Josef Klehr

Josef Klehr

Josef Klehr (* 17. Oktober 1904 in Langenau, Oberschlesien; † 23. August 1988 in Leiferde) war ein deutscher SS-Oberscharführer und SS-Sanitätsdienstgrad (SDG) im KZ Auschwitz I.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Klehr wurde als Sohn eines Erziehers geboren. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er das Tischlerhandwerk. Bis 1934 arbeitete er als Tischlergeselle. Ende 1934 (nach einem vergeblichen Versuch, als Erzieher in der gleichen Anstalt, in der sein Vater tätig war, unterzukommen) wurde er Pfleger in der Heil- und Pflegeanstalt in Leubus. Ab 1938 übernahm er eine Stelle als Hilfswachtmeister im Zuchthaus Wehlau.

Bereits im Herbst 1932 war Klehr der SS und der NSDAP beigetreten. Im August 1939 wurde er zur Waffen-SS eingezogen. Er kam zur Wachmannschaft des KZ Buchenwald. 1940 wurde Klehr als SS-Sanitäter ins KZ Dachau versetzt, wo er sowohl im Häftlingskrankenbau als auch im SS-Revier tätig war. Im Oktober 1941 wurde er zum SS-Unterscharführer befördert und ins KZ Auschwitz abkommandiert. Dort wurde er zunächst im Häftlingskrankenbau des Stammlagers als leitender Sanitäter eingesetzt.

Klehr war berüchtigt für sein „Abspritzen“ (Mord durch Phenolinjektion in den Herzmuskel) von Häftlingen.

„Klehr liebte es, nach der Untersuchung der kranken Häftlinge durch den Lagerarzt weitere Häftlinge in den Krankensälen des Häftlingskrankenbaus für die Tötung durch Phenol auszusuchen, sowie der Lagerarzt das Lager verlassen hatte. Dabei ging er durch die Krankenblocks und wählte willkürlich jüdische Häftlinge aus […] [Er] hatte eine Vorliebe für gerade Zahlen. Er wollte die Zahl der durch den Lagerarzt zur Tötung ausgewählten Häftlinge ‚nach oben aufrunden‘.“[1]

Klehr war, ab Frühjahr 1943 als Leiter des Desinfektionskommandos, an den Massenmorden in den Gaskammern direkt beteiligt. In einer Reihe von Fällen hat er das Zyklon B in die Gaskammern hineingeschüttet, nachdem „jüdische Menschen, die mit einem Reichssicherheitshauptamt-Transport kamen, dort eingeschlossen waren.“[1]

Am 20. April 1943 wurde Klehr für seine „Verdienste“ mit dem Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. Ab Juli 1944 leitete er den Häftlingskrankenbau im Nebenlager Gleiwitz I und war für den sanitären Bereich der Nebenlager Gleiwitz I bis IV verantwortlich. Im Rahmen der Evakuierung des KZ Auschwitz, zwischen dem 17. Januar und dem 23. Januar 1945, bewachte Klehr eine Häftlingskolonne und begleitete diese in das KZ Groß-Rosen. Dort wurde er einem SS-Kampfverband angeschlossen und kam gegen Kriegsende über die Tschechoslowakei nach Österreich.

Nach 1945

In Österreich geriet Klehr im Mai 1945 in amerikanische Gefangenschaft. Er wurde ins Kriegsgefangenenlager nach Böblingen verbracht und von einem Lagergericht wegen Zugehörigkeit zur SS zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt.

Im März 1948 wurde er aus dem Arbeitslager nach Braunschweig entlassen. Dort arbeitete er bis zu seiner erneuten Verhaftung im September 1960 als Tischler.

Im 1. Auschwitzprozess, der am 20. Dezember 1963 vor dem Schwurgericht in Frankfurt am Main aufgenommen wurde, wurde er im August 1965 zu lebenslangem Zuchthaus und weiteren 15 Jahren Zuchthaus wegen Mordes in „allermindestens 475 Fällen“ und Beihilfe zum Mord in mehreren Tausend Fällen verurteilt. Zudem verlor er die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit. Klehr wurde 1988 aus der Strafhaft entlassen und verstarb noch im selben Jahr.

Quellen

  1. a b Ebbo Demant (Hg.): Auschwitz - „Direkt von der Rampe weg...“. Kaduk, Erber, Klehr: Drei Täter geben zu Protokoll. Rowohlt, Hamburg 1979, ISBN 3499144387

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Klehr — ist der Name folgender Personen: Josef Klehr (1904–1988), SS Unterscharführer; Sanitäter in Auschwitz; Massenmörder Nikolaus Klehr (* 1944), deutscher Arzt und Alternativmediziner Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unte …   Deutsch Wikipedia

  • Josef Berger — Josef Berger, or Joseph Isadore Berger (May 12, 1903 November 11, 1971), was an American journalist and speechwriter. Early lifeBerger was born in Denver, Colorado in 1903 and graduated from the University of Missouri School of Journalism in 1924 …   Wikipedia

  • Josef Bühler — Josef Buehler (middle) in May 1941 Born 16 February 1904 (2011 02 16T19:04 …   Wikipedia

  • Josef Erber (SS-Oberscharführer) — Josef Erber (bis 1944 Josef Houstek) (* 16. Oktober 1897 in Ottendorf Österreich Ungarn; † 1987) war SS Oberscharführer und Mitglied der Lager Gestapo im Konzentrationslager Auschwitz Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Nach 1945 3 Webli …   Deutsch Wikipedia

  • Josef Mengele — Mengele redirects here. It is not to be confused with Mengler (disambiguation). Josef Mengele …   Wikipedia

  • Liste der Biografien/Kl — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Auschwitz-Prozess — Bei den Auschwitzprozessen handelt es sich im engeren Sinn um die sechs Strafprozesse gegen Mitglieder der Lagermannschaft des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz vor dem Schwurgericht in Frankfurt am Main in den Jahren 1963–65… …   Deutsch Wikipedia

  • Auschwitz-Prozesse — Bei den Auschwitzprozessen handelt es sich im engeren Sinn um die sechs Strafprozesse gegen Mitglieder der Lagermannschaft des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz vor dem Schwurgericht in Frankfurt am Main in den Jahren 1963–65… …   Deutsch Wikipedia

  • Auschwitzprozess — Bei den Auschwitzprozessen handelt es sich im engeren Sinn um die sechs Strafprozesse gegen Mitglieder der Lagermannschaft des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz vor dem Schwurgericht in Frankfurt am Main in den Jahren 1963–65… …   Deutsch Wikipedia

  • Auschwitzprozesse — Das Haus Gallus in Frankfurt am Main, dem Ort der Verhandlungen des 1. Auschwitzprozesses 1963 65 Bei den Auschwitzprozessen handelt es sich u.a. um sechs Strafprozesse gegen Mitglieder der Lagermannschaft des nationalsozialistischen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”