Altstädter Nicolaikirche

Altstädter Nicolaikirche
Die Altstädter Nicolaikirche
Blick vom Johannisberg auf die Altstadt
Das Bielefelder Stadtbild im Jahr 1961. Zu sehen sind unter anderem die Turmstümpfe der Marien- (vorne rechts) und der Nicolaikirche (Bildmitte).

Die Altstädter Nicolaikirche ist die älteste Kirche im ursprünglichen Stadtgebiet Bielefelds. Sie ist Kirche der evangelisch-lutherischen Altstädter Nicolaikirchengemeinde. Schutzpatron ist der Patron der Kaufleute, der heilige Nikolaus.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Pfarrgemeinde wurde 1236 durch den Paderborner Bischof Bernhard durch Auspfarrung aus dem Kirchspiel Heepen errichtet. Vorläufer des heutigen Kirchenbaus war eine um diese Zeit errichtete Kapelle. Auf 1308 ist eine Urkunde über eine Stiftung für einen Kirchbau datiert. Die dreischiffige Hallenkirche wurde vermutlich im 14. Jahrhundert erbaut. Der Patron St. Nikolaus wird erstmal 1317 erwähnt.

Im Zuge der Reformation wurden ab 1541 erste protestantische Gottesdienste gefeiert. 1632 ging die Kirche endgültig in den Besitz der überwiegend protestantischen Stadtgemeinde über. Der Turmhelm wurde 1706 durch ein Gewitter zerstört und erst 1739 barock in kugeliger Form mit aufgesetzter Laterne ersetzt. Im Siebenjährigen Krieg wurde die Kirche von französischen Truppen als Kornkammer genutzt. Ab 1847 wurde die Kirche zwei Jahre lang renoviert und blieb weitgehend in dem Zustand bis zum Zweiten Weltkrieg. Ein Blitzschlag 1880 forderte erneute Renovierungsmaßnahmen.

Die Glocken mussten 1943 für die Kriegsrüstung abgeliefert werden, nur die zur Erinnerung an die Annahme der Königswürde in Preußen durch Friedrich I. 1705 gegossenen Glocken blieben verschont. Ein starker Bombenangriff am 30. September 1944 zerstörte die Kirche bis auf den Turmstumpf und den unteren Teil der Außenmauern. Der 1954 begonnene Wiederaufbau konnte 1963 mit der Einweihung des Glockenspiels abgeschlossen werden.

Architektur

Grundriss (1906)
Von Südosten 1904

Der ursprünglich gotische Kirchenbau wurde im Rahmen des Wiederaufbaus in den 1950er-Jahren stark verändert. Im Grundriss wurde der polygonale gotische Chorabschluss mit seinen hohen Fenstern durch einen rechteckigen Chor mit kleinen Fenstern und einer Rosette ersetzt. Dem Gewölbe fehlen jetzt die in der Gotik üblichen Rippen. Die im Südosten angebaute Sakristei ist nun größer als vor der Kriegszerstörung.

Dem 40 m langen und 25 m breiten Hallenbau gliedert sich der 81,5 m hohe Turm an, dessen massives Mauerwerk im unteren Teil nur von wenigen kleinen Fenster durchbrochen ist. Nur die beiden oberen Geschosse des gemauerten Stumpfs haben jeweils sechs Spitzbogenfenster. Während dem Kirchenschiff die neuzeitliche Gestaltung äußerlich nicht auf den ersten Blick anzusehen ist, wurde das dem Turmstumpf Anfang der 1960er Jahre aufgesetzte obere Glockengeschoss dezidiert modern in Stahlbeton errichtet. Der spitze Turmhelm darüber sitzt ohne Giebelfelder auf einer achteckigen Basis.

Viermal täglich erklingt das programmgesteuerte Glockenspiel. Eine Ebene höher hängt im stählernen Glockenstuhl das sechsstimmige Geläut.

Das Portal wurde 1963 von Gerhard Macks geschaffen. Das etwa 2,45 m hohe und 2,24 m breite Bronzerelief zeigt vier biblische Motive.Im Foyer der Kirche befindet sich eine Tafel mit den Verstorbenen der Gemeinde während des Ersten Weltkriegs, ein Gedenkbuch erinnert an die Verstorbenen im Zweiten Weltkrieg.

Wertvollster Gegenstand des Altarraums ist der Antwerpener Schnitzaltar. Das 4,50 m hohe und 6,50 m breite, mit 250 Holzschnitzereien verzierte Retabel wurde nach jüngsten Erkenntnissen 1534 geschaffen.[1] Der Taufstein ist in der Nachkriegszeit entstanden, wohingegen der Taufkelch, das älteste Werkstück der Altstädter Nicolaikirche, aus dem 14. Jahrhundert stammt. Das Rosenfenster an der südlichen Chorwand wurde 1954 vom damaligen Lehrer der Bielefelder Werkkunstschule Karl Muggly gestaltet. Die Kanzel wurde 1989 fertiggestellt.

Derzeit sammelt die Gemeinde Spenden für den Bau eines gläsernen Aufzugs, der zu einer Aussichtsplattform auf 35 m Höhe führen soll. Vor allem aus Gründen des Denkmalschutzes ist das Projekt nicht unumstritten.[2]

Orgeln

Die Kirche besitzt insgesamt drei Orgeln, die aus dem Hause von Rudolf von Beckerath stammen. Die älteste, elfregistrige Nachkriegsorgel wurde 1954 eingebaut. Es folgten 1965 eine 48-registrige Orgel über dem Haupteingang und schließlich 1981 eine mobile, vierregistrige Orgel.[3]

I Rückpositiv C–g3

1. Gedackt 8′
2. Quintadena 8′
3. Prinzipal 4′
4. Rohrflöte 4′
5. Nasat 22/3
6. Oktave 2′
7. Terz 13/5
8. Quinte 11/3
9. Sifflöte 1′
10. Scharf III
11. Cromorne 8′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
12. Quintadena 16′
13. Prinzipal 8′
14. Spielflöte 8′
15. Oktave 4′
16. Koppelflöte 4′
17. Nasat 22/3
18. Oktave 2′
19. Flachflöte 2′
20. Mixtur IV-VI
21. Scharf III-IV
22. Fagott 16′
23. Trompete 8′
III Schwellwerk C–g3
24. Rohrflöte 16′
25. Holzflöte 8′
26. Gemshorn 8′
27. Unda maris 8′
28. Prinzipal 4′
29. Traversflöte 4′
30. Schweizerpfeife 2′
31. Larigot 11/3
32. Mixtur IV
33. Cornet IV-V 8′
34. Englisch Horn 16′
35. Oboe 8′
Tremulant
Pedal C–f1
36. Prinzipal 16′
37. Subbass 16′
38. Quinte 102/3
39. Oktave 8′
40. Gemshorn 8′
41. Oktave 4′
42. Nachthorn 2′
43. Rauschpfeife III
44. Mixtur V
45. Posaune 16′
46. Dulzian 16′
47. Trompete 8′
48. Trompete 4′

Feste Kombinationen (p, f, Tutti), 256fache Setzeranlage, Crescendowalze.

Glocken

Die sechs Bronzeglocken wurden 1961/62 von der Glocken- und Kunstgießerei Rincker gegossen und bilden das größte für eine evangelische Kirche gegossene Bronzegeläut der Nachkriegszeit in Westfalen.[4][5] Jeden Samstag wird um 18 Uhr während einer Viertelstunde der Sonntag eingeläutet. Der Uhrschlag erfolgt auf den Glocken 6 (Viertelstunden) und 4 (volle Stunden).

Nr.
 
Name
 
Durchmesser
(mm)
Masse
(kg)
Schlagton
(HT-1/16)
1 Dreifaltigkeitsglocke 1932 4515 as0 +4
2 Totenglocke 1620 2393 c1 +6,5
3 Betglocke 1402 1800 es1 +8
4 Auferstehungsglocke 1255 1242 f1 +7
5 Trauglocke 1120 890 g1 +6
6 Taufglocke 1060 798 as1 +6

Weblinks

 Commons: Altstädter Nicolaikirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellenangaben

52.0211111111118.5322222222222
  1. Neue Westfälische, Bielefeld: „Annas Männer lösen das Rätsel“, 4. August 2006
  2. Westfalen-Blatt, Bielefeld: „Wollen keinen Spiegelpalast“, 2. Februar 2007
  3. Näheres zu den [http(:)//www(.)altstadt-nicolai(.)de/konzerte/kirchenmusik/kirchenmusik.htm Orgeln]
  4. Claus Peter: Die Deutschen Glockenlandschaften. Westfalen. Deutscher Kunstverlag, München 1989, S. 72, ISBN 3-422-06048-0.
  5. Harald Propach, Die Glocken von Bielefeld. Stimme der Kirche. Kulturgut und Kunstwerk, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2008, ISSN 1619-9022, 138-140

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