Hänneschen-Theater

Hänneschen-Theater
Hänneschen-Theater am Eisenmarkt, im Vordergrund das Denkmal für Willy Millowitsch
Hänneschen, das zum Hänneschen-Theater weist
Theater-Vorstellung
Grabstein Johann Christoph Winters, vorne links Tünnes, Bärbelchen und Hänneschen. Nicht zu sehen: Schäl

Das Hänneschen-Theater, offiziell Puppenspiele der Stadt Köln, ist ein traditionelles Stockpuppentheater am Eisenmarkt im südlichen Martinsviertel des Kölner Stadtteils Altstadt-Nord. Mit rund 30 festangestellten Mitarbeitern - die Hälfte davon sind Puppenspieler - ist es das mitarbeiterstärkste Puppentheater Deutschlands. Es erwirtschaftet etwa 60 Prozent seines Etats selbst und ist damit bundesweit die mit großem Abstand effizienteste städtische Bühne. Intendant ist seit über 20 Jahren der frühere Schauspieler, Regisseur und Jurist Heribert Malchers.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Hauses

Gegründet wurde es 1802 vom in Bonn geborenen Schneider Johann Christoph Winters in der Mauthgasse. Die Anfänge dieses Puppentheaters waren einfache Krippenspiele für Kinder, welche in der Adventszeit aufgeführt wurden.

Winters hatte trotz häufig wechselnder Spielstätten von Anfang an Erfolg. Bereits beim ersten Karnevalszug in Köln 1823 war das Hänneschen-Theater vertreten und ist bis heute dabei. Unter seinen Konkurrenten ist u. a. Franz Andreas Millewitsch zu nennen, der 1847 ebenfalls ein Puppentheater eröffnete. Trotz der abweichenden Schreibweise handelt es sich bei diesem um einen direkten Vorfahren des bekannten Volksschauspielers Willy Millowitsch.

Als Winters 1862 starb, führte Peter Josef Klotz, der mit einer Enkelin Winters verheiratet war, das Theater weiter. 1919 wurde nach dem Tod des letzten Mitglieds dieser Puppenspielerfamilie das beliebte Theater geschlossen.

Erst 1925 gründete sich eine Kommission zur Wiederbelebung der Kölner Puppenspiele, dank der am 9. Oktober 1926 das Theater als Puppenspiele der Stadt Köln wieder eröffnet werden konnte.

Die populären Figuren sind fiktive Charaktere, die typische Eigenschaften eines Kölners verkörpern, so Tünnes und Schäl, Hänneschen und Bärbelchen, sowie andere originelle Persönlichkeiten. Neben den ständig wechselnden Stücken, die für Erwachsene und Kinder inszeniert werden, ist die Puppensitzung ein wichtiger Bestandteil des Kölner Karnevals. Die Puppensitzung ist jedes Jahr eine liebevolle Persiflage auf den Sitzungskarneval: Eine Karnevalssitzung, in der neben den üblichen Charakteren des Puppentheaters auch die Puppenversionen aktueller Kölner Karnevalsgrößen mitspielen. Jeder Vortragende bekommt am Ende seiner Darbietung eine Blutwurst überreicht.

Da allerdings nur eine Wurst vorhanden ist, hat der stotternde Speimanes die Aufgabe, sie dem Vortragenden hinter der Bühne wieder abzunehmen, was oft nicht ohne Geschrei und Kampf abgeht. Anschließend taucht er dann, oft mit einem blauen Auge oder anderen Spuren des Kampfs versehen, wieder auf der Bühne auf und überreicht Schäl stolz das gute Stück mit den Worten: "Herr P-P-Präsident, de Woosch." (Das Publikum ruft: "De Woosch")

Die wichtigsten Figuren

Handlungsort der Stücke ist Knollendorf, eine fiktive Ortschaft irgendwo vor den Toren Kölns.

  • Hänneschen ist, abgesehen von den Puppensitzungen, der 'Held' der meisten Stücke. Freundlich, aufrichtig und gewitzt, allerdings manchmal etwas zu begeisterungsfähig, ist er gerade in den Nachmittagsvorstellungen für die Kinder die Identifikationsfigur.
  • Bärbelchen ist Hänneschens Freundin (in den Kindervorstellungen am Nachmittag allerdings seine Schwester), ebenfalls ein positiv besetzter Charakter mit ähnlichen Eigenschaften wie das Hänneschen.
  • Tünnes, Vater von Köbeschen Schmitz, ist ruhig, gutmütig und etwas einfältig, aber eigentlich nicht dumm. Er repräsentiert in seinem blauen traditionellen Hemd den bäuerlich-dörflichen Typ aus dem weiteren Kölner Umland.
  • Schäl, der Typ des Kölner Städters, wird durch seinen Namen ausreichend charakterisiert. Er schielt, und zwar nicht zu knapp, und ist auch charakterlich etwas 'schäl' (=falsch, schlecht, unansehnlich). Stets einen Frack tragend, hält er sich für schlau und gebildet und meint, die Dörfler übers Ohr hauen zu können. Leider steckt da nicht viel dahinter, seine Tricksereien gehen meistens schief und am Ende bleibt von seiner Fassade nicht viel übrig. Selbstredend ist er Sitzungspräsident der Puppensitzungen, nur geht dort das eigentliche Geschehen meistens an ihm vorbei. Schäl und Speimanes traten erst ab 1850 auf, während alle anderen von Anfang an dabei waren.
    Schäl ist Vater von Röschen
  • Speimanes ist gewissermaßen der Hofnarr der Theatertruppe. Kleingewachsen, bucklig und mit feuchter Aussprache, hat er vor niemandem Respekt und ist um keine bissige Bemerkung verlegen - zum Leidwesen vor allem von Schäl.
  • Schutzmann Schnäutzerkowsky, der vom Namen her das nach Köln versetzte preußische Beamtentum karikiert aber dennoch auf rheinisch-gemütliche Art für Ruhe und Ordnung sorgt.
  • Die Großeltern Besteva und Bestemo.
  • Köbeschen Schmitz ist der Sohn des ledigen Tünnes. Obwohl er klein und zart ist, passt er schon prächtig auf seinen oft betrunkenen Vater auf. Er hat sich viele der Ansichten seines Vaters zu eigen gemacht und gibt sie gerne altklug zum besten. Mit seiner Freundin Röschen Schäl spielt und zankt er sich, so wie das bei Kindern üblich ist.
  • Röschen hat Schwierigkeiten, ihren Vater Schäl halbwegs auf geraden Pfaden zu halten. Aber wenn ihr väterliches Erbteil durchschlägt und sie bei Spitzbübereien einbezogen wird, findet sie doch immer wieder einen Ausweg aus brenzligen Situationen. Mit einem Seufzer sagt sie dann; "Dä Schäl es ene Drecksack, ävver hä es doch minge Vatter!" Immer wieder interessant ist es mitzuerleben, wie Köbeschen und Röschen die Konflikte ihrer Eltern auf Kinderebene weiterführen und häufig - im Gegensatz zu den Erwachsenen - vernünftig lösen

Bühne und Fundus

Gespielt wird „henger der Britz“ (wörtlich: hinter der Balustrade) die von einer mannshoch gespannten dünnen Stoffbahn repräsentiert wird. Sie verdeckt die Puppenführer und lässt ihre Stimmen hervorragend durch. Die Bühne ist technisch so ausgestattet, dass Gegenstände, Puppen und Kulissen sowohl von und nach oben als auch von und nach unten auftauchen und verschwinden können, neben den üblichen horizontalen Möglichkeiten. Dies wird auch gerne von Engeln oder dem Christkind genutzt, für Schiffsuntergänge oder Schlösser, die zusammenstürzen und im Boden versinken. Die Bühne nimmt praktisch die ganze Breite der Spielstätte ein, ist aber nicht besonders tief und daher ziemlich eng, zumal ein Puppenspieler schon ohne Bewegung mehr als viermal so viel Platz beansprucht wie seine Puppe.

Die meisten der vier bis fünf Kilogramm schweren Puppen werden an einem Tragestock geführt, dessen unteres Ende in einem Holster steht, das an einem Tragegurt befestigt ist, den die Spieler umhängen haben. So übertragen sich deren Schritte und Laufbewegungen auf die Puppe. Eine Hand der Puppe ist in der Regel mit einem Führstab versehen, Bewegungen der anderen Hand und der Beine müssen durch Körperbewegungen der Puppe und Fliehkraft erzeugt werden. Einige Puppen, vor allem mehrbeinige Tiere und Vögel, auch Requisiten, werden anders bewegt, wobei bis zu sechs Stöcke eingesetzt werden, beispielsweise bei Krokodil oder Schlange.

Die Köpfe der Puppen werden aus Lindenholz geschnitzt und mit Schminke gefärbt, während die Körper in der Regel nur aus einer Art anatomischem Skelett bestehen, das wie bei einer Gliederpuppe bewegt werden kann, allerdings erheblich leichtgängiger. Ihre Kleidung ist vollkommen separat, so dass sie - auch während der Vorstellungen - beliebig umgekleidet werden können. Die äußerst detailgenau gearbeiteten Kleidungsstücke werden wie die Figuren und die Kulissen in eigener Werkstatt gefertigt.

Das Hänneschen-Theater verfügte 2007 über einen Fundus von rund 800 Puppen und rund 1800 Kostümen.[1] Sie stammen alle aus der Zeit seit dem zweiten Weltkrieg, da alle älteren Puppen und Kleider in den letzten Bombennächten des Krieges verbrannten. Im Archiv des Theaters werden die Bücher vergangener Aufführungen bis weit zurück in die Vergangenheit aufbewahrt, aber auch ein nicht unerheblicher Fundus an Stücken, die nicht zur Aufführung gelangten.

Quellen

  1. http://koelschakademie.finbot.com/index.php3?seite=650&p_id=600 abgerufen am 11. Oktober 2010

Literatur

  • Hinger d’r Britz. Journal für die Mitglieder des Fördervereins der Freunde des Kölner Hänneschen-Theaters, Förderverein, Köln 1.1990 ff.

Weblinks

 Commons: Hänneschen-Theater – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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