Jakobiner

Jakobiner
Kupferstich „Schließung des Jakobinerklubs während der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1794“

Die Jakobiner im engeren Sinn waren die Mitglieder des wichtigsten politischen Klubs während der Französischen Revolution. Der Jakobinerklub vertrat die äußerste politische Linke; er trat für die Abschaffung der Monarchie ein und fand seine Anhänger hauptsächlich in den städtischen Unterschichten. Der Name leitet sich vom Ort seiner Versammlungen her, dem Dominikanerkloster Saint-Jacques in Paris.

Im weiteren Sinn bezeichnet der Begriff auch diejenigen Anhänger der Revolution innerhalb und außerhalb Frankreichs, die zwar keine Mitglieder des Jakobinerklubs waren, die sich aber auch nach der Hinrichtung des Königs Ludwigs XVI. noch zu den Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit bekannten und eine republikanische Staatsform anstrebten.

Inhaltsverzeichnis

Der Jakobinerklub

Nach der Öffnung der Generalstände durch König Ludwig XVI. am 5. Mai 1789 schossen überall in Frankreich und insbesondere in Paris politische Klubs aus dem Boden. Als sich am 17. Juni die Nationalversammlung konstituierte und drei Tage später schwor, erst dann wieder auseinanderzugehen, wenn sie eine Verfassung geschaffen hätten (Ballhausschwur), bildeten sich ausgehend aus den Klubs politische Lager mit unterschiedlichen Auffassungen.

Jakobinermütze (Heeresgeschichtliches Museum)

Ursprünglich wurde der Klub am 30. April 1789 als Bretonischer Klub gegründet. Dieser stellte seine Aktivitäten im August 1789 ein, da keine Einigung über das Vetorecht des Königs zustande kam. Nach einer Anregung Sieyès im Oktober gründete Claude-Christophe Gourdan im Dezember dieses Jahres unter dem Namen „Gesellschaft der Freunde der Verfassung“ den Klub neu. Als Versammlungsort hatte er die ehemalige Bücherei des Jakobinerklosters in Paris gefunden. In den folgenden Monaten entstanden in ganz Frankreich eine Vielzahl von Revolutionsklubs, in denen in den wirren Monaten bis 1791 die als Cordeliers bezeichneten radikalen Demokraten wie Louis-Antoine-Léon de Saint-Just, Jean-Paul Marat, und Georges Danton immer mehr die Überhand bekamen. Die meisten der gemäßigten „Feuillants“, die das Modell einer konstitutionellen Monarchie vertraten, waren bis zum Sommer 1791 aus dem Klub ausgeschieden.

Ziele und Entwicklungen

Durchdrungen von den Gedanken Jean-Jacques Rousseaus wollten sie die in der Französischen Revolution erreichte konstitutionelle Monarchie durch eine Republik ersetzen. Durch Flugblätter, Zeitungsartikel und einnehmende Reden beeinflussten sie zunehmend die Massen und fanden im ganzen Land Anhänger. Vor allem das einfache Volk, die Arbeiter und Kleinbürger, Sansculotten genannt, waren auf Seiten der Jakobiner. Die Jakobiner waren fester organisiert als andere politische Klubs und unterhielten ein Netz von Filialgesellschaften in den Provinzen, so dass sie auch dort durch Flugblätter, Zeitungsartikel und einnehmende Reden auf die öffentliche Meinung einwirken konnten. Die Französische Revolution war ein Lernprozess, deshalb änderten auch langjährige Klubmitglieder ihre ursprünglichen politischen Meinungen. So war Maximilien de Robespierre ursprünglich Monarchist und an sozialen Fragen nicht interessiert. Die Jakobiner machten Politik für das einfache Volk, Arbeiter und Kleinbürger, waren ursprünglich gegen den Krieg, forderten den Verkauf der Nationalgüter – das war der enteignete Besitz der Kirche und von Emigranten – in kleinen Parzellen, wollten ein geeintes, zentralistisches Frankreich und forderten eine geplante Wirtschaft mit Höchstpreisen.

Radikalisierung und Ende

Hauptartikel: Großer Terror (Frankreich)
Sitzung im Jakobinerklub (Januar 1792)

1792 erzwangen sie gegen den Willen ihrer gemäßigten Gegenspieler, der Girondisten, einen Prozess gegen den König. Unter der Führung von Maximilien de Robespierre errichteten sie ab 1793 ein Schreckensregime, Terrorherrschaft, (franz. La Terreur, in diesem Fall großgeschrieben wie ein Eigenname), das hauptsächlich durch Massenhinrichtung politischer Gegner, energische und blutige Unterdrückung von konterrevolutionären Bewegungen in den Provinzen und durch eine Zwangswirtschaft mit Höchstpreisen gekennzeichnet war. 1793 ließen die Jakobiner eine von den Ideen Rousseaus beeinflusste Verfassung verabschieden, die die direkte Demokratie stärkte, ein verpflichtendes Staatsziel (das „allgemeine Glück“) annahm, und soziale Rechte (auf Arbeit und Bildung) enthielt. Diese Verfassung wurde aber nicht in Kraft gesetzt; bis zum Sieg über die Feinde müsse die Terreur fortgesetzt werden, sagte Robespierre. Während die Jakobiner damit ihr eigenes Ideal von Freiheit verrieten, gelang es ihnen, die inneren und äußeren Gegner der Revolution zu besiegen.

Allerdings verloren sie durch den Terror mehr und mehr Anhänger. Im Sommer 1794 wurden zu den Höchstpreisen auch Höchstlöhne eingeführt, weshalb sich auch das Interesse der Sansculotten an der jakobinischen Politik verringerte. Im Juli siegte die Revolutionsarmee bei Fleurus entscheidend. Zwangsmaßnahmen schienen jetzt nicht mehr so dringend nötig. Durch die Hinrichtung einstiger Gefährten verlor Robespierre jedoch seinen Rückhalt im Konvent. Am 27. Juli 1794 wurde Robespierre gestürzt und am 28. Juli 1794 hingerichtet. Das war das Ende des Terrors. Am 11. November 1794 wurde der Pariser Jakobinerklub geschlossen.

Nachwirkungen in Frankreich

In der Folgezeit musste das Direktorium aber noch immer mit jakobinischen Aufständen rechnen. So sammelten sich 1796 ehemalige Jakobiner, Sansculottes und Sozialrevolutionäre um die von François Noël Babeuf initiierte Verschwörung der Gleichen mit dem Ziel, das Direktorium zu stürzen, und eine Art kommunistischer Gesellschaft in Frankreich durchzusetzen. In den von Frankreich besetzten oberitalienischen Regionen Piemont und Lombardei versuchte Filippo Buonarroti, einer der Wortführer der Gleichen, mit Hilfe von italienischen Jakobinern Aufstände anzuzetteln. Die Pläne und Maßnahmen der Verschwörung der Gleichen wurden jedoch schon relativ früh verraten, ihre Anführer im Mai 1796 verhaftet, und im darauffolgenden Jahr, 1797 entweder zum Tode (Babeuf, Darthé) oder zur Verbannung (Buonarroti) verurteilt.

Von ihren Gegnern wurde der Name „Jakobiner“ zunehmend beleidigend und denunziatorisch genutzt: Wer so bezeichnet wurde, sollte öffentlich als „Königsmörder“ gebrandmarkt werden. Die Jakobiner selbst bezeichneten sich als „Patrioten“.

Jakobiner außerhalb Frankreichs

Hauptartikel: Deutsche Jakobiner
Freiheitsbaum mit Jakobinermütze in der Mosellandschaft an der Grenze zwischen dem Herzogtum Luxemburg und der Französischen Republik mit dem Ort Schengen im Hintergrund; Aquarell über Feder- und Bleistiftzeichnung von J.W. von Goethe (1792). Die Inschrift auf der Tafel lautet: „PASSAN(T)S CETTE TERRE EST LIBRE“ (Vorbeigehende, dieses Land ist frei)

Nach dem Ausbruch der Französischen Revolution bildete sich auch in einigen Nachbarländern Frankreichs Jakobiner-Clubs, die ähnliche politische Ziele verfolgten. Ihre Mitglieder beteiligten sich an revolutionären Aktivitäten. Beispiele dafür bieten die Vorgeschichte des italienischen Risorgimento oder die Mainzer Republik. In Mainz war bereits einen Tag nach der Besetzung durch französische Revolutionstruppen im Oktober 1792 die Gesellschaft der Freunde der Freiheit als Klub deutscher Jakobiner gegründet worden, dem u.a. der Naturforscher Georg Forster angehörte. Der Club betrieb die Gründung des ersten auf demokratischen Grundsätzen beruhenden Staatswesens auf deutschem Boden, das jedoch nur bis zum Sommer 1793 bestand. Nach der Eroberung des revolutionären Mainz durch preußische und österreichische Truppen kam es zu den so genannten Clubistenverfolgungen, denen viele deutsche Jakobiner zum Opfer fielen.

In Wien wurden 1794 Andreas Freiherr von Riedel und Franz Hebenstreit als „Wiener Jakobiner“ vor Gericht gestellt. Viele Anhänger der Aufklärung aus Beamtenschaft und Armee wurden im Zuge dieses Prozesses eingesperrt oder hingerichtet. Der Kopf des damals hingerichteten republikanischen Offiziers Franz Hebenstreit (1747-1795) wird heute im Wiener Kriminalmuseum zur Schau gestellt.

Vorsitzende der Jakobiner während der Französischen Revolution

Literatur

  • Walter Grab: Jakobinismus und Demokratie in Geschichte und Literatur. 14 Abhandlungen. Frankfurt am Main 1998 In: Forschungen zum Junghegelianismus. Bd. 2, ISBN 3-631-33206-8.
  • Hellmut G. Haasis: Gebt der Freiheit Flügel. Die Zeit der deutschen Jakobiner 1789-1805, 2 Bde., Rowohlt, Reinbek 1988 ISBN 3-499-18363-3
  • Hellmut G. Haasis: Morgenröte der Republik: Die linksrheinischen deutschen Demokraten 1789 - 1849; Ullstein-Verlag, Frankfurt/M, Berlin, Wien 1984, ISBN 3-548-35199-9
  • Lucas Chocomeli: Jakobiner und Jakobinismus in der Schweiz: Wirken und Ideologie einer radikalrevolutionären Minderheit 1789 - 1803. In: Freiburger Studien zur frühen Neuzeit. Bd. 11; Bern 2006, ISBN 3-03910-850-6.

Weblinks

 Commons: Jakobiner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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  • Jakobiner — Ja|ko|bi|ner 〈m.; Gen.: s, Pl.: 〉 Mitglied des Jakobinerklubs, der maßgeblich an der Französ. Revolution beteiligt war [Etym.: nach ihrem Tagungsort, dem Dominikanerkloster St. Jakob in Paris] …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

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