Juliett-Klasse

Juliett-Klasse
Klassendetails Soviet Naval Ensign
U-Boot-Typ: Raketen-U-Boot
Anzahl Einheiten: 16 gebaut, 0 in Dienst
Dienstzeit: 1963 bis ca. 1991
Technische Daten
Länge: 85,9 m
Breite: 9,7 m
Tiefgang: 6,9 Meter
Verdrängung:
  • 4.137 ts getaucht
  • 3.174 ts aufgetaucht
Antrieb:
  • Dieselmotoren: 2 x 4000 PS D - 43 Hauptaggregate, 1 x 1720 PS 2D - 42 Hilfsaggregat
  • Elektromotoren: 2 x 6000 PS PG - 141 Haupt-, 2 x 200 PS PG - 140 Schleichfahrtaggregate
Geschwindigkeit:
  • 15,9 kn aufgetaucht
  • 18 kn getaucht
Besatzung: 12 Offiziere, 16 Unteroffiziere, 54 Matrosen

Die Juliett-Klasse (NATO-Bezeichnung), sowjetische Bezeichnung Projekt 651, ist eine für die sowjetischen Marine gebaute Klasse von Unterseebooten. Sie wurden in den 1960er Jahren in Dienst gestellt und blieben bis Anfang der 1990er Jahre aktiv. Es sind die größten diesel-elektrisch betriebenen U-Boote der Welt.

Die Boote der Juliett-Klasse waren primär mit Marschflugkörpern bewaffnet und sind daher als SSG zu klassifizieren.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Konzeption

Die U-Bootklasse wurde in den späten 1950er Jahren in Auftrag gegeben. Sie wurden parallel zu den Booten der Echo-Klasse entwickelt, die allerdings nuklear angetrieben wurden. Der Grund hierfür ist, dass nur zwei Werften in der Sowjetunion fähig waren, Atom-U-Boote zu bauen. Die Juliett-Klasse war somit die Möglichkeit, in kurzer Zeit eine größere Stückzahl SSG in die Flotte zu integrieren. Aus diesem Grund waren vorerst auch bis zu 72 Einheiten dieses Typs geplant. 1962 wurde die Reduzierung auf die dann auch tatsächlich gebauten 16 Einheiten beschlossen, um mehr Atom-U-Boote bauen zu können.

Die Klasse selber ist eine Ableitung der Foxtrot-Klasse, für die Integration der Marschflugkörper wurde der Rumpf allerdings verbreitert.

Dienstzeit

Zwischen 1961 und 1968 wurden 16 Einheiten, alle bis auf K-85, auf der Werft Krasnoje Sormowo in Gorki gebaut.

Zu Beginn der 1980er wurden die U-Boote das erste Mal außer Dienst gestellt. Nach der Reaktivierung 1985 gingen die Boote bis 1988 in Reserve. Die endgültige Außerdienststellung erfolgte in der ersten Hälfte der 1990er.

So ging B-124 (ex-K-24) 1991 außer Dienst, wurde 1994 verkauft und liegt heute in Peenemünde als Museumsschiff. K-77 wurde ebenfalls demilitarisiert und verkauft, war bis April 2007 in Providence, Rhode Island für Besucher zugänglich und sank dann nach einem Sturm.

Einheiten

Der Werdegang der einzelnen Boote lässt sich auf Grund von widersprüchlichen Informationen nur schwer belegen. So wurde K-77 als K-81 verkauft und von den Betreibern beworben. Erst Dokumentenfunde bei der Herrichtung des Inneren bewiesen die wahre Identität.

Bezeichnung Werftnummer Baubeginn Stapellauf Indienststellung Werdegang
K-24 (seit 1987: B-124) 511 15.10.1961 15.12.1962 31.10.1965 Nordflotte, ab 1987 Baltik-Flotte, verkauft 1994, heute Museumsschiff in Peenemünde
K-58 (B-58) 521 15.07.1963 12.02.1965 23.09.1966 Schwarzmeerflotte, 1992 am Liegeplatz gesunken, danach verschrottet
K-63 (B-63) 513 25.04.1962 26.07.1963 12.06.1966 Nordflotte, ab 1987 Baltikflotte, verschrottet 1991
K-67 (B-67) 524 31.01.1965 29.10.1966 30.09.1967 Schwarzmeerflotte, verschrottet 1994
K-68 (B-68) 512 25.01.1962 30.04.1963 28.12.1965 Nordmeerflotte, ab 1987 Baltikflotte, verschrottet 1987
K-70 (seit 1987: B-70/B-270) 514 25.08.1962 06.02.1964 31.12.1964 Pazifikflotte, verschrottet 1991
K-73 (B-73) 523 01.08.1964 31.05.1966 15.12.1966 Pazifikflotte, verschrottet 1991
K-77 (B-77) 515 31.01.1963 11.03.1965 31.10.1965 Nordmeerflotte, ab 1987 Baltikflotte, 1994 verkauft, heute Museumsschiff in den USA, 2007 gesunken
K-78 (seit 1987: B-78/ B-478) 525 25.07.1963 07.08.1964 01.11.1965 Nordmeerflotte, ab 1987 Baltikflotte, 1992 auf dem Weg zur Verschrottung gesunken
K-81 (B-81) 522 20.11.1964 07.08.1964 14.12.1965 ungeklärt
K-85 (B-85) 553 26.10.1961 31.01.1964 30.12.1964 Nordmeerflotte, ab 1987 Baltikflotte, verschrottet 1988
K-120 (B-120) 534 25.03.1967 11.07.1968 26.12.1968 Pazifikflotte, verschrottet 1991
K-156 (seit 1987: B-156) 552 16.11.1960 31.07.1962 10.12.1963 Nordmeerflotte, ab 1987 Baltikflotte, verschrottet 1988
K-203 (B-203) 531 25.12.1965 30.06.1967 02.12.1967 Nordmeerflotte, ab 1987 Baltikflotte, verschrottet 1994
K-304 (B-304) 532 06.08.1965 24.11.1967 21.06.1968 Nordmeerflotte, ab 1987 Baltikflotte, verschrottet 1994
K-318 (B-318) 533 29.03.1966 28.03.1968 29.09.1968 Schwarzmeerflotte, verschrottet 1994

Technik

Rumpf

Aufnahme der US Navy aus dem Jahr 1988

Die Konstruktion ist ein Zweihüllenboot, unterteilt in acht Sektionen. Der Rumpf der ersten beiden Boote K-156 und K-85 bestand zur Signalreduzierung aus schwach-magnetischem Spezialstahl, eine Neuerung im sowjetischen U-Bootbau. Bei den weiteren Booten wurde wieder herkömmlichen Stahl verbaut. Hinzu kommt bei allen Booten eine Auflage mit 5 cm dicken Hartgummiplatten. Die maximale Tauchtiefe liegt bei 300 m, die Zerstörungstiefe bei 600 m. Die auffälligen Öffnungen im Rumpf zur Abweisung der Raketentreibgase erleichterten NATO-Einheiten die Identifikation per Sonar.

Sonstiges

  • Autonomie: 90 Tage
  • Tauchdauer: max. 33 Tage
  • Treibstoffvorrat: max. 670 t
  • Frischwasser: 44 t
  • Hochdruck-Pressluft mit 200 kg/cm²: 37,8 m³
  • Proviant: 17,4 t
  • Toiletten: 3 Stück
  • Dusche: 1
K-24, umbenannt in U461 im Maritim Museum Peenemünde

Antrieb

Zwei 6.000 PS-Elektromotoren ließen eine maximale Unterwassergeschwindigkeit von 18 Knoten zu. Für die Schleichfahrt wirkten zwei 200 PS-Motoren auf die beiden Schrauben.

Die Silber-Zink-Akkumulatoren für die getauchte Fahrt von K-156 und K-85 hatten ein Gewicht von 300 t. Auf den anderen Booten kamen Bleiakkumulatoren zum Einsatz. Sie speicherten genug Energie für 27 sm bei 17 kn Geschwindigkeit. Bei einer Geschwindigkeit von 2,8 kn wurde ein maximaler Fahrbereich von 810 sm erreicht.

Im Seeeinsatz wurde hauptsächlich mit Schnorchel gefahren. Dafür lief das Boot in ca. acht Metern Tiefe, damit die beiden 4.000 PS-Dieselaggregate den notwendigen Sauerstoff über die Schnorchelanlage beziehen konnten. Der Fahrbereich betrug dabei bei einem Treibstoffvorrat von maximal 670 t 18.000 sm. Da der Antrieb diesel-elektrisch erfolgte, betrieben die Dieselmotoren die Wellen nicht direkt, sondern lieferten nur die notwendige Energie für den Betrieb der Elektromotoren.

Bewaffnung

Hintere Fk-Rampen und Feuerleitanlage am vorderen Ende des Turmes in Gefechtstellung

Die Hauptbewaffnung der Boote bestand aus vier Marschflugkörpern P-5 (SS-N-3C „Shaddock“) , später aus vier zielsicheren Antischiffslenkwaffen P-6 (SS-N-3A). In den 1980er-Jahren wurden sie mit dem SS-N-3-Nachfolger SS-N-12 Sandbox (P-500 4K80 Bazalt) ausgestattet.

Die Marschflugkörper konnten nur aufgetaucht bei langsamer Fahrt eingesetzt werden, was das Boot für den gesamten Zeitraum zwischen Abschuss und Zielkontakt angreifbar machte. Sie befanden sich in je zwei vor und hinter dem Turmaufbau befindlichen, horizontalen Abschussvorrichtungen. Zum Start eines Flugkörpers mussten diese um ca. 20° nach oben ausgefahren werden.

Die Feuerleitung erfolgte durch die Flugkörper-Feuerleitanlage „Argument“, NATO-Kennung „Front Door“ bzw. „Front Piece“ am vorderen Bereich des Turmes. Im Einsatz wurde die Anlage um 180° in Gefechtsstellung gedreht. Nach dem Auftauchen wurde die Feuerbereitschaft in rund 5 Minuten hergestellt, danach erfolgte der Abschuss in zehnsekündigen Intervallen. Für den Schuss auf Ziele hinter dem Horizont wurden der Kurs von Seeaufklärern Tu-95RT „Bear-D“ per Radar überwacht und diese Daten an das U-Boot übermittelt, damit falls nötig Kurskorrekturen vorgenommen werden konnten.

Zur Selbstverteidigung besaßen die Boot außerdem sechs Bugtorpedorohre (533 mm) gegen Überwasserschiffe und Hecktorpedorohre (400 mm) zur U-Boot-Abwehr. Das Aufmunitionieren der Torpedos erfolgte durch die Torpedorohre. Dazu wurden je die vorderen oder hinteren Ballasttanks geflutet um so die Öffnungen der Rohre bis über die Wasseroberfläche zu heben [1][2].

Elektronik

  • „Snoop Slab“ Oberflächensuchradar
  • „Stop Light“ für elektronische Unterstützungsmaßnahmen
  • eine Unterwassertelekommunikationsanlage
  • Sonar: Hochfrequenz-Bugsonar, ein Mittelfrequenztorpedokontrollsonar „Leningrad 651“
  • Fk-Feuerleitradar: „Front Door“ und „Front Piece“

Einsatzprofil

Die Boote der Klasse sollten mit ihren für den Angriff auf Landziele ausgelegten Marschflugkörpern eine Bedrohung für US-amerikanische Städte an der Ostküste bilden. Nachdem genügend SSBN-Boote der Yankee-Klasse zur Verfügung standen, ersetzte man die Marschflugkörper gegen Seezielflugkörper zur Bekämpfung von US-Trägerkampfgruppen. Die längere Seeausdauer der vorhandenen atomar betriebenen U-Booten und die für die Bekämpfung von Großstädten besser geeigneten Interkontinentalraketen machte die Juliett-Klasse für die nukleare Abschreckung entbehrlich, folglich verwendete man sie in der Rolle der Schiffsbekämpfung weiter.

Von den ursprünglich geplanten 72 Booten sollten 14 der Nordflotte, je sieben der Mittelmeer-, Schwarzmeer und Ostseeflotte und der Rest der Pazifikflotte zugeteilt werden. Schließlich fuhren von den 16 Booten neun in der Nordflotte und unternahmen dort Übungs- und Patrouillenfahrten mit scharfen Waffen im Nordatlantik. Vier Boote wurden in den Pazifik verlegt, der Rest verteilte sich auf die anderen Einsatzräume.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gehobener Bug
  2. Gehobenes Heck

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