Induktionsbremse

Induktionsbremse

Eine Wirbelstrombremse ist eine Bremse, die Wirbelstromverluste einer im Magnetfeld bewegten Metallscheibe zur Bremsung nutzt.

Bewegt sich eine Metallplatte in einem Magnetfeld, werden in ihr Spannungen induziert, die wiederum durch den elektrischen Widerstand der Metallplatte und ihrer Geometrie Wirbelströme zur Folge haben. Die Ströme erzeugen selbst wieder ein Magnetfeld, das dem äußeren entgegengesetzt ist (Lenzsche Regel). Der elektrische Widerstand der Metallplatte bildet für die Wirbelströme einen ohmschen Verbraucher, wodurch die Bewegungsenergie in Wärme umgesetzt wird. Die Magnetisierbarkeit der Metallplatte spielt keine Rolle, allein die elektrische Leitfähigkeit ist entscheidend.

Wirbelstrombremsen sind von den Hysteresebremsen zu unterscheiden.

Inhaltsverzeichnis

Steuerung

Die Stärke der Bremswirkung ist von mehreren Parametern abhängig:

  • Leitfähigkeit der Bremsscheibe: Eine Kupferscheibe wird beispielsweise stärker abgebremst als eine Stahlscheibe, da die induzierten Ströme aufgrund der besseren elektrischen Leitfähigkeit von Kupfer höher sind.
  • Richtung des Magnetfeldes: Die größte Bremswirkung wird erzielt, wenn das Magnetfeld die bewegliche Scheibe senkrecht durchsetzt.
  • Luftspalt: Je größer der Luftspalt, desto kleiner ist die maximale Bremswirkung.
  • Form der Scheibe: Scheiben mit kammförmigen Nuten verlieren ihre Bremswirkung, da sich die ringförmigen Wirbelströme nicht mehr großräumig ausbilden können.
  • Fläche unter dem Erregerpol: Je kleiner die Fläche unter dem Pol ist, desto geringer ist die Bremswirkung.
  • Geschwindigkeit: Die Bremswirkung ist stark von der Relativgeschwindigkeit zwischen Feld und Scheibe abhängig.

Bremst man eine rotierende Scheibe durch ein statisches Magnetfeld (z. B. Permanentmagnet), so wird die Scheibe immer langsamer, kommt aber theoretisch nie zum Stillstand, die Wirbelstrombremse eignet sich daher nicht als Feststellbremse. Umgekehrt bietet dieser Effekt ein natürliches ABS. Diese Eigenart lässt sich durch ein veränderliches Magnetfeld beeinflussen, dann lässt sich sogar Bewegung erzeugen, wie z. B. beim Asynchronmotor mit Kurzschlussläufer.

Anwendungen

Aktive Wirbelstrombremse im Drehgestell des ICE 3. Die Traverse mit den Magneten wurden wenige Millimeter über den Schienenkopf abgesenkt.
Wirbelstrombremse der Firma Schenck als Leistungsbremse eines Motorenprüfstandes
Wirbelstrombremsen der Intamin Achterbahn Goliath in Walibi World (Niederlande)
Bremsschwerter des Freifallturms High Fall im Movie Park Germany

Schienenfahrzeuge

Serienmäßig kam die Wirbelstrombremse in Europa erstmals auf den ab 2000 in Dienst gestellten ICE-3-Triebzügen zum Einsatz. Im Gegensatz zu der bei schnell fahrenden Zügen sonst üblichen Magnetschienenbremse wird das Magnetfeld längs und nicht quer zur Schiene erzeugt. Der eiserne Kern des Elektromagneten setzt nicht auf, sondern wird durch Anbindung an die Radsatzlager etwa 7 mm oberhalb der Schienenoberkante gehalten. Problematisch ist dabei der Skineffekt, der durch die hohen Frequenzen den Wirbelstrom an die Außenränder des Schienenquerschnitts zwingt. Das soll in der Entwicklungszeit zum Ausglühen der Schienenoberfläche geführt haben. Bei der Wirbelstrombremse wird die abzuführende Bremsenergie in den Schienen in Wärme umgewandelt. Die Wirbelstrombremse unterliegt keinem Verschleiß und arbeitet unabhängig vom Reibwert zwischen Rad und Schiene (z. B. bei Laub auf der Schiene).

Wirbelstrombremsen werden beim ICE 3 besonders bei hohen Geschwindigkeiten eingesetzt; sie können jedoch auch bis kurz vor dem Stillstand wirken. Um sie einsetzen zu können, müssen befahrene Strecken speziell ertüchtigt werden, insbesondere um Störungen der Sicherungstechnik zu vermeiden. In vollem Umfang, d. h. auch für Betriebsbremsungen, kommt die Wirbelstrombremse des ICE in Deutschland nur auf den Schnellfahrstrecken Köln–Rhein/Main und Nürnberg–Ingolstadt zum Einsatz, da nur durch den Einsatz der Festen Fahrbahn eine ausreichende Toleranz wärmebedingter Verwerfungen der Gleise sichergestellt werden kann.

Auf weiten Teilen des vom ICE 3 befahrenen Netzes darf die Wirbelstrombremse nur bei Schnellbremsungen zum Einsatz kommen. Sie kann dabei auf die Bremshundertstel des Zuges angerechnet werden und erlaubt (unter PZB) eine Geschwindigkeit von 160 km/h. Auf einzelnen Strecken, die nicht für den Einsatz der Wirbelstrombremse bei Schnellbremsungen ertüchtigt sind, wird sie nicht auf die Bremshundertstel des Zuges angerechnet, wodurch die zulässige Höchstgeschwindigkeit (unter PZB) auf 140 km/h beschränkt ist.

Vor dem Einsatz in den ICE-3-Reisezügen wurde das System der Wirbelstrombremse auf den Versuchsträgern ICE V und ICE S zur Serienreife geführt. Die Erprobung der Wirbelstrombremse des ICE 3 als Betriebs- und Schnellbremse unter LZB-Führung erfolgte ab Juli 2001 auf der Rheintalbahn zwischen Baden-Baden und Offenburg, später im Rahmen der Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main.[1]

Leistungsbremse

Die Wirbelstrombremse wird als Leistungsbremse auf Motorenprüfständen eingesetzt. Sie dient der Abbremsung eines Prüflings (Verbrennungsmotor, Elektromotor). Den Vorteilen der guten Regelbarkeit, der geringen Baugröße und der Nutzung als System zur Leistungsmessung stehen die Nachteile der Leistungsabführung in Form von Wärme und die nur passive Betriebsart entgegen (Prüfling kann nicht geschleppt werden).

Fitnessgeräte

Die Wirbelstrombremse im Fitnessbereich: Bei Trainingsgeräten, speziell bei hochwertigen Ergometern erfolgt die Laststeuerung durch elektrisch stellbare Wirbelstrombremsen. Durch Einsatz von Mikroprozessoren lassen sich diese Bremsen vielfältig nach den verschiedensten Parametern steuern.

Fahrgeschäfte

In den immer schneller und höher werdenden Achterbahnen und Freifall-Türmen werden zunehmend Wirbelstrombremsen eingesetzt. Vor allem die im Vergleich zu den klassischen Klotzbremsen sanfter einsetzende Bremswirkung, die Verschleißfreiheit und Sicherheit dieser Bremssysteme führte zu dem Trend.

In der Regel kommen bei Fahrgeschäften keine Bremsscheiben zum Einsatz, sondern Bremsschwerter. Bei Achterbahnen sind die Schwerter meist seitlich oder unterhalb der Wagen montiert. An den Bremspunkten bewegen sich die Schwerter zwischen an der Schiene montierten Permanentmagneten hindurch. Teilweise können die Magnete nach der Bremsung weggeklappt werden, um eine leichtere Weiterfahrt des Zuges zu ermöglichen.

Bei Freifall-Türmen wird es in der Regel umgekehrt gehandhabt. Hier sind die Schwerter vertikal am Turm montiert und die Magnete am Fahrgastträger befestigt. Die Schwerter sind meist so montiert, dass auf dem Weg der Gondel zuerst wenige, nach unten hin mehr Schwerter vorhanden sind.

Nutzfahrzeuge

Der Vorteil der verschleißlosen Dauerbremse wird auch im Nutzfahrzeugbereich für LKW ausgenutzt. Die bekanntesten Hersteller sind: Voith, Telma, Knorr. Als Alternative zur Wirbelstrombremse werden auch Retarder eingebaut, die hydraulisch arbeiten. Einige Hersteller versuchen, Lichtmaschine, Anlasser und Wirbelstrombremse in einem Aggregat zusammenzufassen.

Messgeräte

In einem Drehspulmesswerk wird die bewegliche Spule auf einen Aluminiumrahmen gewickelt. Dadurch entstehen bei Zeigerbewegungen Wirbelströme in diesem Rahmen, welche dadurch ruckartige Zeigerbewegungen dämpfen sollen.

Beim Ferraris-Zähler erzeugen feststehende Strom- und Spannungsspulen einen Wirbelstrom, welcher eine drehbare Aluminiumscheibe in Bewegung versetzt. Gleichzeitig befindet sich die Alu-Scheibe im Magnetfeld eines starken Permanentmagneten. Dessen Wirbelströme wiederum wirken bremsend auf die Drehbewegung der Scheibe.

Einzelnachweise

  1. Holger Schülke, Herbert Weishaar, Ottmar Grein: Projekt PXN zur Inbetriebnahme der Neubaustrecke Köln–Rhein/Main. In: Eisenbahntechnische Rundschau. 50, Nr. 12, 2001, S. 736–747.

Weblinks


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