Jörg Schönbohm

Jörg Schönbohm
Jörg Schönbohm 2009 bei einer Wahlkampfveranstaltung der CDU in Berlin-Tegel

Jörg Schönbohm (* 2. September 1937 in Neu Golm) ist ein deutscher Politiker (CDU) und Generalleutnant a.D. des Heeres der Bundeswehr. Er war von 1991 bis 1992 Inspekteur des Heeres, nach der Pensionierung 1992 zunächst bis 1996 beamteter Staatssekretär für Sicherheitspolitik, Bundeswehrplanung und Rüstung im Bundesministerium der Verteidigung und anschließend von 1996 bis 1998 Innensenator in Berlin. Von 1999 bis 2009 war er Innenminister des Landes Brandenburg. Seit Dezember 2010 bildet er als „Der Konservative/Rechte“ zusammen mit Hajo Schumacher („Der Linke“) bei Stuckrad Late Night des Senders ZDFneo den Sidekick vom Balkon.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Privates

Schönbohm wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er ist evangelisch, verheiratet, hat drei Kinder und wohnt in Kleinmachnow im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Sein Bruder Wulf Schönbohm ist ebenfalls CDU-Politiker.

Militärische Laufbahn

Nachdem Schönbohm 1957 sein Abitur in Kassel abgelegt hatte, trat er am 1. April 1957 als Offizieranwärter in den Dienst der 1955 neugeschaffenen Bundeswehr und wurde bei der Artillerietruppe in Niederlahnstein ausgebildet. Ab 1959 folgten Verwendungen als Zugführer im Panzerartilleriebataillon 55, im Raketenartilleriebataillon 22 und als Hörsaaloffizier an der Heeresoffizierschule in Hannover. Von 1964 bis 1968 diente er im hannoverschen Feldartilleriebataillon 11 als Batteriechef.

1968 wurde Schönbohm nach Hamburg versetzt und absolvierte an der dortigen Führungsakademie der Bundeswehr bis 1970 die Generalstabsausbildung. Anschließend war er bis 1973 Personalstabsoffizier (G1) der 11. Panzergrenadierdivision in Oldenburg. Danach wurde er in das niederländische Brunssum versetzt und diente dort von 1973 bis 1975 unter General Ernst Ferber als Generalstabsoffizier für Gefechtsübungen im Hauptquartier der Allied Forces Central Europe der NATO.

Nach diesen Stabsverwendungen folgte wieder ein Truppenkommando, diesmal als Kommandeur des Panzerartilleriebataillons 85 in Lüneburg von 1975 bis 1978. Anschließend wurde Schönbohm nach Bonn versetzt und diente dort als Referent in der Personalabteilung des Bundesministeriums der Verteidigung. Nach einem Jahr wurde er dort 1979 Referatsleiter im Führungsstab der Streitkräfte unter dem Generalinspekteur Jürgen Brandt und nach dem Amtsantritt des neuen Verteidigungsministers Manfred Wörner (CDU) im Oktober 1982 dessen Adjutant. Vom Oktober 1983 bis zum März 1985 übernahm er, zum Brigadegeneral ernannt, das Kommando über die Panzerbrigade 21 in Augustdorf. Zurück in Bonn diente er von 1985 bis 1988 abermals unter Wörner, diesmal als stellvertretender Leiter des Planungsstabes im Verteidigungsministerium.

Am 11. März 1988 übernahm Schönbohm in Buxtehude das Kommando über die 3. Panzerdivision und führte diese bis zum 5. Januar 1989. Im Anschluss daran diente er für anderthalb Jahre, zum Generalleutnant ernannt, unter Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg (CDU) als Leiter des Planungsstabes in Bonn.

Generalleutnant Schönbohm bei der Befehlsübernahme am 4. Oktober 1990

Im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung wurde er am 3. Oktober 1990 zum Befehlshaber des Bundeswehrkommandos Ost in Strausberg ernannt. Sein Auftrag war es, die Auflösung der 90.000 Mann starken Nationalen Volksarmee (NVA) der früheren DDR zu koordinieren und die verbliebenen Soldaten in die Bundeswehr zu integrieren. Nach einem knappen Jahr wurde Schönbohm am 27. September 1991 zum Inspekteur des Heeres ernannt, verblieb jedoch nur fünf Monate in diesem Amt und wurde am 18. Februar 1992 von Verteidigungsminister Stoltenberg zum beamteten Staatssekretär für Sicherheitspolitik, Bundeswehrplanung und Rüstung berufen. Diesen Posten füllte Schönbohm unter Stoltenberg und dessen Nachfolger Volker Rühe (CDU) bis 1996 aus. Anschließend stieg er vollends in die Politik ein.

Politik

Politische Laufbahn

Seit 1994 ist Schönbohm Mitglied der CDU. Nach den Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin im Oktober 1995 amtierte Schönbohm vom 25. Januar 1996 an als Innensenator der Großen Koalition unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen. Er gab sein Amt im Jahr 1998 auf, um erfolgreich für den Landesvorsitz der CDU in Brandenburg zu kandidieren.

Bei der Landtagswahl am 5. September 1999 trat Schönbohm erstmals als Spitzenkandidat der CDU an, welche sich von 18,7 auf 26,5 Prozent steigern konnte. Demgegenüber verlor die SPD die absolute Mehrheit. SPD und CDU stellten daraufhin ab dem 13. Oktober 1999 gemeinsam die Landesregierung unter Führung von Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD). Schönbohm trat als Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident des Bundeslandes ins Kabinett ein. Bei den folgenden Landtagswahlen im September 2004 trat Schönbohm erneut als Spitzenkandidat an. Diesmal fiel die CDU auf 19,4 Prozent und wurde nach der SPD (31,9 Prozent) und der PDS (28,0 Prozent) nur noch drittstärkste Kraft im Landtag. Die Koalition wurde jedoch fortgeführt und Schönbohm behielt seine Ämter als Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident.

Er war zudem von 1998 bis 2007 CDU-Landesvorsitzender. Auf dem Parteitag am 27. Januar 2007 gab Schönbohm sein Amt als Landesvorsitzender, später auch das des stellvertretenden Ministerpräsidenten an Ulrich Junghanns ab und war seitdem nur noch Innenminister. Vom 10. April 2000 bis zum November 2006 war er zudem Mitglied des Präsidiums der Bundes-CDU.

Nach der Landtagswahl 2009, zur welcher diesmal Johanna Wanka als Spitzenkandidatin antrat, entschieden sich Ministerpräsident Matthias Platzeck und die SPD für die Bildung einer rot-roten Koalition mit der Linken. Die Mitglieder der neuen Landesregierung traten ihre Ämter am 6. November 2009 an, darunter auch der Nachfolger Schönbohms im Amt des Innenministers, Rainer Speer (SPD).

Politische Positionen

Zur Leitkultur

Schönbohm ist regelmäßig Gast beim Tag der Heimat der „Landsmannschaft Ostpreußen“ und verfasste einen Artikel für die Sonderausgabe zum 8. Mai der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“/„Ostpreußenblatt“. Im Juli 2006 löste er mit seinem Vorschlag der Umbenennung von Radio Multikulti in Radio Schwarz Rot Gold öffentliche Kritik aus.[1] In seinen Reden mahnt er immer wieder, dass Deutschland eine Leitkultur brauche, in die die Grundlagen des christlichen Abendlands einfließen.[2]

Zur Zuwanderung

Schönbohm etablierte das politische Schlagwort „Leitkultur“. Er, wie auch der damalige CDU-Bundestagsfraktionsvorsitzende Friedrich Merz, forderte, dass Zuwanderer die „deutsche Leitkultur“ respektieren müssten. Sie hätten einen eigenen Integrationsbeitrag zu leisten, indem sie sich an die in Deutschland gewachsenen kulturellen Grundvorstellungen annäherten und insbesondere die deutsche Sprache erlernten. Sein „Nein“ in der turbulenten Abstimmung zum Zuwanderungsgesetz verhinderte letztlich das Zustandekommen dieses Gesetzes in der ursprünglichen Fassung.

Über Kriminalität in den neuen Bundesländern

In seiner umstrittenen Bemerkung im Zusammenhang mit dem Fall einer Mutter, die vermutlich neun ihrer neugeborenen Kinder getötet habe (Neonatizid), hatte er im August 2005 als Ursache „für die Zunahme von Verwahrlosung und Gewaltbereitschaft“ in Brandenburg „die vom SED-Regime erzwungene Proletarisierung verantwortlich“ gemacht.[3][4] Nach Kritik auch aus seiner eigenen Partei betonte er, dass er die Ostdeutschen nicht beleidigen wollte und entschuldigte sich, verblieb jedoch bei seinen Aussagen. Später relativierte Schönbohm seine Aussagen: Sie seien „missverständlich“. Es gehe „nicht darum, die Menschen im Osten verantwortlich zu machen“.[5] Rücktrittsforderungen lehnte er ab.

Über die Kritik an Günther Oettinger

Schönbohm kritisierte die öffentliche Kritik der CDU-Parteivorsitzenden Angela Merkel an Günther Oettingers Aussagen über Hans Filbinger als „öffentliches Abwatschen“ und „parteischädigend“.[6]

„Ich habe den Eindruck, dass manche, die Oettinger jetzt Vorwürfe machen, sich mit der Geschichte nicht so befasst haben“, sagte Schönbohm am 16. April 2007 in der N24-Sendung Was erlauben Strunz. Die Reaktionen auf die umstrittenen Äußerungen des Ministerpräsidenten Oettinger in der Trauerrede für seinen verstorbenen Vorgänger Hans Filbinger (CDU) seien „zum Teil auch sehr platt gewesen.“ Filbinger habe als Marinerichter im Zweiten Weltkrieg auch „anderen geholfen“. Schönbohm forderte, die Debatte über Oettingers Äußerungen nach dessen Entschuldigung zu beenden. Es sei besser „nicht draufzuschlagen, sondern eine Denkpause zu nehmen.“[7]

Ehrung

Schriften

  • Zwei Armeen und ein Vaterland. Das Ende der Nationalen Volksarmee. Siedler, Berlin 1992, ISBN 3-88680-452-6
  • Politische Korrektheit. Das Schlachtfeld der Tugendwächter. Manuscriptum Verlag, Leipzig 2009, ISBN 978-3-937801-56-8
  • Wilde Schwermut. Erinnerungen eines Unpolitischen. (mit Beiträgen von Eveline Schönbohm) Landt Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-938844-25-0

Literatur

Einzelnachweise

  1. Schönbohm will „Radio Schwarz-Rot-Gold“ Netzeitung, 21. Juli 2006
  2. IDEA (Nachrichtenagentur): Schönbohm fordert Leitkultur in Deutschland 23. April 2007
  3. Der Gestrige taz, 27. Januar 2007
  4. Bundeskanzler Gerhard Schröder kritisiert Schönbohm–Äußerungen Märkische Allgemeine, 6. August 2005
  5. Schönbohm: SED-Regime ist schuld an der Verwahrlosung Berliner Kurier, 4. August 2005
  6. Schönbohm kritisiert „öffentliches Abwatschen“. Süddeutsche Zeitung, 17. April 2007.
  7. Kritik an Oettinger „zum Teil sehr platt“ N24 vom 16. April 2007
  8. Vgl. Ministerium des Innern Brandenburg: Schönbohm erhält „Capo Circeo“-Preis.

Weblinks

 Commons: Jörg Schönbohm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Vorgänger Amt Nachfolger
Ministerialdirektor Dr. Hans Rühle Leiter des Planungsstabes im Bundesministerium der Verteidigung
1989–1990
Ministerialdirektor Dr. Peter Wichert

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