Ihme-Zentrum

Ihme-Zentrum
Ihme und Nordseite des Ihme-Zentrums

Das Ihme-Zentrum ist ein großes Wohn-, Büro- und Einkaufszentrum in Hannover im Stadtteil Linden-Mitte. Es liegt am Ufer des namensgebenden Flusses Ihme gegenüber der Calenberger Neustadt. Im Norden ist es durch die Spinnereistraße und den Platz „Küchengarten“ begrenzt, im Westen durch die Blumenauer Straße. Die Südseite ist in unmittelbarer Nähe des Platzes „Schwarzer Bär“ und des Veranstaltungszentrums Capitol.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Konzept

Gesamtansicht in der Süd-Nord-Ausdehnung aus Richtung Osten

Das Ihme-Zentrum sollte eines von mehreren hochverdichteten Wohn-, Arbeits- und Einkaufszentren sein, die in den 1960er Jahren für das Stadtgebiet von Hannover geplant waren. Mit diesen Zentren sollte die Innenstadt entlastet und gleichzeitig zentraler Wohnraum geschaffen werden. Das Ihme-Zentrum war das einzige dieser Zentren, das tatsächlich gebaut wurde.

Konzipiert wurde das Ihme-Zentrum als „Stadt in der Stadt“; die meisten für das tägliche Leben nötigen Einrichtungen sollten also im Zentrum selbst vorhanden sein. Im Süden und Norden von etwa 20-stöckigen Wohnhochhäusern eingerahmt, befinden sich dazwischen zwei fünf- und sechsstöckige Riegel mit Wohnungen. Eine durchgängige Ladenpassage durchzieht das Ihme-Zentrum. An den äußeren Enden befinden sich größere, mehrstöckige Ladengeschäfte für Ankermieter, während dazwischen kleinere Ladenlokale dominieren. Eine fast das gesamte Zentrum unterkellernde zweistöckige Tiefgarage stellt eine große Zahl von Parkplätzen bereit.

Einer der Hauptförderer des Projektes, Stadtbaurat Hanns Adrian, hatte später eine Wohnung im Ihme-Zentrum.

Bau

Pläne der 1970er Jahre: Unterquerung des Ihme-Zentrums im Zuge der D-Linie

Auf dem Baugrundstück des Ihmezentrums befand sich die 1837 gegründete Mechanische Weberei, die 1961 ihren Betrieb eingestellt hatte. Nachdem die letzten Werksgebäude 1972 abgerissen worden waren, begann im selben Jahr der Bau des Ihmezentrums. Das gesamte Zentrum wurde in einem Stück gebaut, was es zu einer der umfangreichsten Baustellen mit dem größten gegossenen Betonfundament Europas machte. Bis 1975 entstanden eine Verkaufsfläche von 60.000 m² sowie Wohnflächen von 58.300 m² für etwa 860 Wohnungen (etwa 2.400 Personen) und 8.000 m² für etwa 450 Studenten.

Die Fundamentgründung und die Anordnung der Hochhaustürme im Bereich Ihmeplatz wurde so gestaltet, dass nachträglich ein U-Bahn-Tunnel für die geplante D-Strecke der Stadtbahn Hannover unter dem Bauwerk durchgeführt werden könnte.

Architektonische Probleme

Das Ihme-Zentrum hat mit mehreren architektonischen Problemen zu kämpfen:

  • Der Bau ist im Stile des Brutalismus gehalten und an vielen Stellen verwinkelt und unübersichtlich.
  • Die Ladenpassage ist nicht durchgängig überdacht. In den 1980er und 1990er Jahren ergänzte Dachkonstruktionen konnten das Problem nicht vollständig lösen.
  • Die Nähe zum Ihmeufer wird nicht genutzt: Von der Ladenpassage aus gibt es nur einige zugige Durchgänge auf eine hoch liegende Promenade, die nicht durch eine Bewirtschaftung oder Möblierung aufgewertet wird.
  • Am problematischsten ist die selbstgewählte Insellage: Die Hauptverkehrsebene des Ihmezentrums liegt eine Etage über Straßenniveau und ist nur an wenigen Stellen über Treppen, Rolltreppen und -bänder oder Fahrstühle erreichbar, die Fußgängerüberführung der Verkehrskreuzung am Küchengarten wurde nicht ausreichend akzeptiert. Die „Nullebene“ auf Straßenniveau dient ausschließlich Bewirtschaftung und Anlieferung.

Nutzung

Ladenpassage im Ihme-Zentrum im Juni 2003
Das 92 m hohe Hauptverwaltungsgebäude der Stadtwerke Hannover

Seit seiner Eröffnung hatte das Ihme-Zentrum mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Die Ladenzeilen-Ankermieter der Anfangszeit, Kaufhof im Norden und der Lebensmittelmarkt „mehr Wert" (später Huma) im Süden, waren nur wenige Jahre vor Ort. Auch der Huma-Nachfolger Allkauf sowie verschiedene Folgemieter konnten sich nicht halten, so dass seit etwa Mitte der 1990er Jahre die dortige zweigeschossige Verkaufsfläche leer steht. Aus dem Kaufhof-Warenhaus wurde bereits Mitte der 1980er Jahre eine Filiale der ebenfalls der Metro-Gruppe gehörenden Elektrohandelskette Saturn-Hansa. Nach deren Auszug 2004 gab es keinen reichweitenstarken Kundenmagneten im Ihme-Zentrum, was den Niedergang der kleineren Läden (in der Mehrzahl Textil- und Schuhgeschäfte im unteren Preissegment) nochmals beschleunigte.

Die Landeshauptstadt Hannover mietete Ende der 1990er-Jahre im nordwestlichen Teil des Ihme-Zentrums Büroflächen von über 5.000 m². Unter anderem wurde seinerzeit das Hochbauamt der Stadt aus Innenstadtbüros in das Ihme-Zentrum verlegt. 2002 wurden nach Auszug der Norddeutschen Landesbank von der Stadt Hannover weitere Büroflächen (ca. 5000 m²) für städtische Ämter gemietet, in Verbindung mit der Verpflichtung des Vermieters zu einer zügigen Revitalisierung des gesamten Komplexes.

Gegenwärtig (2011) stehen fast alle Ladenlokale leer, weil 2006 der Umbau der gesamten Einkaufspassage begonnen hat. Einzige publikumsrelevante Mieter sind Ämter der Landeshauptstadt Hannover und die Stadtwerke Hannover (enercity), die zwei Hochhäuser als Verwaltungsgebäude nutzen.

Begonnener Umbau

Bauzustand 2010
Untere Ebene nach erfolgten Abrissarbeiten 2010

Eigentümer Engel

Anfang der 2000er Jahre übernahm der Investor Engel einen Großteil der Ladenflächen. Dieser hatte in der Vergangenheit bereits ähnliche Objekte in Deutschland erfolgreich saniert, darunter das NordWestZentrum in Frankfurt am Main. Im Ihme-Zentrum konnten jedoch lange Zeit keine neuen Geschäfte, insbesondere keine Ankermieter gewonnen werden. Nachdem dies im Jahr 2005 endlich gelungen war, war im Juni 2006 Baubeginn für eine grundlegende Sanierung, mit der auch die zuvor genannten architektonischen Probleme entschärft werden sollen. Die Fertigstellung der Sanierung war für Anfang 2008 geplant.

Eigentümer Carlyle

Im Juli 2006 wurden die Anteile der Firmengruppe Engel von der amerikanischen Carlyle Group übernommen, die zunächst den Umbau in leicht abgewandelter Form weiterführte. Der geplante Linden-Park war das erste Immobilienentwicklungsprojekt, in das Carlyle mit seinem zweiten Immobilienfonds, Carlyle Europe Real Estate Partners II, in Hannover investierte. Herzstück der Pläne war eine neue, mit viel Glas und hochwertigen Baumaterialien geplante Ladenpassage im Erdgeschoss auf Straßenebene. Auch die Erneuerung der darüber liegenden Passage als Mall war in Bau. Das Projekt lief unter dem Namen Linden-Park und sollte im 3. Quartal 2009 fertiggestellt werden[1]. Infolge der allgemeinen Krise an den Kapitalmärkten geriet die Muttergesellschaft Carlyle Group unter finanziellen Druck [2]. Im Januar 2009 kam es zu einem Baustopp als Folge von Nichtbezahlung von Baufirmen. Auf Grund von Brandschutzmängeln wurde der größte Teil der Tiefgarage gesperrt. Am 23. Februar 2009 beantragte US-Investor Carlyle für seine am Umbau des Komplexes beteiligten Projektgesellschaften Insolvenz. Die Eigentumsanteile der Carlyle Group werden seither durch einen Zwangsverwalter verwaltet.

Aktuelle Situation

Die Landesbank Berlin als Hauptgläubigerin der insolventen Projektgesellschaften ist an einer Lösung für das Bauprojekt interessiert [3]. Bank und Zwangsverwalter haben 2010 den US-amerikanischen Bauträger Hines mit einer Vorentwicklung des Komplexes beauftragt. Außerdem wird eine Änderung der Teilungserklärung sowie der Gemeinschaftsordnung angestrebt. Einem Bericht der Lokalpresse zufolge haben im Juli 2011 noch nicht alle Eigentümer zugestimmt, die Wohn- und Gewerbebereiche rechtlich voneinander zu trennen, wodurch das Objekt für Investoren interessanter werden soll.[4]

Trivia

Im Januar 1978 entdeckte die Polizei im Ihme-Zentrum nach dem Hinweis eines Wohnungsnachbarn eine konspirative Wohnung der linksterroristischen Vereinigung RAF. Nach dem Eindringen stellte die Polizei fest, dass die Wohnung bereits verlassen war. Aufgefunden wurde neben handschriftlichen Notizen Material zum Bau einer Stalinorgel. Anhand von Fingerabdrücken vermutete das BKA, dass die Wohnung den RAF-Angehörigen Knut Folkerts, Silke Maier-Witt, Ingrid Siepmann und Monika Helbing bis September 1977 als Rückzugsort gedient hatte. [5] RAF-intern wurde das Ihme-Zentrum Klotz genannt, was sich anscheinend auf das klotzartige Aussehen des Baus bezog.

Einzelnachweise

  1. Hannoversche Allgemeine Zeitung 13. November 2008
  2. Hannoversche Allgemeine Zeitung 6. Juni 2008
  3. Juliane Kaune und Gunnar Menkens: Bauruine: US-Investor stoppt Umbau des Ihme-Zentrums, Hannoversche Allgemeine Zeitung. 23. Februar 2009. Abgerufen am 30. Januar 2011. 
  4. Juliane Kaune: Wieder etwas Bewegung im Ihme-Zentrum. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. 19.07, abgerufen am 31. Juli 2011.
  5. Ihme-Zentrum war die Terrorzentrale der RAF in Hannover in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 4. Februar 2011

Weblinks

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