Interessenkonflikt

Interessenkonflikt

Ein Interessenkonflikt im weiteren Sinn oder Zielkonflikt liegt vor, wenn eine Situation dem Einfluss von einander widerstrebenden Faktoren unterliegt und zwischen ihnen ausgewogen reguliert werden soll. Je nachdem, wie viele Ziele miteinander im Konflikt stehen, spricht man auch von magischen Drei-, Vier- usw. -Ecken.

Ein Interessenkonflikt im engeren Sinn ist eine spezielle Konfliktsituation, in der ein sachlicher Widerspruch nach Vermeidung verlangt. Er kann aus organisatorischen, oder ethischen, meist berufsethischen, Gründen nicht hingenommen werden, da er sich kontraproduktiv im Sinne höher angesehener Werte, Interessen oder Ziele auswirkt.

Inhaltsverzeichnis

Unechter Zielkonflikt

Manche Zielkonflikte sind nicht echt, sondern eher ein falsches Dilemma. Bei solchen Konflikten glauben möglicherweise sogar die jeweiligen Parteien daran, dass ein Konflikt bestehe. Tatsächlich gibt es aber eine Möglichkeit, die scheinbar in Konflikt stehenden Ziele gleichzeitig zu erreichen, jedoch wird diese bei einem unechten Zielkonflikt von den jeweiligen Parteien nicht erkannt.

Beispiele

Beispiele für Interessenkonflikte im engeren Sinn:

  • Rechtsanwälte unterliegen einem standesrechtlichen Verbot, sich in Ausübung ihrer Tätigkeit in Interessenkonflikte zu begeben
    • Der bislang gemeinsame Rechtsanwalt eines Ehepaars darf im Fall einer Scheidung nicht kontrovers die Interessen beider Ehepartner vertreten.
  • In vielen Unternehmen bestehen Richtlinien, bis zu welchem Wert ihre Einkäufer Geschenke von Lieferanten oder Dienstleistern annehmen dürfen, um ihre unabhängige Entscheidung bei Beschaffungen nicht zu gefährden.
  • Ähnliches gilt in vielen Situationen für Vergünstigungen oder Geschenke durch Abhängige.
  • Ein klassischer Fall war auch die Verbindung von Telekommunikation und Briefpost bei der früheren Post, die in Deutschland dazu führte, dass damals neue Technologien wie z. B. Fax deutlich später als in anderen Ländern verfügbar waren.
  • In der Medizin und der biomedizinischen Forschung können Ärzte durch Unterstützung von Pharma- und Medizinaltechnikunternehmen in Interessenkonflikte kommen.[1][2][3] Um die Transparenz zu erhöhen müssen in biomedizinischen wissenschaftlichen Publikationen Interessenkonflikte angegeben werden.[4][5]
  • Ausgeprägte Interessenkonflikte gibt es auch in der Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Berater erhalten Provisionen von Banken und Produktanbietern, wenn sie ihren Kunden gewisse Finanzprodukte empfehlen. Hohe Kosten gehen immer zu Lasten der Rendite des Kunden – Finanzinstrumente mit hohen Gebühren lösen aber auch höhere Rückvergütungen aus. Der Interessenkonflikt wird verstärkt, weil die Provisionen versteckt (auch nach der Einführung von Markets in Financial Instruments Directive) fließen.
  • Zu Interessenkonflikten kann es kommen, wenn ehemalige Politiker oder Ministerialbeamte in die Wirtschaft wechseln; speziell dann, wenn sie von einer Aufsichtsbehörde zu einer Institution wechseln, die von dieser Behörde beaufsichtigt wird. Prominente Beispiel sind der ehemalige Bundesbankpräsident Axel Weber[6] und Gerald Hennenhöfer, der bis 1998 die Abteilung Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium leitete, dann in die Energiewirtschaft wechselte und 2009 wieder Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit wurde.

In der Wirtschaftspolitik spricht man vom Zielkonflikt (oder oft einem 'Trade-off') zwischen den verschiedenen wirtschaftspolitischen Zielen, wie etwa Preisstabilität und Vollbeschäftigung bzw. hoher Beschäftigungsstand (siehe auch Phillips-Kurve), wenn das Erreichen des einen Zieles dem anderen abträglich ist oder die Ziele in Konkurrenz zueinander stehen.

Die Gewaltenteilung ist ein Mechanismus, um Interessenkonflikte der Regierung gegenüber der Bevölkerung zu vermeiden, die beispielsweise dann entstehen, wenn eine Regierung Gesetze oder Konventionen bricht und selber darüber richtet, ob sie einen Rechtsbruch begangen hat.

Als einzigartiger Fall von Interessenkonflikten zwischen politischen Ämtern und wirtschaftlichen interessen gilt Silvio Berlusconi, mehrfacher italienischer Ministerpräsident und zugleich Eigentümer eines Medienimperiums (vgl. Silvio Berlusconi: Abschnitt „Interessenkonflikte“).

Zielkonfliktmatrix

Die Zielkonfliktmatrix ist eine Planungstechnik, mit der im Rahmen der Zielbildung geprüft werden kann, ob sich verschiedene Ziele gleichzeitig lösen bzw. beschaffen lassen.

Bei der Zielkonfliktmatrix werden verschiedene oder einige Ziele in einer Matrix (ähnlich einer Tabelle) nach unten und nach rechts notiert und in der Matrix die jeweiligen Spalten- und Zeilenkombinationen durch die Ausprägungen der Zielbezeichnungen bezeichnet. Dadurch wird dem Entscheidungsträger das ganze Ausmaß an Zielbeziehungen zum Beispiel von antinomischen oder konfliktären Zielen deutlich. Die Zielkonfliktmatrix wird meist im Management eingesetzt.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. G.A. Jelinek, S.L. Neate: The influence of the pharmaceutical industry in medicine. In: Journal of Law and Medicine. 17, Nr. 2, Oktober 2009, S. 216–23. PMID 19998591.
  2. B. Lo: Serving two masters--conflicts of interest in academic medicine. In: NEJM. 362, Nr. 8, Februar 2010, S. 669–71. doi:10.1056/NEJMp1000213. PMID 20181969.
  3. S.N. Young: Bias in the research literature and conflict of interest: an issue for publishers, editors, reviewers and authors, and it is not just about the money. In: J Psychiatry Neurosci. 34, Nr. 6, November 2009, S. 412–417. PMID 19949717. Volltext bei PMC: 2783432.
  4. icmje.org (PDF)
  5. wame.org
  6. Wechsel zur UBS: Warum Axel Weber die Deutsche Bank versetzte, Spiegel Online, 1. Juli 2011

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