Josef Holaubek

Josef Holaubek

Josef („Joschi“) Holaubek (* 5. Jänner 1907 in Wien; † 10. Februar 1999 in Wien) war von April 1945 bis 1947 Feuerwehrkommandant von Wien und anschließend bis 1972 als Polizeipräsident Leiter der Bundespolizeidirektion Wien.

Große Bekanntheit erlangte er, als er 1971 unbewaffnet und in Zivil einen entflohenen Schwerverbrecher, der sich bewaffnet und mit mehreren Geiseln in einem Wohnhaus verschanzt hatte, zur Aufgabe überreden konnte.

Inhaltsverzeichnis

Aufstieg zum Polizeipräsidenten

Josef Holaubek wurde am 5. Jänner 1907 in Wien geboren und erlernte das Tischlerhandwerk. Als Sozialdemokrat war er während des austrofaschistischen Ständestaates und in der NS-Zeit mehrmals in Haft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er von Bürgermeister Theodor Körner zum Feuerwehrkommandanten von Wien ernannt und baute die Berufsfeuerwehr Wien wieder auf. 1947 – die 1945 unter dem Wohlwollen der Roten Armee begonnene Zusammenarbeit von ÖVP und SPÖ mit den Kommunisten ging zu Ende – wurde er von Innenminister Oskar Helmer zum Polizeipräsidenten von Wien ernannt, der er bis 1972 blieb. Er brachte zwar keine Kenntnisse der Polizeiarbeit, jedoch langjährige Verankerung in einer der beiden Regierungsparteien und strikten Antikommunismus mit, angesichts der in den ersten Jahren der Besatzungszeit entstandenen Angst vor kommunistischer Unterwanderung (nach dem Beispiel in Nachbarländern errichteter Volksdemokratien) die wichtigste Eigenschaft.

Obwohl er den Beruf gewechselt hatte, wurde Holaubek der erste Präsident des nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1948 neuerlich gegründeten österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes und blieb dies bis 1972. Von 1960 bis 1980 war er weiters Präsident des „Internationalen technischen Komitees für vorbeugenden Brandschutz und Feuerlöschwesen“ CTIF.

Dienstzeit

Holaubek verstand es mit seinem umgänglichen Wesen, in Wien große Beliebtheit zu erreichen. Im Unterschied zu Polizeipräsidenten vor und nach ihm war er niemals in Uniform zu sehen; er wuchs in die Rolle eines allseits geschätzten Großvaters hinein, der für menschliche Schwächen Verständnis hat. Die folgende Anekdote, die davon ausgeht, dass Holaubek Stammgast im Wiener Szenelokal Gutruf war, zeugt davon: Als einmal zwei Polizisten, wegen Lärm aus dem Lokal aufmerksam geworden, nach dem Rechten sehen wollten, kam Holaubek aus dem sogenannten „Intellektstüberl“ und fragte die beiden: „Was is'?“, worauf die Polizisten geantwortet haben sollen „Nix, Herr Präsident.“„Na dann, da is' alles in Ordnung.“ – Die Polizisten werden mit „Ja, Herr Präsident.“ zitiert und sollen salutierend das Lokal verlassen haben.[1]

Gemeinsam mit dem damaligen Gewerkschaftsführer Franz Olah hatte er zudem entscheidenden Anteil an der Niederschlagung der kommunistischen Streikbewegung im Jahr 1950. Weitere wichtige Stationen waren die polizeiliche Sicherung der Veranstaltungen anlässlich des Abschlusses des Staatsvertrages 1955 und das Gipfeltreffen Kennedy - Chruschtschow im Jahr 1961. Am 13. Januar 1967 wurde Holaubek die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold überreicht.[2]

Legendär wurde Josef Holaubek, als im November 1971 die drei Häftlinge Walter Schubirsch (damals 22 Jahre alt), Alfred Nejedly (25) und Adolf Schandl (35) aus der Justizanstalt Stein ausgebrochen waren. Die drei Täter hatten zwei Justizbeamte überwältigt, sich deren Schusswaffen angeeignet und mit mehreren Geiseln die Flucht erzwungen. Nachdem Schandl allein weiter geflüchtet war, verschanzten sich die anderen beiden Häftlinge mit vier Geiseln in einem Wohnhaus in Wien Donaustadt. Während sich Nejedly nach stundenlanger Belagerung der Polizei ergab, blieb Schubirsch mit drei geladenen Pistolen in der Wohnung und drohte damit Geiseln zu töten. Trotz Einsprüchen der Sicherheitsbeamten am Ort trat Holaubek unbewaffnet und in Zivil vor die Wohnung und konnte Schubirsch schließlich persönlich zur Aufgabe überreden und ihn zum Polizeiauto geleiten. Legendär wurde dabei sein Ausspruch „I bin's, der Präsident!“, mit dem er sich bei Schubirsch zu erkennen gab. In den Medien und in der Öffentlichkeit wurde und wird er unterschiedlich anders zitiert, sei es mit den Worten „I bin's, dein Präsident!“, eine Aussage, die jedoch keinen Sinn ergeben würde, sei es mit „Komm' her Walter, i bin's dein Präsident.“  [1], sei es mit „Ich bin's, der Holaubek, Euer Präsident – I mach do kane Schmäh! Schau nach, Schubirsch – Schau durchs Guckerl!“.[3][4] Holaubek kümmerte sich auch weiterhin um Schubirsch, indem er ihn nach seiner vorzeitigen Haftentlassung finanziell unterstützte und ihm eine Arbeit in einem Kloster verschaffte. Schubirsch ist der einzige der drei Stein-Ausbrecher, der in ein geregeltes und straffreies Leben zurückfand.[5]

Tod und Gedenken

Josef Holaubek verstarb am 10. Februar 1999 in Wien und wurde in einem Ehrengrab der Stadt Wien auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 15 G, Nummer 1) beigesetzt.

In Anerkennung seines 25-jährigen Wirkens als Leiter der Bundespolizeidirektion Wien wurde im Jahr 2000 ein Teil des im neunten Wiener Gemeindebezirk, Alsergrund, gelegenen Liechtenwerder Platzes in Josef-Holaubek-Platz umbenannt. Dort befindet sich ein großes Bundesamtsgebäude, in dem mehrere Dienststellen des Innenministeriums und der Polizei untergebracht sind.

In Anerkennung Holaubeks wurde 2009 vom Unternehmer Ali Rahimi und dem Landespolizeikommandanten von Wien, Karl Mahrer, die Josef-Holaubek-Medaille ins Leben gerufen. Diese wird an ausgewählte Polizisten verliehen, die im Dienst verletzt wurden. Die erste Verleihung der Medaille erfolgte am 9. Dezember 2009 an Bezirksinspektor Wilhelm Seper, der am 8. April 2009 bei der Verfolgung und anschließenden Überwältigung eines Flüchtigen lebensgefährliche Stichverletzungen erlitt.[6]

Einzelnachweise

  1. a b Ö1 Hörbilder am 13. September 2008: Das Gutruf. Abgerufen am 20. November 2009.
  2. wien.gv.at: Ehrung für Polizeipräsident. Abgerufen am 29. Jänner 2010.
  3. Blaulicht und Graulicht - Das Online Magazin: Stein-Ausbrecher Alfred Nejedly wieder aktiv – Bauchschuss!, 21. November 2008. Abgerufen am 20. November 2009
  4. Arbeiter-Zeitung: Stein: 3 Häftlinge mit Geisel geflohen, 5. November 1971, S 1 und 5;
    Geiseln blieben heil – Gangster untergetaucht, 6. November 1971, S 1, 4 und 5;
    Wien atmet auf: Die Gangster ergaben sich – So zermürbte die Polizei die Kidnapper, 7. November 1971, S 1, 3 ff
  5. Wiener Zeitung: Polizeipräsident war auf Du und Du mit den Verbrechern, 2. Jänner 2007. Abgerufen am 29. Jänner 2010.
  6. 32. Raiffeisen Sicherheitsverdienstpreis

Siehe auch

Weblinks



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