Johann Eberlin von Günzburg

Johann Eberlin von Günzburg

Johann Eberlin von Günzburg (* um 1470 in Kleinkötz bei Günzburg; † Oktober 1533 in Leutershausen bei Ansbach) war ein reformatorischer deutscher Theologe und sozialer Reformer in Franken.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Eberlin verlor schon früh seine Eltern. Trotz Hilfe seiner Verwandten erlebte er seine Jugend in schweren Verhältnissen. Durch die Härten des Lebens bekam er schon frühzeitig ein Gefühl dafür, was es heißt, in der Not das Leid zu teilen und so hilfsbereit gegenüber den Leidenden zu sein.

Seine Förderer erkannten alsbald die Fähigkeiten des jungen Mannes und ermöglichten ihm ein Studium an der Universität Ingolstadt. Nach dem Erwerb des Baccalaurats wurde er zunächst Priester in Augsburg. Im Sommer 1489 nam er erneut ein Studium an der Universität Basel auf, wo er im darauf folgenden Jahr den akademischen Grad eines Magisters erwarb. Auf Wanderschaft gelangte er nach Heilbronn, wo er auf Anraten seiner Verwandten in das Franziskanerkloster eintrat und mit Vehemenz die alte katholische Lehre vertrat.

1519 wechselt er als Lesemeister und Prediger nach Tübingen und erhielt durch den dortigen Humanistischen Kreis ersten Kontakt zu den reformistischen Ideen Martin Luthers. Nachfolgend wurde er Lesemeister und Prediger in Freiburg im Breisgau. In gleicher Funktion wurde er Anfang 1521 in Ulm tätig und begann im lutherischen Sinne zu predigen. Dies wiederum rief seine Ordensbrüder auf den Plan, die ihn vehement anfeindeten. Aufgrund der Auseinandersetzungen zog er die Konsequenz und verließ den Orden.

Er begab sich auf Wanderschaft nach Lauingen, Baden, nach Augsburg und Bern. Während dieser Zeit sah er es als seine Aufgabe, sich in Predigten und Flugblättern für den reformatorischen Glauben einzusetzen. So erschien in Bern seine erste Schrift „Fünfzehn Bundesgenossen“. Seine Tätigkeit in der Schweiz befriedigte ihn jedoch nicht wirklich, sodass er sich nach Wittenberg, dem Ursprungsort der Reformation, begab.

Eingetragen in die Matrikel der Universität Wittenberg, erlebte er eine Zeit, in der die Wittenberger Bewegung durch den Einfluss Luthers abklang. Dies beruhigende Umfeld wirkte sich auch auf Eberlin aus. Maßgeblich von Luther, Philipp Melanchthon und Andreas Bodenstein geprägt, wurden seine Schriften maßvoller. In seinen Schriften wendete er sich zwar noch gegen die Zeremonien der katholischen Kirche und feindete das Klosterleben an, jedoch drängte sich dabei sein volksnaher Betrachtungssinn zum rational erlebbaren Stil.

Im Sommer 1523 begab er sich wiederum auf Wanderschaft nach Ulm, Basel, Rheinfelden und Rothenburg ob der Tauber. Jedoch wurde er nirgends heimisch. Dies schien sich erst zu ändern, als er 1524 in Erfurt heiratete und daselbst eine Anstellung als Prediger fand. Eberlin besaß eine sehr feine Beobachtungsgabe und ein ausgeprägtes Empfinden für soziale Bedürfnisse. Diese Gaben ermöglichten es ihm während der Unruhen des deutschen Bauernkrieges, in Erfurt und Ilmenau die öffentliche Volkserregung zu besänftigen.

1526 folgte er einem Ruf des Grafen Georg II. von Wertheim nach Franken. In Wertheim reformierte er die Grafschaft und verfasste seine bedeutenden Schriften „Getreue Verwarnung an die Christen in der burgauischen Mark“ und die deutsche Übersetzung der „Germanica“ des Tacitus. Als 1529 seine von ihm verfasste Kirchenordnung für die Grafschaft Wertheim erschien, war er auch erster Superintendent derselben. Jedoch konnte er die Früchte seines Erfolges nicht mehr genießen.

Als Georg II. im März 1530 starb, wurde Eberlin aus dem Dienst entlassen. Deshalb nahm er eine Stelle als Pfarrverweser in Leutershausen an. Hier fasste er jedoch nicht mehr recht Fuß, da seine Härte in der Kirchenzucht auf Widerstand stieß. Nach einer Erkrankung verstarb er im Oktober 1533.

Eberlin galt neben Luther als der sprachgewandteste und sprachgewaltigste Theologe der beginnenden Reformationszeit. Die sozialen Gedanken, die er in seiner Predigt in den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts mit großer Kraft verkündigte, machen diesen schwäbischen Reformator zu einer der interessantesten und anziehendsten Erscheinungen seiner Zeit.

Sein Denken

Im Blick auf den Zölibat hat Eberlin sehr klar Position bezogen. Eine Schrift von 1522 trägt den vielsagenden Titel: Wie gar gefährlich es sei, wenn ein Priester keine Ehefrau hat! Er greift dort mit biblischen und historischen Gründen den Zölibat an und schildert dessen öffentliche Schädlichkeit. Er appelliert an die Bischöfe, ihren Widerstand gegen die Priesterehe aufzugeben.

Werke

  • 15 Bundsgenossen, 1521
  • Wider die Schänder der Kreaturen Gottes durch Weihen oder Segnen, 1521
  • Der 7 frommen, aber trostlosen Pfaffen Klage, 1521
  • Wie gar gefährlich sei, so ein Priester kein Eheweib hat, Augsburg 1522
  • Mich wundert, daß kein Geld im Land ist, 1524
  • Wie sich ein Diener Gottes Worts in allem seinem Tun halten soll, und sonderlich gegen die, denen das Evangelium zuvor nicht gepredigt ist, daß sie sich nicht ärgem, 1525
  • Eine getreue Warnung an die Christen in der Burgauischen Mark, sich auch füro zu hüten vor Aufruhr und falschen Predigern, 1525
  • Germanica des Tacitus

Literatur

  • Bernhard Riggenbach: Johann Eberlin von Günzburg und sein Reformprogramm. Verlag B. de Graaf, 1967
  • Rainer Ludwig: Untersuchungen zum Idealstaat „Wolfaria“ (1521) des Johann Eberlin von Günzburg auf der Grundlage der Flugschriftensammlung „Die 15 Bundesgenossen“. Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt der Sek I/II, Bochum 1989
  • Christian Peters: Johann Eberlin von Günzburg (ca. 1465–1533). Franziskanischer Reformer, Humanist und konservativer Reformator (Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 60). Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1994, ISBN 3579016865
  • Johann Eberlin von Günzburg und seine Vorstellungen über eine Reform in Reich und Kirche (Schriften zur Rechtsgeschichte; RG 35). Duncker & Humblot GmbH, 1985, ISBN 3428058186
  • Marinus A. van den Broek: Das Sprichwort in den Schriften Johan Eberlins von Günzburg. Proverbium 10 (1993)
  • Theodor Kolde: Eberlin, Johann von Günzburg. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 5, Hinrichs, Leipzig 1898, S. 122–125.
  • Ernst Wolf: Eberlin von Günzburg, Johann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, S. 247.
  • Riggenbach: Eberlin von Günzburg, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 575 f.
  • Robert Stupperich: Reformatorenlexikon. Verlag Max Mohn, Gütersloh, 1984, ISBN 3-579-00123-X
  • Friedrich Wilhelm Bautz: Johann Eberlin von Günzburg. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Hamm 1975, Sp. 1444–1446.

Weblinks


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