Hölle

Hölle
Hochmittelalterliche Darstellung der Hölle im Hortus Deliciarum Manuskript (um 1180)

Hölle ist die Bezeichnung für die in vielen Religionen herrschende eschatologische Vorstellung von der jenseitigen Unterwelt als Ort oder Zustand der Qual und Aufenthaltsort der Dämonen, an den zur jeweiligen Religion Unbekehrte oder Übeltäter (zusammengefasst: die Bösen) nach ihrem Tode gelangen. Der Begriff „Hölle“ (ahd. hella, mhd. helle) leitet sich vom Namen des Totenreichs der germanischen Mythologie, Hel, ab.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Die gefallenen Engel in der Hölle, Gemälde von John Martin (um 1841)

In christlichen Kirchen und Religionsgemeinschaften wird die Hölle meist als ein möglicher Ausgang des so genannten „Jüngsten Gerichts“ gesehen, als Strafe der Verdammnis, im Gegensatz zum Zustand absoluter Glückseligkeit (genannt „Paradies“, „ewiges Leben“ oder „Himmel“) und in Abgrenzung zum Fegefeuer. In die Hölle gelange der Mensch, der sich nicht entsprechend gewisser Verhaltensregeln der jeweiligen Religionsgemeinschaft verhalte bzw. deren Glauben nicht teile.

Während die Hölle in einigen Weltreligionen (s. u.) der Läuterung dient und ein Ende hat (entweder insgesamt oder zumindest für jeden einzelnen) und somit ein Mittel der Besserung ist, geht die Lehre der großen christlichen Religionsgemeinschaften von einer „ewigen Hölle“ aus – einer Strafe als unveränderlichen Zustand, nicht als endlichen Vorgang.

Die Hölle wird im westlichen Kulturraum häufig als Höllenrachen, als lodernder Flammenort und als Höllenberg dargestellt. Die Ostkirche kennt auch den Feuerfluss und den Drachenschlund. Berühmte Bildnisse stammen von Malern wie Hieronymus Bosch (1450–1516), Hans Memling (vermutlich 1433/1440–1494), Luca Signorelli (vermutlich 1445/50–1523), Peter Paul Rubens (1577–1640) Sandro Botticelli (1445–1510) mit seinem Bildzyklus (siehe Auszug aus der Miniaturen-Handschrift rechts), Beschreibungen stammen von Schriftstellern wie Dante Alighieri (1265–1321). Dantes Hauptwerk Die Göttliche Komödie ist eine Art literarische Jenseitswanderung durch Hölle, Fegefeuer und Paradies, mit Wiedertreffen alter Bekannter und Honoratioren aus Florenz, ein Ort fürchterlicher körperlicher Qual mit strafenden Riesen, lachenden Teufeln und abgestuften Strafen. In der Nachfolge Dantes' entstand eine Vielzahl genauerer Ortspläne (so die 7 Sündenstufen, die 9 Höllenkreise – die Vorhölle ist als 10. Kreis gedacht), Lagebeschreibungen und Bewohnerverzeichnisse.

Im Zeitalter der Aufklärung, und auch teilweise bis in die Gegenwart, wurde die Hölle als eine angstauslösende Metapher verstanden, welche durchaus für weltliche Zwecke eingesetzt wurde (und wird) und „die erfunden werden müsste, wenn es sie nicht gäbe“ (Nicolas Sylvestre Bergier in der Encyclopédie Française von Denis Diderot, 1772).

Die Hölle in verschiedenen Religionen

Altes Persien

Schon in der alten monotheistischen Religion des Zoroastrismus aus dem iranischen Raum (ab etwa 1800 v. Chr.) ist von einem Endgericht und von einem Feuerbad die Rede, das von den guten Menschen wie Milch und Honig empfunden wird, von den schlechten Menschen aber wie heißes Metall.

Die Seele hielt sich für drei Tage in der Nähe der Toten auf und wurde dann über eine Brücke von drei Göttern zur Chinvat-Brücke am Gipfel des Berges Alburz gebracht. An der Brücke lauerten verschiedene Dämonen, unter ihnen Indra und Mithra. Gemeinsam mit Sraosha begutachteten sie die Waage, die die Taten der Toten wog. Die Guten konnten über einen breiten Lichtpfad in den Himmel gelangen, während die Bösen in eine Übergangszone kamen. Sie wurden in einen Abgrund geworfen und dort von Dämonen in die Hölle gehetzt, ein dunkles, überfülltes zeitloses Reich mit fauligem Gestank. Diese Bestrafung sollte die Seele läutern und ihre erneute Auferstehung vorbereiten.[1]

Elemente dieser frühen Himmel-Hölle-Vorstellung fanden sich in der Folge in fast allen anderen Mythologien wieder, wie auch in der christlichen Dogmatik. Ähnlichkeiten gibt es etwa mit dem katholischen Konzept des Fegefeuers.

Altes Ägypten

Im altägyptischen Glauben war am Ende des Lebens die Reise nach Sechet-iaru, dem Lichtland im Totenreich, das Ziel. Das Totenreich ist in mehrere Bereiche aufgeteilt, beispielsweise in die Duat und die Vernichtungsstätte. In der dunklen Region der Vernichtungsstätte mangelt es an allem, an Wasser, Brot und Licht. Dämonische Wesen schlagen Köpfe ab, trennen Hälse vom Rumpf, reißen Herzen aus der Brust, richten Blutbäder an. Nur das Bestehen des negativen Sündenbekenntnisses in der Halle der Vollständigen Wahrheit, dem Sitzungsort des Totengerichtes, konnte die Verbannung in die Vernichtungsstätte verhindern.

Mithraskult

Der Mithras-Kult des Römischen Reichs – der sich in mancher Hinsicht beim oben erwähnten Zoroastrismus bediente – ging am Ende der Welt von einer großen Schlacht aus, zwischen den Kräften des Lichts und der Finsternis. Menschen, die den Dogmen der mithrischen Priester gefolgt sind, können sich vorher den „Geistern des Lichts“ anschließen und sind somit gerettet, während Abweichler der Lehren zusammen mit Ahriman („arger Geist“, Gegenspieler von Mithras) und den gefallenen Engeln in einer „Hölle“ landen.

Griechen und Römer

Menschen, die sich nicht geheimes Wissen über die Götter angeeignet hatten, die Uneingeweihten also, kamen nach dem Tod in das Reich des Gottes Hades. Dies ist ein kaltes, dunkles Reich, das „Reich der Schatten“. Als Schatten vegetieren die Toten ohne Bewusstsein vor sich hin.

Für die Eingeweihten gab es aber, wie es auch in dem vierten Buch von Homers Odyssee beschrieben ist, die Erwartung eines Paradieses, des „Landes der Götter“, in dem man endlos lange lebt (Ewiges Leben). Tapfere Krieger, mythische Helden oder andere von den Göttern Geliebte konnten nach diesen Vorstellungen in die Elysischen Felder entrückt werden, die einem Schlaraffenland ähnelten (vergleiche die germanische Walhall oder die keltische Tir Nan Og).

Zeus jedoch hatte auch einen Strafort in der Tiefe der Erde geschaffen, Tartaros oder latinisiert Tartarus genannt. Dies war der tiefste Teil des Hades. Ein großer Feuerfluss umgab ihn und unendliche hohe Mauern. Von diesem Ort gab es keine Wiederkehr. Zeus hatte in den Tartaros die Titanen verbannt, auch Tantalos und Sisyphos, kurz: alle, die er für Übeltäter hielt. Im Vergleich zu diesem Schreckensreich war das ewige Leben im Hades ein Glücksfall.

Ewiges Leben im Paradies und Tartaros beeinflussten die Vorstellung der christlichen Kirchen von Himmel und Hölle, zumal es im Übergang der Religionen eine im gewissen Maß vorherrschende Koexistenz der griechisch-römischen und jüdisch-christlichen Auffassungen gab, insbesondere an den entstehungsgeschichtlichen Überschneidungen.

Germanen

In den nordgermanischen Mythen gab es in der Unterwelt einen kalten, eintönigen Ort, beherrscht von der Todesgöttin Hel. Der Ort an sich wurde dann ebenfalls Hel genannt. Sie liegt im Gebiet Niflheim und wird durch den Fluss Gjọll begrenzt. Über diese spannt sich die mit Gold gedeckte Brücke Gjallarbrú, die die Führerin Móðguðr beaufsichtigt und den an Krankheit oder Altersschwäche Verstorbenen den Weg weist um zur Unterwelt Hel zu gelangen. Weitere Ströme in Hel sind Slíð und die von den Ländern der Menschen herabfließende Hríð, Hrọnn, Leiptr, Nọnn, Nọt, Strọnd, Ván, Víð, Vína, Vọnd und Ylgr. Am Rande der Hel wacht der Hund Garmr, gebunden an der Höhle Gnipahellir. Das Gittertor Helgrind schirmt die Unterwelt zusätzlich vor lebenden Besuchern ab. Empfangen werden die Toten in Hels Halle, in denen sie aber nicht ein qualvolles Dasein fristen, sondern ihr Jenseits entspricht einem alltäglichen Aufenthaltsort nach Stand, sogar fürstlich mit Festmahlen empfangen werden, wie der Ásagott Baldr. Die im Kampf gefallenen gelangen dagegen zu Óðins Saal Valhọll, beziehungsweise Freyjas Fólkvangr.

In Hel wird ein braunroter Hahn zum Weltuntergang Ragna rọk krähen, nachdem er den Sang der Hähne Fjalarr aus dem Wald Járnviðr und Gullinkambi aus Valhọll vernommen haben wird.

Der Unterschied zwischen Hel und Niflheim (beziehungsweise Niflhel) ist oft verwischt. Manchmal wird Niflheim als übergeordnetes Gebiet beschrieben, in dem sich die Unterwelt Hel nebst weiteren sieben Ländern befindet; ein andermal sind sie gleich oder Niflhel besteht als eigene Unterwelt neben der Hel. Hierbei werden Hel und Niflhel in verschiedenen Tiefenlagen abgestuft, deren Positionen je nach Erzählung vertauscht sein können. Öfters wird erwähnt, dass Jọtunheim, das Land der Riesen, fließend in die Unterwelt übergeht. So werden auch Riesen als lebende Bewohner der Hel genannt.

Um Hel an ihre Höllenvorstellung anzupassen, wandelten die Christen ihr Erscheinungsbild im Mittelalter in eine schlimme und qualvolle Unterwelt. Der Fluss Slíð wurde mit Eiter und Schwertern gefüllt, das höllische Gebiet Nástrọnd erfunden. Der Göttin Hel wurden grässliche Attribute angedichtet: der Saalbau Éljúðnir, Schüssel Hungr, Messer Sultr, Knecht Ganglati, die Magd Ganglọt, Türschwelle Fallanda forað, das Bett Kọr und der Bettvorhang Blískjanda. Im mittelalterlichen, christlich geprägten, in neun Welten gestuften und auf drei Ebenen aufgeteilten mythologischen Kosmos wurde Hel/Niflheim zu einer eigenen Totenwelt, die sich neben Miðgarðr und Utgarðr in der untersten „bösen“ Ebene befindet. Aus jeweils einer der Welten entspringt demnach eine der drei Wurzeln der Weltesche Yggdrasill.

Hinduismus

Im Hinduismus spielt die Vorstellung von Hölle eine untergeordnete Rolle. Trotzdem kennt die indische Mythologie verschiedene, schreckliche Höllen, die nach dem Glauben mancher Hindus einen Teil des unendlichen Kreislaufs der Reinkarnation darstellen. Demnach erfährt der Verstorbene hier so lange großes Leid, bis sein schlechtes Karma, die negativen Folgen seiner Taten, verbraucht ist. Aber ebenso findet man Beschreibungen von verschiedenen Himmeln, in denen sich der Geist eines Verstorbenen mit gutem Karma, den positiven Folgen seiner Taten, eine Weile in überirdischen Freuden aufhalten kann.

Doch in beiden Fällen ist der Aufenthalt nicht ewig: Nach einiger Zeit kehrt das Individuum auf die Erde zurück, um wieder und wieder geboren zu werden – bis zur endgültigen Erlösung, Moksha.

Beschreiben einige indische Schriften die Höllen als Ort der Qual und den Himmel als freudvollen Ort, sprechen andere von geistigen Eigenschaften und Bewusstseinszuständen, den Gunas. So erklärt Krishna in der Uddhavagita, einem Teil des Bhagavatapurana (Kap. 19.42–43): „Hölle ist das Ausdehnen von Tamas (Trägheit, geistige Dunkelheit). Himmel ist das Ausdehnen von Sattva (innere Harmonie, Einheit mit dem Selbst).“

Buddhismus

Illustration aus dem Jigoku zôshi (späte Heian-Zeit, 12. Jh., Nationalmuseum Tokio), gezeigt wird der Blutteich, ein Frauen vorbehaltener Teil der japanisch-buddhistischen Hölle (jigoku)

Der Buddhismus übernahm in modifizierter Form die hinduistischen Vorstellungen von Wiedergeburt und Hölle, bis auf die Vorstellung von einer persönlichen Seele, die wiedergeboren werden kann. Nach der orthodoxen buddhistischen Kosmologie gehören zu den sechs „Bestimmungen“ der sterblichen Existenz drei Bereiche, in denen diejenigen Daseinsfaktoren, die ein schlechtes Karma haben, wiedergeboren würden. Ähnlich wie im Hinduismus dienen auch hier die Qualen, die ein Sünder in den jeweiligen „Bestimmungen“ erleidet, dazu, diese Daseinsfaktoren zu reinigen und zu befreien, indem er dort den allgemeinen Satz „Alles Leben ist Dukkha“ sehr viel leichter einsehen kann als in dieser Welt. Dadurch kann er dann auf einer höheren Ebene wiedergeboren werden. Einer der sechs Daseinsbereiche des buddhistischen Lebensrades ist der „Bereich der Hölle“. Wie auch vieles Andere im Buddhismus werden solche Lehren von vielen Buddhisten eher symbolisch verstanden.

Für eine Sicht auf die verschiedenen Daseinsbereiche im thailändischen Theravada-Buddhismus siehe: Traibhumikatha.

Theosophie

Die Theosophie sieht im Jenseits sieben Sphären vor. Drei davon zählen zu den unteren Regionen und bilden die Unterwelt. „Hölle“ wird die unterste Sphäre genannt, eine finstere, grauenvolle, öde und eisige Region. Über der Hölle ist das Fegefeuer angesiedelt, in der die Seele ihre Sünden büßen kann, wenn sie erkennt und bereut.

Anthroposophie

In der Anthroposophie wird die achte Sphäre mit einer Hölle verglichen[2]. Die Hölle ist dabei eine finstere, eisige Unterwelt, in der Ahriman herrscht. In die achte Sphäre kommen die Menschen, die das Leben auf der Erde nur dazu nutzen, um das egoistische Selbst zu erhöhen. Es ist ein Zustand ohne persönliche Weiterentwicklung, der "regelrechten Weltentwicklung" entzogen. Erst bei der "nächsten Evolution" kann man mitgenommen werden als "unterstes Wesen".

Islam

Im Islam wird die Hölle (dschahannam) als Feuergrube gedacht, über die eine schmale Brücke in den Himmel führt. Alle Seelen der Toten müssten über diese Brücke gehen, und die Verdammten fielen in das Feuer hinunter, wenn sie nicht durch die Gnade Allahs erlöst würden.

Im Koran ist oft von Paradies und Hölle die Rede (76 Treffer für Dschahannam), viel öfter und direkter als in manchen Bibelübersetzungen; so heißt es beispielsweise in der Sure 23,103: „Diejenigen aber, die leichte Waagschalen haben, sind dann ihrer selbst verlustig gegangen. Sie werden ewig in der Hölle weilen“, und in Sure 11,106–107: „Die Unseligen werden dann im Höllenfeuer sein, wo sie laut aufheulen und hinausschreien, und wo sie weilen, solange Himmel und Erde währen, – soweit es dein Herr nicht anders will. Dein Herr tut, was er will.“ Eine sehr konkrete Vorstellung der Höllenstrafe findet sich auch in Sure 4,56: „Diejenigen, die nicht an unsere Zeichen glauben, die werden wir im Feuer brennen lassen: So oft ihre Haut verbrannt ist, geben wir ihnen eine andere Haut, damit sie die Strafe kosten. Wahrlich, Allah ist allmächtig, allweise.“ Im Islam dauert die Hölle nicht wie im Christentum unabänderlich ewig, sondern nur solange, wie Allah es will (Sure 6,128 und Sure 11,109).

Auch hier werden verschiedene Grade der Pein unterschieden, abhängig von den Taten auf der Erde, wobei das diesseitige Leben als Prüfung gesehen wird und Himmel und Hölle als deren Konsequenzen.

Im Gegensatz zu der von einigen christlichen Theologen vertreten Auffassung von einer „möglicherweise leeren Hölle“ findet sich im Islam die Offenbarung, in denen namentlich benannten Personen die Hölle angekündigt wird: Abu Lahab und seiner Ehefrau, in der Sure 111. Daher ist im Islam die Vorstellung von einer leeren Hölle nicht mit dem orthodoxen Glauben vereinbar.

Judentum

„Der jüdische Glaube hatte trotz seines rein monotheistischen Fundaments und monotheistischen Grundgedanken bereits in seiner biblischen Epoche mystische Bilder, die dem Glauben an den einzigen jüdischen Gott fremd sind. Unter diesen mystischen Vorstellungen lassen sich Themen wie Hölle, Teufel, Eschatologie (Endzeitvorstellungen) subsumieren“

Ben Rabbi Nathan [3].

Im Judentum wird die Vorstellung von der Hölle erst greifbar in den apokryphen Schriften, die später nicht in den Tanach aufgenommen wurden, wie beispielsweise im Buch Henoch (entstanden zwischen 130 und 68 v. Chr.). Dort wird der Aufenthaltsort der Verstorbenen mit vier tiefen Hohlräumen beschrieben, von denen drei dunkel sind und einer hell. In den dunklen Räumen wären die Sünder, die helle Abteilung sei für die Gerechten. Die Ungerechten würden von Engeln zu einem Platz gebracht, um für das Gericht vorbereitet zu werden. So heißt es: „Entsprechend der Taten der Bösen werden sie in lodernden Flammen brennen, schlimmer als Feuer“ (100.9). Und „niemand wird ihnen helfen“ (100.4). „Und sei dir bewusst, dass sie [die Engel] eure Seelen in den Sheol [hebr. für Hades] bringen werden und sie [die Seelen] werden Böses erleiden und eine schwere Prüfung durchzustehen haben, in Dunkelheit, Fesseln und brennenden Flammen“ (103.7).

„Diese mystischen Gedanken haben im Laufe der jüdischen Geschichte unterschiedliche Ausprägungen erfahren. Je nach Zeit und Person wurden sie mehr oder weniger ausgeschmückt. Die Kabbalisten haben in ihrer Phantasie ganze Welten geschaffen, wobei zwischen den jüdischen Mystikern und denen anderer Religionen kaum noch Unterschiede festzustellen sind und man sich fragen muss, wo bei ihnen der jüdische Monotheismus geblieben ist. Andererseits kann man feststellen, dass der jüdische Monotheismus trotz der Gefahren aus der mystischen Ecke seinen rationalen Charakter behalten hat und dass dieser sich immer durchsetzen konnte.“

Ben Rabbi Nathan[3].

So wandelten sich viele ursprünglich ganz anders belegte Begriffe der Hebräischen Bibel wie Gehenna (21.10) und Sheol zu Begriffen für verschiedene Orte, in denen Menschen mit Feuer gequält wurden, sofern sie sich im Leben etwas zu Schulden kommen ließen. Es wurden drei verschiedene Gruppen unterschieden (22.13): die Gerechten, die Sünder, die noch nicht im Leben bestraft wurden, und die „perfekten Kriminellen“ (die vollständig Bösen). Auch der Geschichtsschreiber Flavius Josephus (37–100 n. Chr.) schreibt in seiner Schilderung des Totenreichs vom Schoß Abrahams und der großen Kluft zwischen den verschiedenen Aufenthaltsräumen. In dieser ebenfalls apokryphen Abrahamslegende wird beschrieben, dass der Erzvater in den Sheol hinabsteigen und die Seelen der Ungerechten zu sich heraufholen dürfe, wenn sie genügend gebüßt und ihre Sünden gesühnt hätten.

„Zur speziellen Thematik der Höllenvorstellung muss man sagen, dass viele Phantasien vom Parsismus in das Judentum übergeströmt sind. Sie konnten aber den jüdischen Rationalismus nicht grundsätzlich erschüttern. Maimonides, der große Theologe und Philosoph (12. Jh), erklärt sie für aus pädagogischen Motiven hervorgegangene Erfindungen, um die noch unreife Menschheit zur Erfüllung der göttlichen Gebote anzuhalten.“

Ben Rabbi Nathan[3].

Christentum

Kuppler und Dirnen fliehen vor peitschenden Teufeln, Miniaturen-Handschrift des Botticelli (1445–1510)

Im Christentum wird, basierend auf der Lehre des Judentums, oftmals die Existenz einer Hölle gelehrt; dabei gibt es viele unterschiedliche Vorstellungen, was damit gemeint sei. Mehrere Stellen im Neuen Testament (beispielsweise einige Reden Jesu sowie die Offenbarung des Johannes mit der Apokalypse) erwähnen eine „Unterwelt“, ein „Totenreich“ bzw. „Totenwelt“, einen „Feuersee“ bzw. „feurigen Pfuhl, der mit Schwefel brennt“ und den „zweiten Tod“. Nach kirchlicher Lehrmeinung und nach gängiger Ansicht vieler Christen gelangen die Seelen der Missetäter („die Bösen“) die ihre Missetaten nicht bereuen wollen, nach dem Jüngsten Gericht an diesen Ort und erleiden dort die ewige Verdammung. Nichtchristen guten Willens kommen nicht in die Hölle (KKK 847).

Stark geprägt wurde vor allem die spätere mittelalterliche Vorstellung der Hölle als Ort der ewigen Strafen durch die apokryphe Offenbarung des Petrus, die solcherlei Strafen detailliert beschreibt und dadurch, dass die menschlichen Opfer teilweise sogar an der Bestrafung mitwirken können, den Rachegedanken stark betont. Zwar wurde diese Schrift nicht in den biblischen Kanon aufgenommen, einige Apologeten wie zum Beispiel Clemens Alexandrinus (150–215) sahen sie allerdings als ein Zeugnis des Apostels Simon Petrus an, so dass ihr Einfluss bedeutend war.

Manche Kirchenväter, wie etwa Origenes (185–254), lehrten die Allaussöhnung, das heißt die Rückkehr aller Geschöpfe zu Gott. Für diese Lehre wurde er 553 auf dem Fünften Ökumenischen Konzil in Konstantinopel verurteilt. Ein Teil der Christen wendet sich bis heute gegen die Lehre von der Ewigkeit der Höllenstrafen oder lehnen die Hölle als Ganzes ab, oft entgegen der offiziellen Lehre ihrer Kirche. Mit ihrem Bibelverständnis sowie dem Gottesbild, das die Barmherzigkeit und Güte, Allmacht und Gerechtigkeit Gottes betont, lässt sich die Lehre von der Hölle ihrer Meinung nach nicht vereinbaren.

Das Christentum sieht sich als Erlösungsreligion, nach welcher die der Sünde und dem Tod verfallenen Menschen durch den Sühnetod und die Auferstehung Jesu Christi gerettet werden. Im Lehren und Wirken Jesu und der Apostel (vgl. Gal. 1,12) wird die Erlösung für alle Menschen verkündet (Jes. 45,23-24, Phil. 2,9-11, Röm. 14,11, Off. 15,4). Andererseits wird von Befürwortern der Höllenlehre auf Stellen verwiesen, in denen Christus von einem Ort der Verdammnis redet, wenn er etwa vor Feuer warnt (Matth. 5,22, 29f; 13,36-46), vor der Finsternis, in der Heulen und Zähneklappern herrschen (Matth 8,12), vor dem Gerichtstag (Matth 10, 15) und vor der Gehenna (Matth. 10,28).

Die Ähnlichkeit der Höllenbilder in west- und ostkirchlichen christlichen Glaubensrichtungen springt ins Auge, wenn es auch im Detail einige Unterschiede gibt. Die orthodoxe Kirche sieht sowohl Himmel als auch Hölle als intime Nähe zu Gott, diese werde aber von den Gerechten als freudig und segensreich, von den Bösen dagegen als qualvoll und voller Gewissensbisse erlebt.

Biblische Begriffe, die teils mit „Hölle“ übersetzt wurden

„Hölle“ Gehinnom, 2007

Mit dem Ausdruck „Hölle“ wurden (manchmal bis in die Gegenwart) das griechische Hades und Gehenna übersetzt. Martin Luther übersetzte beispielsweise Hades fünfmal mit „Hölle“ (u. a. Mat. 16,18), außerdem zweimal mit „Toten“, zweimal mit „Totenwelt“, einmal mit „sein Reich“. Geenna übersetzte Luther achtmal mit „Hölle“ (u. a. Mat. 5,22,29,30; 18,9; Mk 9,43,45) und viermal mit „höllisch“.

Neuere Bibelübersetzungen gehen von dieser Vereinheitlichung meist wieder ab und übersetzen Hades oder Scheol mit „Totenwelt“, „Unterwelt“, „Grab“, „Gruftreich“ oder ähnlich, behalten aber „Hölle“ als Übersetzung von „Geenna“ bei.

Der Hades des Neuen Testaments ist die griechische Übersetzung des hebräischen Begriffs Scheol aus dem Alten Testament (Ap. 2,27, Ps. 16,10). Im Hades oder Scheol passiert nach Aussagen des biblischen Buches Kohelet allerdings nichts: „Kein Tun ist, noch Berechnung, noch Erkenntnis, noch Weisheit im Sheol, wohin du gehen musst“ (Pred. 9,10; nach Buber), und „die Toten aber, sie erkennen nichts, und kein Lohn ist ihnen noch weiterhin, denn vergessen ist ihr Gedenken“ (Pred. 9,5[4]). „Der Herr tötet und macht lebendig; er führt in den Scheol hinab und führt herauf“ (1. Samuel 2,6). Dieser Tod ist eine Folge der Sünde Adams (Röm 6,23).

Geenna (oder Gehenna) ist eine Ortsbezeichnung. Es entstammt der hebräischen Sprache und bedeutet „Schlucht von Hinnom (Ge-Hinnom)“. Diese Schlucht kann unterhalb von Jerusalem bis heute besichtigt werden. Zu alttestamentlicher Zeit wurden hier laut Bibel bei kultischen Handlungen dem Ammoniter-Gott Moloch Kinder geopfert (2. Könige 23,10). Diese Praxis wurde von den Israeliten unter der Regentschaft Salomos im 10. Jh. v. Chr. und des Königs Manasse im 7. Jh. v. Chr. in Krisenzeiten weitergeführt bis in die Zeit des babylonischen Exils (6. Jh. v. Chr.). Der Prophet Jeremia, der diesen Brauch scharf verurteilte, nannte dieses Tal „Schlucht der Umbringung“ (Jer. 7,31-32; 19,5-9). Gehenna wurde später zu einer zentralen Müllhalde, unter anderem um eine Wiedereinführung solcher Bräuche zu verhindern. Zu Zeiten von Jesus Christus wurden an diesem Ort nach Ansicht mancher Forscher auch die Leichen von Gesetzesübertretern nach ihrer Hinrichtung verbrannt. Die Vorstellung von brennenden Menschenleichen inspirierte demnach jüdische, wie danach auch christliche Theologen, hier ein Bild für die „Hölle“ zu sehen.

Der Feuersee oder auch feuriger Pfuhl (als Bild für den zweiten Tod) nach dem letzten Gericht in der Offenbarung des Johannes (Kapitel 19,20 und 20,10-15) wird zwar nicht mit dem deutschen Wort „Hölle“ übersetzt, aber doch von einigen damit (insbesondere der Gehenna) gleichgesetzt. In diesen Feuer- und Schwefelsee werden zunächst das „wilde Tier“ und der „falsche Heiland“ geworfen, dann auch der Satan. Dort werden sie für „die Äonen der Äonen“ gequält werden (in den meisten deutschen Übersetzungen „von Ewigkeit zu Ewigkeit“, nach mancher Ansicht bedeutet es im Grundtext jedoch: „zeitlich begrenzt“, Offb. 20,10; zur Kontroverse siehe Äon (Theologie)). Letztlich werden alle diejenigen in den Feuersee geworfen, die nicht im Buch des Lebens stehen, auch der Tod und der von den Toten entleerte Hades (Off. 20,13-14[5]). Über die Dauer wird aber keine Aussage getroffen. Theologen, die die Allaussöhnung vertreten, gehen von einem Ende dieses Zustands aus, denn nach dem Abschluss aller Äonen werde auch dieser Tod, als letzter aller Feinde Gottes, unwirksam gemacht (1. Kor. 15:26).

Wirkungsgeschichte

Die Lehre der christlichen Kirchen zeigt eine ewige Hölle auf, wie sie bereits viele Kirchenväter des ersten bis dritten Jahrhunderts (zum Beispiel Klemens von Rom, Ignatius, Justin der Märtyrer, Irenäus von Lyon, Tertullian und später Augustinus von Hippo) in unterschiedlicher Form beschreiben. Auch in den nachbiblischen Apophthegmata Patrum, den volkstümlichen Aussprüchen der Wüstenväter, die großenteils aus dem christlichen Ägypten des 4. Jahrhunderts stammen, finden sich bereits sehr drastisch-bildliche Schilderungen der Hölle.

Im dritten Jahrhundert wurde durch Origenes jedoch auch die Lehre von der Apokatastasis (= Allaussöhnung) bekannt, die von einigen Kirchenvätern des vierten und fünften Jahrhunderts aufgenommen wurde, beispielsweise von Gregor von Nyssa, Didymus der Blinde, Diodor von Tarsus und Theodor von Mopsuestia. Durch Theodor von Mopsuestias Liturgie wurde die Sicht der Apokatastasis in der Assyrischen Kirche übernommen.

Von der katholisch-orthodoxen Reichskirche wurde diese Sichtweise abgelehnt. In einem lokalen Konzil vom 543 wurde die Allversöhnungslehre verurteilt, beeinflusst durch das von Kaiser Justinian I. verfasste Liber adversus Origenem, das im Edikt contra Origenem endet. Das Zweite Ökumenische Konzil von Konstantinopel im Jahre 553 verabschiedete den Kanon:

Wenn einer sagt oder meint, die Bestrafung der Dämonen und der gottlosen Menschen sei zeitlich und werde zu irgendeiner Zeit ein Ende haben oder es werde eine Wiederbringung von Dämonen oder gottlosen Menschen geben, der sei ausgeschlossen.

Im XVII. Artikel des Augsburgischen Bekenntnisses schließt sich auch die Evangelisch-Lutherische Kirche dieser Sicht an:

Auch wird gelehrt, dass unser Herr Jesus Christus am jüngsten Tage kommen wird, zu richten, und alle Toten auferwecken, den Gläubigen und Auserwählten ewiges Leben und ewige Freude geben, die gottlosen Menschen aber und die Teufel in die Hölle und ewige Strafe verdammen. Derhalben werden die Wiedertäufer verworfen, so lehren, dass die Teufel und verdammten Menschen nicht ewige Pein und Qual haben werden.

Aktuelle Positionen

Höllenszene im Baptisterium San Giovanni
Das Höllentor nach Szenen aus dem Inferno, aus der Göttlichen Komödie. Erster Bronzeguss des Portals (posthum erfolgt), Musée Rodin

Laut der European Values Study glaubte im Jahr 1999 ein knappes Drittel der rund 40.000 befragten Europäerinnen und Europäer an die Existenz einer Hölle. Am stärksten ist der Glaube an eine Hölle in der Türkei (90 %), Nordirland (60 %), Rumänien und Polen (je 55 %) verbreitet, am wenigsten in Dänemark, Schweden, Tschechien und den Niederlanden (etwa 10 %). In Deutschland glauben rund 15 % der Befragten an die Existenz einer Hölle.

Manche modernen Theologen sehen die Hölle nicht mehr als körperliche Qual (Sinnenstrafe), sondern eher als Abstraktum, welche sich durch „Ferne von Gott“ umschreiben lässt, so etwa Papst Johannes Paul II. Sie halten aber an der traditionellen Lehre von der Hölle fest. Einige katholische Theologen wie (undeutlich) Hans Urs von Balthasar oder (schärfer) Gisbert Greshake versuchten eine theologische Vermittlung zwischen Allerlösungstheorie und definitivem Höllendogma (vgl. die Bulle Benedictus Deus, 1336 ex cathedra): Demnach gibt es zwar die Hölle als „reale Möglichkeit“ (Karl Rahner), aber sie könnte "am Ende leer" sein, denn niemals wurde die ewige Verdammung eines bestimmten Menschen verbindlich gelehrt.

Hans Küng[6] schließt sich der Position von Gisbert Greshake an: Die Hölle sei kein bestimmter Ort und keine bestimmte Zeit, sondern gemeint sei der Moment der Begegnung eines sterbenden Menschen mit Gott. In diesem Moment begegne der unfertige und unvollkommene Mensch dem heiligen, unendlichen, liebevollen Gott. Diese Begegnung sei zutiefst beschämend, schmerzhaft und deswegen reinigend. Das Wort Fegefeuer sei eine falsche Übersetzung des lateinischen Wortes purgatorium (Reinigung). Moderne evangelische Theologen vertreten oftmals ebenfalls diese Position. Ähnlich sieht das – im Anschluss an Rudolf Bultmanns Darstellung, wonach Jesus die Höllen-Drohworte erst nach seinem Tod in den Mund gelegt wurden[7] – die katholische Theologin Uta Ranke-Heinemann.[8]

Nachdem in der Vergangenheit der Begriff „Hölle“ und die damit verbundenen Drohungen und Ängste häufig für unterschiedlichste Zwecke missbraucht wurden, wird im derzeitigen theologischen Mainstream gegen die Angstdrohung einer Strafe oder Verdammung Position bezogen, weil sie nicht mit Aussagen der Bibel oder mit den Eigenschaften Gottes wie Liebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit vereinbar sei. Nach dieser Anschauung verkünde das Neue Testament statt wie auch immer gearteter Höllenqualen die Frohe Botschaft der Versöhnung aller oder zumindest der meisten Menschen mit Gott.

Andere Theologen wiederum meinen, es sei nicht vertretbar, die Existenz einer Hölle zu leugnen. Sie müsse ebenso gelehrt werden wie die Möglichkeit des Menschen, durch Hinwendung zu Jesus Christus gerettet zu werden. In dieser Tradition steht auch die Aussage des derzeitigen Papstes Benedikt XVI., der 2007 in seinem stark beachteten Jesusbuch sagte, dass Jesus Christus gekommen sei, um uns zu sagen, dass er uns alle im Paradies haben wolle und dass die Hölle, von der man in unserer Zeit so wenig spräche, existiere und ewig sei für jene, die ihre Augen vor seiner Liebe verschließen.[9] Bereits in seinem Buch Einführung in das Christentum aus dem Jahr 1968 befasst sich Ratzinger mit der christlichen Definition des Begriffes „Hölle“ als Ort der Einsamkeit, an den keine Liebe mehr dringen kann. Auch in seinem Buch über die Eschatologie befasst er sich mit den „letzten Dingen“. Der Katechismus der Katholischen Kirche behandelt die Hölle im Artikel 12 „Ich glaube das ewige Leben“ unter IV „Die Hölle“.[10] Die Kirche fällt auch in der Exkommunikation kein Verdammnisurteil, sondern nur ein gegenwärtiges Urteil in der Zeit. Demgegenüber wird die Heiligsprechung als unfehlbare Aussage darüber angesehen, dass die Seele des Heiligen bei Gott lebt und für die Gläubigen eintreten kann. Der Katechismus der Episkopalkirche der Vereinigten Staaten von Amerika lehrt, dass die Hölle den Zustand des ewigen Todes in der Ablehnung Gottes bezeichnet, ohne dies mit Drohungen oder Qualen explizit zu verbinden.[11]

Strikte Richtungen des Calvinisten in der Tradition von Augustinus von Hippo lehren, dass Gott in völlig freier und unerforschlicher Entscheidung nur einige Menschen zum Himmel und die anderen zur Hölle vorherbestimme (Prädestinationslehre). Die schicksalhafte Belastung der Menschen mit der Erbsünde schließe den freien Willen aus, nur noch der von Gott eingegebene Glaube an das Selbstopfer und die Herrschaft Jesu Christi als dem Lamm Gottes und an dessen Auferstehung sei der Weg, um gerettet zu werden.

Andererseits gibt es viele Konfessionen, z. B. die Katholische Kirche, die Anglikanische Kirche, methodistische und wesleyanische Kirchen und viele moderne reformierte Kirchen, die lehren, dass der Mensch auf Gottes Gnade frei antworten müsse, um gerettet zu werden, und daher das Heil der Seele letztlich doch mit vom Menschen abhänge (siehe auch Arminianismus).

In der ökumenischen Fassung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses von 1971 ist die Formulierung (lat.) „descendit ad inferos" = (luth.) „niedergefahren zur Hölle“ ersetzt durch (ökumen.) „hinabgestiegen in das Reich des Todes“.

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) bezeichnet als Hölle zwei unterschiedliche Orte. Zum einen den Ort der Ungehorsamen Geister in der Geisterwelt, wenn diese dort umkehren, kommen sie in eines der drei Reiche der Herrlichkeit. Zweitens der Ort wo Menschen, die den heiligen Geist trotz besseren Wissens leugnen, nach der Auferstehung sein werden, manchmal auch als äußere Finsternis bezeichnet.[12]

Einige Gruppen aus der Adventbewegung sowie die Bibelforscher und Zeugen Jehovas lehren den Annihilationismus, wonach die Bösen weder in das Himmelreich noch in eine wie auch immer geartete Hölle gehen, sondern mit Leib und Seele vollständig vernichtet werden. In neuerer Zeit haben einige evangelikale Theologen, darunter der prominente anglikanische Autor John Stott, für diese Lehre ein gewisses Maß an Sympathie gezeigt.

Die Hölle in der Literatur

Die Hölle ist nicht nur ein Thema, zu dem Theologen geschrieben haben, sondern diente auch als Thema literarischer Werke. Zu den bekanntesten solcher Werke zählt Dantes Inferno.

Darstellung der Hölle in Dantes „Göttlicher Komödie“

Michelangelo: Die Verdammten werden in die Hölle gestürzt (Ausschnitt: „Das Jüngste Gericht“), 1536-41

Die Hölle ist in DantesGöttlicher Komödie“ jener „Einschlagkrater“, den Satan bei seinem Sturz aus dem Paradies hinterlassen hat. Er ist ein in 9 konzentrischen Kreisen angeordnetes Loch. Im Mittelpunkt der Erde, dem innersten Höllenkreis, steckt Luzifer. Von dort geht es zur südlichen Hemisphäre und zum Purgatorium: dem Läuterungsberg mit seinen sieben Stufen oder Ringen hinauf zur Spitze, dem Ort des irdischen Paradieses, dem Garten Eden. Über ihm wölben sich neun himmlische Sphären, die wiederum umgeben sind vom Empyreum, jener höchst himmlischen Sphäre als Sitz der neun Engelsordnungen und Gottes. In den Höllentrichter kommt man durch das Höllentor. Ist man da hindurch, folgt eine Art Zwischenreich, wo diejenigen geplagt werden, die im Leben zu feige waren, sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden.

Es schließt sich der Höllenfluss Acheron an, auf dessen anderer Seite der Limbus liegt, wo die tugendhaften Heiden in gramvoller Sehnsucht, aber ohne körperliche Leiden, ihr Schattendasein fristen. Immerhin können beispielsweise – so argumentierte Dante – die geehrten Philosophen und Schriftsteller des Altertums: Homer, Horaz, Ovid und Lucan, „nichts dafür“, dass sie vor der Zeit Christi gelebt haben. Dennoch ist ihnen schon allein aus diesem Grund das Paradies verwehrt. Im zweiten Kreis der Hölle werden die Wollüstigen gepeinigt, im dritten die Schlemmer. Dann folgen die Kreise der Geizigen und Verschwender sowie der Jähzornigen und Trägen. Kreis 5 ist auch der Ort des Höllenflusses Styx und der Stadt Dis. Im 6. Kreis hausen die Ketzer und Gottlosen, im 7. Mörder, Selbstmörder, Gotteslästerer, Sodomiten, Wucherer. Der achte Kreis ist Kupplern vorbehalten, Verführern, Schmeichlern, Huren. Außerdem sind hier versammelt: Korrupte in kirchlichen oder öffentlichen Ämtern, Simonisten, Zauberer, Wahrsager, Heuchler, Diebe, Räuber, falsche Ratgeber, Häretiker und Zwietrachtstifter und, und, und. Im neunten Kreis schließlich steckt der ärgste Teufel, Luzifer, und peinigt die schlimmsten Sünder der Menschheitsgeschichte: Judas, Cassius und Brutus, die Mörder und Verräter des himmlischen und irdischen Kaisers.

Siehe auch

Literatur

Deutschsprachige Literatur
Englischsprachige Literatur
  • Alice K. Turner: The History of Hell. Hale, London 1995, ISBN 0-7090-5688-5.
  • Alan E. Bernstein: The Formation of Hell. Death and retribution in the ancient and early Christian worlds. Cornell University Press, Ithaca, N.Y. 1993, ISBN 0-8014-2893-9.
  • William V Crockett, John F. Walvoord, Zachary J. Hayes, Clark H. Pinnock: Four Views on Hell. Zondervan Publishing, Michigan 1996, ISBN 0-310-21268-5. (4 Sichtweisen der Hölle werden von zeitgenössischen Vertretern beschrieben und kommentiert: buchstäblich, metaphorisch, zeitlich begrenzt sowie als Fegefeuer)
  • Mary K. Baxter: A Divine Revelation of Hell. Whitaker House, New Kensington 1993, ISBN 0-88368-279-6. (evangelikal, die Autorin berichtet über wahre Offenbarungen, die sie durchlebt haben will)
Französischsprachige Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Veronica Ions: Die Welt der Mythologie. tosa, Wien 2001, ISBN 3-85492-224-8.
  2. Seite Achte Sphäre. In: AnthroWiki, . Bearbeitungsstand: 11. Mai 2010, 01:21. URL: [1] (Abgerufen: 28. Juli 2010, 06:40)
  3. a b c Gibt es eine Hölle Aus der Rubrik "Frag' den Rabbi" bei haGalil onLine, www.hagalil.com, 10-02-2008
  4. Siehe dazu auch Ps. 89,49; 139,8; 4. Mose 16,30
  5. Off. 20,13-14
  6. Hans Küng: Ewiges Leben? 6. Auflage, Piper-TB, München 1996, in den Kapiteln „Jesus und die Hölle“ und „Die Hölle – ewig?“, bes. Seite 179, ISBN 3-492-20364-7.
  7. Rudolf Bultmann: Geschichte der synoptischen Tradition. Göttingen 1931
  8. Uta Ranke-Heinemann: Nein und Amen. Mein Abschied vom traditionellen Christentum. Heyne, München 2002, ISBN 978-3-453-21182-7
  9. Benedikt XVI. Jesus von Nazareth. Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung, Herder, 2007, S. 128, ISBN 3-451-29861-9
  10. KKK 1033 ff: IV Die Hölle
  11. http://holycross-raleigh.org/bcp/862.html
  12. Der Schriftenführer, Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, 2003

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