Amish

Amish
Amische Kinder auf dem Weg zur Schule

Die Amischen (engl. Amish ['aːmɪʃ]) sind eine christliche Religionsgemeinschaft. Sie haben ihre Wurzeln in der Täuferbewegung des 16. Jahrhunderts. Im Jahre 1693 spalteten sich die Amischen von der Gruppe der Mennoniten ab. Heute leben sie in 26 Staaten der Vereinigten Staaten in 1200 Siedlungen. Sie führen ein stark im Agrarbereich verwurzeltes Leben und sind bekannt dafür, dass sie den technischen Fortschritt in vielen Fällen ablehnen und Neuerungen nur nach sorgfältiger Überlegung akzeptieren. Die Amischen legen großen Wert auf Familie, Gemeinschaft und Abgeschiedenheit von der Außenwelt. Sie stammen überwiegend von Südwestdeutschen bzw. Deutschschweizern ab und sprechen untereinander meist Pennsylvaniadeutsch.

Inhaltsverzeichnis

Namensgebungen

Der Name „Amish“, „Amische“, „Amischen“ entwickelte sich aus dem Namen von Jakob Ammann, der Ältester, also Gemeindeleiter, einer Mennonitengemeinde in der Schweiz war und sich 1693 mit Gleichgesinnten vom Hauptzweig der Mennoniten abtrennte.

Im Englischen werden die Amischen als „Amish“ bezeichnet, wobei das „A“ wie das deutsche A ausgesprochen wird. Korrekterweise müsste von „Old Order Amish“ gesprochen werden, da dies die Gruppierungen kennzeichnet, die allgemein mit diesem Begriff assoziiert werden, denn „Amish“ alleine bezieht sich auch auf liberale Gruppen wie zum Beispiel „Beachy Amish“. Old Order Amish bezeichnen sich selbst als „Altamische“ oder „amische Leit“. Die oft gehörte Bezeichnung „Amish people“ (Englisch ausgesprochen) wird aus Unkenntnis weitergegeben. In allen Gebieten, in denen Amische leben, sagen auch die nichtamischen Bewohner „Amish“ mit deutschem A.

Gründe der Entstehung und Abspaltung

Amisches Paar im Pferdewagen im ländlichen Holmes County, Ohio (26. September 2004)

Die Vorgeschichte der Amischen ist in der Reformationszeit verankert. Neben dem bekannten Reformator Martin Luther gab es noch weitere. Sein Aufbegehren gegen das Papsttum gab die Initialzündung für andere Personen, die sich mit ähnlichen Fragen beschäftigt hatten oder durch ihn erst darauf gekommen waren, sich ebenfalls aktiv für eine Kirchenreform einzusetzen. So sind sowohl die Reformatoren Zwingli und Calvin zu nennen, als auch die zeitgleich aufkommende Täuferbewegung (auch Wiedertäufer) mit eigenen Reformatoren wie z. B. Thomas Müntzer. Aus der Täuferbewegung entstand im Laufe der Zeit die evangelische Religionsgemeinschaft der Mennoniten, zu denen sich im 17. Jahrhundert auch die Gemeinden zählten, die sich in der Schweiz als Reste der verfolgten Täufer als Schweizer Brüder bezeichneten. Diese hatten das Dordrechter Bekenntnis der Mennoniten der Niederlande und Norddeutschlands 1632 angenommen, praktizierten aber viele darin genannte Punkte nicht so streng. Schließlich entstand, verursacht durch die strenge Interpretation des Schweizer Ältesten Jakob Ammann, Unruhe in den Schweizer und nahen elsässischen Gemeinden.

Jakob Ammann stritt sich mit dem Mennonitenbischof Hans Reist über die Frage, wer gerettet werden könne, wer also in den Himmel käme. Viele Nichtmennoniten halfen damals den Mennoniten, die verfolgt wurden, indem sie sie versteckten oder andere Hilfe zukommen ließen, und retteten ihnen dadurch das Leben. Hans Reist meinte, dass diese so genannten „Treuherzigen“ auch gerettet werden könnten, obwohl sie nicht in die „Gemeinde Gottes“ eintraten; die eigene Gemeinde wurde als die einzige richtige Gemeinde verstanden. Viele dieser „Treuherzigen“ standen auch den mennonitischen Glaubenslehren sehr nahe, doch die Umstände hinderten viele, sich ihnen anzuschließen, etwa aus Angst vor dem Verlust des Lebens etc. Jakob Ammann sah dies viel rigoroser: Er verlangte einen vollständigen Übertritt zum Mennonitentum, mitsamt dem Ertragen aller Konsequenzen. Die wahren Gläubigen sollten „das Kreuz auf sich nehmen wie das Vorbild“ und hätten dann eine „lebendige Hoffnung auf Rettung“, während die Zweifler, Weichlinge, diejenigen, die sich eben nicht klar für ihre Gruppe entschieden, weil sie „diese Welt eben doch noch mehr lieb haben als den Herrn“, nicht Gnade erwarten können. Dies war einer der Hauptpunkte des Streites.

Daneben hatte Jakob Ammann unter anderem spezifische Ansichten über das Aussehen des Gläubigen wie über die Handhabung der Gemeindezucht und betonte sehr strenge Kleidungsregeln und den Bart. Wegen Jakob Ammanns Betonung starker Äußerlichkeiten kamen viele legalistische Elemente in die sich neu formende Gruppe hinein. Begründet fand er diese Punkte zum Beispiel in dem Bekenntnis von 1632, aber auch in der Heiligen Schrift, wo von einem demütigen Lebenswandel gesprochen wird und deren Worte er dann zeitbezogen so auslegte, dass zum Beispiel kein Oberlippenbart erlaubt sei, weil er an Militärpersonen erinnere.

All diese Streitpunkte endeten in einer Spaltung. Es entstanden die „ammannschen Leute“, die Gemeinde Jakob Ammanns, die sich als die rechte Gemeinde ansah. Dabei ging die Spaltung von Jakob Ammann aus: Wer mit Jakob Ammann nicht übereinstimmte, den bannte er und forderte von der Gemeinde die strenge Meidung desselben. Dies bedeutete auch das Meiden innerhalb der Familie: Mann und Ehefrau haben sich fortan ihrer ehelichen Pflichten zu enthalten und dürfen nicht am selben Tisch essen. Später kam er zu der Einsicht, dass seine Verfahrensweise zu rigide war, und bannte zur Strafe sich selbst.

Allerdings war zu diesem Zeitpunkt die Spaltung schon zu weit verfestigt, als dass sie hätte rückgängig gemacht werden können. So gab es im süddeutschen, elsässischen und schweizerischen Raum ab 1693 zwei getrennte Formationen der Schweizer Brüder oder Mennoniten.

Verfolgung und Auswanderung

Die Gruppe der Amischen wahrte eine strenge Disziplin innerhalb ihrer Gemeinschaft und sah sich aufgrund dessen zunehmend Feindseligkeiten und Verfolgungen ausgesetzt. Ein beachtlicher Teil der Amischen lebte im frühen 17. Jahrhundert im Elsass. Dieses Gebiet geriet ab 1648 allmählich unter französische Kontrolle. Der König von Frankreich duldete keine anderen Bekenntnisse neben der römisch-katholischen Kirche. Dies führte dazu, dass ein Teil der Amischen in die reichsdeutschen Gebiete Mömpelgard (heute Montbéliard), Lothringen, Saarland und in die Pfalz auswanderten, wo sie sich allmählich den lokalen Mennoniten anschlossen. Die letzte amische Gemeinde in Europa war Luxemburg, die sich 1941 den Mennoniten anschloss.

Pennsylvania und US-Amerika

Amische in Pennsylvania benutzen statt Fahrrädern häufig Tretroller

Der Großteil der Amischen wanderte im 18. Jahrhundert nach Pennsylvania in Nordamerika aus, weil sie dort nicht verfolgt wurden. Sie gehören dort zur Bevölkerungsgruppe der Pennsylvania Dutch. William Penn, Quäker und Sohn des Namensgebers des Staates Pennsylvania (Admiral Sir William Penn), wollte in Amerika ein „holy experiment“ starten und lud alle Glaubensverfolgten ein, nach Amerika zu kommen. Dies war für viele Gruppen die einzige Möglichkeit, in Ruhe und Frieden zu leben, so dass ab 1683 auch die deutsche Einwanderung in Amerika offiziell begann, mit 13 Krefelder Quäker- und Mennonitenfamilien nach dem später genannten Germantown zu ziehen, das heute Stadtteil von Philadelphia ist. In deutschen Landen waren damals Flugblätter im Umlauf und Werber unterwegs, die dazu aufriefen, das Land zu verlassen. Viele Kleinstaatenfürsten ließen ihre Bevölkerung gerne gehen, nahmen ihnen aber auch vieles vorher ab. Die ersten bedeutenden Gruppen erreichten Lancaster County zwischen 1720 und 1730. Noch heute findet man in Lancaster County eine große Siedlungsdichte an Amischen, es leben dort ca. 25.000. Von diesem Landkreis aus begann die Besiedlung anderer Gebiete Amerikas, so etwa auch die nur wenig später entstandenen Siedlungen in Ohio (Holmes County, Wayne County, Tuscarawas County, Stark County und die nächstgrößere Siedlung in Geauga County, Ohio) sowie LaGrange County, Indiana. Mittlerweile sind Amische in über zwanzig US-Staaten und Ontario, Kanada zu finden. Außerhalb Nordamerikas gab es Versuche, in Mittelamerika und in Paraguay Siedlungen zu bilden, diese waren aber zumeist nicht von langer Dauer. Die Amischen leben nicht in geschlossenen Siedlungen bzw. Dörfern. Zwar gibt es Gebiete, wo sie dominieren, aber oft leben sie neben „englischen“ Nachbarn.

In den Siedlungen fällt allgemein auf, dass bestimmte Nachnamen überwiegen. Dies lässt darauf schließen, dass ganze Sippen mit ihren Namensträgern von den Erstsiedlungen auszogen. Damit ist auch ihr Genpool mitgewandert. So überwiegen in Lancaster County zu 25 Prozent der Name Stoltzfus/Stoltzfoos, dann kommen die Namen Byler, Fisher, Petersheim, Lapp und King. In LaGrange, Indiana überwiegen Borntrager, Miller und Schrock usw., in den schweizerdeutschen Siedlungen in Allen County, Adams County, Indiana die Nachnamen Graber, Grabill/Kraybill oder Schwartz.

Verteilung der Amischen auf die US-Bundesstaaten

Sichtbare Merkmale der amischen Kultur

Die Amischen alter Ordnung fahren Pferdekutschen, die je nach der Gruppe grau, schwarz, gelb, weiß oder braun sind, deren Räder Stahlmäntel haben und keine Gummibereifung (dies erlauben andere Gruppen), was ebenso übertragen wird auf den Einsatz von Traktoren (zumeist im stationären Betrieb), aber auch auf Fahrräder (verboten im Lancaster County, erlaubt außerhalb lancastrianischer Siedlungen); erwachsene (getaufte oder verheiratete) Männer tragen einen Vollbart ohne Schnurrbart; Frauen tragen ein Häubchen aus filligranem Organzastoff (Cap oder Kappe genannt) und darüber beim Ausgehen noch eine meist schwarze Stoffhaube (Bonnet genannt). Der Strohhut hingegen ist die klassische Kopfbedeckung der Männer zur Arbeit und an Werktagen, am Sonntag kommt ein schwarzer Filzhut mit ähnlicher Form zum Tragen. Es wird einfarbiges Tuch für die Kleidung verwendet, gemusterte Stoffe werden vermieden.

Amische Kleidung ist zumeist einfach, jedoch qualitativ hochwertig gehalten. Es ist nicht gestattet, Knöpfe an Mänteln anzubringen – sie müssen Kleidernadeln oder Haken mit Ösen verwenden. Es werden jedoch durchaus auch synthetische Stoffe vernäht, um zeitaufwändiges Bügeln zu reduzieren. Zumeist wird die Kleidung selbst gefertigt, wobei Hemden jedoch auch in Läden gekauft und Mäntel als Spezialarbeit an besonders fähige Näherinnen vergeben werden.

Amische Haushalte besitzen keinen Anschluss an das Elektrizitätsnetz, sondern verwenden gasbetriebene Lampen oder erzeugen für einige Geräte eigene Elektrizität. Batterien sind teilweise erlaubt, mancherorts wird ein Hydraulikbetrieb genutzt. Fotografiert zu werden, so wird oft behauptet, sei den Amischen aus religiösen Gründen untersagt. Es gibt kein derartiges Verbot. Aus der allgemeinen Ablehnung, das Individuum herauszustellen, wird ein sich „In-Pose-Setzen“, was früher mit dem Fotografiertwerden verbunden war, abgelehnt.

Ein Beispiel für ein Verbot: Anfang des 20. Jahrhunderts kam langsam das Auto in Mode, mehr und mehr Menschen schafften es sich an, besonders seitdem mit dem relativ preiswerten Ford Modell T breitere Volkskreise es sich erlauben konnten. Amische alter Ordnung reagierten darauf mit einem Verbot, weil das Auto „automatische Mobilität“ (nach Donald B. Kraybill in „Das Rätsel der Amish“) bedeutete, und es dem Einzelnen erlaubte, einfach wegzufahren, außerhalb des Kontroll- und Sichtbereiches der Gemeinde zu verweilen und die nahen Verbindungsstrukturen auseinanderzubrechen drohten. Zudem wurde das Auto als unnötiges Statussymbol angesehen, als ein weltliches „schnelles Element“. Das Eignen wurde also verboten, aber dessen Nutzung wurde nicht verboten, doch ungern gesehen (so besteht ein radikales Nutzungsverbot außer in Notfällen noch immer bei den Swartzentruber Amischen fort).

Im Laufe der Zeit etablierte sich eine „Amish driver industry“, ein Fahrdienst durch „Englische“, der die Amischen teils auf langen Strecken, vermehrt aber auf kurzen Strecken kutschiert, so dass das Verbot des Eignens noch immer bestehen bleiben konnte und blieb, indessen die Nutzung als Taxi anstieg. Mittlerweile werden Autos etwa in Lancaster County auch bei Kurzstrecken benutzt, anstatt einige Meilen mit dem „Dachwägle“, der Kutsche, zu fahren. Der Taxidienst wuchs aber nicht nur aus Bequemlichkeit an, sondern auch, um sich bei dem angestiegenen Verkehrsaufkommen in den älteren Siedlungen nicht Unfallgefahren auszusetzen (Pferde scheuen, das schwierige Überqueren der Straßen etc.). Liberale amische Gruppen erlaubten relativ schnell Autos, verlangen aber zum Teil eine gänzlich schwarze Lackierung, auch der Stoßstangen, als Zeichen der Demut.

Das Eignungsverbot des Autos und dessen geforderte sorgsam abgewogene Inanspruchnahme als Nutzer ist durch die frühe Entscheidung am Anfang des 20. Jahrhunderts gegen seinen Besitz in die „heilige Ordnung“ eingegliedert worden. Diese Ordnung erlaubt bei Verstößen, das Gemeindeglied zu bestrafen. So wird, falls das altamische Mitglied es nicht rückgängig machen will, der Kauf eines Autos mit dem Bann geahndet, das Mitglied verliert seine Heilshoffnung (nach Verständnis der Gemeinde) und hat gemieden zu werden.

Mit der oftmals schon auf Monate im voraus reservierten Benutzung eines „English drivers“ bei Weiterbestehen des Eignungsverbotes ist eine Grauzone zwischen Eigentum und Nutzen entstanden, da sich viele „Englische“ bewusst einen Zweitwagen anschaffen, um Chauffierdienste zu übernehmen, und ihre Kundschaft durchgängig zu den „plain-people“-Gruppen gehört.

Liberalere Gruppen sind äußerlich noch immer als Amische zu erkennen, die Unterschiede sind zumeist nur für die Gruppen untereinander hinsichtlich kleiner Unterschiede in den Kleidungsschnitten, den Farbgebungen, den Arten der Kappen und wie weit diese über Ohren getragen werden usw. zu erkennen. Beachy Amische haben zum Beispiel einen getrimmten Vollbart (ohne Schnauzer).

Die Akzeptanz technischer Errungenschaften variiert von Gruppe zu Gruppe. Über eine Annahme oder Nutzung kann folgendermaßen entschieden werden: Sie wird ohne weiteres Aufsehen von der Gruppe akzeptiert, indem einer nach dem anderen ohne Widerspruch sich diese Neuerung zulegt, kann jedoch später, sollte Widerspruch aufkommen, verboten werden. Oder sie wird mit einem einstimmigen Gemeindebeschluss offiziell erlaubt. Bei von vornherein sinnlos oder gar gefährlich scheinenden Neuerungen, z. B. dem Fernsehen, kann eine Nutzung sofort verboten werden, ohne dass sie erst Eingang in die Gemeinschaft gefunden hat. Bei fehlender Einigung können neue Aufsplitterungen in liberalere (zumeist bei den Amischen) oder konservativere Gruppen (zumeist bei den Mennoniten alter Ordnung/Old Order Mennonites, dies sind verwandte Gruppierungen) entstehen.

Glaubensgründe für die Isolation und das Regelwerk

Diese selbst auferlegten Verbote liegen zum einen darin begründet, dass sie theologisch betonen, „in dieser Welt, aber nicht von dieser Welt zu sein“ und damit immer wieder gefordert werden, zu erklären, was „weltlich gesinnt“ sei und was nicht. Zudem spielt es eine Rolle, sich „den Himmel auf Erden“ verdienen zu müssen. Amische selbst sagen dazu: „Mir misse unser Glaawe ausschaffe“. Man nennt dies eine legalistische Theologie, die betont, dass die Einhaltung von Gesetzen und Lebensmaximen den Eingang in den Himmel verspricht.

Es gibt für Andersdenkende durchaus nachvollziehbare Überlegungen zu den amischen Verboten. Die Maxime ist: „Gruppenerhalt und Gruppenleben gehen vor individueller Verwirklichung“. So wird der Einfluss des Fernsehens und vieler Neuerungen auf das Familien- und Gruppenleben kritisch gesehen.

Religiöses Leben

Gottesdienst

Diese Amischen treffen sich alle zwei Wochen reihum zu einem Hausgottesdienst (lediglich in Wilmington, Delaware, trifft man sich in einem Gemeindehaus). Das Haus wird für diesen über vierstündigen Gottesdienst am Sonntag zugerüstet, zum Beispiel Zwischenwände verschoben, die große Wohnküchenstube freigeräumt, die Bänke hineingebracht oder etwa im Sommer in der Scheune Platz geschaffen oder ein Keller genutzt.

Sonntagmorgen kommen die Gläubigen mitsamt ihren Kindern und Säuglingen mit dem „Dachwägle“ zum Haus des diessonntäglichen Gottesdienstbeherbergers und versammeln sich geschlechtergetrennt. Die Kutschen werden von den Männern angebunden, man geht in die Männerrunde und geht reihum begrüßen, redet über dies und jenes, soll aber nicht so viel über Geschäftliches an einem Sonntag reden. Schließlich geht man in das Haus, legt die Hüte ab, setzt sich auf bestimmte Bänke, Männer und Frauen getrennt. Die Frauen haben die kleinsten Kinder bei sich, die auch teilweise unter den Bänken auf Decken schlafen, wenn sie müde werden, sie bekommen auch in einem Nebenraum die Windeln gewechselt etc.

Es fängt an mit einem Lied aus dem Ausbund, dem ältesten täuferischen Gesangbuch, das in einem Gesang sehr lang gestreckt gesungen wird, teilweise ist die Melodie schwer zu hören. Das zweite Lied ist das Loblied. Während dieses Liedersingens kommen die Prediger hinzu.

Die Predigt beginnt mit dem so genannten kleinen Teil, der nicht über spezifische Glaubensthesen geht, sondern einen Rundumriss durch das Alte und Neue Testament zieht, danach folgt der Hauptteil, eine Predigt, die über eine Stunde dauert. Dazwischen gibt es eine Schriftlesung des Almosenpflegers, dem katholischen Diakon vergleichbar.

Insgesamt dauert das sehr gesangartige Predigen über zwei Stunden. Dabei werden die Lieder extrem lang gezogen. Traditionelle Amischgemeinden singen daher bis zu 25 Minuten an einem Lied mit zehn Strophen. Liberalere Amische singen schneller und sehr liberale, wie die Beachy Amischen, gehen auch wegen des Sprachwechsels zu ganz anderem Liedgut über.

Der Almosenpfleger, der aus der Schrift einen Teil vorliest, gibt in gewisser Weise das Predigtthema vor. Dieser Schriftteil wurde im Versammlungsraum der Dienerschaft, dem so genannten Abrat, ausgewählt. Man geht auch Vers für Vers den Schriftteil später durch, doch wird die ganze Predigt begleitet von Einfügungen aus erinnerten Bibelgeschichten, Verweisen auf das Verhältnis zur Welt draußen (dies ist eine Zentrallehre), einem notwendigen demütigen und einfachen Leben usw.

Man muss sich die Predigt anders vorstellen als in deutschen Freikirchen, in denen die Gläubigen mit einer Bibel in der Hand zu Querverweisnachschlägen aufgefordert werden, der Prediger auch diese Querverweise zieht usw. und sie im gewisser Weise Bibelstudium betreiben. Dieses findet so unter den ganzen Gemeinden der „plain people“ nicht statt.

Nach dem Gottesdienst gehen zuerst die Männer hinaus, die Frauen bleiben drinnen und bereiten den Mittagsimbiss zu. Die Männer essen reihum zuerst, während die Frauen Wasser nachschenken, es geht in Reihen hinaus und hinein zum Essen. Zuletzt essen die Frauen selbst und waschen ab.

Danach ist der Gottesdienst vorbei, man fährt entweder heim, geht andere besuchen oder geht wie die Jugendlichen zu sportlichen Veranstaltungen, die man selber gestaltet, etwa Baseball.

Das religiöse Leben zu Hause ist weniger intensiv. Man lebt stark nach Glaubensprinzipien, indessen findet kein privates Bibelstudium statt, es wird aber jeden Tag aus der Bibel gelesen, beispielsweise beim morgendlichen Frühstück, abends wird gemeinsam aus einem Gebetsbuch gelesen. Hier variieren die Verfahrensweisen der Familien deutlich. Indessen ist deutlich, dass eine private „Sonntagsschule“, ein tiefes schriftkundiges Studium nicht stattfindet, davon wird auch stark abgeraten.

Sozialisation

Bildung

Kinder der Old Order Amish besuchen heutzutage zumeist keine öffentlichen Bildungseinrichtungen mehr, sondern gesonderte private Schulen, in denen sie von jungen, unverheirateten Frauen unterrichtet werden. Diese so genannten „one-room schools“ (Ein-Raum-Schulen) verteilen sich über das Siedlungsgebiet und werden durch Schulgelder der Eltern finanziert – nicht durch die amerikanischen Schulbehörden. Die eigenen Schulen erlauben die Kontrolle der Unterrichtsinhalte und konditionieren sowie sozialisieren die Kinder stärker in Richtung des späteren Beitritts zur eigenen Gruppe. In diesen Schulen werden die Basisfähigkeiten des Lesens, Schreibens und Rechnens gelehrt, nicht aber Biologie (besonders nicht Sexualkunde), keine wissenschaftlichen oder erdgeschichtlichen Lehren oder gar die Evolutionstheorie. Hinsichtlich des Wissens über „die drei Rs“ (reading, writing, ’rithmetic) können amische Schüler mit ihren amerikanischen Gleichaltrigen in öffentlichen Schulen mithalten. In amischen Schulen herrscht große Disziplin, vieles wird durch Stillarbeit erlernt. Es wird ebenfalls Deutsch unterrichtet (wofür angepasstes Schulmaterial entwickelt wurde), damit die religiösen Texte gelesen werden können. Das amische Schulwesen ist stark identitätsstiftend, einige Soziologen sehen in ihm sogar den größten Faktor für das Überleben der Amischen als eigene Gruppe, da Religion nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisse in argumentative Beweisnot gerät und andere Lebensoptionen weder gezielt angesprochen noch gefördert werden (ähnlich verhält es sich mit der wachsenden Anzahl des amerikanischen „home-schoolings“, deren Entstehungen ebenfalls zumeist auf religiöse Gründe zurückzuführen sind.)

Jugendzeit bis zur Taufe

Die Zeit zwischen Schulende und dem (möglichen und frei zu wählenden) Beitritt als Erwachsener in die Gemeinde (durch die „Übersprengtaufe“) ist als die Zeit des „Rumspringa“ bekannt. Währenddessen tolerieren Eltern viele Freiheiten, die nach dem Beitritt nicht mehr geduldet würden. Hierbei kommt es auch zu regelrechten Exzessen, die zum Beispiel in der Dokumentation „Devil’s Playground“ gezeigt werden. Mädchen sind in dieser Zeitspanne zumeist eher zurückhaltend in ihrer Selbstfindung.

Diese Zugeständnisse erlauben auch eine gewisse sexuelle Freizügigkeit, die sogar bei extrem traditionellen Gruppen zum sog. Bundling führt. Allgemein wird Sexualität vor der Ehe als Makel empfunden.

Die meisten Jugendlichen entscheiden sich nach dieser Zeit für das Leben als Amische. Dies hängt davon ab, wie konservativ die Gruppe ist: Liberalere Gemeinden können zum Teil nur 40 Prozent der Jugendlichen halten (der Rest tritt eher mennonitischen Gruppen bei), die extrem konservativen Swartzentruber sollen 95 Prozent halten. In Lancaster County sagen die Zahlen, dass 85 Prozent beitreten.

Nach dieser Zeit kann der amische Jugendliche sich schließlich für oder gegen die Mitgliedschaft in seiner Religionsgruppe entscheiden. Durch das Zeremoniell der Übersprengtaufe wird er schließlich ein Mitglied der „Gemeinde Gottes“ und erkennt deren Regeln an. Dies bedeutet auch, dass von nun an Vergehen geahndet werden. Eine Rückkehr in Reue wird jedoch gegeben.

Erwerbsleben

Nach ihrer Schulzeit arbeiteten die amischen Jugendlichen früher meistens auf der Farm ihrer Familie, bis sie heirateten. Sie übernahmen sodann mit Hilfe der Eltern eine eigene „Bauerei“ und blieben im landwirtschaftlichen Erwerbsbereich.

Heute hat sich das berufliche Spektrum der Amischen erweitert, da es nicht mehr genügend Farmen zu kaufen gibt und diese teilweise extrem teuer wurden, etwa in den alten Siedlungsgebieten, die stark vom Tourismus frequentiert werden und in denen die Amischen mit Bauspekulanten und Hinzuziehenden um den vorhandenen erwerbbaren Boden in Konkurrenz treten.

Früher ist man bei nicht vorhandenen Kaufmöglichkeiten von Farmen in andere Gebiete ausgewandert, so dass sich die Verbreitung der Amischen auf mehr und mehr Staaten erstreckte. Dies findet heute auch noch statt, allerdings ist diese Tendenz in den großen Siedlungen stark abnehmend. Die Amischen gelten in diesen Gebieten als sehr bodenverhaftet und wollen am heimatlichen Ort bleiben. Somit wich man aus in zuerst landwirtschaftsnahe Berufe, in denen eine Nische zu finden war, und erweiterte diese zunehmend bis zum Klein- und Großkaufmannswesen. Berufe wie Maurer, Schreiner, Holzwerker etc. werden nun vielfach durch Amische besetzt, sie arbeiten in so genannten „construction crews“, sind oftmals auf Montage. Daneben wächst die Schicht amischer Geschäftsleute, entweder im produzierenden Gewerbe oder im reinen Handel.

Wie schon beschrieben, hat die Tendenz des „Aussiedelns“ abgenommen (im Gegensatz zu den Altmennoniten). Amische, die heutzutage aus den bestehenden Siedlungsgebieten noch aussiedeln und woanders nach billigem Land suchen, bringen entweder eine sehr starke Bindung an die Landwirtschaft mit oder wollen den liberalisierenden Tendenzen in den großen Siedlungen entfliehen, woanders unter einer strengeren, nach ihrem Ermessen gottgemäßeren Ordnung, mehr abgesondert von der „Welt“ leben. So kann davon gesprochen werden, dass das konservative Element vermehrt aussiedelt und noch immer den Pioniergeist früherer Generationen besitzt.

Viele der amischen Neusiedlungen sind nicht unbedingt erfolgreich. In dem Buch „Amish Settlement that Failed“ sind an die hundert Siedlungen aufgelistet und beschrieben, die in den letzten Dekaden nicht erfolgreich waren. Dabei gibt es sogar amische Siedler, die mehrfach in neue Siedlungen zogen.

Das ausgeweitete berufliche Spektrum wird durchaus kritisch und positiv gesehen. Einerseits verschafft es Amischen mehr und mehr Möglichkeiten, in ihrer Parallelgesellschaft zu verbleiben und dort ihre Einkäufe und Reparaturbedürfnisse zu befriedigen, ohne viel „Weltkontakt“ zu haben. So wird dies noch positiv bewertet in „The Riddle of Amish Culture“, andererseits gibt es mittlerweile eine amische „lunch bag-culture“, eine Kultur, in der der Vater morgens aus dem Hause geht, abends oder (bei Montagearbeiten) sogar erst Tage später nach Hause zurückkehrt und sein familiäres Leben und seine Einflussmöglichkeiten abnehmen (z. B. dem Sohn direkt ein Handwerk zu vermitteln). Darüber hinaus sind die vermehrt außerhalb Arbeitenden und die Geschäftsleute einem hohen Einfluss der Außenwelt ausgesetzt, was durchaus ihre Sichtweise der „Welt“ positiv beeinflusst, aber wohl auch das Gemeinschaftsgefühl und -leben auf einer tradierten Grundlage gefährdet.

Sprache

Die Amischen sind ursprünglich eine Religionsgemeinschaft, die mit den deutschen Einwanderern nach Amerika kam, einen Teil der „Pennsylvania-Dutch“-Kultur und -Volksgruppe bildete und nun fast gänzlich mit einigen tausend Anhängern konservativer Mennonitengruppen diese Volksgruppe bildet. Man kann heute sagen, dass Amische und Pennsylvania Dutch ziemlich identisch geworden sind, da der weltliche Teil sich ans Englische assimilierte und lediglich noch kulturelle Reste tradiert. Daher ist es rechtens, auch schon heute „the Dutch“ mit Amischen gleichzusetzen.

Die meisten Amischen sind dreisprachig. Untereinander sprechen sie in der Mehrzahl einen deutschen Dialekt, das sogenannte Pennsylvaniadeutsch, in einigen Countys Indianas auch Schwyzerdütsch. Pennsylvaniadeutsch (in der Wikisprachspalte „Deitsch“) war früher die Alltagssprache des gesamten südöstlichen Pennsylvanias und umfasste rund 800.000 Personen bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts, danach assimilierten die meisten sich sprachlich und nur die konservativen Altamischen und altmennonitischen Gruppen verblieben beim Pennsylvaniadeutsch als Umgangssprache untereinander. Damit wurde die Sprache auch Abgrenzungsmittel zur „sündigen, englischen Welt“. „Pennsylfaanisch Deitsch“ (so eine andere Schreibweise) basiert auf dem pfälzischen Deutsch und beinhaltet aufgrund der Vermischung der Sprachen viele englische Lehnwörter. So gibt es auch Eigenwortschöpfungen und direkte Übersetzungen in den Dialekt wie etwa „Ich geb nichts drum!“ oder „Wie bischt?“ (How are you?). Die wenigen Schweizerdeutsch verwendenden amischen Gemeinden stammen aus Einwanderungsschüben im 19. Jahrhundert direkt aus dem Berner Oberland und siedelten sich in Indiana in eigenen Gemeinden an. Sie unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Gemeindeordnungen von Gruppen, die schon vorher in Amerika ansässig waren.

Während des Gottesdienstes benutzen Amische ein stark dialektal gefärbtes, gemischtes Hochdeutsch, welches auch englische Lehnwörter enthält: zum Beispiel „Wenn mir realize (gesprochen ri-ä-lei-ße), des mir arme Sinner uff seller Erd sind …“ (Penna.dt.)

Die englische Sprache gebrauchten Amische vormals lediglich, um mit der Außenwelt zu kommunizieren. Aufgrund zunehmender beruflicher Anbindung an die Außengesellschaft verstärkt sich jedoch der Gebrauch des Englischen, was sehr kritisch gesehen wird.

Eine Sprachprobe als Letztes (obiger Absatz in Penna.dt.): Die englisch Sproch hen Amische ebbmols juscht ge’just far mit die outside Welt zu kommunikäte. Dieweil sie nau immer mehr mit die outside Welt verbunne sin, ischt der Use vun die englisch Sproch ge’wochse, was een Deel Leit critical sehne.

Mennoniten und Amische

Die Mennoniten und die Amischen teilen miteinander die gleichen historischen Wurzeln und vertreten die gleichen theologischen Positionen bei Glaubenstaufe, Eidesverweigerung und Verweigerung von Militärdiensten. Amische sind grundsätzlich (wenn man dies vergleichen will) strenger in ihrer Handhabung des Glaubens, wobei ihnen einige mennonitische, später entstandene Gruppen in dieser Hinsicht sehr ähneln.

Da jede Gemeinde, sofern sie nicht in einer Konferenz organisiert ist, über ihre eigenen Belange entscheidet, bildeten und bilden sich immer neue Gruppen, auch besonders durch viele Spaltungen. Insofern existieren sehr liberale und auch sehr konservative Gemeinden.

Zuweilen werden bestimmte Mennonitengruppen mit den Amischen verwechselt, dazu gehören besonders jene, die wie die Amischen alter Ordnung (Altamischen) mit Pferdefuhrwerken fahren. Gemeinhin bezeichnet man diese Mennonitengruppen als „Old Order Mennonites“ (Altmennoniten nach Mary Ann Horst). Diese Gruppen erreichen zum Teil Mitgliederzahlen von bis zu 15.000, es gibt aber auch Kleinstgruppen mit nur bis zu drei Leuten, die sich ebenfalls als eine Kirche verstehen. Die größte dieser Gruppen ist die Groffdale Conference (andere Bezeichnungen: Fuhremennischte, Wenger Mennonites usw.).

Eine deutliche Unterscheidung der Amischen und Mennoniten findet sich in der Örtlichkeit ihrer Gottesdienste. Amische treffen sich dazu fast durchweg im Wechsel in ihren Häusern, wogegen Mennoniten meist Gemeindehäuser errichten. Kleinstgruppen versammeln sich in ihren Wohnhäusern, doch sobald die Gemeinde eine bestimmte Größe erreicht hat, wird ein Gemeindehaus errichtet. Wird eine amische Gemeinde zu groß, teilen sie sich, um weiterhin die Treffen in den Wohnhäusern abhalten zu können. Diese Gemeinden (die sich zwar teilen, jedoch nicht voneinander spalten) leben dann „in fellowship with each other“ (in Gemeinschaft miteinander). So tauschen sie zum Beispiel Prediger aus oder erlauben das Heiraten untereinander.

Gegenwart

Zurzeit gibt es etwa 251.000 Amische (Stand September 2007), die größtenteils in 250 Gemeinschaften in 26 Bundesstaaten der USA und in Ontario, Kanada leben. Es gibt viele Dutzende amische Gemeinschaften, die sich voneinander unterscheiden, insbesondere durch die unterschiedlich hohe Akzeptanz technischer Neuerungen oder auch durch die Handhabung der „strengen Meidung“ (Verhalten gegenüber Ausgeschlossenen: z. B. Transaktionsverbot von Geschäften). Einige sind nur regional vertreten und haben keine bundesstaatweiten Verbindungen. Die Vielfalt der Gruppen kann verwirren und ist zudem schwer zu erfassen.

Von extrem konservativ bis sehr liberal gibt es (in Auswahl) folgende Gruppen:

Nebraska Amish/White-top Amish/Old School Amish (mehrere Untergruppen); Swartzentruber Amish; Andy Weaver Amish; New Order Amish; New Order Fellowship; Old Order Amish/Altamische/Amische alter Ordnung; Beachy Amish/Byler Amish usw.

Es gibt auch Mennonitengruppen mit historischen Amisch-Ursprüngen. Diese waren zumeist liberale Abspaltungen, die immer liberaler wurden, dann den Namen „Amish“ als einengend ablegten und sich mennonitischen Positionen näherten wie etwa die Western Ontario Mennonite Conference; Association des églises évangéliques mennonites de France.

Der Zuwachs der Amischen beläuft sich von 2004 auf 2005 auf etwa drei bis vier Prozent (4,5 % für 2004), alle 20 bis 25 Jahre verdoppelt sich ihre Mitgliederzahl. Einige amische Gemeinden wie zum Beispiel die Swartzentrubers haben 12 bis 16 Kinder pro Familie, also rund 57 Geburten auf 1.000 Einwohner und verdoppeln sich alle 15 Jahre. (Zum Vergleich: Deutschland hat 9 Geburten auf 1.000 Einwohner.)

Zukunftsaussichten und -prognosen

Frühere Prognosen, die Amischen würden im „melting pot“ aufgehen, erwiesen sich als falsch, allerdings findet eine gewisse Anpassung an die Umgebungsgesellschaft statt. So kann gesagt werden, dass die Amischen des 21. Jahrhunderts nicht die des 20. Jahrhunderts sein werden, sondern sich ständig verändern. Es gibt gegenwärtig in den großen Siedlungen Tendenzen des Aufbruchs der Strukturen.

Der amische Historiker Abner Beiler berichtete in einem Interview, dass er die Zukunft der Amischen in Lancaster County nicht als positiv sieht. Dies war der Bericht eines Mannes, der die amische Gemeinschaft damals schon seit über siebzig Jahren kannte.

Durch die zunehmende Hineinverwebung in das amerikanische Geschäftsleben und den wachsenden Umgang mit „Englischen“ beginnen einige zusammenhaltende Werte zu erodieren.

Donald B. Kraybill, ein Soziologe, berichtete, dass der zunehmende Wohlstand der Amischen die größte Herausforderung sein wird. Es wird abzuwarten sein, wie sich der zunehmende Wohlstand einer amischen Geschäftsleuteschicht auswirkt auf die Gemeinderegeln, denn gerade jene neigen vermehrt zur Liberalität

  • im eigenen geschäftlichen Bereich: fortschrittlicherer Maschinenpark, etwaig von außen kommende Elektrizität doch zu akzeptieren, wenn es wirtschaftlicher ist usw.,
  • hinsichtlich der Doktrin von der Trennung von der Außenwelt, denn ihre Kunden bleiben bei längerem Kontakt nicht nur die „Englischen“, sondern werden teilweise zu engen Freunden, man sieht auch das Gute draußen, man ist mit anderen Werten und Gedanken konfrontiert und bekommt andere Gedankenanstöße etc.,
  • in dem, was ein Mensch braucht und haben könnte, denn ihre zunehmende Akkumulation von geldlichen Werten fördert den Wunsch nach Konsum, wie etwa in Bezug auf „pleasure trips“, „amusement trips“, von denen eigentlich abgeraten wird.

Die amische Gemeinschaft war früher grundsätzlich agrarisch geprägt, dies wird oft noch heute betont, doch nimmt die Schicht der Landwirte immer mehr ab, so dass andere Erwerbsbereiche, die gezwungenermaßen einen viel offeneren Umgang mit der Außenwelt pflegen müssen, zunehmen. Dadurch bricht die tradierte Gesellschaftsstruktur auseinander, so dass nicht mehr von einer auf einem Stand eher verharrenden Generationenfolge gesprochen werden kann.

Die Prognosen für die großen Siedlungen deuten darauf hin, dass sich die Geschäftsleuteschicht abspalten und sich diese Personengruppe der amischen Identität entledigen wird (auch äußerlich) und in mennonitischen konservativen Gruppen sich sammelt.

Wie sich die bestehende Bauerngruppe und agrarnahe Gruppe dann entwickeln wird, wird abzuwarten sein.

Eine andere Veränderung wird sich in der Frauenrolle ergeben. Zunehmend betreiben amische Frauen Geschäfte und dadurch erwerben sie Kompetenzen in vielerlei Hinsicht:

  • einen freieren Umgang mit der Außenwelt,
  • eine finanzielle Unabhängigkeit zu einem gewissen Sinne,
  • darausfolgend auf jeden Fall starke Mitspracherechte,
  • und eine starke wirtschaftliche Gewichtung in den Gemeinden.

Wie sich dies weiterentwickeln wird in der stark patriarchalisch geprägten amischen Kirche, wird ebenso abzuwarten sein.

Gesundheit

Die Amischen legen sehr großen Wert auf gesundheitliche Versorgung, wobei sie, weil sie nicht in einer Versicherung sind, privat und durch die Gemeinde ihre Arztkosten ausgleichen. Zudem werden alte Hausrezepte weitervererbt.

Allerdings gibt es unter den Amischen verschiedene, doch auffällig auftretende erbliche Gendefekte. Da fast alle modernen Amischen von wenigen Gründerfamilien (es gibt insgesamt nur um die 130 amische Nachnamen und in den verschiedenen Siedlungen treten davon nur eine bestimmte Menge auf) aus dem 18. Jahrhundert abstammen, treten durch die Fortpflanzung untereinander viele mitgetragene, rezessive Gendefekte auf, das heißt, gleiche Erbträger treffen aufeinander und bewirken, dass Krankheiten, die durch die Fortpflanzung Nichtverwandter unterdrückt blieben, nun ausbrechen. Einige dieser Störungen sind sehr selten, wie etwa die Hirschsprung-Krankheit, oder sogar einzigartig und gravierend genug, um die Sterblichkeitsrate unter amischen Kindern zu erhöhen. Die Mehrheit der Amischen akzeptiert dies als „Gottes Wille“ und kümmern sich integrierend um diese kranken Menschen. Da die Amischen nur untereinander heiraten und dies zumeist nur innerhalb der eigenen Siedlung, stellen sie für Genforscher wie einige europäische Gebirgstäler ein einzigartiges Feld für Forschung über genetische Krankheiten dar. Viele Erkenntnisse sind über Erbkrankheiten daher auch gewonnen worden, doch hat dies nicht unbedingt Auswirkungen auf ihr Heiratsverhalten, denn dieses bedingt innerhalb der eigenen Gruppe zu heiraten (auch außerhalb der Siedlungen, so lange andere Gemeinden mit ihnen in „fellowship“ sind und es „im Herrn“ bleibt). Sie lehnen jegliche Gentests vor der Hochzeit ab, die ein Vorhandensein dieser Störungen aufdecken könnte, ebenso wie Tests an Föten, die genetische Störungen am Kind zeigen könnten. Selbst in diesen Fällen wird das Kind ausgetragen, da Abtreibung als Kindsmord gilt und ein ethisches Tabu ist.

Dem wachsenden Bewusstsein unter den Amischen, dass Exogamie genetischen Krankheiten vorbeugen kann, stehen nach wie vor einengende Heiratsvorschriften gegenüber. Wo sich Erkrankungen auf eine Gemeinde oder eine Siedlung beschränken, kann das bedeuten, dass an anderen Orten die Inzucht noch nicht so ausgeprägt ist. Im Zeitalter der wachsenden Mobilität werden auch Autofahrten zum Verwandtenbesuch in anderen Siedlungen organisiert. Allerdings erschwert auch hier die räumliche Distanz dauerhaften Kontakt. Generell wählen amische Jugendliche noch immer zumeist ihre Ehepartner in der nächsten Umgebung, aus der nahen „peer group“, die zu den gleichen „singings“ geht. Unter den Amischen ist es durch die Gemeindeordnung verboten, näher als „second cousins“ zu heiraten, das heißt, Cousins und Cousinen dürfen nicht heiraten, erst deren Kinder könnten heiraten, dadurch sind sie erst durch die gleichen Urgroßeltern verwandt.

Einige Siedlungen sind zudem völlig miteinander unverwandt, so beispielsweise die Gründerfamilien der Lancaster County Amish mit den Gründern der Perth County Amish Siedlung in Kanada. Räumliche Distanz und teilweise ideologische Gräben (eine andere Gemeindeordnung erlaubt keine Heirat untereinander) lassen aber diese exogame Heiratmöglichkeit innerhalb der amischen Gruppen nicht zu.

Die Amischen schließen keine Versicherungen ab, haben aber mittlerweile amische Selbsthilfeorganisationen wie Amish Aid gegründet, um Krankenkosten, die ein enormes Maß erreichen, zu decken. Alle Kosten werden durch Spenden der Amischen untereinander getragen. Zuerst versuchen die Familien, die Kosten selbst zu tragen. Wenn sie zu hoch werden, trägt man sein Anliegen dem Diakon in der eigenen Gemeinde vor. Dieser verkündet die anstehenden Kosten an einem Sonntag öffentlich und sammelt in der nächstfolgenden Woche die Spenden ein. Reicht dies noch immer nicht, werden eventuell Nachbargemeinden angesprochen. Nachbarliche Hilfe geschieht nicht nur durch Geld, sondern besonders durch emotionale Unterstützung. Bisher hat diese Subsidiarität gut funktioniert.

Unter den plain-people-Gruppen (dazu gehören dann auch ähnlich konservativ ausgerichtete Mennoniten- und Brüdergemeinden) hat sich das Powwowing oder der Gang zum „Brauchdoktor“ noch immer teilweise erhalten. Aus dem alten Europa mit herüber genommen, gibt es noch immer Heilpraktiker, die mit Hilfe von Gebeten, dem Wegsprechen und überlieferten Heilrezepten Patienten behandeln. Dies findet aber im Verborgenen statt und ist heute fast ausgestorben, daneben nutzen die Amischen die homöopathischen Heilverfahren.

Filmographie

Spielfilme

Über die Amischen wurden fast ausschließlich in den USA Spielfilme gedreht:

Dokumentarfilme

Im Jahre 2004/5 wurde eine Art „Amish Big Brother“ in den USA gezeigt, „Amish in the City“, die herausfinden sollte, ob die amischen „Rumspringer“ nicht letztlich im engen Beisammenhocken mit Weltlichen doch lieber „den American Way of Life“ wählten. Jene echten amischen Jugendlichen standen aber nicht mehr vor dieser Frage, sondern hatten sich schon für die Außenwelt entschieden.

Darüber hinaus gibt es viele weitere Dokumentationen:

  • Amish – Ein Bauernhof für unsere Kinder,

Produktion: ORF, 1998, 60 Min., von Eva Maria Bauer. Diese Dokumentation behandelt explizit die Lancaster County Amischen und enthält soziologische Bewertungen durch Donald B. Kraybill. Siehe Donald B. Kraybill und Steven M. Nolt: Amish Enterprise – From Plows to Profits unter der Rubrik Literatur.

  • Die Amish – alte Werte in der neuen Welt,

3sat, 1999, von Wolfgang Wegner. Diese Dokumentation handelt ebenfalls von den Amischen in Lancaster County und enthält Interviews (z. B. mit dem Eisproduzenten von Lapp’s Valley Farm) mit Beach Amischen und New Order Amischen.

  • Amish People – Leben in einer anderen Welt. Dokumentation, Frankreich, 2005, 53 Min., Regie: Alexandre Fronty, Produktion: arte, Reihe: WunderWelten, Inhaltsangabe von arte

Amerikanische Dokumentarfilme sind unter anderem:

  • The Riddle of the Amish
  • Amish – A People of Preservation
  • The Amish and US
  • The Amish Riddle
  • The Devil’s Playground

Musik

Ein recht bekanntes Lied mit dem Titel Amish Paradise stammte von Weird Al Yankovic. Dieses ist eigentlich eine Parodie auf Coolios Gangsta’s Paradise, wobei das Original von Stevie Wonder stammt und den Namen Pastime Paradise trägt. Weird Al ersetzte die Gangsta durch Amische und stellte ihren Lebensstil in einer recht humorvollen – nicht ganz ernstzunehmenden – Art und Weise zur Schau.

Siehe auch

Literatur

  • John A. Hostetler: Amish Society. The Johns Hopkins University Press, London 1993, 4. Auflage, ISBN 0801844428 (Neutral gehaltene Einführung in das Leben der Amischen von einem Soziologie-Professor)
  • Steven M. Nolt: A History of the Amish. Good Books, Intercourse 2003, 2. Auflage, ISBN 1-561-48393-1
  • Donald B. Kraybill und Steven M. Nolt: Amish Enterprise – From Plows to Profits. (2nd ed.) Johns Hopkins University Press, Baltimore 2004, ISBN 0-8018-7805-5 (Über den wirtschaftlichen Wandel der Amish vom Soziologen Donald B. Kraybill, siehe Text oben)
  • Peter Ester: Die Amish People. Überlebenskünstler in der modernen Gesellschaft. Patmos Verlag, Düsseldorf, ISBN 3-491-72487-2
  • Jodi Picoult: Die einzige Wahrheit. Piper Verlag, München (Roman)
  • Rüdiger H. Schneider: Die Amish. Von Gewaltlosigkeit und Widerstand. Überleben in drei Jahrhunderten, Monsenstein und Vannerdat, Münster 2007, ISBN 978-3-86582-518-6
  • Bernd Längin: Gottes letzte Inseln. Wie die Hutterer und Amischen leben. Pattloch Verlag, ISBN 3-629-00674-4
  • Bernd Längin: Die Amischen. Vom Geheimnis des einfachen Lebens. List Verlag, München, ISBN 3-471-78049-1
  • Silke Langwasser: Die Old Order Amish. Eine Glaubensgemeinschaft zwischen Beharrlichkeit und Entwicklung. Tectum Verlag, Marburg 2008, ISBN 978-3-8288-9586-7

Weblinks


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