Amtshilfe

Amtshilfe

Die Amtshilfe ist die verwaltungsmäßige nationale und internationale Unterstützung einer Behörde durch eine andere Behörde. Die Behörde, die um Amtshilfe bittet, wird ersuchende Behörde genannt. Die Behörde, die Amtshilfe leisten soll, wird als ersuchte Behörde bezeichnet. Die Amtshilfe unter Justizbehörden wird Rechtshilfe genannt.

Inhaltsverzeichnis

Amtshilfe in Deutschland

Innerhalb von Deutschland

In Deutschland sind die Behörden zur gegenseitigen Amtshilfe verpflichtet. Amtshilfe wird grundsätzlich kostenlos und gebührenfrei geleistet, allerdings sind Auslagen unter bestimmten Bedingungen, geregelt z. B. in § 8 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), zu erstatten. Die ersuchte Behörde kann die Amtshilfe in bestimmten Fällen ablehnen, beispielsweise dann, wenn sie nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand Hilfe leisten könnte. Die ersuchte Behörde darf keine Amtshilfe leisten, wenn sie dadurch gegen ein Gesetz, beispielsweise gegen Vorschriften des Datenschutzes, verstoßen würde. Die Amtshilfe durch die Bundeswehr ist zusätzlich durch das Grundgesetz auf Tätigkeiten, die noch nicht die Qualität eines Einsatzes erreichen, beschränkt.[1]

Keine Amtshilfe liegt vor, wenn sich Behörden innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses Hilfe leisten, wenn also eine untere Behörde ihre übergeordnete Behörde unterstützt. Besteht die Hilfeleistung in Handlungen, die der ersuchten Behörde ohnehin als eigene Aufgabe obliegen, ist ebenfalls kein Fall der Amtshilfe gegeben.

Der Grundsatz der allgemeinen Amts- und Rechtshilfe ist in Deutschland in Art. 35 Abs. 1 GG es festgeschrieben: „Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.“ In Absatz 2 und 3 werden spezielle Formen der Amtshilfe im Falle einer Naturkatastrophe, einem „besonders schweren Unglücksfall“ oder dem inneren Notstand geregelt. Detaillierte Regelungen finden sich in verschiedenen Gesetzen, unter anderem in den §§ 4 bis 8Vorlage:§§/Wartung/alt-URL VwVfG, den §§ 3 bis 7Vorlage:§§/Wartung/alt-URL Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und den §§ 111 bis 117Vorlage:§§/Wartung/alt-URL Abgabenordnung.

Ein Unterfall der Amtshilfe ist z. B. die Vollzugshilfe.

Internationale Amtshilfe

Im Zuge der Globalisierung der Wirtschaftsbeziehungen - sowohl im internationalen Handel als auch darüber hinaus bei Privatleuten - gibt es vielfältige grenzüberschreitende Sachverhaltsgestaltungen, die mit den Mitteln des rein nationalen Rechts nicht mehr erfassbar sind. Die Verwaltung hat von Amts wegen den Auftrag zur Aufklärung von Sachverhalten. Der Auftrag endet nicht an der Staatsgrenze. Er stößt aber auf die territorialen Grenzen der nationalen Staatsgewalt, die auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begrenzt ist. Die Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse auf fremden Staatsgebiet ist nach allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts ohne Erlaubnis des fremden Staates unzulässig (Territorialitätsprinzip). Aus dem Auseinanderfallen von räumlichem Wirkungsbereich der Rechtsnormen einerseits und der Gebietshoheit andererseits ergibt sich die Notwendigkeit und die Rechtfertigung eines internationalen Amtshilfeverkehrs.

Regelungen in Deutschland zur internationalen Zusammenarbeit in Steuersachen

Besondere praktische Bedeutung kommt der internationalen bzw. zwischenstaatlichen Zusammenarbeit in Steuersachen zu. Die nationalen Sachaufklärungsmittel und –befugnisse reichen erfahrungsgemäß nicht aus, damit die Finanzverwaltung den Auftrag der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung zu erfüllen vermag. Daher hat sich eine Reihe von internationalen Kooperationsformen herausgebildet. Als solche sind zu nennen:

  • Hilfe bei der Vollstreckung von Steueransprüchen (völkerrechtliche Vereinbarungen, EU-Beitreibungsgesetz);
  • Informationsaustausch bei der Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen, die sog. internationale Amtshilfe (völkerrechtliche Vereinbarung, EU-Rechtsakte, EG-Amtshilfe-Gesetzes (EGAHiG)[2]).

In dem Zusammenhang sind auch die Bestrebungen auf Anstoß von Deutschland und Frankreich über ein entschlossenes Vorgehen gegen Steuerparadiese in der jüngeren Zeit als Folge der Liechtensteiner Steueraffäre zu sehen. Auf einer Konferenz der OECD in Paris am 21. Oktober 2008 haben die Vertreter von 17 Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen „Steueroasen“ beraten. Die Teilnehmer erörterten, welche Maßnahmen gegen Staaten und Gebiete ergriffen werden können, die nicht bereit sind, mit anderen Staaten auf der Grundlage des von der OECD entwickelten Standards im Bereich der Besteuerung zusammenzuarbeiten und die so ihre Finanzplätze zu Lasten des Steueraufkommens anderer Staaten fördern. Die Teilnehmer forderten von der OECD, bis Mitte 2009 die „Schwarze Liste“ der weltweiten Steueroasen zu überarbeiten. Weltweit gibt es rund fünfzig Steuerparadiese, in denen mehr als 400 Banken, zwei Drittel der 2.000 Hedgefonds und ungefähr zwei Millionen Briefkastenfirmen ansässig sind und an allen Kontrollen vorbei EUR 7,3 Billionen an Geldern verwaltet werden. Dazu gehören nach Angaben der OECD die niederländischen Antillen, die britischen Kanalinseln Guernsey und Jersey sowie Belize, Panama und die Seychellen. Drei Staaten verweigerten der Organisation zufolge jede Zusammenarbeit: Andorra, Liechtenstein und Monaco. Im Nachgang zu der Konferenz wurde von den 20 führenden Industriestaaten (G20) der Druck auf „Steueroasen“ derart erhöht, dass diese in Laufe des Jahres 2009 nahezu allesamt einlenkten und eine Zusammenarbeit nach OECD-Standard zusagten.

Vor dem Hintergrund stellte die deutsche Bundesregierung am 19. Januar 2009 ihren ersten Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken und der Steuerhinterziehung“ vor, das in dem am 29. Juli 2009 verabschiedeten Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung (Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz)[3] mündete.

Die Zielrichtung des Gesetzes ist es, dass die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung künftig deutlich erschwert werden soll. Die Regelungen beziehen sich vor allem auf so genannte Steueroasen, also Länder, die die Standards der OECD nicht anerkennen. Nach dem Gesetz werden die deutschen Finanzbehörden mit zusätzlichen Vollmachten ausgestattet. Bürger, die Geschäftsbeziehungen im unkooperativen Ausland unterhalten, werden verpflichtet, mit den deutschen Finanzbehörden zu kooperieren und ihnen umfassend Auskunft zu erteilen. Geschieht das nicht, werden Sanktionen fällig.[4]

Zwischenstaatliche Amtshilfe können die Finanzbehörden sowohl zur Verfolgung einer Steuerstraftat oder –ordnungswidrigkeit als auch zur Gewährleistung gesetzmäßiger Besteuerung in Anspruch nehmen. Dies gilt sowohl für die Hilfe durch ausländische Finanzbehörden als auch die Hilfe an ausländische Finanzbehörden. Die Unterscheidung zwischen Amts- und Rechtshilfe in § 117 AO ist ohne sachliche Auswirkung. Diese Regelung bezieht sich ausschließlich auf die Amtshilfe für Zwecke der Besteuerung.

Amtshilfe in Steuersachen in der Europäischen Union

Amtshilfe findet vor allem zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union statt[5].

So leisten die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nach der EG-Amtshilferichtlinie[6] sich gegenseitig Amtshilfe bei der Festsetzung der Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen (direkte Steuern) und bei der Festsetzung und Erhebung der Steuern auf Versicherungsprämien. Soweit die deutschen Steuerbehörden den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten Auskünfte im Wege der Amtshilfe erteilen, die für die Steuerfestsetzung in diesem Staat von Bedeutung sind, z.B. bei Arbeitnehmern, die nicht im Wohnsitzstaat arbeiten, erfolgt dies nach Maßgabe des deutschen EG-Amtshilfe-Gesetzes (EGAHiG)[2]. Damit soll vor allem die Koordinierung der Ermittler bei grenzüberschreitendem Steuerbetrug und die Arbeit der Steuerbehörden bei Steuersachen mit Auslandsbezug erleichtert werden.

Die zwischenstaatliche Amtshilfe bei der Steuervollstreckung

Die Vollstreckung deutscher Steuerforderungen im Ausland und die Vollstreckung ausländischer Steuerforderungen im Inland ist innerhalb der EU aufgrund der die EU-Beitreibungsrichtlinie [7], die das EG-Beitreibungsgesetz (EG-BeitrG) [8][9] in innerstaatliches Bundesrecht umsetzt, möglich.

Zwischenstaatliche Zusammenarbeit bei der Mehrwertsteuer

In eine neue Dimension ist die multilaterale Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen auf Ebene der EU durch Vollendung des gemeinsamen Binnenmarktes zum 1. Januar 1993 vorgerückt. Die inländische n Finanzbehörden können und müssen gemäß EU-Zusammenarbeitsverordnung mit anderen EU-Staaten auf dem Gebiete der indirekten Steuern in besonderen Formen zusammenarbeiten, um nach dem Wegfall der steuerlichen Kontrollen an den Binnengrenzen der EU die indirekte Besteuerung (Verbrauchsteuern, Mehrwertsteuer) sicherzustellen. Für die Amtshilfe im Bereich der Mehrwertsteuer gibt es eine entsprechende EG-Verordnung[10].

Quellen

  1. Dies folgt aus Artikel Art. 87a Abs. 2 Grundgesetz, in dem es heißt: „Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.“ Ab welchen Tätigkeiten die Einsatzschwelle erreicht ist, ist unter Verfassungsrechtlern umstritten.
  2. a b Das EG-Amtshilfe-Gesetz (EGAHiG) vom 20. Dezember 2007 in Deutschland. Bundesrecht.juris.de. Abgerufen am 20. Juni 2010.
  3. Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung – Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz, BT-Drs. 16/12852 und 16/13106, beschlossen vom Deutschen Bundestag in seiner 231. Sitzung am 3. Juli 2009 (Plenarprotokoll 16/231)
  4. Obenhaus, Die Bedeutung des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes für die Praxis, in: Die Steuerberatung 2009, S. 389, ISSN:0490-9658
  5. Die Zusammenarbeit bei der Überwachung und Betrugsbekämpfung bei Steuern in der Europäischen Union. Ec.europa.eu (30. April 2010). Abgerufen am 20. Juni 2010.
  6. EG-Amtshilferichtlinie vom 19. Dezember 1977 (77/799/EWG) über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern in der Fassung der Richtlinie 2004/106/EG des Rates vom 16. November 2004 zur Änderung der Richtlinie 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern, bestimmter Verbrauchsteuern und der Steuern auf Versicherungsprämien sowie der Richtlinie 92/12/EWG über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren
  7. Richtlinie 2008/55/EG des Rates vom 26. Mai 2008 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen (kodifizierte Fassung) (ABl. EU Nr. L 150 S. 28)
  8. Gesetz zur Durchführung der EG-Beitreibungsrichtlinie (EG-Beitreibungsgesetz - EG-BeitrG) vom 10. August 1979 (BGBl. I 1979 S. 1429), neugefasst durch Bek. vom 3. Mai 2003 (BGBl. I 2003 S. 319, BGBl. I 2003 S. 654), zuletzt geändert durch Art. 6 G vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I 2007 S. 2897)
  9. EG-BeitrG - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis. Bundesrecht.juris.de. Abgerufen am 20. Juni 2010.
  10. Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom 7. Oktober 2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer

Weblinks

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