Julius von Minutoli

Julius von Minutoli

Julius Rudolph Ottomar Freiherr von Minutoli (* 30. August 1804 in Berlin; † 5. November 1860 in der Karawanserei Kaneh Zenjan bei Schiraz, Persien) war ein preußischer Polizeidirektor, Diplomat, Wissenschaftler und Schriftsteller, außerdem ein begabter Zeichner. Minutoli gilt als Musterbeispiel eines humanitär aufgeklärten und umfassend gebildeten preußischen Staatsbeamten.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Minutoli war der zweite Sohn von Heinrich von Menu, damals einer der Lehrer des Berliner Kadettenkorps, der 1810 zum Erzieher des Prinzen Carl ernannte wurde, seit 1820 den Titel eines Freiherrn von Minutoli führte und sich vor allem als Altertumsforscher einen Namen machte. Seine Mutter, Wolfradine geb. von Schulenburg, wurde später als Schriftstellerin über Ägypten bekannt. Da die Familie seit 1810 im königlichen Palast Unter den Linden wohnte, hatte Julius von Minutoli von früh auf persönlichen Umgang auch mit dem Kronprinzen, dem nachmaligen Friedrich Wilhelm IV.

Julius von Minutoli, Kolorierte Lithographie des Posener Stadtschlosses der Familie Gorka (1833)

Julius von Minutoli studierte in Berlin und Heidelberg Rechts- und Kameralwissenschaften. 1824 wurde er beim Corps Saxo-Borussia Heidelberg rezipiert.[1] Zwischen 1828 und 1830 trat er in den preußischen Staatsdienst ein, zunächst als Kammergerichtsassessor in Koblenz, wo seine Schrift Über das römische Recht auf dem linken Rheinufer (Berlin, 1831) entstand. 1832 wurde er als Regierungsrat nach Posen versetzt und dort 1839 zum Polizeidirektor und Landrat ernannt. Dienstlich erwarb er sich unter anderem durch die Aufdeckung mehrerer polnischer Auftstandsversuche große Anerkennung in der Verwaltung, aber auch in der polnischen und deutschen Bevölkerung soll er wegen seiner Toleranz und seiner gesellschaftlichen und kulturellen Aktivitäten geschätzt gewesen sein. 1842 wurde er zum Dr. jur. promoviert und zeitweise mit Aufgaben im Preußische Ministerium des Innern betraut, bald darauf aber wieder nach Posen zurückgeschickt. Als Ergebnis einer dienstlichen Reise durch Europa und Nordafrika veröffentlichte er 1843 seine Schrift über Die neuen Straf- und Besserungssysteme, die er in Algerien, Spanien, Portugal, England, Frankreich und Holland besichtigt hatte.

1847 wurde er von Friedrich Wilhelm IV. zum Polizeipräsidenten von Berlin ernannt, 1848 zum Regierungsrat I. Klasse. Während der Märzereignisse von 1848 konnte er zuerst mäßigend auf die Aufständischen einwirken, den Ausbruch der Gewalttätigkeiten konnte er auf Dauer jedoch nicht verhindern. Durch seine maßvolle Haltung erregte er das Missfallen der erstarkenden reaktionären Kräfte. Als Folge des Zeughaussturms trat er am 27 Juni 1848 von seinem Posten als Polizeipräsident zurück und wurde aus dem Staatsdienst entlassen.

Minutoli war seit 1834 mit Freiin Mathilde von Rotenhan (1812-1878) verheiratet, mit der er vier Kinder hatte. Nach seinem Rücktritt übersiedelte er mit seiner Familie nach Franken und lebte dort wahrscheinlich auf den Stammsitz seiner Frau in Rentweinsdorf und vielleicht zeitweise auch in Bamberg. Während dieser Zeit entstanden unter anderem seine Studien zur Geschichte der Hohenzollern und Brandenburgs, sowie seine Lebenserinnerungen, die in Preußen verboten wurden.

Nachdem er seit seinem Rücktritt ohne Anstellung gewesen war, trat er 1851 in den diplomatischen Dienst und wurde Preußischer Generalkonsul für Spanien und Portugal. Von Barcelona aus unternahm er mehrere Dienstreisen, die Ergebnisse veröffentlichte er anschließend in seinen Schriften zu Spanien und Portugal und den Kanarischen Inseln. 1859 kehrte er nach Berlin zurück, wurde jedoch bereits 1860 wieder als Preußischer Ministerresident und Generalkonsul nach Persien entsandt. Er starb am 5. November 1860 während einer Dienstreise an den Persischen Golf in einer Karawanserei bei Schiraz, vermutlich an der Cholera, und wurde von der armenischen christlichen Gemeinde von Schiraz bestattet.

Kulturelle Verdienste

Julius von Minutoli fertigt bereits während seiner Posener Zeit und ebenso auf seinen späteren Reisen von Personen, Bauwerken und Ereignissen zahlreiche Skizzen an, die er zum Teil in den Handel brachte, in einigen Fällen auch Friedrich Wilhelm IV. schenkte, und mit denen er sich bis heute einen Namen als Zeichner machte.

Seit seiner Zeit in Franken unterhielt er enge Kontakte zu den wissenschaftlich und kulturell führenden Kreisen Bambergs. Er war Mitglied in der Naturforschenden Gesellschaft und des Historischen Vereins und stiftete dem Naturalienkabinett, dem heutigen Naturkundemuseum, ebenso wie auch anderen Museen zahlreiche Exponate. Er unterhielt umfangreiche Korrespondenzen unter anderem mit dem in Bamberg wohnhaften "Preußischen Hof-Modelleur" Carl Schropp, dem Sammler und Weltenbummler Emil Freiherr Marschalk von Ostheim und dem Archivar Paul Oesterreicher.

Im Mai 1860 wurde eine auf den Kanarischen Inseln wachsende Lavendelart von dem Botaniker Carl Bolle ihm zu Ehren als "Lavandula minutolii" benannt.

Werke

  • Über das römische Recht auf dem linken Rheinufer (Berlin 1831)
  • Mitarbeit am "Berliner Kalender für das Gemein-Jahr 1839", mehrere Kupfer und Erläuterungen der Kupfer, Berlin 1839.
  • "Statistik des Kreises Posen", 1840.
  • Die neuen Straf- und Besserungssysteme. Erinnerungen von einer Reise durch bemerkenswerte Gefängnisse in Algier, Spanien, Portugal, England, Frankreich und Holland (Berlin 1843)
  • Die Mark Brandenburg, Berlin und Köln im Jahr 1451 (Berlin 1850, 3. Aufl. 1853)
  • Die weiße Frau (Berlin 1850)
  • Friedrich I. Kurfürst von Brandenburg und Memorabilia aus den Quellen des Plassenburger Archivs (Berlin 1850)
  • Das kaiserliche Buch des Markgrafen Achilles - Kurfürstliche Periode von 1470-1486 (Berlin 1850)
  • "Erinnerungen aus meinem Leben, III. Teil, Vergebliche Versuche zur verheißenen Wiederanstellung", Bamberg 1850.
  • Die Kanarischen Inseln, ihre Vergangenheit und Zukunft (Berlin 1854)
  • Spanien und seine fortschreitende Entwickelung (Berlin 1852; Digitalisat))
  • Altes und Neues aus Spanien (Berlin 1854, 2 Bde.)
  • Portugal und seine Kolonien 1854 (Stuttgart 1855)

Literatur

Dorothea Minkels: "1848 gezeichnet. Der Berliner Polizeipräsident Julius von Minutoli". Norderstedt 2003.

  • Dorothea Minkels: Ein fast exotisches Vereinsmitglied. Dem Publizisten und naturkundlichen Sammler Julius von Minutoli zum 200. Geburtstag. in: Bericht des Historischen Vereins Bamberg 140 (2004), S. 187-196
  • Dorothea Minkels: "Julius von Minutoli (1804-1860). Berliner Polizeipräsident im Revolutionsjahr 1848". In: Helmut Bleiber et al. (Hrsg.): Akteure eines Umbruchs. Männer und Frauen der Revolution von 1848/49, Band 2, Fides, Berlin 2007 (ISBN 978-3-931363-14-7), S. 427-472.

Ausstellungen

  • "In der Keimzeit der Demokratie Berliner Polizeipräsident - Julius von Minutoli zum 200. Geburtstag." Zentrum für Berlin-Studien, Breite Straße 36 Berlin. (30. August 2004 bis 29. Januar 2005)
  • "Julius von Minutoli (1804-1860) rysownik - policjant - dyplomata". Biblioteka Raczynskich - Muzeum Literackie H. Sienkiewicza, Poznan (Posen/Polen), Stary Rynek 84. (1. bis 31. März 2005)
  • "Zwischenstation in Bamberg: Julius von Minutoli (1804-1860) zwischen Berlin und Persien". Ausstellung im Stadtarchiv Bamberg, 16. November 2005 - 27. Januar 2006;
  • "In der Keimzeit der Demokratie Berliner Polizeipräsident - Julius von Minutoli", Ausstellung im Foyer des Berliner Polizeipräsidiums, 20. Juli bis 10. August 2006.

Weblinks

 Commons: Julius Rudolph Ottomar Freiherr von Minutoli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kösener Corpslisten 1960, 66, 42

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