John Winslow Irving

John Winslow Irving
John Irving in Warschau, Polen am 10. September 2006

John Winslow Irving (* 2. März 1942 in Exeter, New Hampshire) ist ein US-amerikanischer Romanautor.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

John Irving wurde als John Wallace Blunt, Jr. geboren. Benannt war er nach seinem Vater, einem Kampfpiloten. Seine Mutter, Helen Francis Winslow, eine Krankenschwester, ließ sich jedoch schon vor der Geburt des Sohnes scheiden. Im Alter von sechs Jahren wurde der Name geändert, nachdem sein Stiefvater, Collin F. N. Irving, ein Professor für russische Geschichte, ihn adoptiert hatte. Mit 14 Jahren begann John zu ringen und zu schreiben, hatte aber wegen seiner Legasthenie in der Schule große Schwierigkeiten. Im Alter von 19 Jahren wusste er, was er wollte: Ringen und Romane schreiben. (Zitat: „Schreiben ist wie Ringen. Man braucht Disziplin und Technik. Man muss auf eine Geschichte zugehen wie auf einen Gegner.“)

Irving studierte ab 1961 an der Universität von Pittsburgh englische Literatur, dann, 1962/1963, zwei Semester in Wien, wo er die Idee zu seinem ersten Roman hatte: Er verbrachte seine Zeit im Tiergarten und in Kaffeehäusern (da es in seinem Zimmer zu kalt war), fuhr Motorrad, las Die Blechtrommel von Günter Grass und schrieb, davon inspiriert, sein erstes Buch Lasst die Bären los!, das 1968 erschien. Nach der Zeit in Wien ging Irving auf die Universität von New Hampshire, wo er 1965 mit dem Bachelor abschloss. Seinen Master of Fine Arts schloss er 1967 in Iowa ab und trat anschließend eine Dozentenstelle an einem College in Vermont an.

Da er nach seinem dritten Roman der Meinung war, sein bisheriger Verlag würde ihn nur unzureichend unterstützen, brachte er sein viertes Buch, Garp und wie er die Welt sah bei einem anderen Verlag heraus und schaffte damit seinen Durchbruch. Der Roman erzählt die Lebensgeschichte des Schriftstellers T. S. Garp und seiner feministischen Mutter. Der Erfolg war so überwältigend, dass Irving sich fortan vollständig der Schriftstellerei widmen konnte und seine Dozententätigkeit aufgab.

1999 verfasste er das Drehbuch zu seinem Roman Gottes Werk und Teufels Beitrag selbst, nachdem er sich im Jahr zuvor von dem Film zu seinem Roman Owen Meany distanziert und eine Änderung des Titels in Simon Birch erreicht hatte. Für sein Drehbuch wurde Irving mehrfach ausgezeichnet.

Als Auskopplung aus dem Roman Witwe für ein Jahr (1998) erschien im Jahre 2003 sein erstes Kinderbuch Ein Geräusch, wie wenn einer versucht, kein Geräusch zu machen mit Zeichnungen von Tatjana Hauptmann.

John Irving hat aus seiner ersten Ehe zwei Söhne und ist in zweiter Ehe seit 1987 mit seiner Agentin verheiratet, mit der er einen weiteren Sohn hat. Er lebt abwechselnd in Vermont und Toronto.

Themen und Motive

Die unwahrscheinlichsten, oftmals äußerst skurrilen und makaberen Begebenheiten, die gleichzeitig wiederum ins Urkomische übergehen, zeichnen John Irvings Romane aus. Der Ton ist tragikomisch. Gesellschaftliche Tabus werden gebrochen. Diese vielfachen Überzeichnungen und Verzerrungen führen zu grotesken Satiren auf die amerikanische Gesellschaft. Ein weiteres Hauptthema sind die Höhen und Tiefen zwischenmenschlicher Beziehungen, die er meistens überdeutlich und krass darstellt: „... ich habe schon immer über Menschen geschrieben, die mit irgendeinem Verlust leben müssen – ganz egal, ob sie ein Körperteil verloren haben, einen geliebten Menschen oder Kinder. Wenn es Themen gibt, die sich ständig wiederholen in fast all meinen Büchern, dann sind es die Themen Verlust und Gewalt, die bizarr und völlig unerwartet passieren. Ich sehe jeden verdammten Tag Dinge in meiner Fantasie, die schrecklicher sind als der 11. September.“

Einige Motive sind in Irvings Romanen häufig aufzufinden: Körperbetonte Sportarten (Ringen, Football); wiederkehrende Regionalbezüge, bzw. Schauplätze (Maine, New Hampshire, Staten Island, auch Europa, v.a. Wien und Amsterdam); Charakteristika von Figuren (schüchterne Männer, starke Frauenfiguren, vaterlos aufwachsende Söhne, Prostituierte), von Beziehungen (sexuelle Beziehungen zwischen älteren Frauen und jüngeren Männern, Inzest, häufig homoerotische Beziehungen) und von Milieus (Rotlichtmilieus, Internatsschulen, Hotels / Pensionen, Zirkus) sowie die Schriftstellerei, Motorräder, Religion und immer wieder Bären. Manche Kritiker werfen Irving vor, sehr autobiographisch zu schreiben und sich ständig zu wiederholen; ein Problem, mit dem er sich auch in Witwe für ein Jahr auseinandersetzt.

Irvings größtes literarisches Vorbild ist Charles Dickens.

Auszeichnungen und Ehrungen

  • 1999 NBR Award für das Drehbuch zu der Verfilmung seines Romans Gottes Werk und Teufels Beitrag
  • 2000 Oscar für das Drehbuch zu der Verfilmung seines Romans Gottes Werk und Teufels Beitrag
  • 2000 Golden Satellite Award für das beste adaptierte Drehbuch zu der Verfilmung seines Romans Gottes Werk und Teufels Beitrag

Werke

Romane

Weitere Bücher

  • 1993 Trying to Save Piggy Sneed (dt. Rettungsversuch für Piggy Sneed), ISBN 3-257-22779-5
    Kurzgeschichten und ein Essay über Charles Dickens
  • 1996 The Imaginary Girlfriend (dt. Die imaginäre Freundin), ISBN 3-257-23308-6
    Vom Ringen und Schreiben – eine Autobiografie
  • 1999 My Movie Business: Mein Leben, meine Romane, meine Filme. ISBN 3-257-06238-9
    Über seine Erfahrungen, seinen Roman Gottes Werk und Teufels Beitrag zu verfilmen
  • 2003 Ein Geräusch, wie wenn einer versucht, kein Geräusch zu machen, ISBN 3-257-01102-4
    Kinderbuch, aus dem ersten Teil des Romans „Witwe für ein Jahr“, mit Zeichnungen von Tatjana Hauptmann

Verfilmungen

Trivia

In der Verfilmung von Garp und wie er die Welt sah spielte Irving in einer Nebenrolle einen Kampfrichter, der einen Schulkampf leitet, in Gottes Werk und Teufels Beitrag einen Bahnhofsvorsteher.

Literatur

  • Hartmut Braun: Literatur als Zerrspiegel. Metafiktion in den Romanen von John Irving. Osnabrück: Der Andere Verl. 2004, ISBN 3-89959-197-6
  • Barbara Sinic: Die sozialkritische Funktion des Grotesken. Analysiert anhand der Romane von Vonnegut, Irving, Boyle, Grass, Rosendorfer und Widmer. Frankfurt am Main u.a.: Lang 2003. (= Wiener Beiträge zu Komparatistik und Romanistik; 12) ISBN 3-631-50649-X
  • Elke Weiß: John Irving und die Kunst des Fabulierens. Frankfurt am Main u.a.: Lang 2002. (= Bremer Beiträge zur Literatur- und Ideengeschichte; 37) ISBN 3-631-38889-6
  • John Irving: Die imaginäre Freundin. Vom Ringen und Schreiben. Zürich: Diogenes Verlag 2002, ISBN 3-257-23308-6

Weblinks


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