Johann Adelung

Johann Adelung
Johann Christoph Adelung, Radierung nach einem Porträt von Anton Graff

Johann Christoph Adelung (* 8. August 1732 in Spantekow bei Anklam; † 10. September 1806 in Dresden) war ein deutscher Bibliothekar, Lexikograph und Germanist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Johann Christoph Adelung, Gemälde von Anton Graff

Johann Christoph Adelung wurde am 8. August 1732 in Spantekow bei Anklam als Sohn des Pfarrers M. Johann Paul Adelung geboren. Nach dem Besuch der Stadtschule in Anklam und des (alt- und neusprachlichen) Gymnasiums in Klosterbergen studierte er ab 1752 Evangelische Theologie in Halle (Schüler Siegmund Jakob Baumgartens). 1758 wurde Adelung in Erfurt Professor (Lehrer) am Evangelischen Ratsgymnasium. 1762 wurde Adelung zum Sachsen-Gothaischen Rat ernannt. Ab 1765 lebte er in Leipzig, wo er als Übersetzer, Korrektor und Redakteur arbeitete. 1785 wurde Adelung Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, 1787 in Dresden Oberbibliothekar der Kurfürstlichen Bibliothek, 1793 Bibliothekar in der Privatbibliothek des Kurfürsten Friedrich August III. Adelung starb am 10. September 1806 in Dresden.[1]

Werk

Adelung ist am bekanntesten für seine grammatischen und lexikographischen Schriften, hat daneben aber auch auf zahlreichen anderen Gebieten gearbeitet und Übersetzungen, eigene literarische Texte, historische, naturwissenschaftliche, pädagogische und journalistische Arbeiten veröffentlicht.[2] Adelungs wirkungsmächtigstes Werk ist sein Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart (1766–1786, 2. Aufl. 1793–1801). Entgegen dem durch den Ausdruck ‚Hochdeutsche Mundart‘ geweckten Anschein und auch entgegen Adelungs theoretischer Bevorzugung des Meißnischen Deutsch, bietet sein Wörterbuch die bis dahin umfangreichste synchrone Bestandsaufnahme der deutschen Sprache. Vor allem aus diesem Grund hat das Wörterbuch normenden Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Sprache gehabt.[3] Laut Kühn und Püschel „darf dennoch angezweifelt werden, daß er die Sprachnorm festlegt, denn in den 50er Jahren des 18. Jhs. existierte bereits eine vielgelesene, poetische Nationalliteratur, die bereits weitgehend einer einheitlichen Sprachnorm folgte“[4].

Daneben geht auf den Autor die Adelung'sche s-Schreibung zurück, die in Teilen des Deutschsprachigen ab dem mittleren 19. Jh., und von der Zweiten Orthographischen Konferenz 1901 bis zur Rechtschreibreform von 1996 im ganzen deutschen Sprachraum mit Ausnahme der Schweiz für das »ß« verbindlich war, inzwischen aber von der Heyseschen s-Schreibung abgelöst wurde.

Werke

Deckblatt von Adelungs "Grammatisch-kritischen Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen", Ausgabe von 1811

In Auswahl:[5]

  • Aelteste Geschichte der Deutschen, ihrer Sprache und Literatur bis zur Völkerwanderung. (Leipzig 1806).
  • Vollständige Anweisung zur Deutschen Orthographie. (Leipzig 1788, 5. Aufl. 1835).
  • Deutsche Sprachlehre für Schulen. (Berlin 1781).
  • Directorium diplomaticum. (Meißen 1802).
  • Geschichte der menschlichen Narrheit, oder Lebensbeschreibungen berühmter Schwarzkünstler, Goldmacher u.a. 8 Tle., Leipzig 1785-99
  • Glossarium manuale ad scriptores mediae et infimae latinitatis. (Halle 1772-84, 6 Bde.), ein Auszug aus dem Glossarium ad scriptores mediae et infimae latinitatis mit vielen eigenen Zusätzen.
  • Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart. (1. Aufl. Leipzig 1774-1786, 5 Bde.; 2. Aufl. Leipzig 1793-1801, 4 Bde., Supplementband 1818)
  • Kleines Wörterbuch für die Aussprache, Orthographie, Biegung und Ableitung. (Leipzig 1788, 2. Aufl. 1790).
  • Magazin für die deutsche Sprache. (Leipzig 1782-84, 2 Bde.).
  • Mithridates, oder allgemeine Sprachenkunde. (Berlin 1806, Bd. 1), von Johann Severin Vater fortgesetzt und vollendet.
  • Umständliches Lehrgebäude der deutschen Sprache. (Leipzig 1782, 2 Bde.).
  • Ueber den deutschen Styl. (Berlin 1785-86, 3 Bde.; 4. Aufl. 1800, 2 Bde.).

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Die Angaben sind Lit. Strohbach 1984, 3–7, entnommen. Strohbach verweist ihrerseits auf Sickel 1933.
  2. Strohbach 1984, 1f. und 8–35.
  3. Strohbach 1984, 213–219.
  4. Lit. Kühn & Püschel 1990, S. 2055
  5. Eine ausführliche Bibliographie von Adelungs Schriften gibt Strohbach 1984, 8–35.

Literatur

  • Werner Bahner (Hg.) (1984) Sprache und Kulturentwicklung im Blickfeld der deutschen Spätaufklärung. Der Beitrag Johann Christoph Adelungs. Berlin: Akademie-Verlag.
  • Helmut Henne (1975) Einführung und Bibliographie zu Johann Christoph Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart (1793-1801), in: Helmut Henne (Hg.) (1975) Deutsche Wörterbücher des 17. und 18. Jahrhunderts. Einführung und Bibliographie. Hildesheim; New York: Georg Olms, 109–142. (Nachdruck der Einführung im Reprint des Grammatisch-kritischen Wörterbuches, Hildesheim; New York: Olms, 1970, I–XXXII.)
  • Peter Kühn & Ulrike Püschel (1990) Die deutsche Lexikographie vom 17. Jahrhundert bis zu den Brüdern Grimm ausschließlich, in: Franz Josef Hausmann; Oskar Reichmann; Herbert Ernst Wiegand & Ladislav Zgusta (Hgg.) (1990) Wörterbücher: Ein internationales Handbuch zur Lexikographie. (3 Bde.; 1989–1991) Bd. 2 (1990). Berlin; New York: Walter de Gruyter (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft; 5.2), 2049-2077.
  • Margit Strohbach (1984) Johann Christoph Adelung. Ein Beitrag zu seinem germanistischen Schaffen mit einer Bibliographie seines Gesamtwerkes. (Studia Linguistica Germanica; 21) Berlin; New York: Walter de Gruyter.
  • Karl-Ernst Sickel (1933): Johann Christoph Adelung. Seine Persönlichkeit und seine Geschichtsauffassung. (Diss., Univ. Leipzig 1933.) Leipzig: Gerhardt.
  • Literatur von und über Johann Christoph Adelung im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Weblinks


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