Irish potato famine

Irish potato famine
Hungernde irische Familie in Carraroe, County Galway

Die als Große Hungersnot, (engl. Great Famine, Irish potato famine oder irisch An Gorta Mór) in die Geschichte eingegangene Hungersnot zwischen 1845 und 1849 (bzw. 1851) war die Folge mehrerer Kartoffel-Missernten – durch die das damalige Hauptnahrungsmittel der armen Bevölkerung Irlands vernichtet wurde – und der sozialen und politischen Verhältnisse.

Die Hungersnot hatte verheerende Folgen für Irland, führte zum Tod von schätzungsweise 500.000 bis einer Million Iren und zur Auswanderung einer weiteren Million, in erster Linie nach Kanada, Australien und in die USA.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen und Vorgeschichte

Irland stand seit 1541 unter englischer Herrschaft, der Boden in Irland gehörte seit den sogenannten „Plantations“ englischen Großgrundbesitzern. Die irischen Bauern bearbeiteten als Pächter das Land, bauten darauf Getreide und Kartoffeln an und hielten kleine Mengen Vieh. Getreide und tierische Produkte dienten zur Pachtzahlung an die Großgrundbesitzer und wurden nach England verbracht, wohingegen die Kartoffeln, welche einfach und billig anzubauen waren, das Grundnahrungsmittel der armen irischen Bevölkerung waren. Bereits ein kleines Stück Land reichte aus, um eine Großfamilie mit Kartoffeln zu ernähren. Der Anteil des angebauten Getreides pro Kopf der Bevölkerung war im Vergleich gering:

Angebautes Getreide
pro Kopf
in Kilogramm
1847 1848 1944 1945
Weizen 56,5 29,5 188 197
Hafer 226,5 181 267,5 249
gesamtes Getreide 317 238 509,5 500,5

(O’Neill 1952, nach den britischen Parlamentary Papers)

Da 70 % der irischen Bevölkerung von der Landwirtschaft lebten, wurde das Pachtland dennoch immer knapper. Eine Regierungskommission unter der Führung des Earl of Devon (Devon-Kommission), die die Zustände in Irland untersuchte, fand heraus, dass zum Überleben in Irland mindestens acht Morgen Land notwendig seien. Jedoch waren nur 7 % der Pachtlandstücke größer als 30 Morgen, hingegen 45 % kleiner als 5 Morgen. In der ärmsten Provinz, Connacht im Westen Irlands, betrug der Anteil derart kleiner Landstücke sogar 65 %.

Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft waren so gut wie gar nicht vorhanden, da außer in Nordirland (Ulster) kaum eine Industrie existierte. Diese war durch einseitige Zollschutzmaßnahmen Großbritanniens eingegangen. Zwar brachten Untersuchungskommissionen und Wirtschaftstheoretiker verschiedene Vorschläge zur Förderung der irischen Wirtschaft und Industrie vor, etwa durch Landreformen und die Stärkung der Rechte der Pächter, öffentliche Bauprojekte oder die Errichtung eines Eisenbahnnetzes. Keiner dieser Vorschläge wurde verwirklicht, da dies der damaligen Wirtschaftspolitik Großbritanniens (laissez-faire) nicht entsprochen hätte.

Verschärft wurde der Mangel an Land und Arbeitsplätzen durch eine vorausgehende regelrechte Bevölkerungsexplosion.

Einwohnerzahl Irlands

  • 1660: ca. 500.000
  • 1760: 1.500.000
  • 1801: 4.000.000–5.000.000
  • 1821: 7.000.000.
  • 1841: 8.100.000

Ursache für den Bevölkerungszuwachs war der Kartoffelanbau, der es möglich machte, auch auf einem kleinen Landstück eine Familie mehr oder weniger gut durchzubringen. Zudem war es üblich, sehr jung zu heiraten und viele Kinder zu bekommen.

Hungersnot

Kartoffelfäule

Die Kehrseite der Abhängigkeit von der Kartoffel war, dass diese zwar billig und ertragreich war, aber auch anfällig für Krankheiten. Bereits vor 1845 hatte es in Irland immer wieder (häufig lokal begrenzte) Ernteausfälle und Hungersnöte gegeben, so etwa eine Hungersnot vergleichbaren Ausmaßes 1740–1741. Von 1816 bis 1842 gab es 14 Kartoffel-Missernten in Irland. Der Grund für diese Serie dürfte vor allem auf den Ausbruch des Vulkans Tambora zurückzuführen sein, der weltweit das Klima beeinflusste, so dass das Jahr 1816 sogar als das Jahr ohne Sommer in die Geschichte einging.

Im Jahre 1842 trat in Nordamerika eine bis dahin unbekannte Krankheit auf, die fast die gesamte Ernte vernichtete. Ausgelöst wurde diese „Kartoffelfäule“ (engl. blight) durch den Pilz Phytophthora infestans, der bewirkt, dass die Knollen verfaulen. Die Sporen werden vom Wind verbreitet und gedeihen in kaltem, feuchtem Klima besonders gut. Zwar werden nicht alle Kartoffelsorten von der Kartoffelfäule befallen, doch wurden zu jener Zeit in Irland nur zwei Sorten angebaut, die beide anfällig waren. Somit fand der Pilz in Irland besonders gute Bedingungen vor.

Von Nordamerika breitete sich der Pilz nach Europa aus. Für den Sommer 1845 wurden Ernteausfälle in den Niederlanden, Belgien und Frankreich prognostiziert, im August desselben Jahres waren auch in England Pflanzenschäden zu erkennen. Im September konnte man in Irland anhand von Blattverfärbungen erkennen, dass auch die dortige Ernte befallen sein würde, doch hoffte man, dies würde nur einen kleinen Teil betreffen. Zur Erntezeit im Oktober jedoch musste man feststellen, dass die Ernte beinahe vollständig zerstört war.

Politische Reaktionen

Für die Politiker drängte es sich nun auf, diesen Ernteausfall auszugleichen und das wichtigste Grundnahrungsmittel der irischen Bevölkerung zu ersetzen. Dies war kein leichtes Unterfangen, denn ein Eingriff des Staates in den Handel und die Verteilung von Nahrungsmitteln wurde als Verstoß gegen das Prinzip des laissez-faire betrachtet. Dennoch ergriff Englands Premierminister Sir Robert Peel im November 1845 zunächst Gegenmaßnahmen, indem er (ohne Genehmigung des Kabinetts) den Kauf von Mais aus den USA im Wert von £ 100.000 anordnete. Der Mais sollte durch eine Relief Commission in Irland verteilt werden, die diesen zu verbilligten Preisen an die Bevölkerung abgeben sowie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen koordinieren sollte. Allerdings konnte ein Großteil der Bevölkerung selbst diese verbilligten Preise nicht bezahlen.

In Großbritannien wurde die politische Auseinandersetzung um Hilfsmaßnahmen zugunsten Irlands zeitweise zu einer Auseinandersetzung um die Abschaffung der Einfuhrzölle für Getreide, der sogenannten Corn Laws. Diese waren zum Schutz der einheimischen Getreidewirtschaft vor Konkurrenz erlassen worden. Mit dem Argument, diese Zölle verteuerten den Import von Nahrungsmitteln für Irland, stritt Robert Peel für die Abschaffung der Corn Laws.

Als für das Jahr 1846 eine noch schlechtere Kartoffelernte vorauszusehen war, erreichte er dieses Ziel, verlor jedoch die Unterstützung seiner Partei. Im Juni 1846 wurden die regierenden Tories von den Whigs abgelöst. Der neue Premierminister war John Russell, ein entschiedener Anhänger der laissez faire-Haltung.

In diesem Herbst war nicht nur die Kartoffelernte, sondern aufgrund des ungünstigen Wetters auch die Weizen- und Haferernte betroffen. Dennoch mussten die irischen Pächter weiterhin die volle Pacht aufbringen und hierzu Getreide und tierische Produkte verkaufen, die nach England exportiert wurden. Angeblich lagen für jedes Schiff, das Nahrungsmittel nach Irland brachte, mehrere Schiffe im Hafen, die Nahrungsmittel ausführten. Pächter, die die Pacht nicht aufbringen konnten, wurden von Haus und Hof vertrieben und verloren damit jegliche Lebensgrundlage. Dies widerfuhr Zehntausenden; ein berüchtigtes Beispiel hierfür ist der „Ballinglass Incident“.

Von Seiten der Regierung gab es keine direkte finanzielle oder materielle Unterstützung an die Hungernden, da das englische Armengesetz (Poor Law), das 1838 auch in Irland eingeführt worden war, dies verbot. Hilfe war einzig in den Armenhäusern („workhouse“) vorgesehen, die wiederum mit Absicht möglichst abschreckend eingerichtet waren. Dahinter stand die Absicht, eine Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung zu verhindern und stattdessen auf die „Eigeninitiative“ der Betroffenen zu setzen. Vorschläge, den Export von Nahrungsmitteln aus Irland gesetzlich zu unterbinden, wurden abgelehnt.

Einzig durch die Organisation von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen griff die Regierung ein. Die Kosten für diese Maßnahmen sollten von irischen Kaufleuten und Großgrundbesitzern getragen werden. Da diese aber aufgrund der schlechten Ernten ebenfalls nahezu bankrott waren, waren sie weder willens noch in der Lage, hierfür Geld aufzuwenden, sodass doch der Staat einspringen musste. Hinzu kam, dass aufgrund des harten und langen Winters 1846/1847 die Kosten weiter stiegen. Waren im Oktober 1846 114.600 Arbeitsplätze vermittelt worden, so waren es im Januar 1847 570.000 und im März desselben Jahres 734.000. Insgesamt wendete der Staat während der Hungersnot über £ 7.000.000 für die Arbeitsbeschaffungsprogramme auf. Die Bauten, die im Rahmen dieser Projekte errichtet wurden, sind teilweise noch erhalten.

Im Februar 1847 verschlimmerte sich die Lage, als starke Schneefälle das Überleben der bereits vom Hunger geschwächten Bevölkerung erschwerten. Viele Vertriebene zogen damals heimatlos umher und fielen der Kälte zum Opfer. Auch Seuchen wie Typhus grassierten. Schließlich war ein Großteil der Bevölkerung physisch nicht mehr in der Lage, in den Arbeitsbeschaffungsprojekten zu arbeiten und sich so die staatliche Unterstützung zu verdienen. Diese Umstände zwangen Premierminister Russell, entgegen seinen Absichten Nahrungsmittel nach Irland einzuführen und staatlich finanzierte Suppenküchen einzurichten. Im August 1847 wurden 3 Millionen Menschen durch diese Suppenküchen ernährt.

Nachdem die Ernte 1847 zwar klein, aber doch erfolgreich ausfiel, wurde diese Unterstützung bald wieder eingestellt und die Hungersnot für beendet erklärt. Das Elend hielt indes an, und 1848 und 1849 fielen die Kartoffelernten erneut aus. Die Reaktionen der britischen Politik hielten sich weiterhin in Grenzen. 1848 versuchte die Bewegung „Junges Irland“ unter Führung von William Smith O'Brien und Charles Gavan Duffy, die Unabhängigkeit Irlands von Großbritannien zu erkämpfen. Der kaum organisierte und schlecht ausgerüstete Aufstand wurde allerdings schnell und unblutig niedergeschlagen.

Das Ende der Hungersnot wird zumeist mit dem Jahr 1849 angegeben. Quellen zufolge lagen aber noch 1851 in manchen Gegenden Leichen von Hungertoten am Straßenrand. Die Armut in Irland war ebenso wenig vergangen wie die langfristigen Folgen der Hungersnot.

Folgen

Demographische Folgen

Wie bereits erwähnt, lebten 1841 über 8,1 Millionen Menschen in Irland. Schätzungen zufolge hätten sich diese Zahlen bei einer normalen Entwicklung auf 9 Millionen belaufen müssen. Stattdessen waren es nach der Hungersnot um 2,5 Millionen weniger – 6.552.000. Mindestens eine Million davon war am Hunger und dessen Folgen gestorben. 1,5 Millionen Menschen versuchten ihr Glück in Kanada, Australien, den USA und den Industriezentren Englands.

Zwischen 1841 und 1844 emigrierten durchschnittlich 50.000 Iren pro Jahr. Nach der Kartoffelmissernte 1845 stieg diese Zahl zunächst nicht an, da die meisten Iren darauf hofften, dass die nächste Ernte wieder besser ausfallen würde. Als dann aber die Ernte 1846 erneut ausfiel, stieg die Zahl der Auswanderer sprunghaft an. Manche Großgrundbesitzer förderten und finanzierten die Ausreise ihrer Pächter, aus der Überlegung heraus, dass es günstiger käme, einmalig eine Überfahrt zu bezahlen als längerfristig für den Unterhalt in einem Armenhaus aufkommen zu müssen. Es gab Jugendliche, die kleine Straftaten begingen, um in Sträflingskolonien wie Australien deportiert zu werden, wo sie zwar unfrei sein würden, aber immerhin zu essen erhielten.

Von 1845 bis 1855 verließen schätzungsweise fast zwei Millionen Iren das Land. Ungefähr drei Viertel von ihnen wanderten nach Nordamerika aus, die restlichen 25 Prozent gingen nach Großbritannien und Australien.

An Bord der schlecht ausgestatteten Emigrationsschiffe waren Krankheiten und Seuchen verbreitet, was ihnen den Namen coffin ships („Sargschiffe“) einbrachte. Weil man fürchtete, dass sie Seuchen einschleppten, wurden die irischen Einwanderer zumeist nicht sehr erfreut empfangen. Viele solche Schiffe wurden von den USA nach Kanada umgelenkt. Auf Grosse Isle in Kanada weist eine Gedenktafel darauf hin, dass viele auch nach der Landung starben:

“Thousands of the children of the Gael were lost on this island while fleeing from foreign tyrannical laws and an artificial famine in the years 1847–8. God bless them. God save Ireland!”
„Tausende Kinder der Iren sind auf dieser Insel umgekommen, als sie in den Jahren 1847/48 vor ausländischen, tyrannischen Gesetzen und einer künstlichen Hungersnot flohen. Gott segne sie. Gott schütze Irland.“

Diejenigen, die die Überfahrt überlebten, gehörten in ihrer neuen Heimat jeweils zu der untersten Gesellschaftsschicht. Aufgrund ihrer katholischen Konfession und ihrer Herkunft waren sie mit Vorurteilen konfrontiert. Um überleben zu können, übernahmen sie schwerste und schmutzige Arbeit zu sehr niedrigen Löhnen, was ihnen den Hass der angestammten Arbeiterklasse eintrug, der die Iren zur Konkurrenz wurden. Die irischen Frauen arbeiteten als Dienstbotinnen und in Textilfabriken, die Männer beim Bau von Eisenbahnlinien und Kanälen oder im Bergbau. Viele Männer kamen bei diesen gefährlichen Tätigkeiten ums Leben. Nach einer Redensart war „unter jeder Eisenbahnschwelle ein Ire begraben“. Obwohl, oder gerade weil sie zur untersten Schicht der Bevölkerung gehörten, war der Zusammenhalt unter den irischen Emigranten sehr groß. Man besann sich auf die alten Traditionen und unterstützte die in Irland gebliebenen Verwandten. Viele Irisch-Amerikaner nahmen auf der Seite der Union am amerikanischen Bürgerkrieg 1861–65 teil. Sie sahen darin eine Vorbereitung auf den Kampf gegen England.

Auch nach der Hungersnot hielt die Auswanderung aus Irland an, bis um 1900 verließen jedes Jahr Zehntausende das Land. Die Bevölkerungszahl Irlands erreichte nie mehr den Stand vor der Hungersnot. 1901 wurde der Tiefpunkt mit 3.500.000 Einwohnern erreicht, seitdem steigt die Bevölkerungszahl von Irland wieder an. 2005 hatte die gesamte Insel Irland 5.800.000 Einwohner (gegenüber etwa 8.100.000 vor der Hungersnot).

Eine weitere Folge war der beinahe völlige Untergang der irischen (gälischen) Sprache. Diese war bereits vor der Hungersnot im Rückgang begriffen, da im 18. Jahrhundert das Englische zur Sprache der oberen Gesellschaftsschicht, der Verwaltung und Regierung geworden war und wirtschaftlicher und sozialer Aufstieg sowie politische Aktivitäten an die englische Sprache gebunden waren. 1841 sprachen noch 4 Millionen Iren Gälisch. Diese gehörten aber größtenteils der unteren Gesellschaftsschicht an, welche der Hungersnot hauptsächlich zum Opfer fiel. 1851 sprachen nur mehr etwas weniger als 25 % der Bevölkerung Gälisch. Die irischsprachigen Emigranten gaben ihre Sprache zu einem großen Teil auf und ließen ihre Kinder stattdessen Englisch lernen, um ihnen Verständigungsprobleme zu ersparen.

Die Hungersnot hatte aber nicht nur Einfluss auf die irische Sprache. Angesichts der großen Not, der vielen Toten und Emigranten waren viele alte Bräuche, Lieder und Tänze in Vergessenheit geraten.

Politische Folgen

Die sozialen und politischen Verhältnisse, die die Katastrophe mitverursacht hatten, blieben nach der Hungersnot, in den 1850er und 1860er Jahren, zunächst unverändert. Historiker spekulieren, dass die traumatischen Erfahrungen der Hungersnot derart schwer auf der irischen Bevölkerung lasteten, dass politischer Aktivismus dadurch weitgehend gelähmt wurde.

Längerfristig wuchs jedoch infolge der Hungersnot das (auch gewaltsame) Bestreben nach einer Änderung dieser Verhältnisse und nach der Unabhängigkeit Irlands von Großbritannien. Denn zwar war die Situation bereits vor 1845 – nach Jahrhunderten englischer Fremdherrschaft – angespannt gewesen, und immer wieder war es zu Aufständen gekommen; die Reaktion Großbritanniens auf die Hungersnot wurde aber von einem großen Teil der Bevölkerung als harte und unmenschliche Haltung empfunden und trug so zu einer Steigerung des Hasses auf England bei. Wäre vor der Hungersnot eine friedliche Lösung auf dem Verhandlungstisch vielleicht noch denkbar gewesen, so schien danach Gewalt als legitimes, wenn nicht einziges Mittel, um die Unabhängigkeit Irlands zu erreichen.

Eine nicht unwesentliche Rolle spielten die Emigranten. Diese hatten ihre Erinnerungen an die Not und den Hass auf Großbritannien, das sie ihrer Meinung nach zur Emigration gezwungen hatte, mitgenommen in ihre neue Heimat. So unterstützte eine große Zahl der irischen Auswanderer moralisch und finanziell neu entstehende Widerstandsorganisationen in Irland wie die Irish Republican Brotherhood (Fenier) oder die Irish National Land League. „[...] wahrscheinlich sind es diese Verbindungen, in denen das Haupterbe des Großen Hungers zu sehen ist.“

Ab den 1870er Jahren agitierten diese Organisationen sowie irische Politiker mit zunehmender Intensität (und teilweise auch gewalttätig) für eine Änderung der sozialen und politischen Verhältnisse und für Selbstbestimmung und Unabhängigkeit Irlands (Home Rule). Insbesondere Charles Stewart Parnell, der auch als „ungekrönter König Irlands“ bezeichnet wurde, tat sich als Fürsprecher der irischen Anliegen hervor. Durch den politischen Druck auf England bekam Irland einen Sitz im Unterhaus der britischen Regierung in Westminster, wo Parnell immer wieder die Hungerkatastrophe als Beispiel für die Ausbeutung Irlands durch Großbritannien ansprach und das Sterben von Hunderttausenden als zwingende Konsequenz auf diese zurückführte.

Die nach wie vor in oft bitterer Armut lebenden Pächter begannen ebenfalls, sich gegen die Landlords zu organisieren. Nachdem 1879 die Kartoffelernte erneut schlecht ausgefallen war und viele betroffene Bauern eine weitere Hungersnot befürchteten, gründete Michael Davitt zusammen mit Parnell die Irish National Land League, die in den kommenden Jahrzehnten im sogenannten „Land War“ für die Anliegen der Pächter agitierte. Durch die Land Acts und den Wyndham Land Purchase Act von 1903 ging der irische Boden wieder in den Besitz der irischen Bauern über.

Die zunehmend gewaltsamen Unabhängigkeitsbestrebungen hielten an (Osteraufstand, Anglo-Irischer Krieg) und führten schließlich 1921 zur Unabhängigkeit der Republik Irland mit Ausnahme der Provinz Ulster, die bis heute britisch und mehrheitlich protestantisch geblieben ist und wo der Konflikt zwischen ehemaligen (protestantischen, ursprünglich britischen) Eroberern und (katholischen, irischen) Eroberten noch längere Zeit anhielt.

Denkmal für die Opfer der Hungersnot in Dublin

Die Große Hungersnot wird oft als Wendepunkt in der irischen Geschichte betrachtet, ihre Auswirkungen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet (Demografie, Politik / Unabhängigkeitsbestrebungen / Nordirlandkonflikt, Kultur, irische Emigranten in ihrer neuen Heimat etc.). Selbstverständlich können die Ereignisse von fast einem Jahrhundert dabei nicht auf einen einzigen Vorfall zurückgeführt werden. Dennoch muss eine Katastrophe, die eine Million Menschen tötete, große Bedeutung in der Geschichte eines Landes haben.

Bis heute ist diese Hungersnot Bestandteil von Gedichten und Liedern aller Art, so etwa The Fields of Athenry.

Literatur

  • Cecil Woodham-Smith: The Great Hunger. Ireland 1845-1849. ISBN 014014515X
  • Christine Kinealy: This Great Calamity. ISBN 0717140113
  • Cormac Ó Gráda: The Great Irish Famine. ISBN 0521552664 , 1. Auflage, Cambridge, 1989
  • Donal A. Kerr: A Nation of Beggars?, Priests, People, and Politics in Famine Ireland. 1846-1852, ISBN 0198200501 , 1. Auflage, Oxford, 1994
  • Francis Stewart/Leland Lyons: Ireland since the Famine. ISBN 0006860052 , 1. Auflage, London, 1971
  • Liam O'Flaherty: Zornige grüne Insel. ISBN 3257213301 , engl. Famine. 1.Auflage, London, 1937
  • Jörg Rademacher (Hrsg.), Alexander Sommerville: Irlands großer Hunger, Briefe und Reportagen aus Irland während der Hungersnot 1847. ISBN 3928300423 , 1. Auflage, Münster, 1996
  • Vom Ackerbau und von dem Zustande der den Ackerbau treibenden Klassen in Irland und Großbritannien. Auszüge aus den amtlichen Untersuchungen, welche das Parlament vom Jahre 1833 bis zum heutigen Tag öffentlich bekannt gemacht hat. Der Ackerbau in Irland. Erster Band, 1. Auflage, Wien, 1840
  • R. D. Edwards, T. D. Williams: The Great Famine. Studies in Irish History 1845-52. ISBN 0946640947 , 2. Auflage, Lilliput, 1997
  • Elvert, Jürgen: Geschichte Irlands. ISBN 3423301481 , 4. Aufl., München 2003.
  • Thomas O'Neill, Food problems during the great Irish famine. Royal Society of Antiquaries of Ireland 72, 1952, 99-108.

Weblinks


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