JVA Stammheim

JVA Stammheim
Justizvollzugsanstalt Stuttgart

Die Justizvollzugsanstalt Stuttgart befindet sich im Stuttgarter Stadtteil Stammheim, dem nördlichsten Stadtbezirk der Landeshauptstadt Baden-Württembergs. Sie ist die größte von insgesamt 17 Justizvollzugsanstalten mit 27 Außenstellen in Baden-Württemberg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Justizvollzugsanstalt wurde 1959 bis 1963 nach den damals modernsten Erkenntnissen der Sicherheit mit zwei Hafthäusern erbaut und 1964 in Betrieb genommen. 2005 wurde ein weiteres Hafthaus in Fertigbauweise angegliedert, das Platz für 128 Inhaftierte bietet. Seit Anfang 2006 wird der komplette Eingangsbereich umgebaut, am 1. August 2007 wurde das Richtfest des neuen Torwachengebäudes gefeiert. Justizminister Ulrich Goll (FDP) erwägt einen Abriss des alten und sanierungsbedürftigen Hochhauses (Bau I)[1]. Zukünftig ist die Verlegung des nahe gelegenen Justizvollzugskrankenhauses Hohenasperg aus Asperg hierher geplant. Seit Dezember 2006 ist erstmals in Baden-Württemberg eine Frau als Anstaltsleiterin in einer Männer-Haftanstalt tätig.[2]

Zuständigkeit

Die Justizvollzugsanstalt Stuttgart ist sachlich und örtlich zuständig für Männer im geschlossenen Vollzug mit Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr und drei Monaten, Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr und drei Monaten, Untersuchungshaft und Strafarrest.

Zahlen und Fakten

Die Anstalt besteht aus drei Hafthäusern, dem sogenannten Bau 1 (dem größten Hafthaus), dem Bau 2 und dem neuen Bau 3. Das eingezäunte und mit einer Mauer versehene Gelände der Anstalt umfasst 49.600 m². 867 Gefangene waren im Durchschnitt im Jahr 2006 in Stuttgart inhaftiert. Bei einer Normalbelegung kann die Anstalt 877 Gefangene aufnehmen. Die ca. 600 Hafträume teilen sich in Einzelzellen oder Gemeinschaftszellen auf, wobei die Gemeinschaftszellen mit zwei bis vier Gefangenen belegt werden. Das Vollzugliche Arbeitswesen beschäftigt ca. 250 Inhaftierte in mehreren Betrieben und hat eine Produktionsfläche von 950 m².

Ausbildung und Freizeitangebote

In der JVA sind 2 Pädagogen beschäftigt die für Inhaftierte schulische Kurse anbieten. Da in der JVA hauptsächlich Untersuchungsgefangene untergebracht sind, werden keine Schulabschlüsse angeboten. Für die Gefangenen werden viele Freizeitgruppen angeboten, für die sich die Inhaftierten mit einem Antrag anmelden müssen. Auch werden viele Gesprächsgruppen, Bibelstunden, Schach- und Skatgruppen aber auch Kraftsport und Fußball angeboten. Seit 2006 gibt es das "StammheimerAccousticProject"[3]um inhaftierten Musikern die Möglichkeit zu geben, auch im Knast Musik zu machen und die Spielpraxis zu erhalten. Auch gibt es in unregelmäßigen Abständen Konzerte oder Theatervorführungen. Den Inhaftierten steht zudem eine Gefängnisbücherei zur Verfügung. Die Inhaftierten haben mehrmals die Woche die Möglichkeit Umschluss zu machen, wobei Inhaftierte zu anderen Inhaftierten auf Ihre Zelle gehen können.

Initiative Rock im Knast

Anfang 2008 wurde die Initiative Rock im Knast ins Leben gerufen um eine Brückenfunktion zwischen "drinnen und draussen" zu erschaffen. Ziel ist es Bands und Musikern die Möglichkeit zu geben in Justizvollzugsanstalten aufzutreten und ein Netzwerk zwischen den Künstlern und den Justizvollzugsanstalten Bundesweit zu schaffen. Seit Anfang 2009 gibt es eine eigene Homepage auf der man Kontakt zu der Initiative aufnehmen kann und sich auch persönlich daran beteiligen kann. Auch findet man hier Konzerttermine in den JVA´en, Bilder von Auftritten in JVA´en, Pressekommentare und vieles mehr. Gerade in Justizvollzugsanstalten sind kulturelle Veranstaltungen eine wichtige Resozialisierungsmaßnahme.

Die JVA im Rahmen der RAF-Prozesse

In der breiten Öffentlichkeit ist die JVA vor allem durch die Inhaftierung führender Mitglieder der Rote Armee Fraktion bekannt. Eigens für die Prozesse gegen RAF-Mitglieder wurde 1975 neben dem Gelände der Justizvollzugsanstalt ein Mehrzweckgebäude erbaut. Aus Furcht vor etwaigen Befreiungsversuchen mit Hubschraubern wurde diese Halle – ebenso wie der Hofgang – großflächig mit Stahlnetzen überspannt. Die Baukosten für die Erweiterung betrugen damals zwölf Millionen DM.

Nach Fertigstellung der Erweiterungen waren zeitweilig bis zu neun RAF-Mitglieder im siebten Stock der JVA zusammengelegt. Die Häftlinge hatten täglich die Möglichkeit zum Umschluss, also dem Öffnen aller Zellen auf einem Flur. Entgegen sonst üblichen Vorschriften waren Frauen und Männer zusammengelegt. Die Häftlinge durften Plattenspieler, zeitweise auch Fernsehgeräte betreiben, erhielten hunderte Zeitschriften und Bücher. Dennoch wurde von Gefangenen und Anwälten behauptet, in der JVA werde „Isolationsfolter“ betrieben.

Nachdem Ulrike Meinhof bereits am 9. Mai 1976 erhängt aufgefunden wurde, starben in der sogenannten Todesnacht von Stammheim am 18. Oktober 1977 drei weitere Mitglieder der RAF: Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Das vierte inhaftierte Mitglied der Gruppe, Irmgard Möller, überlebte mit mehreren Stichverletzungen im Brustbereich.

Im Deutschen Herbst 1977 bestand während einiger Wochen ein offizielles Kontaktverbot, das durch das eigens nachträglich beschlossene Kontaktsperregesetz möglich geworden war. In dieser Phase wurden die Häftlinge isoliert. Später wurde bekannt, dass Jan-Carl Raspe über das Netz des ehemaligen Anstaltsfunkes der JVA eine Wechselsprechanlage gebastelt hatte, über die sich die Gefangenen auch während der Kontaktsperre unbemerkt unterhalten konnten.

Film/Fernsehen

Literatur

  • Ulf G. Stuberger: Die Tage in Stammheim - Als Augenzeuge beim RAF-Prozess, Herbig Verlag, München 2007, ISBN 978-3-7766-2528-8
  • Stefan Aust: Der Baader-Meinhof-Komplex. Hoffmann und Campe, Hamburg 1987, ISBN 3-455-08253-X
  • Wir waren so unheimlich konsequent..., Ein Gespräch zur Geschichte der RAF mit Stefan Wisniewski, ID Verlag, Berlin, ISBN 3-89408-074-4
  • Kurt Oesterle: Stammheim. Der Vollzugsbeamte Horst Bubeck und die RAF-Häftlinge, Klöpfer und Meyer, Tübingen 2003, ISBN 3-9376-6710-5

Weblinks


48.8559.15555555555567Koordinaten: 48° 51′ 18″ N, 9° 9′ 20″ O


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