Ignaz Aurel Feßler

Ignaz Aurel Feßler

Ignaz Aurelius Feßler ungarisch: Ignácz Aurél Fessler (* 18. Mai 1756 in Zurndorf (ungarisch Zurány), Burgenland; † 15. Dezember 1839 in Sankt Petersburg) war ungarischer Geistlicher, Orientalist, Kapuziner und Freimaurer sowie lutherischer Generalsuperintendent.

Ignaz Aurelius Feßler

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der im damals zu Ungarn (Deutsch-Westungarn) gehörigen Burgenland geborene Feßler besuchte die Schulen in Preßburg und Raab, trat 1773 im Kloster Mór bei Stuhlweißenburg in den Orden der Kapuziner ein und wurde 1779 zum Priester geweiht.

1784 wurde er in das Kloster Mödling bei Wien versetzt. In Wien machte der Tod eines 52 Jahre lang in einem unterirdischen Klosterkerker eingeschlossenen Mönchs einen tiefen Eindruck auf ihn. Der Mönch war wegen einer jugendlichen Übereilung ins Gefängnis gekommen. Er schrieb einen Brief an den Kaiser Joseph II. in dem er ihm den Fall schilderte. Dies hatte eine peinliche Untersuchung der Kapuzinerklöster durch kaiserliche Kommissionen zur Folge und die Beseitigung aller Klostergefängnisse in der Monarchie. [1]

Dadurch war Feßler mit dem Kaiser persönlich bekannt geworden, in der Folge wurde er von ihm 1783 zum ordentlichen Professor der orientalischen Sprachen und des Alten Testaments an der Universität Lemberg ernannt und erhielt als erster Kapuziner den theologischen Doktorgrad. Kurz vor seiner Abreise entging er nur knapp einem Attentat durch den fanatischen Klosterbruder Pater Sergius.

In Lemberg wurde er auf eigenen Wunsch durch Pater Chrysologus aus dem Kapuzinerorden entlassen und ließ sich 1783 in die Freimaurerloge Phönix zur runden Tafel aufnehmen.[2]

Im Jahr 1787 sah er sich wegen seines antijesuitischen Trauerspiels Sidney genötigt, sein Amt niederzulegen und nach Breslau zu fliehen. Er fand Aufnahme bei dem Freimaurer und Fürsten Schönaich-Carolath auf dessen Besitzung Carolath an der Oder, unweit von Glogau.

Von Joseph von Zerboni di Sposetti wurde er als Führer für die Neugründung eines neuen Geheimbunds innerhalb der Freimaurerei ausgewählt; dieser sollte die Ideen des 1785 aufgehobenen Illuminatenordens weiterführen. Nach einigem Zögern nahm Feßler die Stellung an, war aber bestrebt, den neuen Bund, der auf dem Schloss Carolath gegründet wurde und den Namen der „Gutesthuer“ (Bund der Evergeten) bekam, fern von der Politik zu halten, während Zerboni und seinem neuen Freund, dem romantischen Schriftsteller Christian Jakob Salice-Contessa (wie Zerboni ein Schlesier italienischer Herkunft) ganz andere Ziele vorschwebten, nämlich die Vorbereitung einer Revolution in Preußen.

1791 trat Feßler zum lutherischen Glauben über und verheiratete sich 1792; doch wurde die Ehe 1802 wieder getrennt. Seit 1796 lebte er in Berlin und war dort literarisch tätig.

In der preußischen Hauptstadt wurde er von den Mitgliedern der dortigen Freimaurerloge Royal York gemeinsam mit Johann Gottlieb Fichte beauftragt, die Statuten und das Ritual dieser Loge zu reformieren. Bei seiner hervorragenden Arbeit drängte er unter anderem erfolglos auf die Abschaffung der Hochgrade. Sein Feßlersches System wurde vielfach angefeindet, auch warf der Ordensmeister der Großen Landesloge Castillon ihm vor, er habe einen gerade getauften Juden nach Hamburg empfohlen, nachdem dieser von der Loge Royal York nicht aufgenommen worden war. Aus diesen Gründen schied er 1802 aus der "Royal York" aus und schloss sich daraufhin der Loge Zu den drei Bergen in Freiberg (Sachsen) an, die sich seine Annahme nicht verbieten ließ.[2]. 1809 wurde er als Professor der orientalischen Sprachen und der Philosophie an die Alexander-Newskij-Akademie in Sankt Petersburg berufen. Dort engagierte er sich freimaurerisch und fertigte mit Unterrichtsminister Graf Rasumowsky, dem Polizeiminister Balaschew und dem liberal gesinnten Staatssekretär Michail Michailowitsch Speranski ein von Kaiser Alexander I. in Auftrag gegebenes Gutachten über die Tätigkeiten der Freimaurerlogen an, in dessen Folge die Freimaurerei in Russland genehmigt wurde.[2]

Auch sein Amt an der Alexander-Newskij-Akademie verlor Feßler bald wieder, weil man in seinen philosophischen Vorlesungen Kantianismus und Atheismus witterte; darauf wirkte er als Mitvorsteher einer Erziehungsanstalt in Wolsk, wurde 1820 Superintendent und Konsistorialpräsident der evangelischen Gemeinden in Saratow und 1833 Generalsuperintendent und Kirchenrat der lutherischen Gemeinde in Sankt Petersburg, wo er am 15. Dezember 1839 starb.

Werke (Auswahl)

  • Die Loge zu Z.: Ein Auszug aus d. Reise-Journal eines unterrichteten Maurers; Abdr. aus d. Eleusinien d. 19. Jh. od. Resultate vereinigter Denker über Philosophie u. Geschichte d. Freimaurerei. Berlin 1803 bei Heinrich Fröhlich. Neuherausgegeben u. eingeleitet von Alfred Unger. Berlin: A. Unger 1927.
  • Gemaelde aus den alten Zeiten der Hungarn. Breslau: Korn 1808
  • Die alten und die neuen Spanier. Berlin 1810. Mikrofiche-Ausgabe München [u.a.]: Saur 1990-1994. ISBN 3-598-50715-1
  • Christliche Reden. Riga 1822, 2 Bde. Mikrofiche-Ausgabe München [u.a.]: Saur 1990-1994. ISBN 3-598-50715-1
  • Liturgische Versuche zur Erbauung der Gläubigen, sowohl geistlichen als weltlichen. Riga: Hartmann 1823
  • Liturgisches Handbuch zum beliebigen Gebrauche evangelischer Liturgen und Gemeinden. Riga: Hartmann 1823
  • Die Geschichten der Ungern und ihrer Landsassen in zehn Bänden von Ignaz Aurelius Fessler. Leipzig: Brockhaus 19XX
  • Geschichte von Ungarn. Von Ignaz Aurelius Fessler; Mit einem Vorwort von Michael Horváth. 2. verm. u. verb. Aufl. Bearb. von Ernst Klein. Leipzig: Brockhaus 1867-1883
  • [Sämtliche Schriften über Freimaurerei] Fessler's sämmtliche Schriften über Freymaurerey: wirklich als Ms. für Brüder. Freyberg: Gerlach 19XX
  • Fessler's Rückblicke auf seine siebzigjährige Pilgerschaft: ein Nachlass 2. Aufl. Leipzig: Geibel 1851
  • Fessler's Resultate seines Denkens und Erfahrens : als Anhang zu seinen Rückblicken. Breslau, 1826. Mikrofiche-Ausgabe München [u.a.]: Saur 1994. ISBN 3-598-50715-1 ; ISBN 3-598-50017-3 (Teilausg. Klassik/Romantik)); ISBN 3-598-50095-5

Historische Romane (Auswahl)

  • Mathias Corvinus, König der Hungarn. Carlsruhe: o. J.
  • Der Nachtwächter Benedict. Carlsruhe: 1810. Mikrofiche-Ausgabe Wildberg: Belser Wiss. Dienst, 1989 - 1990. (Edition Corvey). ISBN 3-628-35015-8
  • Lotario oder der Hofnarr. Carlsruhe: 1810. Mikrofiche-Ausgabe Wildberg: Belser Wiss. Dienst, 1989 - 1990. (Edition Corvey). ISBN 3-628-35017-4
  • Alexander der Eroberer. Carlsruhe: 1810. Mikrofiche-Ausgabe Wildberg: Belser Wiss. Dienst, 1989 - 1990. (Edition Corvey). ISBN 3-628-35016-6
  • Bonaventura's mystische Nächte. Carlsruhe: 1810. Mikrofiche-Ausgabe Wildberg: Belser Wiss. Dienst, 1989 - 1990. (Edition Corvey). ISBN 3-628-35018-2
  • Alonso oder der Wanderer nach Montserrat. Carlsruhe: 1810. Mikrofiche-Ausgabe Wildberg: Belser Wiss. Dienst, 1989 - 1990. (Edition Corvey). ISBN 3-628-35013-1
  • Theresia oder Mysterien des Lebens und der Liebe. Carlsruhe: 1810. Mikrofiche-Ausgabe Wildberg: Belser Wiss. Dienst, 1989 - 1990. (Edition Corvey). ISBN 3-628-35014-X
  • Marc Aurel. Carlsruhe: 1810. Mikrofiche-Ausgabe Wildberg: Belser Wiss. Dienst, 1989 - 1990. (Edition Corvey). ISBN 3-628-35012-3
  • Aristides und Themistocles. Carlsruhe: 1810. Mikrofiche-Ausgabe Wildberg: Belser Wiss. Dienst, 1989 - 1990. (Edition Corvey). ISBN 3-628-35011-5
  • Abälard und Heloisa (fiktive Autobiographie). Carlsruhe: 1810. Mikrofiche-Ausgabe Wildberg: Belser Wiss. Dienst, 1989 - 1990. (Edition Corvey). ISBN 3-628-35010-7

Referenzen

  1. Eine ausführliche Beschreibung der Untersuchung der Kapuzinerklöster im Gutenberg-Projekt
  2. a b c Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurer Lexikon. Herbig Verlag, 5. Auflage, ISBN 978-3-7766-2478-6.
  • János Koszó: Fessler Ignácz Aurél élete és szépirodalmi m´´uködése [I. A. Fesslers Leben u. schöngeistiges Wirken]. Budapest: Pfeiffer 1915
  • Schlüssel zu den Chiffren [in I. A. Fesslers Schriften über Freimaurerei u. in seinen Briefen aus Kleinwall. Leipzig: Volkening 1913
  • János Koszó: Fessler Aurél Ignác, a regény-és történetíró; A racionalizmustól a romantikáig [A. I. Fessler, d. Romanschriftsteller u. Historiker. Vom Rationalismus zur Romantik]. Budapest: A Budavári Tud. Társ. 1923
  • Zoltán Papp: Fessler Ignác Aurél és a magyar romantikusok [I. A. Fessler u. die ungar. Romantiker]. Pécs: Az Eötvös-Kollégium volt tagjainak Szövetsége, [um 1927].
  • Peter F. Barton: Ignatius Aurelius Feßler; Vom Barockkatholizismus zur Erweckungsbewegung. [Mit Portr.]. Wien, Köln, Graz: Böhlau 1969
  • Peter F. Barton: Erzieher, Erzähler, Evergeten: ein Beitrag zur politischen Geschichte, Geistes- und Kirchengeschichte Schlesiens und Preußens 1786/88 - 1796; Feßler in Schlesien. Wien [u.a.]: Böhlau, 1980. ISBN 3-205-08194-3
  • Peter F. Barton: Maurer, Mysten, Moralisten : ein Beitrag zur Kultur- und Geistesgeschichte Berlins und Deutschlands, 1796 - 1802; Feßler in Berlin. Wien [u.a.]: Böhlau, 1982. ISBN 3-205-08198-6
  • Peter F. Barton: Romantiker, Religionstheoretiker, Romanschreiber: e. Beitrag zur Kultur- u. Geistesgeschichte Deutschlands 1802 - 1809; Feßler in Brandenburg. Wien [u.a.] : Böhlau 1983. ISBN 3-205-08625-2
  • Florian Maurice: Freimaurerei um 1800: Ignaz Aurelius Feßler und die Reform der Großloge Royal York in Berlin. Tübingen: Niemeyer 1997. ISBN 3-484-81005-X

Weblinks




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