Kaasgraben

Kaasgraben
Kaasgrabenkirche von der Reinischgasse

Die Kaasgrabenkirche auch Wallfahrtskirche „Maria Schmerzen“ genannt, ist eine Pfarr- und Wallfahrtskirche im Stadtteil Grinzing des 19. Wiener Gemeindebezirks Döbling. Die Pfarre wird bereits seit 1903 vom Orden der Oblaten des hl. Franz von Sales betreut. Seit 1985 befindet sich dort auch der Sitz der Provinzleitung der Österreichisch-Süddeutschen Provinz dieser Ordensgemeinschaft.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Kaasgrabenkirche geht auf eine Legende zurück. Dieser Legende nach soll eine alte Frau auf der Suche nach Beeren von türkischen Soldaten aufgeschreckt worden sein und sich hinter einem Busch versteckt haben. Als die Soldaten den Fußspuren nachgingen, sahen sie im Busch die brütenden Schwalben und gingen davon aus, dass sich dahinter kein Mensch verbergen könnte. Daraufhin kehrten die Türken um und die gerettete Frau stiftete der Legende nach der „Schwalbengottesmutter“ einen Bildstock. Ob es hier tatsächlich je einen Bildstock gegeben hat, ist jedoch nicht nachweisbar.

Das Grundstück der heutigen Kirche war jedenfalls im 19. Jahrhundert im Besitz des Großfuhrwerksbesitzers Kothbauer, der an dieser Stelle eine Sandgrube betrieb. Er besaß auch ein Haus Zum kleinen Sperl im 7. Bezirk Neubau in der Nähe der St.-Ulrichskirche, in dessen Hof eine fast lebensgroße, vielverehrte Pietà-Marienstatue stand. Einer zweiten Version der Legende nach soll die Frau nach Gebeten vor dieser Statue von den Schwalben gerettet worden sein. Als das Haus Kothbauers Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen wurde, übertrug er jedenfalls die Statue an den Standort der heutigen Kirche und erbaute 1882 darüber eine kleine Kapelle. Daneben betrieb Kothbauer einen Heurigen und es kamen bald Devotionalienhändler und Musikanten, die in der Gaststätte aufspielten. Kothbauer ließ letztlich auch Schaukeln und Schießbuden aufbauen, sodass die „Schwalbenkapelle“ bald berühmt wurde und als „Kapelle mit Heurigenschank“ galt. Auf Grund der Geschäftstüchtigkeit Kothbauers wird auch vermutet, dass er die Legende selbst erfand und dann durch Zeitungen verbreitete.

Nachdem der Erfolg der „Heurigenkapelle“ so groß gewesen war, sahen viele der Grinzinger und Sieveringer Heurigenwirte ihr Geschäft bedroht. 1903 wurde deshalb der „fromme“ Betrieb geschlossen. Daraufhin kaufte der Wiener Kaufmann Stefan Esders das Grundstück und ließ die Kapelle abreißen. Auf benachbarten Grundstücken erbaute er eine Villa für seine Familie und spendete das Geld für die Erbauung einer richtigen Wallfahrtskirche. Diese wurde zwischen 1909 und 1910 auf dem Grundstück der Kapelle durch die Architekten Gustav Orgelmeister und Franz Kupka erbaut. Am 26. April 1909 wurde der Grundstein gelegt und rund ein Jahr später, am 30. April 1910, weihte Weihbischof Gottfried Marschall die vom Warenhausbesitzer Stefan Esders gestiftete Kirche ein. Erzherzog Ferdinand Karl von Österreich wohnte in Vertretung des Kaisers der Konsekration bei. Den Namen Kaasgrabenkirche verdankt sie einem alten Flurnamen, der auf eisen- und schwefelhältiges Wasser (Mineralquellen) zurückgeht, das wie Käsewasser ausgesehen bzw. gerochen hat.

Bauwerk

Kaasgrabenkirche, Vorderansicht

Die Kirche wurde von den Architekten im neubarocken Stil erbaut. Die hufeisenförmig ansteigenden Stiegenaufgänge tragen an der inneren Seite Steinreliefs, die einen Kreuzweg der Bildhauer Abel und Paintl zeigen. Links neben dem Kircheneingang befindet sich das Porträt des Stifters Esders. Der helle Kirchenraum lenkt den Blick auf den Hochaltar mit der barocken Madonnafigur. Das Altarbild dahinter zeigt Maria verehrende Engel in einer Darstellung von Rudolf Fuchs. Recht bzw. links des Altars befinden sich Statuen des Heiligen Franz von Sales und des Heiligen Bernhards. Zudem findet man über dem Eingang der Sakristei eine Statue des Heiligen König Ludwig IX. und gegenüber die des Heiligen Kaiser Heinrich II. Die drei letztgenannten waren die Namenspatrone der Brüder Esders.

Neben der originalen Einrichtung findet sich in der Kirche auch eine moderne Kapelle zum Gedenken an die vertriebenen Donauschwaben aus Jugoslawien und Ungarn. Weiters findet man an der Kirche auch eine Gedenktafel für den 1938 hier verhafteten Katholiken Hans Freiherr von Zeßner-Spitzberg, der nach wenigen Monaten im KZ Dachau starb.

Literatur

  • Christine Klusacek; Kurt Stimmer: Döbling. Vom Gürtel zu den Weinbergen. Wien 1988
  • Godehard Schwarz: Döbling. Zehn historische Spaziergänge durch Wiens 19. Bezirk. Wien 2004
  • Christof Haverkamp: Von Haren über Brüssel nach Wien - Die Geschichte des Textilkaufmanns Stefan Esders, in: Jahrbuch des Emsländischen Heimatbundes, Band 53, Sögel 2007, S. 9-44, vor allem S. 21-22.

Weblinks


48.25333333333316.3330555555567Koordinaten: 48° 15′ 12″ N, 16° 19′ 59″ O


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