Immortale Dei

Immortale Dei

Mit der Enzyklika Immortale Dei (Das unsterbliche [Werk] Gottes; ASS XVIII, S. 161 ff.) vom 1. November (Allerheiligen) 1885 hat Papst Leo XIII. die Lehre vom „Wahren Staat“ in komprimierter Form zusammengefasst.

Inhaltsverzeichnis

Über die christliche Staatsverfassung

Bereits mit der Enzyklika Diuturnum illud vom 29. Juni 1881 erklärte Leo XIII. die "höchste Würde im Bereich des Staatswesens" entstamme dem Naturgesetz. Er setzte die Reihe der päpstlichen Verdammungsurteile über die Religionsfreiheit in seiner Enzyklika "Immortale Dei" mit unverminderter Heftigkeit fort.

Themenbereiche

+ Die Kirche - Erzieherin der Völker

+ Die Kirche - nicht Feind des Staates

+ Evangelium - die beste Staatslehre

+ Autorität und Staat haben Gott zum Urheber

+ Nicht Staatsform entscheidet, sondern Gehorsam gegen Gott

+ Gehorsam gegen die Obrigkeit ist in jeder Staatsform geboten

+ Staat und Gesellschaft zur Gottesverehrung verpflichtet

+ Wahre, von Gott gestiftete Religion nur in der Kirche zu finden

+ Kirche repräsentiert die vollkommene Gesellschaft

+ Kirche existiert und handelt aus eigenem Recht

+ Zwei Gewalten von Gott eingesetzt

+ Zwischen den Gewalten muss Eintracht herrschen

+ Blütezeit des Staates war Blütezeit der Kirche

+ Renaissance und Aufklärung brachten Verwirrung

+ Kirchenfeindliche Natur eines derartigen Staates

+ Lehre von der Volkssouveränität ist zu verurteilen

+ Meinungs- und Pressefreiheit Quelle des Bösen

+ Liberaler Staat im Irrtum

Zur Frage der Toleranz

Obwohl die Lehre der Kirche in neuerer Zeit diese Position in mancher Hinsicht modifiziert hatte, war sie doch prinzipiell nie von ihr abgerückt. Papst Leo XIII verurteilte in seiner Enzyklika die Lehre von der Freiheit der Religion als ein naturgegebenes Recht und sprach über das Tolerieren anderer Religionen als von einem Übel, das man (notgedrungen) zu akzeptieren habe, aber eben nur unter bestimmten gegebenen Umständen.

Die sozialen Abstufungen und die Rechte des Staates

Im Hinblick auf dieses organische Zusammenwirken für Ruhe und Ordnung schreibt die katholische Lehre dem Staat die Würde und die Autorität eines wachsamen und weitblickenden Verteidigers der göttlichen und menschlichen Rechte zu, die von der Heiligen Schrift und von den Kirchenvätern so oft betont werden. In seinem Rundschreiben weist Leo XIII., besonders auf jenes über die Staatsgewalt und jenes über die christliche Staatsverfassung . Hier findet der Katholik die klaren Grundsätze der Vernunft und des Glaubens, die ihn befähigen sollen, sich gegen das Irrige und Gefährliche der kommunistischen Staatsauffassung zu schützen. Der Schöpfer selbst hat dieses wechselseitige Verhältnis in seinen Grundsätzen geregelt, und es ist eine ungerechte Anmaßung, wenn der Kommunismus es sich herausnimmt, an die Stelle des göttlichen Gesetzes, das sich auf die unveränderlichen Grundsätze der Wahrheit und der Liebe gründet.

Leo XIII. und die Moderne

Unter dem Begriff Moderne versteht man gewöhnlich die sogenannten »Grundsatzerklärungen von 1789« mit den aus ihnen abgeleiteten politischen Ideologien: Sozialismus, Laizismus, Demokratie und Liberalismus. Bei genauerem Hinsehen jedoch lassen sich zwei Perioden unterscheiden: eine, während der die Moderne vorwiegend in kultureller und daher noch ziemlich elitärer Gestalt in Erscheinung tritt, um dann in einer zweiten Periode zum Massenphänomen zu werden. Im Zentrum des Überganges zwischen den zwei Epochen der Moderne steht der Industrialisierungsprozess, der dazu führte, dass unter den bis dahin »christlichen« Massen die »Apostasie« (der Glaubensabfall) bzw. die »Zügellosigkeit«, wie es einige intransigente Zeitdokumente formulierten, um sich griff.

Eine Enzyklika zwischen Moderne und Industrialisierung

Leo XIII. bekam es nun mit dem »massenweisen Abfall von der Kirche« zu tun, da im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts der Industrialisierungsprozess die alten Gleichgewichte erschütterte und an der Peripherie der Industriestädte große Massen kämpferischer Gruppen unter den Bannern des Sozialismus oder des Anarchismus versammelte.

Die Industrialisierung

Die Kirche konnte sich auf Verhandlungen mit den Staaten beschränken. Seitdem jedoch die Industrielle Revolution die Bauern von den Feldern in die städtischen Fabriken rief und die modernen Ideologien Überzeugungen und Lebensformen anboten, die im Gegensatz zur herkömmlichen Religion standen, nahm die Moderne ein immer bedrohlicheres Aussehen an. Dieser Moderne sah sich Leo XIII. gegenüber: Es war die Moderne, die nicht nur angekündigt, sondern reale Wirklichkeit geworden war; über die nicht nur theoretisiert wurde, sondern die konkrete Gestalt angenommen hatte; die Moderne, die nicht nur in Büchern dargestellt, in Gesprächszirkeln erörtert und in einigen Gesetzen berücksichtigt wurde, sondern auch in den Fabriken und auf den Straßen und Plätzen gegenwärtig war.

Kirchliche Auseinandersetzung

Leo XIII. ersparte der Kirche nicht die Auseinandersetzung. Er nahm sie schrittweise auf, und zwar nicht nur auf negative, sondern nach und nach auch auf positive Weise, und führte die Kirche in einen schwierigen Richtungswechsel: von der Verurteilung zum Angebot, vom empörten Rückzug zum überzeugten Engagement, vom Erdulden der Geschehnisse zu ihrer Leitung. In der Enzyklika erkennt man den Einsatz und den Ansporn für eine »christliche Moderne«.

Literatur

  • Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden, Referat von S.E. Kardinal Renato Raffaele Martino: „Papst Leo XIII. am Übergang zweier Jahrhunderte“ , 15. November 2003 [1]
  • Rudolf Fischer-Wolpert, Wissen Sie Bescheid – Lexikon religiöser und weltanschaulicher Fragen, 3. erweiterte Auflage, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, 1982, ISBN 3-7917-0738-8
  • Carl Andresen, Georg Denzler: dtv Wörterbuch der Kirchengeschichte, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, Mai 1982, ISBN 3-423-03245-6
  • Werner Stein, Fahrplan der Weltgeschichte, Erweiterte Auflage 1990, F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung, Berlin, ISBN 3-7766-1476-5
  • Bruno Moser (Hrsg.), Das Papsttum – Epochen und Gestalten, Südwest Verlag, München, 1983

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Immortale Dei — is an 1885 encyclical of Pope Leo XIII on Church State relations, and specifically on the topic of civil allegiance, which is defined as a duty of loyalty and obedience which a person owes to the State of which he is a citizen.[1] The word… …   Wikipedia

  • Immortale Deĭ — (lat.), Anfangsworte des Rundschreibens Papst Leos XIII. vom 1. Nov. 1885 über die christliche Staatsordnung …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • «IMMORTALE DEI» — [лат. бессмертное [творение] Бога], энциклика папы Римского Льва XIII от 1 нояб. 1885 г. о христ. устроении гос ва. Издание энциклики продолжило развитие социального учения Римско католической Церкви в области политических проблем, часть которых… …   Православная энциклопедия

  • Immortale Dei — La Immortale Dei es una encíclica de 1885 del Papa León XIII[1] acerca de las relaciones de la Iglesia con el estado, y específicamente sobre la fidelidad civil que se define como un deber de lealtad y obediencia que una persona debe al Estado… …   Wikipedia Español

  • immortale — im·mor·tà·le agg., s.m. e f. AU 1a. agg., che non muore, non mortale: discutere se l anima è immortale Sinonimi: eterno. Contrari: mortale, perituro. 1b. agg., estens., che non avrà mai fine, imperituro: gloria immortale; eterno nella memoria… …   Dizionario italiano

  • Inscrutabili Dei consilio — („Durch Gottes unerforschlichen Ratschluss“; Über das Übel in der Gesellschaft) ist die Antrittsenzyklika von Papst Leo XIII. und wurde am 21. April 1878 veröffentlicht. Inhaltsverzeichnis 1 Annäherung 2 Übel in der Gesellschaft 3 Die Kirchenväte …   Deutsch Wikipedia

  • Magnae Dei matris — (Große Gottesmutter) ist eine Enzyklika von Papst Leo XIII., sie wurde am 8. September 1892 veröffentlicht und trägt den Untertitel: „Der Rosenkranz und das christliche Leben“. Die Besonderheiten des Rosenkranzgebetes Mit dieser Enzyklika setzt… …   Deutsch Wikipedia

  • Sancta Dei Civitas — Die erste bekannte Missionsenzyklika Sancta Dei Civitas ( Heiliger Gottesstaat) von Papst Leo XIII. wurde am 3. Dezember 1880 veröffentlicht und trägt den Untertitel: „Über die Missionsgesellschaften“. Sie gilt als Grundlage für weitere… …   Deutsch Wikipedia

  • Civil allegiance — is the theory of duty of loyalty and obedience which a person owes to the State of which he is a citizen, as defined by Roman Catholicism. [CathEncy|url=http://www.newadvent.org/cathen/03794b.htm|title=Civil Allegiance] The word allegiance is a… …   Wikipedia

  • Civil Allegiance — • The duty of loyalty and obedience which a person owes to the State of which he is a citizen Catholic Encyclopedia. Kevin Knight. 2006. Civil Allegiance     Civil Allegiance      …   Catholic encyclopedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”