt geschieden. Der Mensch als Sünder bedürfe der Gnade, da er nicht so sei, wie er sein solle. Die Gnade Gottes befreie den Menschen von sich selbst und mache ihn zu einem neuen Geschöpf. Der christliche Glaube bedürfe deshalb des Humanismus nicht, es bestehe vielmehr ein Widerspruch. Der einzelne Christ sei aber auf den Humanismus angewiesen, weil er die Welt durch Wissenschaft, Recht und Kunst beherrschbar mache.[68]

Islam

Averroës stand für die hellenistische Dimension des Islam

Muslimische Theologen betonen, dass Christentum und Islam im Gebot der Nächstenliebe übereinstimmen.[69] Von Mohammed sind die Sätze überliefert:

„Niemand von Euch hat den Glauben erlangt, solange er nicht für seine Brüder liebt, was er für sich selbst liebt.[70]
Keiner von Euch hat den Glauben erlangt, solange ihr für euren Nachbarn nicht liebt, was ihr für euch selbst liebt.[71]

Kitab al-Iman

Eine rationalistisch ausgerichtete islamische Lehre war der Mutazilismus, der vom 8. Jahrhundert an Einfluss erlangte. Die Mu'tazila hat die Entwicklung der islamischen Dogmatik tief beeinflusst. Sie bediente sich des Kalam, was ursprünglich „Rede“ und zunehmend „verstandesmäßige Darlegung“ bedeutete. Kalam war eine Methode, die sich an der Vernunft orientierte und intensiv mit hellenistischen Denkmethoden auseinandersetzte.[72] Die Mu'tazila versuchte, die absolute Einheit Gottes zu beweisen. Irgendwelche Ähnlichkeiten zwischen Gott und Schöpfung wurden abgelehnt. Wenn Gottes Attribute mit ihm gleichewig wären, würden sie seine Einzigkeit beeinträchtigen. Aber sie seien vielmehr geschaffen. Deshalb sei auch der Koran als Gottes Wort nicht wesensgleich mit Gott, sondern geschaffen. Der Koran sei nicht ewig, sondern zeitlich bedingt. Gott habe ihn für Menschen einer bestimmten Zeit und unter bestimmten Umständen erschaffen. Die Interpretation islamischer Prinzipien solle der Vernunft gehorchen. Die Freiheit des Menschen sei ein hoher Wert. Der Mensch sei für seine Handlungen verantwortlich. Der Gläubige, der sich im Zustand der Sünde befinde, stehe genau in der Mitte zwischen Glauben und Unglauben. Fatalismus wurde abgelehnt. Vertreter dieser Lehre waren beispielsweise al-Hasan al-Basri, Amr ibn Ubayd und Abu al-Hudhayl. Die sunnitische Geistlichkeit betrachtete diese rationalistische Lehre als Häresie, weil der göttliche Charakter des Korans geleugnet werde.

In Bagdad wurde 825 das Haus der Weisheit gegründet. Dort wurde über mehrere Jahrhunderte eine von der griechischen inspirierte islamische Philosophie gelehrt. Neben der Lektüre des Koran stützten sich islamische Philosophen auch auf Aristoteles und Platon. So wurde ein von Toleranz geprägtes humanistisches Denken bewahrt, dessen Überlieferung im Westen durch die Wirren der Völkerwanderung behindert war. An die Leistungen bedeutender Philosophen wie al-Kindi, al-Farabi, Avicenna, Averroës und al-Ghazali knüpfte die mittelalterliche Philosophie im Westen an. Eine nachhaltige Integration peripatetischen Denkens scheiterte im Islam aber daran, dass es nach dem Tod Avicennas kaum noch aufgeklärte Herrscher gab, die sich der Philosophie angenommen hätten.[73]

Der Einfall nomadisierender Türken und die Kriegszüge der Mongolen im 13. Jahrhundert führten zu einem Niedergang urbaner islamischer Zivilisation. Auch eine zunehmend strenge Ausrichtung auf die als verbindlich anerkannte Tradition des Propheten und seiner Gefährten[74] sowie der Verzicht auf die Beschäftigung mit der schönen Literatur und auf das Studium der griechischen Sprache verhinderten, dass sich eine dem europäischen Humanismus vergleichbare Bewegung nachhaltig entfalten konnte.[75]

Im 20. Jahrhundert forderte Ali Schariati, der sich gegen das persische Schahregime engagierte, einen islamischen Humanismus. Es dürfe keine Trennung zwischen Intellektuellen und Volk geben. Frauen seien nach dem Vorbild der Prophetentochter Fatima am öffentlichen Leben zu beteiligen, aber in anderer Weise als Männer. Westliche Modelle würden die Frau ihrer Natur entfremden. Ein islamischer Humanismus müsse dem westlichen Kulturimperialismus, der „Verwestlichungsseuche“ widerstehen. Es könne notwendig sein, für die rechte Sache auch zu sterben. Schariati gewann einen großen Einfluss auf die Vorgeschichte der iranischen Revolution.[76] Auf ihn beruft sich auch der im Iran zeitweilig wegen Blasphemie zum Tode verurteilte Historiker Haschem Aghadscheri:

„Als Muslime, als Anhänger des vollkommenen und göttlichen Islam, achten wir die Menschheit hoch. Der Mensch ist ein Mensch, und zwar unabhängig von seiner Religion, auch wenn er kein Muslim ist, auch wenn er kein Iraner ist. Auch Türken, Kurden, Luren … haben unveräußerliche Rechte. Schariati glaubte, dass der Humanismus im Westen keine festen Wurzeln hatte, weil er dort nicht auf religiösen Prinzipien basiert. Aber im Islam sei der Humanismus von Gott gegeben, wie auch der Mensch die Schöpfung Gottes sei … Unsere Kultur braucht einen islamischen Humanismus. Die Menschenrechte sind in unserer Verfassung garantiert. Niemand darf mit Füßen getreten werden.“

Haschem Aghadscheri[77]

Der tunesisch-französische Autor Abdelwahab Meddeb hält den islamischen Humanismus, der mit bedeutenden Ärzten, Gelehrten und Philosophen auf eine lange Tradition zurückblicken kann, durch den Islamismus für bedroht:

„Die Keime des Islamismus […] sind bereits im koranischen Text vorhanden. Die Dinge wären sehr viel einfacher, wenn es nicht diese islamistische Lektüre des Korans gäbe. Die Islamisten wollen aus ihrer Lesart die einzig richtige machen, dabei ist es ja gerade die Eigenart von Texten, unendlich viele Interpretationen zu ermöglichen […] Das enorme Problem des Islam besteht gerade darin, dass der Islamismus versucht, seine Botschaft in alle Richtungen zu verbreiten. Der offizielle Islam, der eine Art letzter Metamorphose des traditionellen Islam ist, wird heute zunehmend von islamistischem Gedankengut durchsetzt und vergiftet.“

Abdelwahab Meddeb[78]

Buddhismus und Hinduismus

Auch im Buddhismus und Hinduismus spielt das Mitgefühl und das Vermeiden von Leid bei Mitmenschen eine große Rolle. Karuna als tätiges Mitgefühl und Erbarmen hat eine hohe Bedeutung ähnlich der Nächstenliebe im Christentum. Der Begriff umfasst alle Handlungen, die helfen, das Leiden anderer zu verringern. Karuna gründet auf der Erfahrung der Einheit alles Seienden in der Erleuchtung und erstreckt sich unterschiedslos auf alle Lebewesen.[79] Aufgrund der zahlreichen unterschiedlichen Lehrrichtungen muss das Verhältnis zum westlich geprägten Begriff des Humanismus erst noch genauer untersucht werden. Der Individualität kommt in den östlichen Denkweisen meist keine hohe Bedeutung zu. Diese ist jedoch ein Kerngedanke des Humanismus.

Säkularer Humanismus

David Hume kritiserte als Vertreter der Aufklärung die Metaphysik

Nach einer areligiösen säkularen Auffassung wird die Existenz höherer göttlicher Mächte, die dem Menschen übergeordnet seien, verneint. Dies ist verbunden mit einer Zurückweisung von Religion zugunsten der Meinung, dass sich der moderne Mensch aus eigenem Antrieb weiterzuentwickeln vermöge und nur dann „Mensch“ sei. Er solle sich seiner eigenen Vernunft bedienen. Der säkulare Humanismus beginnt in der Zeit der Aufklärung und sieht sich als einen Weg, unter anderem Fragen der Ethik unabhängig von Religion zu betrachten. Übernatürliche Erklärungen werden abgelehnt. Bereits David Hume wandte sich entschieden gegen Metaphysik und jede Spekulation über übersinnliche Dinge:

„Man hat aber gegen die Dunkelheit dieser tiefsinnigen und abstrakten Philosophie nicht nur geltend gemacht, daß sie beschwerlich und ermüdend, sondern auch, daß sie die unvermeidliche Quelle von Ungewißheit und Irrtum ist. Hierin liegt allerdings der gerechteste und einleuchtendste Vorwurf gegen einen beträchtlichen Teil der Metaphysik: daß sie nicht eigentlich eine Wissenschaft ist, sondern entweder das Ergebnis fruchtloser Anstrengungen der menschlichen Eitelkeit, welche in Gegenstände eindringen möchte, die dem Verstand durchaus unzugänglich sind, oder aber das listige Werk des Volksaberglaubens, welcher auf offenem Plan sich nicht verteidigen kann und hinter diesem verstrickenden Gestrüpp Schutz und Deckung für seine Schwäche sucht. Verjagt vom freien Felde, flieht dieser Räuber in den Wald und liegt auf der Lauer, um in jeden unbewachten Zugang des Geistes einzubrechen und ihn durch religiöse Ängste und Vorurteile zu überwältigen. Der stärkste Gegner unterliegt, wenn er einen Augenblick in seiner Wachsamkeit nachläßt; und viele öffnen aus Feigheit und Torheit dem Feinde die Pforten und empfangen ihn bereitwillig mit Ehrfurcht und Unterwürfigkeit als ihr rechtmäßiges Oberhaupt. Ist dies indes ein hinreichender Grund für den Philosophen, von solchen Untersuchungen abzustehen und den Aberglauben weiter im Besitz seines Zufluchtsorts zu lassen? Ist es nicht angebracht, daß man den gerade entgegengesetzten Schluß zieht und die Notwendigkeit begreift, den Krieg in die geheimsten Schlupfwinkel des Feindes zu tragen? Vergeblich hoffen wir, daß der Mensch durch häufige Enttäuschungen endlich zum Verlassen solcher luftigen Wissenschaften bestimmt werden und das eigentliche Gebiet der menschlichen Vernunft entdecken möchte.“

David Hume[80]

Ludwig Feuerbach, atheistischer Humanist

Ludwig Feuerbach löste das religiöse Wesen in das menschliche Wesen auf. Er vertrat die Auffassung, dass Gott nur eine abstrakte Vergegenständlichung des menschlichen Wesens sei. Die Religion sei die Entzweiung des Menschen mit sich selbst. Der Mensch setze sich Gott als ein ihm entgegengesetztes Wesen gegenüber. Der Mensch vergegenständliche in der Religion sein eigenes geheimes Wesen. Der Mensch sei der Anfang der Religion, der Mensch sei der Mittelpunkt der Religion, der Mensch sei das Ende der Religion.[81] Nach Feuerbach tritt die Philosophie an die Stelle der Religion. Man müsse die Politik zur Religion machen. Der Atheismus sei das Aufgeben eines vom Menschen verschiedenen Gottes.[82]

Karl Marx knüpfte an diese Religionskritik Feuerbachs an, um seinen atheistischen Humanismus zu begründen. Der Mensch suche in der phantastischen Wirklichkeit des Himmels einen Übermenschen. Er finde aber nur den Widerschein seiner selbst. Der Mensch mache die Religion, die Religion mache nicht den Menschen. Die Religion sei das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren habe. Der Staat - im 19. Jahrhundert noch nicht laizistisch - und die Gesellschaft produzierten mit der Religion ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt seien. Der Kampf gegen die Religion sei mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion sei. Die Religion sei der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt. Sie sei der Geist geistloser Zustände. Sie sei das Opium des Volkes. Das wirkliche Glück des Volkes erfordere die Aufhebung der Religion, da diese nur illusorisches Glück sei.[83]

Sigmund Freud wurde ebenso wie Marx von Feuerbach angeregt und kritisierte die Religion aus der Perspektive der Psychoanalyse als Wunscherfüllung. Die religiösen Lehren seien nicht Ergebnisse der Erfahrung oder Resultate des Denkens. Sie seien Illusionen und Erfüllungen der ältesten, stärksten und dringendsten Wünsche der Menschheit. Das Geheimnis ihrer Stärke sei die Stärke ihrer Wünsche. Für die Illusion sei die Ableitung aus menschlichen Wünschen charakteristisch. Die Illusion nähere sich in dieser Hinsicht der psychiatrischen Wahnidee. Der Unterschied zu dieser sei aber, dass die Illusion nicht notwendig falsch sein müsse. Zum Wahrheitswert der religiösen Lehren sei deshalb mit der Erkenntnis ihres illusionären Charakters nichts festgestellt.[84] Nach Freud besteht ein intimer Zusammenhang zwischen dem Vaterkomplex und dem Glauben an Gott. Der persönliche Gott sei psychologisch nichts anderes als ein erhöhter Vater. Nur ein solcher könne die Bedürfnisse des Kindes kennen. Nur ein erhöhter Vater lasse sich durch Bitten erweichen und durch die kindlichen Zeichen der Reue beschwichtigen. Die Religion des gewöhnlichen Menschen sei offenkundig infantil und wirklichkeitsfremd.[85] Jugendliche würden den Glauben verlieren, sobald die Autorität des Vaters bei ihnen zusammenbreche. Der allmächtige und gerechte Gott sei die großartige Sublimierung des Vaters und eine Wiederherstellung der frühkindlichen Vorstellung von ihm. Die Religiosität sei auf die lang anhaltende Hilflosigkeit und Hilfsbedürftigkeit des kleinen Kindes zurückzuführen. Die Trostlosigkeit des Lebens werde durch die regressive Erneuerung der infantilen Schutzmächte geleugnet. Religion biete damit aber auch einen Schutz gegen neurotische Erkrankungen. Der Ungläubige müsse mit dem Elternkomplex allein fertig werden.[86]

Humanismus und soziale Frage

Karl Marx, Kommunist und atheistischer Humanist

Bereits Platon hatte das Privateigentum als Schritt in die Unfreiheit gering geschätzt und ihm in seinem Hauptwerk Politeia die Utopie einer Gütergemeinschaft entgegengehalten, diesen Gedanken in seinem Alterswerk Nomoi allerdings wieder erheblich abgeschwächt und den Schwerpunkt seiner Betrachtung auf eine gerechte Verteilung der Güter gelegt. Um gut zu sein bedürfe die Seele des Privateigentums nicht. In der hierarchischen Ordnung der Güter steht für Platon die Idee des Guten an oberster Stelle. So erklärte er beispielsweise für den Stand der Wächter im Staat:

„Fürs erste soll keiner irgend etwas als sein Eigentum besitzen, wofern es nicht ganz notwendig ist, sodann soll keiner eine solche Wohnung und Vorratskammer haben, in die nicht jeder, der will, einträte, alles zum Leben Erforderliche aber, was besonnene und tapfere für den Krieg bestimmte Kämpfer bedürfen, sollen sie ratenweise von den übrigen Bürgern empfangen als Lohn des Bewachens, in solchem Maße, daß sie weder für das Jahr etwas übrig haben noch Mangel leiden, und sie sollen gemeinsame Mahlzeiten besuchen und, wie auf einem Feldzuge befindlich, gemeinschaftlich leben. Gold und Silber aber, soll man ihnen sagen, haben sie göttliches von Göttern immer in ihrer Seele und bedürfen des menschlichen nicht, auch sei es eine Sünde, den Besitz von jenem mit dem des sterblichen Goldes zu vermischen und zu besudeln.“

Platon, Politeia[87]

Von sozialistischer Seite wurde kritisiert, dass Humanismus eine bürgerliche Weltanschauung sei und kein Interesse für die soziale Frage aufbringe. Das Proletariat bleibe von humanistischer Bildung ausgeschlossen. Nur für eine privilegierte Minderheit sei der Zugang zu Kultur und insbesondere Literatur gewährleistet. Die Gesellschaft müsse aktiv verändert werden, um gleiche Bildungschancen für alle zu ermöglichen.[88] Karl Marx setzte den Kommunismus mit einem atheistischen Humanismus gleich. Der Kommunismus hebe das Privateigentum auf, das Ausdruck menschlicher Selbstentfremdung sei. Der Kommunismus sei deshalb die

„[…] wirkliche Aneignung des menschlichen Wesens durch und für den Menschen; darum als vollständige, bewußt und innerhalb des ganzen Reichtums der bisherigen Entwicklung gewordne Rückkehr des Menschen für sich als eines gesellschaftlichen, d.h. menschlichen Menschen. Dieser Kommunismus ist als vollendeter Naturalismus ≈ Humanismus, als vollendeter Humanismus ≈ Naturalismus, er ist die wahrhafte Auflösung des Widerstreites zwischen dem Menschen mit der Natur und mit dem Menschen, die wahre Auflösung des Streits zwischen Existenz und Wesen, zwischen Vergegenständlichung und Selbstbestätigung, zwischen Freiheit und Notwendigkeit, zwischen Individuum und Gattung.“

Karl Marx[89]

In Anknüpfung an John Locke und Adam Smith werden in der Marktwirtschaft das Privateigentum und die Pleonexia, nämlich das „Mehr-Haben-Wollen“, nicht grundsätzlich negativ bewertet. Die Pleonexia sei eine Antriebskraft, die unternehmerische Kreativität, Wagemut und Anstrengung steigere und so zu einem bedarfsgerechten Angebot an wettbewerbsbedingt kostengünstigen Waren und Dienstleistungen, zu Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen und damit letztlich zur Verbesserung der allgemeinen Lebensverhältnisse führe. Sie sei deshalb dem Gemeinwohl dienlich.[90] In den meisten Gesellschaften wird das Privateigentum heute als ein elementares Grundrecht garantiert, das in einem inneren Zusammenhang mit der Garantie der persönlichen Freiheit des Menschen steht.[91] Der moderne Sozialstaat versucht, einen gerechten sozialen Ausgleich mit einem komplexen System aus Steuern, Sozialabgaben und Sozialleistungen herbeizuführen.

Siehe auch

Wiktionary Wiktionary: Humanismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  1. Humanismus. Seine europäische Entwicklung in Dokumenten und Darstellungen. Verlag Alber, Freiburg 1987, ISBN 3-495-47627-X.
  2. Der italienische Humanismus, in: Notker Hammerstein u.a. (Hrsg.): Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Band 1: 15. bis 17. Jahrhundert. München 1996, S. 1-56 ISBN 3-406-32463-0
  1. Teil: Die antiken und mittelalterlichen Quellen, ISBN 3-7705-1815-2
  2. Teil: Philosophie, Bildung und Kunst, ISBN 3-7705-1816-0

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. dazu Förster, Wolfgang: Humanismus. In: Hans J. Sandkühler u.a. (Hrsg.): Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, Band 2, S. 560 ff.
  2. Förster, a. a. O., S. 560
  3. Vergl. ausführlicher und in anderer Formulierung Fragment 49a DK, Übersetzung nach Wilhelm Capelle: Die Vorsokratiker. Kröner, Stuttgart 1968, S. 132
  4. Fragment 10 DK, Übersetzung nach Wilhelm Capelle: Die Vorsokratiker. Kröner, Stuttgart 1968, S. 132
  5. Zitiert nach Wilhelm Capelle: Die Vorsokratiker. Kröner, Stuttgart 1968, S. 327
  6. Protagoras hat den Homo-mensura-Satz selbst wohl primär erkenntnistheoretisch und nicht individuell ethisch gemeint, möglischerweise aber kollektivistisch ethisch in dem Sinne, dass die Menschen einer Polis gemeinsam entscheiden, was bei ihnen gelten soll. „Aller Dinge Maß ist der Mensch“ führt in der Konsequenz gleichwohl zu einem Relativismus in der Ethik. Vgl. dazu und zur Entdeckung des Relativismus Thomas A. Szlezák, Was Europa den Griechen verdankt, 2010, dort insbes. S. 169 f.
  7. Heinrich Dörrie: Paideia. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 4, Stuttgart 1972, Sp. 408.
  8. Friedrich Klingner: Humanität und Humanitas, in: Römische Geisteswelt. Reclam, Stuttgart 1979, S. 728 f.
  9. Pindar, Pythien 8.92-97; zitiert nach Thomas A. Szlezák, Was Europa den Griechen verdankt, 2010, S. 130
  10. Wolfgang Schadewaldt, Der Gott von Delphi und die Humanitätsidee, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1975, S. 25
  11. Platon, Euthyphron, 12d
  12. Platon, Nomoi 4, 716c
  13. Vgl. dazu auch Didaktik bei der Universität Jena: Vormoderne Fassungen des Bildungsbegriffs
  14. Ein bedeutender Beitrag hierzu war der Gedanke, dass Gleiches gleich zu behandeln ist, vgl. Aristoteles, Nicomachische Ethik, V.3. 1131a10-b15. Die Anfänge für die Idee der Gleichheit aller Menschen finden sich aber wohl schon im demokratischen Flügel der Sophistik, vgl. Förster, a.a.O., S. 560
  15. Vgl. dazu Johannes Christes, Cicero und der römische Humanismus, Antrittsvorlesung vom 24. Januar 1995. Christes selbst resümiert: „Kann man nach allem überhaupt von einem römischen Humanismus reden? Ich meine, man darf das bejahen und begründe es so: Wenn Menschenbild und Humanismus in Korrelation stehen, so wird die je anders gewichtete Ausprägung verständlich. Scipio und Cicero sehen den Menschen als Glied eines Gemeinwesens; aber der Adlige und der homo novus unterscheiden sich darin, daß für den einen die Ethik, für den anderen das intellektuelle Bildungserlebnis im Vordergrund steht. Für Seneca steht eine im Vergleich zu Scipio noch vertiefte Sicht der ethischen Dimension des Menschen im Mittelpunkt. Aber im Unterschied zu Scipio wie Cicero geht es ihm um den Menschen als Menschen und um die Verwirklichung individuellen Menschseins. Allen Repräsentanten des römischen Humanismus aber ist gemeinsam, daß sie durch die Schule griechischer Bildung gegangen sind“. Als PDF online a.a.O. S. 26 bzw. gedruckt in: Stiftung „Humanismus heute“ (Hrsg.), Humanismus in Europa, 1998, S. 72
  16. Lumen ist ein Licht, eine Leuchte, die zu klarer Einsicht verhilft, aufhellende Klarheit des Geistes, erleuchtende, aufhellende, klare Einsicht, das leuchtende Vorbild, die Glanzseite, der Glanzpunkt, Strahl, die glanzverbreitende Zierde. Vgl. Karl Ernst Georges, Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch, Nachdruck Darmstadt 1998, Band 2, Sp. 723-725. Dieser übersetzt mit: „hatte keinen glänzenden Vertreter in der lateinischen Literatur“.
  17. Marcus Tullius Cicero, Tusculanae disputationes 1,5
  18. Cicero, De oratore 1,46–48; 147–262; 3,56–90
  19. Cicero, Pro Archia 3
  20. Karl Büchner: Humanitas. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 2, Stuttgart 1967, Sp. 1241–1244.
  21. Friedrich Klingner: Humanität und Humanitas, in: Römische Geisteswelt. Reclam, Stuttgart 1979, S. 719 f.
  22. Friedrich Klingner: Humanität und Humanitas, in: Römische Geisteswelt, Reclam, Stuttgart 1979, S. 722
  23. Marcus Tullius Cicero, Pro Sext. Roscio Amerino, 154
  24. Hellfried Dahlmann, Römertum und Humanismus, in: Studium Generale 1, 1948, S. 81
  25. Vgl. Manfred Fuhrmann, Bildung. Europas kulturelle Identität, Reclam, Stuttgart 2002, Seite 20
  26. Olaf Meynersen, Humanismus als immer wiederkehrendes europäisches Kulturprinzip, in: Gymnasium 101 (1994), S. 148 ff. mit Zitaten aus Originalen des Archivio di Stato, Florenz, und der Biblioteca Communale di Cesena
  27. Friedrich Klingner: Humanität und Humanitas, in: Römische Geisteswelt. Reclam, Stuttgart 1979, S. 716
  28. Vgl. Clemens Menze, Art. Humanismus; Humanität, in: HWPh Bd. 3, 1974, Sp. 1218
  29. Johann Gottfried Herder, Briefe zur Beförderung der Humanität, in: Geschichtsphilosophische Werke, S. 470
  30. Friedrich Klingner: Humanität und Humanitas, in: Römische Geisteswelt. Reclam, Stuttgart 1979, S. 707
  31. Immanuel Kant, Vorarbeiten und Nachträge. Reimer, Berlin 1969, S. 409
  32. Immanuel Kant, Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik. 2. Teil, Darmstadt 1981, S. 697 ff.
  33. Manfred Fuhrmann, Bildung. Europas kulturelle Identität, Reclam, Stuttgart 2002, Seite 28
  34. Johann Wolfgang von Goethe, Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchener Ausgabe, Bd 4.1, 1988, S. 709
  35. Eduard Spranger, Der gegenwärtige Stand der Geisteswissenschaften und die Schule, (1922), 2. Aufl. Leipzig 1925, S. 7
  36. Werner Jaeger, Humanistische Reden und Vorträge, Berlin 1960; derselbe, Paideia, Berlin 1933 bis 1947
  37. Werner Jaeger: Begabung und Studium, in: Neue Jahrbücher für das Klassische Altertum, Geschichte und Deutsche Literatur und für Pädagogik, 40 (1917), S. 280
  38. Horst Rüdiger: Der Dritte Humanismus (1937), in: Hans Oppermann (Hrsg.), Humanismus. WBG, Wege der Forschung Bd. XVII, Darmstadt 1970, S. 211; Paul Richard Blum, Art. Humanismus, in: Enzyklopädie Philosophie, Meiner 1999, S. 568, spricht von einem inzwischen korrigierten, idealisierten Bild der antiken Ausbildungspraxis.
  39. Helmuth Plessner, Gesammelte Schriften, Band 5, Frankfurt am Main 2003, S. 163, ISBN 978-3-518-29231-0
  40. Vgl. Helmuth Plessner, Gesammelte Schriften Band 5, Frankfurt am Main 2003, S. 161
  41. Jean-Paul Sartre, Der Existentialismus ist ein Humanismus, in: Gesammelte Werke, Band 4. rororo, Reinbek 1994, S. 141
  42. Martin Heidegger, Über den Humanismus, 10. Aufl., Frankfurt 2000
  43. Martin Heidegger, Über den Humanismus, 10. Aufl., Frankfurt 2000, S. 22
  44. Peter Sloterdijk, Regeln für den Menschenpark. Ein Antwortschreiben zu Heideggers Brief über den Humanismus, Frankfurt am Main 1999, S. 32 ff.
  45. Erich Fromm: Humanismus als reale Utopie. Ullstein, Berlin 2005, S. 65 f.
  46. Erich Fromm: Humanismus als reale Utopie. Ullstein, Berlin 2005, S. 92
  47. Erich Fromm: Humanismus als reale Utopie. Ullstein, Berlin 2005, S. 116 f.
  48. Vgl. Michel Foucault, Die Ordnung der Dinge, 1974, S. 462
  49. Michel Foucault, Von der Subversion des Wissens, 1974, S.114
  50. Michel Foucault, Von der Subversion des Wissens, 1974, S. 30
  51. Michel Foucault, in: La Quinzaine litteraire, Nr. 5,1966
  52. Gustav Radbruch: Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht. In: Ders.: Rechtsphilosophie. Studienausgabe herausgegeben von Ralf Dreier und Stanley L. Paulson. C. F. Müller, 2. Aufl., Heidelberg 2003, S. 211 ff.
  53. Philip G. Zimbardo, Psychologie, 1992, S. 415
  54. Insoweit wird ein Konflikt gesehen zwischen dem heteronomen und dem autonomen Humanismus. Vgl. Adam Schaff, Humanismus, Sprachphilosophie, Erkenntnistheorie des Marxismus, Wien 1975, S. 160
  55. Vgl. dazu Christoph Schulte, Noachidische Gebote und Naturrecht. Ein Beispiel für die Verteidigung des Universalismus aus den Quellen des Judentums, in: Richard Faber, Enno Rudolph (Hrsg.), Humanismus in Geschichte und Gegenwart, Mohr-Siebeck, Tübingen 2002, S. 141 ff.
  56. Leo Baeck, Das Wesen des Judentums, 4. Auflage, 1925 S. 219
  57. Vgl. Leo Baeck, Das Wesen des Judentums, 4. Auflage, 1925 S. 220
  58. Babylonischer Talmud, Traktat bSanhedrin 56a/b; vgl. Tosefta Aboda Zara 8.4
  59. Klaus Müller, Tora für die Völker. Die noachidischen Gebote und Ansätze zu ihrer Rezeption im Christentum (SKI 15), Berlin 1994, S. 79
  60. Hermann Cohen, Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentum, Berlin 1919, Nachdruck Dreieich 1978, S. 142 f.
  61. Beide Gebote sind bereits im Alten Testament zu finden: Dtn 6,5 EU und Lev 19,18 EU. Vgl. auch oben Abschnitt Judentum, das Alte Testament stimmt mit der Hebräischen Bibel, dem Tanach, weitgehend überein.
  62. Werner Jaeger, Paideia Christi, in: Ders., Humanistische Reden und Vorträge, de Gruyter, 1960, S. 250 ff.
  63. Kaspar Elm, Antiklerikalismus im deutschen Mittelalter, in: Peter A. Dykema und Heiko A. Oberman (Hrsg.), Anticlericalism in late medieval and early modern Europe, Leiden 1993, S. 5 ff.
  64. Ausführlich zu Melanchtons Verhältnis zum Humanismus Wilhelm Maurer, Der junge Melanchthon zwischen Humanismus und Reformation, Bd. 1., Der Humanist, Göttingen 1967, Nachdruck als einbändige Studienausgabe Göttingen 1996. Zur neueren Literatur vgl. Siegfried Wiedenhofer, Formalstrukturen humanistischer und reformatorischer Theologie bei Philipp Melanchthon I-II (= Regensburger Studien zur Theologie 2), Bern u.a. 1976; Stefan Rhein, „Italia magistra orbis terrarum". Melanchthon und der italienische Humanismus, in: Michael Beyer u.a. (Hrsg.), Humanismus und Wittenberger Reformation. Festgabe anläßlich des 500. Geburtstages des Praeceptor Germaniae Philipp Melanchthon am 16. Februar 1997 (= FS Helmar Junghans), Leipzig 1996, S. 367-388, bes. S. 375 und S. 383; Peter Walter, Melanchthon und die Tradition der „studia humanitatis“, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 110 (1999), S. 191-208
  65. Johann Gottfried Herder, Briefe zur Beförderung der Humanität, Riga 1795, S. 568
  66. Jacques Maritain, L'Humanisme intégral, 1936
  67. Karl Barth, Humanismus, 1950, S. 21
  68. Rudolf Bultmann, Humanismus und Christentum, in: Ders., Glauben und Verstehen, 3. Bd., Mohr-Siebeck, Tübingen 1960, S. 61 ff.
  69. Offener Brief von 138 muslimischen religiösen Führern vom 13. Oktober 2007
  70. Sahih Al-Bukhari, Kitab al-Iman, Hadith no. 13.
  71. Sahih Muslim, Kitab al-Iman, 67-1, Hadith no. 45.
  72. C. Colpe, Art. Mutakallimun, in: Kurt Galling (Hrsg.), Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Bd. 4, 1960, S. 1226
  73. Tjitze J. de Boer, Geschichte der Philosophie im Islam, 1901, S. 151
  74. Fazlur Rahman, Islamic Methodology in History, 1965, S. 86 f.
  75. Hans-Heinrich Schaeder, Der Orient und das griechische Erbe, 1928, S. 156 ff.
  76. Rüdiger Lohlker, Islam. Eine Ideengeschichte, Facultas, Wien 2008, S. 122 f., ISBN 978-3-8252-3078-4
  77. Haschem Aghadscheri, Uns fehlt ein islamischer Humanismus, in: Die Zeit, Feuilleton, 52/2002
  78. Abdelwahab Meddeb, Auf der Suche nach der «griechischen» Dimension des Islam, in: Neue Zürcher Zeitung vom 2. April 2007
  79. Anonymus: Lexikon der östlichen Weisheitslehren. Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Zen. Albatros, Düsseldorf 2005, S. 185 f.
  80. David Hume, Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand, übers. von Raoul Richter, Meiner 2005, S. 9 f.; vgl. im Original David Hume: An enquiry concerning human understanding, Hackett, Indianapolis 1995, S. 5 f: „But this obscurity in the profound and abstract philosophy, is objected to, not only as painful and fatiguing, but as the inevitable source of uncertainty and error. Here indeed lies the justest and most plausible objection against a considerable part of metaphysics, that they are not properly a science; but arise either from the fruitless efforts of human vanity, which would penetrate into subjects utterly inaccessible to the understanding, or from the craft of popular superstitions, which, being unable to defend themselves on fair ground, raise these intangling brambles to cover and protect their weakness. Chaced from the open country, these robbers fly into the forest, and lie in wait to break in upon every unguarded avenue of the mind, and overwhelm it with religious fears and prejudices. The stoutest antagonist, if he remit his watch a moment, is oppressed. And many, through cowardice and folly, open the gates to the enemies, and willingly receive them with reverence and submission, as their legal sovereigns. But is this a sufficient reason, why philosophers should desist from such researches, and leave superstition still in possession of her retreat? Is it not proper to draw an opposite conclusion, and perceive the necessity of carrying the war into the most secret recesses of the enemy? In vain do we hope, that men, from frequent disappointment, will at last abandon such airy sciences, and discover the proper province of human reason.“
  81. Vgl. Ludwig Feuerbach, Das Wesen des Christentums, 1841, in: Sämtliche Werke, Bd. 6, Stuttgart 1903, S. 41 und 222
  82. Ludwig Feuerbach, Das Wesen des Christentums, 1841, in: Sämtliche Werke, Bd. 6, Stuttgart 1903, Seite 228
  83. Karl Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, Einleitung. (Fragment). In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Band 1, Berlin 1976, S. 378 ff.
  84. Sigmund Freud, Die Zukunft einer Illusion, Gesammelte Werke, Bd. XIV, 1968, S. 353
  85. Sigmund Freud, Das Unbehagen in der Kultur, Gesammelte Werke, Bd. XIV, 1968, S. 431 f.
  86. Vgl. Sigmund Freud: Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci (1910), in: Gesammelte Werke, Bd. VIII, 1943, S. 195
  87. Platon, Politeia, 3. Buch, 416d f.
  88. Dies führte beispielsweise in der DDR zu einer von der SED propagierten starken Subventionierung des Kulturbetriebs, vgl. Bruno Gebhardt, Rolf Häfele: Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 22, 2001, S. 372; siehe auch Akademie der Wissenschaften der DDR u.a. (Hrsg.): Klassenkampf, Tradition, Sozialismus, 1974, S. 682: „Der Sozialismus verschafft den Werktätigen den Zugang zur Kultur und Wissenschaft und fördert ihre Talente und Fähigkeiten. Er bringt neue gesellschaftliche Beziehungen und eine neue, sozialistische Lebensweise der Volksmassen hervor.“
  89. Karl Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844., in: MEW Bd. 40, S. 536
  90. John Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 1690, übersetzt von H.J.Hörmann, Frankfurt am Main 1977, dort insbes. II, § 37; vgl. zum Ganzen auch Otfried Höffe, Wirtschaftsbürger, Staatsbürger, Weltbürger. Politische Ethik im Zeitalter der Globalisierung, C.H.Beck, München 2004, S. 32 ff.
  91. Vgl. für Deutschland z.B. BVerfGE 24, 367 ff.: „Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet das Privateigentum sowohl als Rechtsinstitut wie auch in seiner konkreten Gestalt in der Hand des einzelnen Eigentümers. Das Eigentum ist ein elementares Grundrecht, das in einem inneren Zusammenhang mit der Garantie der persönlichen Freiheit steht. Ihm kommt im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sicherzustellen und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen. Die Garantie des Eigentums als Rechtseinrichtung dient der Sicherung dieses Grundrechts. Das Grundrecht des Einzelnen setzt das Rechtsinstitut "Eigentum" voraus; es wäre nicht wirksam gewährleistet, wenn der Gesetzgeber an die Stelle des Privateigentums etwas setzen könnte, was den Namen "Eigentum" nicht mehr verdient.“

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