Jagellonen

Jagellonen
Das Dynastiewappen der Jagiellonen, das Lothringer Kreuz
Größte Einflusssphäre der Jagiellonen in Europa seit 1490 durch den Erwerb der ungarischen Krone bis zur Schlacht bei Mohács 1526, dem Beginn der mehr als 300 Jahre dauernden Türkenkriege

Die Jagiellonen waren eine im Mannesstamm aus Litauen stammende Nebenlinie des Hauses Gediminas und eine europäische Dynastie, die von 1386 bis 1572 die polnische Könige und die Großfürsten von Litauen stellte. Auch waren sie ab dem 15. Jahrhundert ungarische, kroatische und böhmische Könige.

Als Gründer dieser Dynastie gilt der litauische Großfürst Jogaila (polnisch: Jagiełło), der als Władysław II. Jagiełło im Jahr 1386 durch Heirat mit der polnischen Königin Hedwig von Anjou den polnischen Thron zu Krakau bestieg.

Jogaila war viermal verheiratet, zuletzt seit 1422 mit Sofia (Sonka) aus dem litauisch-ruthenischen Fürstenhaus Holszański. Sie gebar ihm zwei Söhne, Władysław III. und Kasimir IV.. Den polnischen Thron erbte Władysław, der nach seiner Wahl zum ungarischen König 1444 bei der Rettung von Konstantinopel in der Türkenschlacht bei Varna fiel. Kasimir (IV.), seit 1440 Großfürst von Litauen, wurde 1447 auf den polnischen Thron berufen. Seiner Ehe mit Elisabeth von Habsburg, Tochter des deutschen Königs Albrecht II., entstammten dreizehn Kinder. Er knüpfte mit vielen europäischen Dynastien Heiratsverbindungen.

Auch in Ungarn, Kroatien und Böhmen konnten sich jagiellonische Prinzen als Könige etablieren, zuerst in Konkurrenz, dann (nach dem Zwischenspiel Matthias Corvinus) in Zusammenarbeit mit den Habsburgern. Vladislav II. von Böhmen, Ungarn und Kroatien herrschte in drei Ländern, ebenso sein Sohn Ludwig II.. Nach dessen unglücklichem Tod 1526 in der Schlacht bei Mohács wurde er vom Habsburger Ferdinand I. und vom Magnaten Johann Zápolya (Schwager Sigismunds I. und Vladislavs II., sowie Onkel und Regent Ludwigs II.) beerbt. Zapolya heiratete 1539 zudem Sigismunds Tochter Isabella und vermachte beider Sohn die ungarische Krone mit dem Fürstentum Siebenbürgen.

Mit Sigismund August, dem König von Polen und Großfürst von Litauen, starb das Geschlecht der Jagiellonen im Mannesstamm aus, worauf in Polen und Litauen das Erbkönigtum durch ein Wahlkönigtum abgelöst wurde. Beide Länder verschmolzen zur Rzeczpospolita, einer Adelsrepublik mit einem Wahlkönig an der Staatsspitze.

Die Jagiellonen beherrschten dank ihrer vielfältigen Verbindungen mit den Adelsfamilien Europas um 1500 das Königreich Polen, das Großfürstentum Litauen, das Königreich Böhmen, das Königreich Ungarn und das Königreich Kroatien. Sie strebten nach der Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts mit dem römisch-deutschen Kaisertum, dem Osmanischen Reich und der Festigung des Besitzstandes an der Ostflanke auf dem Gebiet der ehemaligen Kiewer Rus gegen das Großfürstentum Moskau. Deshalb überließ 1515 Sigismund I. im Wiener Vertrag die Kronen Ungarns, Kroatiens und Böhmens den Nachkommen aus der Eheverbindung Ludwigs II. mit dem Haus Habsburg. In der Ostpolitik konnten die Jagiellonen das Kräftegleichgewicht angesichts der wachsenden Macht des Großfürstentums Moskau bewahren. Dieser Konflikt, in den sich auch das Königreich Polen in Folge der Moskowitisch-Litauischen Kriege und der Lubliner Union von 1569 hineingezogen sah, wurde erst nach langdauernden Kriegen unter der Herrschaft König Stephan Báthorys gelöst. Die Nachkommen Jagiełłos, die den größten Staat im Mitteleuropa während des 14., 15. und 16. Jahrhunderts schufen, legten auch den Grund der jagiellonischen Idee, die noch im 20. Jahrhundert in der Vorstellung von 'Polen von Meer zu Meer', das heißt von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer, weiterlebte.

20. Jahrhundert

Als „Jagiellonen“ bezeichneten sich auch die Anhänger des polnischen Politikers Józef Piłsudski, die nach der Wiederherstellung Polens 1918 unter Rückgriff auf die Geschichte im Osten den Anschluss Litauens sowie weiterer vor 1772 an Russland verlorener Gebiete anstrebten. Dieser Richtung der polnischen Zwischenkriegszeit standen die Anhänger Roman Dmowskis entgegen, die Gebietsansprüche im Westen unter Rückgriff auf die frühere polnische Dynastie der Piasten begründeten.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jagellonen — Jagellonen, poln. Königsdynastie, stammte von Gedimin, der 1317 Großfürst von Litauen wurde, ab. Dessen Söhne Olgierd und Keistuti folgten ihm 1341 und herrschten gemeinsam. Als Olgierd 1377 starb, ward dessen Sohn Jagello (Jagiello) sein… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Jagellonen — Jagellonen,   litauisch polnische Dynastie, Jagiellonen …   Universal-Lexikon

  • Jagellonen-Universität — Vorlage:Infobox Hochschule/Professoren fehlt Jagiellonen Universität Motto Plus ratio quam vis Gründung 12. Mai 1364 …   Deutsch Wikipedia

  • Polen [3] — Polen (hierzu Karte »Westrußland«), ehemaliges europäisches Reich, das ursprünglich nur die Woiwodschaften Posen, Gnesen, Kalisch, Lublin, Rawa, Sieradz, Podlachien und Plozk umfaßte, bald auch über Schlesien und Pommern und eine Zeitlang sogar… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Polen [1] — Polen (geschichtl. Geogr.), im weitesten Sinne das sonst von den Polen beherrschte u. großentheils auch von ihnen bewohnte Land zwischen Ostsee, Oder, Karpathen, Dniepr, Moldau, Dniestr u. Düna. Die Ausdehnung des ehemaligen Königreichs P. war in …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Polen — Polen, lat. Polonia, Sarmatia, im vorigen Jahrh. noch Königreich u. Republik, umfaßte vor 1772 als Haupttheile: 1) Groß P. mit den Woiwodschaften Posen, Kalisch, Sieracz, Lencicz, Brzest, Inowrazlaw, Plock, Masowien, Rawa, Gnesen u. die… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Stanisław Łojasiewicz — (* 9. Oktober 1926 in Warschau; † 14. November 2002) war ein polnischer Mathematiker. Stanisław Łojasiewicz studierte von 1945 bis 1947 Mathematik an der Jagellonen Universität in Krakau und wurde 1950 bei Tadeusz Ważewski mit der Dissertation… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsch-Jägel — Jagielno …   Deutsch Wikipedia

  • Rügenwalder Schloss — Das Rügenwalder Schloss befindet sich in der Stadt Darłowo (deutsch Rügenwalde) in der polnischen Woiwodschaft Westpommern; es war eine Residenz der pommerschen Herzöge aus dem Geschlecht der Greifen und ist mit seinem 24 m hohen Turm das… …   Deutsch Wikipedia

  • Václav Kaplický — (* 28. August 1895 in Sezimovo Ústí; † 4. Oktober 1982 in Prag) war ein tschechischer Prosaist, Verleger und epischer Dichter. Bekannt ist er vor allem als Autor historischer Belletristik. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 2.1 …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”