Jesu Sohn des Ananus

Jesu Sohn des Ananus
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Jesu Sohn des Ananus (griech. Ἰησοῦς γάρ τις υἱὸς Ἀνανίου) eine Gestalt aus dem Werk „Geschichte des jüdischen Krieges“ (Griechisch: Ἱστορία Ἰουδαϊκοῦ πολέμου πρὸς Ῥωμαίους) des Flavius Josephus Buch VI. Laut Josephus starb er 70 nach Christi während der Belagerung von Jerusalem durch die Römer durch eine Katapultkugel. Es gibt Spekulationen, dass der Wehklager Jesu Sohn des Ananus auch in der Talmud Erwähnung findet, und zwar unter dem Namen Abba Joseph ben Chanin.

Josephus schreibt über Jesu Sohn des Ananus:

„Ein Mann namens Jesus, der Sohn des Ananus, kam vier Jahre vor Beginn des Krieges – die Stadt lag in tiefstem Frieden, und überall herrschte großer Wohlstand – zum Laubhüttenfest; da mit einem Male begann er laut aufzuschreien: ‚Wehe vom Aufgang, wehe vom Untergang, wehe von den vier Winden, wehe über Jerusalem und über den Tempel, wehe über alle, die Bräutigam und Braut sind; wehe über das ganze Volk!‘ Und er schrie es Tag und Nacht und lief dabei in der ganzen Stadt umher. Einige angesehen Bürger ärgerten sich über das Wehegeschrei, ergriffen den Mann und schlugen ihn heftig. Er aber suchte sich keineswegs zu rechtfertigen und äußerte auch nichts gegen jene, die ihn schlugen, sondern wiederholte nur immer dieselben Worte. Die verantwortlichen Führer des Volkes vermuteten zu Recht, der Mann sei von einer höheren Macht getrieben, und so führten sie ihn zum römischen Statthalter. Dort wurde er gegeißelt, bis ihm das Fleisch von den Knochen gerissen war, aber er bat nicht um Milde und vergoss keine Träne, sondern antwortete auf jeden Schlag nur, indem er – freilich mit kläglichen Lauten – den Ruf hervorpresste: ‚Wehe über Jerusalem!‘ Als Albinus, das war der Name des Statthalters, ihn fragte, wer er sei und woher er komme, beantwortete er die Frage nicht, sondern setzte nur seine Klagerufe über die Stadt fort, bis Albinus überzeugt war, dass er es mit einem Verrückten zu tun habe und ihn freiließ.“

Es gibt einige Ähnlichkeiten zu Jesus von Nazaret beschrieben in den Evangelien:

  • Beide werden Jesus genannt (Griechisch Ἰησοῦς)
  • Beide waren Pazifisten Mt 5,38 EU[1]
  • Beide traten nur kurzzeitig in Erscheinung (Jesus von Nazareth 3–4 Jahre, Jesus Sohn des Ananus 7 Jahre)
  • Beide beklagen sich über die damalige jüdische Generation Mt 11,16 EU,Mt 24,34 EU,Mt 16,4 EU[2]
  • Beide sagen den Untergang Jesusalems voraus Mt 24,1 EU,Mk 13,1 EU,Lk 19,41 EU[3]
  • Beide erfahren Ablehnung Mt 13,54 EU,Mt 6,1 EU,Lk 3,16 EU
  • Von beiden wird behauptet sie wären verrückt Mk 3,21 EU,Joh 10,20 EU
  • Beide kritisieren die herrschenden Priesterfamilien Mt 23,1 EU
  • Beide werden von ihren eigenen Landsleuten verhaftet Mt 26,47 EU,Mk 14,43 EU,Lk 22,47 EU,Joh 18,3 EU
  • Beide werden vor den römischen Statthalter geführt Mt 27,1 EU,Mt 15,1 EU,Lk 23,13 EU,Joh 18,28 EU
  • Beide verteidigen sich nicht gegen die Vorwürfe. Mt 27,12 EU,Mt 15,15 EU
  • Beide werden zunächst mißhandelt Mt 27,12 EU,Mt 15,16 EU,Lk 23,23 EU
  • Beide konnten scheinbar keine Schmerzen empfinden[4]
  • In beiden Fällen konnte der Statthalter keine Schuld finden Mt 27,12 EU,Lk 23,4 EU,Joh 18,38 EU
  • Beide werden von Römern getötet.
  • Beide sterben in Jerusalem
  • Beide starben während des Paschafestes Mt 26,17 EU,Mk 14,12 EU,Lk 22,7 EU[5]
  • Beide reden von „Westen“ und „Osten“ Mt 24,27 EU[6]
  • Beide reden von einer Hochzeit Mt 25,1 EU[7]
  • Beide verwenden das Wort „Wehe“ [8]

Über sein Wirken schreibt Joesephus:

„Die ganze Zeit hindurch bis zum Ausbruch des Krieges verkehrte er mit keinem seiner Mitbürger, noch sah man ihn mit jemand reden – sondern Tag für Tag klagte er, wie wenn wenn er ein Gebet hersage: ‚Wehe, wehe Jerusalem‘. Er fluchte keinem, der ihn schlug (was täglich vorkam), noch dankte er dem, der ihm essen gab: für niemand hatte er eine andere Antwort, als jene Unglücksprophezeiung.“

Nach Jesephus stirbt Jesu Sohn des Ananus während der Belagerung Jerusalems wie folgt: „Während er nämlich eines Tages mit dem gellenden Ruf ‚wehe der Stadt, dem Volke und dem Tempel‘ die Mauer umging und schließlich hinzusetzte ‚wehe auch mir‘ traf ihn ein aus einer Wurfmaschine geschleuderter Stein und machte seinem Leben ein Ende; mit dem Klageruf auf seinen Lippen verschied er.“[9]

Aber wie zuverlässig sind die Aussagen des Josephus? Nach eigenen Angaben war er zur Zeit des ersten Auftretens in Rom. Er kannte also den Vorgang nur vom Hörensagen.[10][11] Und, Heinrich Graetz: „Auch das letzte Weherufen des Mannes über sich selbst und seinen Tod während der Belagerung hörte Josephus nicht mit eigenen Ohren, denn damals war er im Lager der Römer.“

Deswegen spekuliert Heinrich Graetz, dass Jesu Sohn des Ananus identisch mit einem anderen Wehklager ist, der im Talmud beschrieben wird.[12] Dieser Wehklager, der sich gegen die herrschende Priesterkaste wendete, wird im Talmud „Abba Joseph ben Chanin“ genannt, und wirkte ebenfalls kurz vor der Zerstörung Jerusalems. Für diese These spricht, dass der Name Ananus auf Hebräisch Chanin, oder auch Chanan lautete. Da im Hebräischen Vokale nicht geschrieben werden, sind beide Versionen möglich.[13] Heinrich Graetz meint, dass Jesu Sohn des Ananus mitnichten ein schweigender Verrückter war, sondern ein Kritiker der herrschenden Priesterschaft. Auch den Unterschied zwischen Joseph und Jesus versucht Graetz zu erklären. Die Namen werden in Hebräisch sehr ähnlich geschrieben. [14]

Der Babylonische Talmud berichtet von einem Zeitzeugen mit Namen Abba Saul ben Batnit, welcher den Krieg überlebt hat. Abbu Saul zittiert Abba Joseph ben Chanin wie folgt:

„Wehe mir vor der Familie Boethos, wehe mir vor ihren Knütteln; wehe mir vor der Familie Hanin, wehe mir vor ihrem Getuschel, wehe mir vor der Familie Kathros, wehe mir vor Schreibrohre; wehe mir vor der Familie Ismael ben Phiabi, wehe mir vor Ihrer Faust. Sie selbst waren Hoheprieseter, ihre Söhne waren Schatzmeister, ihre Schwiegersöhne waren Tempelherren und ihre Diener schlugen das Volk mit Stöcken.“ (Babylonischer Talmud Pesachim 57a, Tosefta Menohot 13,31)[15]

Laut Heinrich Graetz macht diese Version der Klagerufe viel mehr Sinn. Er schreibt:

„War derjenige, welcher über Jerusalem Wehe gerufen, derselbe, welcher über die Hohenpriester-Familien Wehe gerufen, dann ist erklärlich, daß, wie Josephus erzählt, die Vornehmen ihn zum Prokurator Albinus geführt und dieser ihn habe geißeln lassen. Was ging eigentlich die Römer das Weherufen über Jerusalem an? Wenn aber der Weherufer die Hohenpriester-Häuser und ihr Treiben gebrandmarkt hat, dann ist es erklärlich, daß diese ein Interesse daran hatten, ihn stumm zu machen.“

Auch schreibt er in Kapitel 16: Untergang des jüdischen Staates:

„Am meisten inneres Grauen rief ein Unheilsverkünder, Josua ben Anan, hervor, der mehrere Jahre hindurch stets zur Hüttenfestzeit bei Tag und Nacht in den Straßen mit rauhem und düsterm Tone laut rief: ‚Stimme von Morgen, Stimme von allen vier Winden, Stimme über Jerusalem und den Tempel, Stimme über Bräutigam und Braut, Stimme über das ganze Volk!‘ Drohungen und Strafen fochten den Unheilsverkünder nicht an, er fuhr fort zu rufen: ‚Wehe, wehe über Jerusalem‘. Vergebens suchten die Machthaber ihn durch Geißelhiebe stumm zu machen. Es war vielleicht derselbe, der ‚Wehe, wehe‘ über die pflichtvergessenen, hohenpriesterlichen Familien gerufen hat, die alle Ämter an sich und die Ihrigen gerissen hatten und die Zehnten durch ihre mit Knütteln bewaffneten Sklaven für sich erzwangen. Bei der Belagerung traf den Unheilsverkünder ein Wurfgeschoß.“

Thesen des Joseph Atwill: Atwill meint, dass das Christentum nicht in der jüdischen Unterschicht entstanden ist. Es wurde von der römischen Kaiserfamilie Flavius (der auch Flavius Josephus angehörte) erschaffen zur Befriedung des jüdischen Aufstands. Die Religion des messianischen Judentums sollte durch eine pazifistische, romnahe Religion ersetzt werden. Ein „Messias“ Jesus von Nazareth wurde erschaffen, um die Juden zu überzeugen, dass der Erlöser bereits erschienen sei, auf den diese warteten. Er meint, um die Evangelien zu verstehen, müßte man Josephus kennen. Da Jesus von Nazareth und Jesu Sohn des Ananus von ein und derselben Person, bzw. von derselben Gruppe von Personen „erschaffen“ wurden, wären die Ähnlichkeiten zu erklären. Atwill meint, dass beide keine historischen Personen darstellen. Josephus wäre kein Historiker gewesen. Das Ziel seiner Schriften wäre es gewesen, den Widerstand der Juden zu brechen. Er, oder eine Gruppe unter seiner Leitung, hätten die Evangelien verfasst.

Einzelbelege

  1. Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.
  2. Diese böse Generation, die von Gott nichts wissen will, verlangt einen Beweis; aber es wird ihr keiner gegeben werden – ausgenommen das Wunder, das am Propheten Jona geschah: Den Beweis werden sie bekommen!
  3. Als Jesus den Tempel verlassen hatte, wandten sich seine Jünger an ihn und wiesen ihn auf die gewaltigen Bauten des Tempels hin. Er sagte zu ihnen: Seht ihr das alles? Amen, das sage ich euch: Kein Stein wird hier auf dem andern bleiben; alles wird niedergerissen werden.
  4. Petras Evangelium 10: Und sie brachten zwei Übeltäter und kreuzigten den Herrn mitten zwischen ihnen. Er aber schwieg, wie wenn er keinen Schmerz empfände.
  5. Josephus gibt die Wirkungszeit mit 7 Jahren und 5 Monaten an. Sein Prozess fand 4 Jahre vor Beginn des Krieges am Sukkot-Fest statt. Nach Eisenmann ergibt das Pascha 70 nach Christi. Vergleich: Robert Eisenmann: James the brother of Jesus, Penguin 1999, S. 358
  6. Denn wie der Blitz bis zum Westen hin leuchtet, wenn er im Osten aufflammt, so wird es bei der Ankunft des Menschensohnes sein. (Matthäus) Eine Stimme vom Aufgang, eine Stimme vom Niedergang (Josephus)
  7. Dann wird es mit dem Himmelreich sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen.(Matthäus) ... eine Stimme über Bräutigame und Bräute (Josephus)
  8. „Beide Jesus Figuren verwenden das Wort Wehe, um die Kathastrophen zu schildern ...“ Joseph Atwill Seite 231
  9. Joseph Atwill Seite 227
  10. Heinrich Graetz, Geschichte der Juden Seite 739, Aber davon war Josephus nicht Augenzeuge; denn als dieser Jesus b. Anan oder Jose b. Anan zum ersten Male seinen Weheruf erhob (63), war der Geschichtsschreiber in Rom. Er kannte also nur den Vorgang vom Hörensagen und zwar mit Übertreibung.
  11. He went to Rome in the year 64 with the object of procuring from Nero the release of some imprisoned Jewish priests, who were friends of his. http://www.newadvent.org/cathen/08522a.htm
  12. Heinrich Graetz: Sollte es zwei Weherufer zur selben Zeit in Jerusalem gegeben und beider Vater Anan geheißen haben? Augenscheinlich ist der Jesus b. Anan bei Josephus und Joseph b. Anan im Talmud ein und derselbe.
  13. And what shall we say of the apostate priests in the Temple headed by Caiphas, whose real Hebrew name was Kathros and Ananias whose real Hebrew name was Chanin.
  14. Heinrich Graetz: Leicht kann Joseph oder Jose mit Jesus, יסוי mit עושי, von einem oder dem andern verwechselt worden sein.
  15. Geschichte des jüdischen Volkes Seite 327

Literatur

  • Joseph Atwill: Das Messias-Rätsel. Allegria (Ullstein Buchverlag GmbH) ISBN 978-3-7934-2091-0
  • Robert Eisenmann: James the brother of Jesus. Penguin 1999
  • Heinrich Graetz: Geschichte der Juden, Von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.
  • Ḥayim Hilel Ben-Sasson, Michael Brenner: Geschichte des jüdischen Volkes. C.H.Beck, München 2007 ISBN 9783406559181 (online in der Google Buchsuche)

Weblinks


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