John Steinbeck

John Steinbeck
John Steinbeck

John Ernst Steinbeck (* 27. Februar 1902 in Salinas, Kalifornien; † 20. Dezember 1968 in New York) gehört zu den erfolgreichsten US-amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts.

Er schrieb zahlreiche Romane, Kurzgeschichten und Novellen, arbeitete zeitweilig auch als Journalist und war im Zweiten Weltkrieg 1943 als Kriegsberichterstatter tätig. 1940 erhielt er den Pulitzer-Preis für seinen Roman Früchte des Zorns und 1962 den Nobelpreis für Literatur.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Herkunft und Jugend

132 Central Avenue, Salinas, Haus, in dem Steinbeck seine Kindheit verbrachte.

John Steinbecks Eltern waren der deutschstämmige Mühlenbetriebsleiter und spätere Kreiskämmerer John Ernst Steinbeck und die irischstämmige Lehrerin Olive, geborene Hamilton. Zusammen mit drei Schwestern wuchs er in der Gegend von Salinas und Monterey in Kalifornien auf. In dieser heute „Steinbeck Country“ genannten Landschaft rund 150 Kilometer südlich von San Francisco spielen die meisten seiner Erzählungen und Romane. Steinbecks Großvater väterlicherseits Johann Adolf Großsteinbeck wanderte von Heiligenhaus in die USA aus und verkürzte dabei seinen Namen zu Steinbeck. Noch heute heißt die Familienfarm in Heiligenhaus „Großsteinbeck“.

Schon als Schüler hatte Steinbeck ein ausgeprägtes Interesse an Literatur und begann selbst Geschichten zu schreiben. 1919 bewarb er sich erfolgreich um ein Studium an der angesehenen Stanford University und belegte dort Kurse in Englischer Literatur, Klassischer Literatur und Alter Geschichte, Journalismus und anderen Fächern, die ihm für eine Karriere als Schriftsteller nützlich schienen, auch einen über das Verfassen von Kurzgeschichten, der als einer der ersten Kurse für kreatives Schreiben an amerikanischen Universitäten betrachtet werden kann.[1] Die Aufnahme an eine private Elitehochschule, die den sozialen Aufstieg zu garantieren schien, weckte bei ihm und seinen Eltern zunächst hohe Erwartungen. Bald zeigte sich Steinbeck jedoch vom akademischen Leben enttäuscht, zum Teil sicher auch überfordert, und vertiefte sich auf eigene Faust in umfangreiche Lektüren. Während der Semesterferien arbeitete er über immer längere Zeiträume auf Farmen, Baustellen, Fabriken und in anderen Branchen. 1924 verließ er Stanford endgültig ohne Abschluss. Das Studium war für ihn und sein Werk weit weniger prägend als die Gelegenheitsjobs, mit denen er es finanziert hatte. Denn in diesen hatte er das Milieu der Menschen kennengelernt, die später im Zentrum vieler seiner Werke stehen sollten.

Literarische Anfänge

1925 ging Steinbeck als Journalist und freier Schriftsteller nach New York, fand dort aber wenig Anklang. Daher kehrte er bald nach Kalifornien zurück, wo er wieder wie in seiner Studentenzeit von Gelegenheitsarbeiten lebte. 1929 veröffentlichte er seinen ersten Roman: Cup of Gold (dt.: Eine Handvoll Gold), eine Lebensbeschreibung des englischen Freibeuters Henry Morgan. Doch dieses wie auch die beiden nächsten Werke blieben von der Kritik nahezu unbeachtet. Steinbeck und seine erste Frau, Carol Henning, die er 1930 geheiratet hatte, lebten damals in finanziell bedrängten Verhältnissen abwechselnd in San Francisco, in Eagle Rock bei Los Angeles und im Ferienhaus seiner Eltern in Pacific Grove bei Monterey.

Einen ersten Erfolg erlebte Steinbeck 1935 mit dem „episodischen Roman“ Tortilla Flat, in dem er das Leben einer Clique von bettelarmen, aber lebenslustigen Hispano-Amerikanern nach dem Vorbild der mythischen Tafelrunde von König Artus schildert.

Der Autor des New Deal

Nach der Veröffentlichung seines Romans In Dubious Battle (dt.: Stürmische Ernte), der einen Landarbeiterstreik zum Thema hat, nahm Steinbeck 1936 den Auftrag der Zeitung San Francisco News an, eine Artikelserie über die entwurzelten Wanderarbeiter aus Oklahoma zu schreiben. Scharen völlig verarmter „Okies“ zogen damals auf der Suche nach Jobs aus Oklahoma nach Kalifornien. Die Erfahrungen, die er bei den Recherchen zu diesem Thema sammelte, gingen in seine beiden Werke ein, die Kritik und Publikum bis heute am stärksten beeindrucken: die Novelle Of Mice and Men von 1937 (dt.: Von Mäusen und Menschen) und der sozialkritische Roman The Grapes of Wrath von 1939 (dt.: Früchte des Zorns).

Dieser Roman (der kurz darauf von John Ford verfilmt worden ist, s. u.), wurde zunächst vielfach als klassenkämpferisch abgelehnt und in Kalifornien sogar zeitweise verboten. Dabei verstand sich Steinbeck nie im dogmatischen Sinne als Sozialist, obwohl er starke Sympathien für die politische Linke hegte und 1937 ein erstes Mal die Sowjetunion besucht hatte. Er war ein überzeugter Anhänger der Politik des „New Deal“ von Präsident Franklin D. Roosevelt, der Steinbeck in den nächsten Jahren zweimal zu sich ins Weiße Haus einlud. Trotz aller Anfeindungen brachte Früchte des Zorns seinem Autor 1940 den renommierten Pulitzer-Preis ein. Aufgrund seiner realistischen Schilderung des Elends der Wanderarbeiter gilt das Buch bis heute nicht nur als großes literarisches Werk, sondern auch als erstrangige historische Quelle. In seiner Wirkung auf Politik und Gesetzgebung lässt es sich mit Harriet Beecher Stowes Onkel Toms Hütte und mit Upton Sinclairs Der Sumpf vergleichen (siehe auch Great Depression).

Im Zweiten Weltkrieg

Spätestens seit dem Kriegseintritt Amerikas nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 fühlte sich Steinbeck verpflichtet, den Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland auf seine Weise zu unterstützen. So folgte er bereitwillig einer Einladung des neu gegründeten „Foreign Information Service“ (F.I.S.) in Washington D.C. (der u. a. die Propaganda koordinieren sollte und bereits die Schriftsteller Thornton Wilder und Robert E. Sherwood zur Mitarbeit gewonnen hatte), ein für Propagandazwecke geeignetes Projekt zu entwickeln – woraus dann 1942 das Theaterstück The Moon Is Down (dt. Der Mond ging unter) wurde, ein plakatives Propagandastück ohne literarische Ambitionen, das aber ein großer Erfolg wurde und auch im von den Nationalsozialisten besetzten Europa seine Wirkung nicht verfehlte.

Zur selben Zeit kam es bei Steinbeck zu einer Ehekrise. 1941 hatte er in Hollywood, wo er an der Verfilmung von Früchte des Zorns mitwirkte, die zwanzigjährige Sängerin Gwendolyn „Gwyn“ Conger kennengelernt und eine Affäre mit ihr begonnen, die schließlich zur Trennung von Carol führte. Anfang 1943 zog er mit Gwyn nach New York, und im März heirateten sie. Schon bald kam es jedoch zu einer ersten Krise zwischen den beiden, woraufhin sich Steinbeck als Kriegsreporter bei der New York Herald Tribune anstellen ließ, um nach Europa geschickt zu werden. Zuvor aber schrieb er noch ein Drehbuch für einen Film über die Ausbildung amerikanischer Bomberpiloten (Bombs Away: The Story of a Bomber Team) sowie für Alfred Hitchcock den ersten Drehbuchentwurf zu dem Kriegsdrama Lifeboat (Das Rettungsboot), das die 20th Century Fox dann 1944 in einer von Steinbeck stark kritisierten Fassung in die Kinos brachte. Von Juni bis Oktober 1943 war Steinbeck als Kriegsberichterstatter im Zweiten Weltkrieg tätig. Er erlebte die Landung der Alliierten in Nordafrika und Italien mit und schrieb darüber Reportagen sowie seine Tagebuchnotizen unter dem Titel Once there was a War (dt. An den Pforten der Hölle). Ebenso einfühlsam wie zuvor die Arbeitermilieus schilderte Steinbeck nun das Alltagsleben der Soldaten – nicht als Heldengeschichte, sondern als den verzweifelten Versuch, in ständiger Gefahr zu überleben.

Nach dem Krieg

Ed Ricketts’ Laboratorium in der Cannery Row, Monterey

1944 zog Steinbeck mit seiner Frau und beider erstem Sohn Thom (der zweite, John, kam 1946 zur Welt) wieder nach Monterey. Bereits 1930 hatte er sich dort mit dem Meeresbiologen Ed Ricketts angefreundet, der ihm die ökologischen Zusammenhänge des Lebens vor Augen führte und große Bedeutung für seine Sicht der Welt gewann. Mit der Figur des „Doc“ setzte ihm Steinbeck 1945 in dem Roman Cannery Row (dt. Die Straße der Ölsardinen) und nochmals 1947 in dessen Fortsetzung Sweet Thursday (dt. Wonniger Donnerstag) ein literarisches Denkmal, desgleichen ein weiteres Mal 1951 in dem Bericht von ihrer gemeinsamen Reise nach Mexiko in die Baja California, The Log from the Sea of Cortez (dt. Logbuch des Lebens). Dennoch fiel es ihm zunehmend schwer, an die Erfolge der Vorkriegszeit anzuknüpfen. Viele Kritiker wollten in Cannery Row und Sweet Thursday nur Variationen des Themas von Tortilla Flat sehen.

1947 reiste Steinbeck mit seiner Frau durch Skandinavien und Frankreich. Nach einem erneuten Besuch der Sowjetunion 1947, diesmal mit dem Fotografen Robert Capa, entstand der Reisebericht A Russian Journal (dt. Russisches Tagebuch). Der Tod seines langjährigen Freundes Ed Ricketts und die Scheidung von Gwyn folgten noch im selben Jahr. 1949 begegnete Steinbeck der selbstbewussten Texanerin Elaine Anderson Scott, die als Theaterchefin am Broadway bekannt geworden und dann nach Hollywood gegangen war. 1950 heiratete er sie und zog mit ihr und ihrer Tochter erneut nach New York.

Es folgten unstete Jahre mit langen Reisen durch Nordafrika, Süd- und Westeuropa, bis John Steinbeck 1952 noch einmal ein großer literarischer Wurf gelang: Der epische Roman East of Eden (dt.: Jenseits von Eden) erzählt die Geschichte der Familien Trask und Hamilton vom Bürgerkrieg bis zum Ersten Weltkrieg. Im selben Jahr wurde auch der Film Viva Zapata! fertig, zu dem Steinbeck das Drehbuch geschrieben hatte: ein Film über den mexikanischen Revolutionshelden Emiliano Zapata, inszeniert von Elia Kazan mit Marlon Brando in der Titelrolle. Derselbe Regisseur verfilmte dann auch drei Jahre später Jenseits von Eden mit dem jungen James Dean.

Die letzten Jahre

1954 erhielt John Steinbeck die Freiheitsmedaille des US-Präsidenten (Medal of Freedom), im selben Jahr erlitt er jedoch während einer Europareise einen ersten leichten Schlaganfall. Ende der fünfziger Jahre lebten er und Elaine zeitweilig im englischen Somerset, wo er an einer modernen Fassung der Artussage arbeitete: The Acts of King Arthur and his noble Knights (dt.: König Artus), die unvollendet blieb. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Steinbeck – wenn das Wetter es zuließ – auf seinem abgelegenen und gut versteckten kleinen Fischeranwesen in Sag Harbor auf Long Island. Hier erreichte ihn 1962 die Nachricht von der Verleihung des Literatur-Nobelpreises, den er als sechster US-Amerikaner erhielt. Zwei Jahre vorher, im Herbst 1960, hatte er mit einem zum Wohnmobil umgebauten Kleinlaster und nur von seinem Pudel Charley begleitet eine Rundreise durch die Vereinigten Staaten gemacht, über die er 1961 in einer Artikelserie und 1962 in Buchform unter dem Titel Travels with Charley: In Search of America berichtet (dt.: Die Reise mit Charley: Auf der Suche nach Amerika). Darin setzt sich Steinbeck u. a. – ähnlich wie dann auch 1966 in America and Americans (dt.: Amerika und die Amerikaner) – kritisch mit der amerikanischen Gesellschaft auseinander.

In den sechziger Jahren unterstützte er Präsident Lyndon B. Johnson wegen dessen Projekt einer sozial gerechteren „Great Society“. Die Aufhebung der Rassentrennung und eine verbesserte Sozialgesetzgebung waren Forderungen, für die Steinbeck seit den dreißiger Jahren eingetreten war. Allerdings führte seine persönliche Freundschaft mit Johnson dazu, dass er zu den wenigen Intellektuellen der damaligen Zeit gehörte, die den Vietnamkrieg befürworteten. Deshalb kam es schließlich auch zu einem Zerwürfnis mit seinem Sohn John, der als Kriegsberichterstatter in Vietnam zum überzeugten Pazifisten geworden war.

Steinbecks Grab in Salinas

1967 unternahm Steinbeck selbst eine Reise nach Vietnam, kehrte aber als kranker Mann zurück und war nicht mehr in der Lage zu schreiben. Am 20. Dezember 1968 erlag er in New York einem Herzversagen. Seine Asche wurde auf dem Friedhof seiner Heimatstadt Salinas beigesetzt.

Zu Steinbecks Werk

John Steinbeck gehört zu den meistgelesenen amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts, innerhalb wie außerhalb der USA. Kritik und Literaturwissenschaft beurteilten sein Werk jedoch eher distanziert. Bereits die Verleihung des Nobelpreises im Jahr 1962 „für seine einmalige realistische und phantasievolle Erzählkunst, gekennzeichnet durch mitfühlenden Humor und sozialen Scharfsinn“, wie es in der Begründung hieß, stieß bei den meisten Literaturkritikern auf Unverständnis. Heute spielen Steinbecks Werke im amerikanischen Literaturkanon kaum mehr eine Rolle, mit Ausnahme der Bücher Früchte des Zorns und Von Mäusen und Menschen, die in vielen englischsprachigen Ländern von Kanada bis Australien zur Schullektüre gehören.

Stil und Themen

Steinbeck pflegte einen naturalistischen und realistischen Stil, der aber auch Anklänge ans Phantastische nicht scheute. Seine Figuren sind oft Menschen am Rande der Gesellschaft, die er stets einfühlsam und voller Sympathie aus ihrer eigenen Sichtweise heraus schildert. Das Personal von Cannery Row etwa beschreibt Steinbeck so:

„Huren, Hurensöhne, Kuppler, Stromer und Spieler, mit einem Wort: Menschen. Man könnte mit gleichem Recht auch sagen: Heilige, Engel, Gläubige, Märtyrer – es kommt nur auf den Standpunkt an.“

Besonders in seinen frühen Werken setzt sich Steinbeck vehement für die Armen und Entrechteten, für Landarbeiter und kleine Farmer ein. So ist beispielsweise Stürmische Ernte, im Vorgriff auf Früchte des Zorns, die eindringliche Schilderung eines Streiks armer Landarbeiter für höhere Löhne. Obwohl Steinbeck alles andere als ein dogmatischer Linker war, galt er in konservativen Kreisen der dreißiger und vierziger Jahre als „Radikaler“. Später wurde ihm von einigen Kritikern vorgeworfen, er schildere die Armen zu idealistisch und die Armut zu romantisch. Auf seinen ersten großen Roman trifft dies jedoch keinesfalls zu.

Früchte des Zorns

1938 nahm Steinbeck den Auftrag einer Zeitung an, eine Artikelserie über die entwurzelten Landarbeiter zu schreiben, die damals in großer Zahl von Oklahoma nach Kalifornien zogen. Daraus wurde dann 1939 sein bedeutendster Roman: The Grapes of Wrath (dt. Früchte des Zorns). Darin wird das Schicksal der Familie Joad geschildert, die nach einer mehrjährigen Dürre in der „Dust Bowl“ von Oklahoma ihre Farm an eine Bank verliert und mit ihrer letzten Habe nach Kalifornien aufbricht, um sich dort als Wanderarbeiter auf Obstplantagen zu verdingen. Doch der Traum vom Aufbau einer neuen Existenz zerbricht an der Ausbeutung, der Fremdenfeindlichkeit und dem Mangel an Solidarität, denen die Joads überall begegnen. Aus Farmern werden Bettler. Verzweifelt versuchen die Joads gleichwohl, auch im Elend einen Rest von menschlicher Würde zu bewahren. Das Buch wurde bereits ein Jahr später, 1940, von John Ford mit Henry Fonda in der Hauptrolle verfilmt.

Jenseits von Eden

Gilt Früchte des Zorns als Steinbecks bedeutendster Roman, so ist die Familiensaga Jenseits von Eden sein beliebtester. Nicht soziale Ungerechtigkeit, sondern die Abgründe der menschlichen Seele selbst erscheinen hier als Quelle allen Übels. Hauptperson des epischen Werks ist Adam Trask, der sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts als reicher Farmer in Kalifornien niederlässt, dort aber von seiner Frau Cathy verlassen wird und seine Söhne allein aufziehen muss. An den gegensätzlichen Zwillingsbrüdern Caleb und Aron scheint sich fast zwangsläufig die alttestamentliche Geschichte von Kain und Abel zu wiederholen. Doch die Botschaft des Romans lautet, dass es kein vorbestimmtes Schicksal gibt und jeder Mensch die Freiheit der Wahl hat, sich moralisch oder unmoralisch, gut oder böse zu verhalten. Auf einer zweiten Erzählebene, die von den Hamiltons handelt, hat Steinbeck die Geschichte seiner eigenen Familie mütterlicherseits verarbeitet. – Elia Kazans Verfilmung von Jenseits von Eden, mit James Dean in der Rolle des Caleb, rückt die Geschichte der beiden Brüder in den Mittelpunkt und lässt die ganze erste Hälfte von Steinbecks Romanhandlung weg.

Von Mäusen und Menschen und Ölsardinen

Außer den monumentalen Romanen erfreuen sich insbesondere die Novelle Von Mäusen und Menschen und der kurze Roman Die Straße der Ölsardinen anhaltender Beliebtheit. Die erste erzählt die Geschichte zweier Wanderarbeiter, des bärenstarken, geistig zurückgebliebenen, aber gutmütigen Lennie und seines Freundes George, der ihn beschützt. Ihr Traum von einem besseren Leben scheitert tragisch an der Realität und dem Unverständnis ihrer Mitmenschen. Die Novelle wurde mehrfach verfilmt, zuletzt 1992 mit Gary Sinise und John Malkovich in den Rollen von George und Lennie. Sie wurde auch bereits in ihrem Erscheinungsjahr, 1937, für eine Bühnenaufführung am Broadway adaptiert, und 1970 hat der Komponist Carlisle Floyd sogar eine Oper daraus gemacht.

Die Straße der Ölsardinen gehört dagegen zu den fröhlichsten und optimistischsten Werken Steinbecks. Er beschreibt darin die kleine Welt rund um die Straße der Sardinenfabriken von Monterey (die Cannery Row) und die zunehmend irrwitzigen Versuche einer Gruppe liebenswerter Herumtreiber, Schnorrer und Lebenskünstler, ihrem Freund und Gönner „Doc“ eine Party zu geben. 1982 wurde der Roman unter dem Titel Cannery Row mit Nick Nolte in der Hauptrolle verfilmt. Dabei wurden auch Teile der Handlung des anschließenden Romans Sweet Thursday mit einbezogen.

Die Reise mit Charley

Steinbecks Gefährt „Rosinante“, ausgestellt im National Steinbeck Center, Salinas

Eine Sonderstellung in Steinbecks Werk nimmt das 1962 erschienene Buch Die Reise mit Charley ein, das sich durch seinen Untertitel Auf der Suche nach Amerika nicht nur als Reisebuch, sondern auch als eine Reflexion über Steinbecks Verhältnis zu Amerika ausweist. Nachdem er 1959 einen erneuten Schlaganfall erlitten hatte, der diesmal etwas ernster als der von 1954 war, verspürte er im Sommer 1960 das dringende Bedürfnis, sein eigenes Land noch einmal neu zu erkunden. So ließ er sich einen Kleinlaster zu einem praktischen Wohnmobil ausbauen und begab sich Ende September, begleitet nur von seinem zehn Jahre alten Pudel Charley, auf eine knapp drei Monate lange Reise rings um die Vereinigten Staaten: von Long Island hinauf bis zur Nordspitze von Maine, dann an der kanadischen Grenze entlang bis nach Seattle, die pazifische Küste hinunter bis in seine alte Heimat Salinas und Monterey, dann durch den Süden der USA zurück nach New York. Die Begegnungen und Gespräche mit den Menschen, die er unterwegs traf, werden so lebendig geschildert, dass sie oft regelrechte kleine Kurzgeschichten ergeben, im Wechsel mit immer wieder eingeblendeten Reflexionen über Landschaft und Geschichte, Literatur und Politik. Steinbecks „Suche nach Amerika“ führt zwar zu keinem positiven Ergebnis, gegen Ende überwiegt sogar seine wachsende Besorgnis über die beobachteten politischen und gesellschaftlichen Tendenzen, aber trotz oder gerade wegen seiner Roadmovie-Struktur vermittelt das Buch ein facettenreiches Bild des Amerika zu Beginn der sechziger Jahre.

Steinbeck als Ökologe und Vorläufer „grünen“ Denkens

Schon als Jugendlicher hatte Steinbeck ein ausgeprägtes Gefühl für die Natur und Umwelt als bestimmende Kräfte im Leben der Menschen. Als Student nahm er 1923 an einem Sommerkurs über Meeresbiologie teil, wo ihm der ökologische Grundgedanke des organischen Zusammenhangs aller Teile der Natur inklusive des Menschen vermittelt wurde, und in seinen Wanderjahren nach dem Studium war er oft monatelang allein in der Abgeschiedenheit des nordkalifornischen Lake Tahoe, wo er ein Haus hüten musste und die Gelegenheit zu langen Wanderungen in die Wälder und Berge nutzte. 1930 lernte er in Monterey den Meeresbiologen Ed Ricketts kennen, der sein bester Freund und größter Lehrmeister in Fragen der Ökologie wurde und den er als „Doc“ in Cannery Row (deutscher Titel: Die Straße der Ölsardinen) verewigt hat. Der Zusammenarbeit mit Ricketts auf einer gemeinsamen Mexikoreise in die Baja California verdankt sich auch das Reisetagebuch Sea of Cortez (dt. Das Logbuch des Lebens), in dem Steinbeck das Grundprinzip der organischen Einheit allen Lebens darlegt und auf das Verhalten von Individuen und Gruppen in der Gesellschaft anwendet. Nach Steinbecks tiefster Überzeugung ist der Mensch nicht Herr der Natur, sondern ein Teil von ihr neben anderen Teilen wie den Tieren, Pflanzen, Steinen usw., und deswegen werden die Menschen bei Steinbeck auch häufig als getriebene, in ihrer biologischen Körperlichkeit befangene Wesen dargestellt, denen es nicht gelingt, sich irgendwie heroisch oder geistig über die Natur zu erheben. Dies ist sicher auch ein Grund für die Reserviertheit bis offene Ablehnung, auf die Steinbecks Romane bei einem Großteil der führenden amerikanischen Literaturkritik stießen und immer noch stoßen: Er hatte ein anderes Menschenbild als die meisten Intellektuellen seiner Zeit, er schrieb über den Menschen in der Gesellschaft als Teil eines ökologischen Ganzen, nicht als selbstbestimmtes Individuum.[2] Damit stand er unter den amerikanischen Schriftstellern seiner Zeit weitgehend allein und war, verglichen mit dem nur wenig älteren und berühmteren Kollegen Ernest Hemingway, nicht etwa, wie manchmal gesagt wird, so etwas wie dessen jüngerer Bruder, sondern geradezu dessen geistiger Antipode.

Dies zeigt sich besonders deutlich in Steinbecks spätem Buch Die Reise mit Charley, zu dessen eindrucksvollsten Kapiteln diejenigen über Naturphänomene wie die Sequoia-Wälder in Nordkalifornien oder die Mojave-Wüste gehören. In dem Kapitel über die Wüste erzählt er u. a., wie er einmal in der Mittagshitze, im Schatten seines Wohnmobils sitzend, mit seinem neuen Präzisions-Jagdgewehr auf zwei Kojoten anlegt, sie lange durch das Zielfernrohr betrachtet, sich ihren Tod vorstellt und dann das Gewehr weglegt, um ihnen stattdessen zwei Dosen Hundefutter hinzustellen. Ein richtiger Jäger hätte geschossen. Am Ende des Wüstenkapitels, nach einer Beschreibung der Lebewesen, die selbst in der lebensfeindlichsten Umwelt noch zu leben gelernt haben, kommt er zu folgendem Schluss:

„Die Wüste, eine unwirtliche Gegend, könnte sehr wohl das letzte Widerstandsnest des Lebens gegen das Nichtleben sein. Denn in den reichen und feuchten und wirtlichen Weltgegenden spekuliert das Leben mit ständig höherem Einsatz gegen sich selbst und hat sich in seiner Verwirrung schließlich mit dem Feind Nichtleben verbündet. Und was die verbrennenden, versengenden, vereisenden und vergiftenden Waffen des Nichtlebens noch nicht geschafft haben, werden vielleicht die pervertierten Überlebenstaktiken bis zur endgültigen Zerstörung und Vernichtung treiben. Wenn die anpassungsfähigste Form des Lebens, der Mensch, weiter so um ihr Überleben kämpft, wie sie es bisher getan hat, kann sie nicht nur sich selbst, sondern auch alles andere Leben auslöschen. Und wenn sich das abzeichnen sollte, könnten unwirtliche Gegenden wie die Wüste die strenge Mutter der Wiederbevölkerung werden. Denn die Wüstenbewohner sind gut trainiert und gut gerüstet gegen Verödung. Sogar unsere eigene irregeleitete Spezies könnte aus der Wüste neu erstehen. Der einsame Mann und seine sonnengegerbte Frau, die sich an einem unfruchtbaren, unwirtlichen Ort in den Schatten drücken, könnten zusammen mit ihren Waffenbrüdern – dem Kojoten, dem Jackrabbit, dem Leguan, der Klapperschlange sowie einem Heer von armierten Insekten --, all diese trainierten und erprobten Fragmente des Lebens könnten sehr wohl die letzte Hoffnung des Lebens gegen das Nichtleben sein. Die Wüste hat schon andere Wunder hervorgebracht.“

Werke

Romane und Erzählungen

  • Cup of Gold: A Life of Sir Henry Morgan, Buccaneer, With Occasional Reference to History, 1932 (dt. Eine Handvoll Gold, übersetzt von Hans B. Wagenseil, 1953)
  • The Pastures of Heaven, 1932 (dt. Das Tal des Himmels, übers. v. Hans-Ulrich Staub, 1954)
  • To A God Unknown, 1933 (dt. Der fremde Gott, übers. v. Hans B. Wagenseil, 1954)
  • Tortilla Flat, 1935 (dt. Tortilla Flat, übers. v. Elisabeth Rotten, 1943)
  • In Dubious Battle, 1936 (dt. Stürmische Ernte, übers. v. Alfred Kuoni, 1955)
  • Of Mice and Men, 1937 (dt. Von Mäusen und Menschen, übers. v. Elisabeth Rotten, 1940; neu übers. v. Mirjam Pressler, 2002)
  • The Long Valley, 1938 (dt. Der rote Pony und andere Erzählungen, übers. v. Rudolf Frank, 1945)
  • The Grapes of Wrath, 1939 (dt. Früchte des Zorns, übers. v. Klaus Lambrecht, 1940)
  • The Moon Is Down, 1942 (dt. Der Mond ging unter, übers. v. Anna Katharina Rehmann-Salten, 1947)
  • Cannery Row, 1945 (dt. Die Straße der Ölsardinen, übers. v. Rudolf Frank, 1946)
  • The Wayward Bus, 1947 (dt. Autobus auf Seitenwegen, übers. v. Rose Richter, 1948)
  • The Pearl, 1947 (dt. Die Perle, übers. v. Felix Horst, 1962)
  • Burning Bright, 1950 (dt. Die wilde Flamme, übers. v. Ilse Krämer, 1952)
  • East of Eden, 1952 (dt. Jenseits von Eden, übers. v. Harry Kahn, 1953)
  • Sweet Thursday, 1954 (dt. Wonniger Donnerstag, übers. v. Harry Kahn, 1956)
  • The Short Reign of Pippin IV: A Fabrication, 1957 (dt. Laßt uns König spielen, übers. v. Harry Kahn, 1958)
  • The Winter of Our Discontent, 1961 (dt. Geld bringt Geld, übers. v. Harry Kahn, 1962)
  • The Acts of King Arthur and His Noble Knights, From the Winchester Manuscripts of Malory and Others), 1976 (dt. König Artus und die Heldentaten der Ritter seiner Tafelrunde, übers. v. Christian Spiel, 1987)

Journalistische und essayistische Schriften

  • The Harvest Gypsies: On the Road to the Grapes of Wrath (Reportagen, 1936), 1988, ISBN 978-0-8095-4963-4 (dt. Erntezigeuner: Unterwegs zu den Früchten des Zorns, übers. v. Wolfgang Astelbauer, 1997)
  • Sea of Cortez: A Leisurely Journal of Travel and Research, mit Ed Ricketts, 1941
  • Bombs Away: The Story of a Bomber Team, 1942
  • A Russian Journal, 1948 mit Robert Capa
    • dt.: Russische Reise, übers. v. Susann Urban, Edition Büchergilde, Frankfurt am Main/Wien/Zürich 2011 ISBN 978-3-7632-6398-1
  • The Log from the Sea of Cortez, 1951 (dt. Logbuch des Lebens, übers. v. Rudolf Frank, 1963)
  • Once There Was A War, 1958 (dt. An den Pforten der Hölle, übers. v. Hans Jürgen Jacobs, 1989)
  • Travels With Charley: In Search of America, 1962 (dt. Meine Reise mit Charley, übers. v. Iris u. Rolf Hellmut Foerster, 1962; neu übersetzt u.d.T. Die Reise mit Charley: Auf der Suche nach Amerika, aus dem Engl. und mit einem Nachwort von Burkhart Kroeber, 2002; dtv 2007)
  • America and Americans, 1966 (dt. Amerika und die Amerikaner, übers. v. Liselotte Moser u. Roswitha Plancherel-Walter, 1966)
  • Journal of a Novel: The East of Eden Letters, 1969 (dt. Tagebuch eines Romans, übers. v. Fritz Güttinger, 1970)
  • Working Days: The Journal of „The Grapes of Wrath“ (1938–41), 1988

Drehbücher

Verfilmte Werke

  • 1939 – Of Mice and Men (dt. Von Mäusen und Menschen) – Regie: Lewis Milestone
  • 1940 – The Grapes of Wrath (dt. Früchte des Zorns) – Regie: John Ford
  • 1955 – East of Eden (dt. Jenseits von Eden) – Regie: Elia Kazan
  • 1957 – The Wayward Bus (dt. Wo alle Straßen enden) – Regie: Victor Vicas
  • 1973 – The Red Pony (dt. Das letzte Wort hat Tilby) – Regie: Robert Totten
  • 1981 – Cannery Row (dt. ebenso) – Regie: David S. Ward
  • 1981 – East of Eden (sechsteilige TV-Serie) – Regie: Harvey Hart
  • 1992 – Of Mice and Men (dt. Von Mäusen und Menschen) – Regie: Gary Sinise

Sekundärliteratur

  • Jackson J. Benson: The True Adventures of John Steinbeck, Writer. Viking Press, New York 1984; Penguin Books 1990. ISBN 0-14-014417-X
  • Jay Parini: John Steinbeck. A Biography. Minerva, London 1994, Holt, New York 1995. ISBN 0-8050-1673-2
  • Annette Pehnt: John Steinbeck. dtv portrait. München 1998. ISBN 3-423-31010-3
  • Evelyn Runge: John Steinbeck, Dorothea Lange und die Große Depression. Sozialkritik in Literatur und Fotografie. 195 S., München, M-Press, 2006, Gebunden ISBN 3-89975-579-0

Weblinks

 Commons: John Steinbeck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vgl. Jay Parini: John Steinbeck. A Biography, New York 1995, S. 34.
  2. Genaueres hierzu in: Jackson J. Benson: John Steinbeck, Writer. A Biography, Penguin 1990, S. 63 ff.; vgl. auch den Sammelband Steinbeck and the Environment, ed. Susan Shillinglaw et al., University of Alabama Press, Tuscaloosa 1997.

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