Joachim S. Hohmann

Joachim S. Hohmann

Joachim Stephan Hohmann (* 19. August 1953 in Hünfeld; † 5. Juli 1999 in Wickers) war ein deutscher Schriftsteller, Pädagoge, Soziologe, Lyriker und Lehrer.[1] Einen Namen machte er sich u.a. mit wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu den Themen Homosexualität, Tsiganologie, Vorurteilsforschung, Gerontologie, Jugendforschung, Musiksoziologie und Geschichte des Deutschunterrichts. Außerdem gründete er im Verlag Peter Lang die Schriftenreihen „Beiträge zur Geschichte des Deutschunterrichts“ und „Studien zur Tsiganologie und Folkloristik“.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hohmann besuchte bis zur zwölften Klasse das Gymnasium in seiner Heimatstadt Hünfeld. Dort fiel er durch seinen besonderen Umgang mit der Sprache auf. Im Alter von 14 Jahren veröffentlichte er bereits in der heimatlichen Tageszeitung Berichte und Artikel zum Tagesgeschehen. Nach erfolglosem Besuch des Gymnasium brach er die Schule ab und besuchte die Journalistenschule in München. In dieser Zeit erschien sein erster Gedichtband „Mein Fisch Vulkan“. Anschließend wurde er Chefredakteur bei der Lokalzeitung Bayerwald Echo in Furth im Wald. Danach wechselte er zur Dö-Werbung in Frankfurt/Main, war freier Mitarbeiter bei der Frankfurter Rundschau und Redakteur bei der Saalepost in Bad Neustadt an der Saale.

Über den zweiten Bildungsweg besuchte Hohmann ab Herbst 1975 die Fachhochschule Fulda und studierte dort u.a. die Schwerpunkte Behindertenpädagogik und Jugend- und Erwachsenenbildung. Sein Examen legte er nach nur fünf Semester mit Auszeichnung zum Diplom Sozialpädagogen ab.

In dieser Zeit war er Chefredakteur bei der Homosexuellenzeitung „Mann“ und freier Mitarbeiter bei der Zeitschrift „HIM“. Seine staatliche Anerkennung zum Dipl. soz. päd., die ein Jahr dauerte, absolvierte er an der Schule für praktisch Bildbare in Marburg. Gleichzeitig immatrikulierte er sich an der Philipps-Universität Marburg für die Fächer Erziehungswissenschaft, Politikwissenschaft, Germanistik, Ethnologie und Soziologie. Mit der Prüfung erlangte er das 1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. In bemerkenswert kurzer Zeit promovierte er in Bremen mit einer erziehungswissenschaftlichen Dissertation zum Dr. phil. Sein 2. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien legte er an der Freiherr-von-Stein-Schule in Fulda mit Erfolg ab.

An der Universität Gießen schrieb sich Hohmann danach ein, um die Lehrbefähigung für Haupt- und Realschulen zu erlangen. Außerdem promovierte er mit einer sozialwissenschaftlichen Arbeit zum Dr. rer. soc.

In der Folgezeit unterrichtete er als Lehrer an verschiedenen Schulen, so z.B. an der Grundschule in Hünfeld, an der Hermann-Lietz-Schule in Bieberstein, am Georg-Büchner-Gymnasium in Bad Vilbel, Fachschule in Paderborn, Gesamtschule in Bad Soden-Salmünster, Gymnasium in Schlüchtern, Gymnasium in Bad Hersfeld. An der Fachhochschule Fulda, Universität Marburg, Gesamthochschule Kassel, Universität Heidelberg und Universität in Dortmund nahm er verschiedene Lehraufträge in Germanistik, Sozialwissenschaften, Ethnologie und Kulturforschung wahr. Hinzu kamen zeitlich begrenzte Forschungsaufträge zu sozialgeschichtlichen und rechtsoziologischen Aspekten von Berufskrankheiten (1885–1936), zur Agrar- und Rassenpolitik im NS-Staat, zu Agrarsoziologie, zur Freizeitgestaltung, Ernährung und Hygienebewusstsein von Kindern und Jugendlichen.

Nach weiteren Staatsexamina und Diplomprüfungen habilitierte Hohmann im Fach Soziologie in Dortmund. Nach weiteren Lehraufträgen und Gastvorträgen wurde er 1993 als Professor für Soziologie an die Pädagogische Hochschule Weingarten berufen.

Sein Interesse galt immer schon seiner Heimat, der Rhön und so gründete er den Heimatverlag „Rhön Verlag“, der sich ausschließlich mit Literatur aus der gesamten Rhön (Hessen, Bayern, Thüringen) beschäftigte. Dort erschienen zirka hundert Bücher sowie das Rhön-Spiel und die Rhön-Puzzle. Geleitet wurde der Verlag von seiner Frau Ingrid Hohmann.

Während seiner ganzen Schaffenszeit lag Hohmann die Lyrik immer am Herzen. Es erschienen in der Zeit von 1975 bis zum Tode 1999 circa 15 Gedichtbände und eine LP, die er mit eigenen Gedichten selbst besprach. Er veröffentlichte auch Texte und Bücher unter verschiedenen Pseudonymen, so Bücher zum Thema Pädophilie und S/M (Das Knaben-Brevier, 1982; Der pädosexuelle Komplex, 1988 (als Herausgeber mit Beiträgen von B. Bendig, Frits Bernard (1920–2006), Edward Brongersma (1911–1998), Thomas J. Göbel, Rene Karthaus, W. Thomasek, W. Vogel, Th. Wagner, Peter F. Walter, Johannes Werres, Alexander Ziegler, Eberhard Schorsch, Volkmar Sigusch und angeblich von Volker Beck); Handbuch der schwulen Lust, 1995) unter dem Namen Angelo Leopardi.

Joachim S. Hohmann verstarb am 5. Juli 1999 nach längerer Krankheit an Krebs und hinterließ eine Ehefrau und vier Kinder.

Der Nachlass befindet sich in der Landesbibliothek in Fulda und kann nach vorhergehender Anmeldung eingesehen werden.

Schriften

  • Geschichte der Sexualwissenschaft in Deutschland 1886 – 1933. Eine Übersicht. Foerster, Berlin 1987. ISBN 3-922257-57-7 [Anhang: Sexualforschung und -aufklärung im Bild]
  • „Ihr Charakter ist ein Inbegriff von Schlechtigkeit und Leichtsinn.“ Zur Geschichte Feindbildern in Deutschland. Metropol, Berlin 1995. ISBN 3-926893-06-0
  • Leben und Werk des Kriegs- und Heimatdichters Josef Magnus Wehner. Zeitdruck, Fulda 1998. ISBN 3-924789-12-6

Herausgeber

  • Der unterdrückte Sexus. Historische Texte zur Homosexualität von Johann Ludwig Casper u. a. Kommentare von Ernest Bornemann u. a. Bibliografie nicht-belletristischer Bücher bis zum 20. Jahrhundert. Achenbach, Lollar 1977.
  • Zs. mit Roland Schopf (Hrsg.): Zigeunerleben. Beiträge zur Sozialgeschichte einer Verfolgung. Fotos Paul Almasy u. a. MS-Edition, Darmstadt 1980.
  • Zs. mit Reimar Gilsenbach (Hrsg.): Verfolgte ohne Heimat. Beiträge zur Geschichte der Sinti und Roma. Rosa-Luxemburg-Stiftung, Leipzig 1992. ISBN 3932725190

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Eines allein ist für mich langweilig“. Der Pädagoge, Sozialwissenschaftler und Schriftsteller Joachim S. Hohmann (1953—1999). Ein Bio–bibliographischer Überblick. Mit einer Bibliographie seiner belletristischen und wissenschaftlichen Buchveröffentlichungen aus den Jahren 1970 bis 2000. In der Zeitschrift Invertito, Jahrbuch für die Geschichte der Homosexualitäten. Hrsg. vom Fachverband Homosexualität und Geschichte e.V. 10. Jahrgang. Männerschwarm Verlag, Hamburg 2008. Seite 104 bis 149

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hohmann — ist der Familienname folgender Personen: Christian Heinrich Hohmann (1811–1861), fränkischer Komponist, Musikpädagoge und Violinschulverfasser Christine Hohmann Dennhardt (* 1950), deutsche Politikerin (SPD), Richterin am Bundesverfassungsgericht …   Deutsch Wikipedia

  • Lew Hohmann — (* 22. Juli 1944 in Schmiedeberg im Riesengebirge, heute Kowary, Polen) ist ein deutscher Filmemacher und Filmwissenschaftler. Er ist vor allem mit Fernseh Dokumentarfilmen hervorgetreten. Leben Lew Hohmann wurde 1944 in Schmiedeberg, im heutigen …   Deutsch Wikipedia

  • Angelo Leopardi — Joachim Stephan Hohmann (Joachim S. Hohmann, * 19. August 1953 in Hünfeld; † 5. Juli 1999 in Wickers) war ein deutscher Schriftsteller, Pädagoge, Soziologe, Lyriker und Lehrer. Einen Namen machte er sich u.a. mit wissenschaftlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Rassenhygienische Forschungsstelle — „Zigeunererfassung“ in Polizeibegleitung. Robert Ritter bei der Feldarbeit, (Bild der RHF) …   Deutsch Wikipedia

  • Erich Lifka — (* 16. März 1924 in Wien; † 22. April 2007 ebenda) ist ein österreichischer Schriftsteller, Journalist und Übersetzer. Lifka, der als literarischer Autor vor allem mit Gedichten und Erzählungen hervorgetreten ist, war zudem eine der aktivsten… …   Deutsch Wikipedia

  • Tsiganologie — Die Tsiganologie (Zigeunerkunde, Zigeunerwissenschaft, auch Romistische Studien[1]) beschäftigt sich mit der Geschichte, Kultur und Herkunft als „Zigeuner“ bezeichneter soziokultureller und ethnischer Gruppen. Bezeichnung, Forschungsrichtung und… …   Deutsch Wikipedia

  • Foerstermedia — Foerster Media Unternehmensform Gründung 1977 Unternehmenssitz Offenbach am Main, Deutschland Branche Buchverlag, Zeitschriftenverlag, Pornoindustrie …   Deutsch Wikipedia

  • Förster-Verlag — Foerster Media Unternehmensform Gründung 1977 Unternehmenssitz Offenbach am Main, Deutschland Branche Buchverlag, Zeitschriftenverlag, Pornoindustrie …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Hog–Hok — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Adolf Würth — (im Hintergrund) bei einer Vermessung in den Räumlichkeiten der Stuttgarter Kripo IV 1938 (Bild der RHF) Adolf Ludwig Würth (* 16. Mai 1905 in Bonndorf; † unbekannt) war ein Anthropologe, Tsiganologe und nationalsozialistischer Rassentheoretiker… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”