Humanistenbibliothek in Schlettstadt

Humanistenbibliothek in Schlettstadt
Humanistenbibliothek

Die Humanistenbibliothek (franz. Bibliothèque Humaniste) in Schlettstadt gehört zu den bedeutendsten kulturellen Schätzen des Elsass. Ein Ausspruch lautet: Das Elsass besitze drei große Schätze: das Straßburger Münster, den Isenheimer Altar in Colmar und die Humanistenbibliothek in Schlettstadt.

Eigentlich handelt es sich dabei um zwei Humanistenbibliotheken: die Bücherei der Humanistenschule und die Privatbibliothek des berühmten Gelehrten Beatus Rhenanus.

Inhaltsverzeichnis

Die Bibliothek der Humanistenschule

Bibliothek des Beatus Rhenanus mit Büste von Johannes Mentelin
Das älteste Buch der Bibliothek: eine merowingische Handschrift aus dem 7. Jahrhundert.

Im Jahre 1441 ernannte der Magistrat von Schlettstadt den gebürtigen Westfalen Ludwig Dringenberg zum Leiter der örtlichen Lateinschule. Die Ernennung erwies sich als Glücksgriff. Dringenberg zeigte sich als begabter und engagierter Pädagoge, der den geistigen Strömungen der Zeit offen gegenüberstand. Unter seiner Leitung entstand in Schlettstadt die erste Schule am Oberrhein, in der humanistisches Denken gepflegt wurde. Seine Nachfolger Kraft Hofman (1477–1501), Hieronymus Gebwiler (1501–1509) und Hans Sapidus (1510–1525) verstanden es, das Ansehen der Schule noch weiter zu mehren. Die Schule bildete so die Ausbildungsstätte für eine ganze Generation von elsässischen Humanisten. Zur Schule gehörte auch eine Bibliothek, die durch Stiftungen und Schenkungen (u.a. von dem aus Schlettstadt stammendem Jakob Wimpheling) stetig an Umfang zunahm.

Die Bibliothek des Beatus Rhenanus

Beatus Rhenanus vermachte seine gesamte private Bibliothek seiner Vaterstadt Schlettstadt. Diese Bibliothek umfasste bei seinem Tod im Jahr 1547 etwa 670 in Leder eingebundene Bände, die Rhenanus an seinen Studien- und Wirkungsorten Straßburg, Basel, Paris und Schlettstadt zusammengetragen hatte. Die Bibliothek war schon damals von unschätzbarem Wert, da Bücher und Handschriften nur in geringer Auflage hergestellt wurden und äußerst kostspielig waren. Die Bibliothek des Beatus Rhenanus ist die einzige größere Humanistenbibliothek, die praktisch vollständig als Ganzes erhalten ist. Andere große Bibliotheken wie die des Erasmus von Rotterdam oder Johannes Reuchlin wurden nach dem Tod ihrer Besitzer zerstreut.

Die Bibliothek des Beatus Rhenanus wurde 2011 in die Liste des Weltdokumentenerbes der UNESCO aufgenommen.[1]

Die Schlettstädter Humanisten

Zu den elsässischen Humanisten, die mit dem Ausbau der Bibliothek eng verbunden waren, gehörten:

  • Jakob Wimpheling (1450–1528), Theologe, Historiker und Pädagoge
  • Martin Butzer (1491–1551), Theologe, der "elsässische Reformator"
  • Jakob Spiegel (1483–1547), Jurist, Ratgeber Kaiser Karls V
  • Hieronymus Gebwiler (1473–1545), Rektor der Schule
  • Hans Sapidus (1490–1561), Rektor der Schule
  • Jakob Taurellus (1524–1579), Ratgeber des Kaisers Ferdinand I.

Heutiger Zustand der Bibliothek

Seit 1889 sind beide Bibliotheken unter einem Dach in einer ehemaligen Markthalle nahe der gotischen Kirche St. Georg (Saint-Georges) untergebracht. Die Bibliothek ist als Museum öffentlich zugänglich und die Bücher sind Forschern zugänglich. Die Sammlung schmückt sich mit 550 Wiegendrucken, 460 mittelalterlichen und neuzeitlichen Handschriften, 2.200 Druckwerken aus dem 16., 1.600 Druckwerken aus dem 17. und 2.600 Druckwerken aus dem 18. Jahrhundert.[2] Daneben werden in den Räumen auch sakrale oberrheinische Kunstwerke aus dem 15. und 16. Jahrhundert ausgestellt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Beatus Rhenanus Library auf der Webseite des Memory of the World Project der UNESCO (Englisch)
  2. Zahlen und Daten auf der Webseite der Bibliothek
48.2603997.455038

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