Johann (Burgund)

Johann (Burgund)
Johann Ohnefurcht. Posthumes Porträt eines anonymen Künstlers, Mitte 15. Jahrhundert
Karte des Herrschaftsgebiets des Hauses Burgund unter Johann I. und seinen Brüdern, Anton von Brabant und Philipp von Nevers
Die Ermordung von Johann Ohnefurcht

Johann Ohnefurcht oder der Unerschrockene (französisch Jean sans Peur; * 28. Mai 1371 in Dijon; † 10. September 1419 in Montereau-Fault-Yonne) war als Nachfolger seines 1404 verstorbenen Vaters Philipp »des Kühnen« Herzog von Burgund aus dem Haus Valois-Burgund, einer Seitenlinie der französischen Königsfamilie der Valois. Er vereinigte das umfangreiche Erbe seiner Mutter, Margarete III. von Flandern mit Burgund.

Während sein Vater, »Philipp der Kühne«, sich vor allem als Mitglied des französischen Königshauses und erst in zweiter Linie als Territorialfürst gesehen hatte, begann Johann jene Schaukelpolitik zwischen England und Frankreich, die ihn zunehmend in die Rolle eines de facto unabhängigen Fürsten hineinwachsen ließ und die sein Sohn Philipp »der Gute« ab 1419 erfolgreich zu einer Schaukelpolitik zwischen Frankreich, England und dem Deutschen Reich ausdehnte.

Johann wuchs in Flandern auf und sprach neben Französisch auch Flämisch. Er wird als klein und von unbeholfenem, mürrischem Wesen, aber auch als mutig und tapfer sowie ernst, bedächtig und vorsichtig beschrieben. Zu Lebzeiten seines Vaters führte er den Titel eines Grafen von Nevers. Nachdem er Herzog von Burgund geworden war, gab er die Grafschaft Nevers als Apanage an seinen jüngsten Bruder Philipp, der die Seitenlinie der burgundischen Grafen von Nevers begründete. Anton, der zweite Bruder erhielt als Apanage die Grafschaft Rethel und begründete später mit Unterstützung Johanns die Seitenlinie der burgundischen Herzöge von Brabant-Limburg.

1396 führte Johann ein französisches Heer, das König Sigismund von Ungarn in einem Kreuzzug gegen die Türken zu Hilfe kam. Er geriet in der verlorenen Schlacht von Nikopolis am 25. September 1396 in die Gefangenschaft des Türken Lamorabahy und wurde durch Zahlung eines Lösegeldes in Höhe von 200.000 Dukaten freigekauft.

Nach dem Tod Philipps »des Kühnen« wurde er 1404 dessen Nachfolger als Herzog von Burgund. Wie bereits sein Vater wirkte er mit bei der Ausübung der Regentschaft für den geistesgestörten französischen König Karl VI.. Hierbei geriet er in Gegensatz zu seinem Vetter Herzog Ludwig von Orléans, dem jüngeren Bruder des Königs, und dessen Parteigänger. Er ließ ihn deshalb 1407 in Paris ermorden und bekam damit die Leitung der französischen Staatsgeschäfte sowie die Erziehung des Dauphins in seine Hand. Im Vertrag von Chartres söhnte er sich 1409 vorläufig mit den d'Orléans aus. Allerdings entbrannte der Machtkampf zwischen den beiden Häusern bereits 1410 erneut.

Die Interessen der Orléans wurden inzwischen von der Partei der »Armagnaken« unter Führung des Grafen Bernhards von Armagnac vertreten. Nachdem diese die Unzufriedenheitsrevolte der Cabochiens in Paris 1413 niedergeschlagen hatten, die von Johann unterstützt worden war, gelang es ihnen, die Macht in der Hauptstadt zu übernehmen. Johann trat deshalb 1415 mit Heinrich V. von England in Verbindung und bemächtigte sich 1418 durch einen militärischen Handstreich erneut der Hauptstadt. Hierbei kam Bernard von Armagnac um, der neue Dauphin, der spätere Karl VII., konnte flüchten.

Am 10. September 1419 wurde Johann vom Dauphin zu einer Unterredung auf die Yonne-Brücke bei Montereau gelockt und dort von dessen Begleitern Tanneguy du Chastel und Jean Louvet hinterrücks erstochen. Sein Nachfolger als Herzog von Burgund wurde sein ältester Sohn Philipp.

Siehe auch: Bürgerkrieg der Armagnacs und Bourguignons

Inhaltsverzeichnis

Wappen

Das Wappen Johanns Ohnefurcht als Herzog von Burgund, Graf von Flandern, Artois etc. nach 1404

Das Wappen Johanns nach dem Antritt des Erbes seines Vaters kombinierte das Wappen Philipps des Kühnen (Wappen des Hauses Valois als Graf von Tours und Wappen des Herzogtums Burgund) mit demjenigen von Flandern, da er von seiner Mutter Margarete von Flandern die Grafschaften Flandern, Artois sowie die Pfalzgrafschaft Burgund erbte.

Nachkommen

Johann Ohnefurcht heiratete 1385 in der Doppelhochzeit von Cambrai Margarethe (1363–1423), eine Tochter des Wittelsbachers Albrecht I., Herzog von Straubing-Holland. Fünf Kinder erreichten das Erwachsenenalter:

Titel

Literatur

  • Simona Slanicka: Krieg der Zeichen. Die visuelle Politik Johanns ohne Furcht und der armagnakisch-burgundische Bürgerkrieg. Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, Göttingen 2002 ISBN 3-525-35178-X [1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rezension im Perlentaucher
Vorgänger Amt Nachfolger
Philipp II. Herzog von Burgund
14041419
Philipp III.
Graf von Charolais
14041405
Margarete III. Graf von Flandern
Graf von Artois
Pfalzgraf von Burgund

14051419
Graf von Nevers
13851404
Philipp II. von Nevers

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