Kahlbutz

Kahlbutz
Mumie des Ritters Christian Friedrich von Kahlbutz

Christian Friedrich von Kahlbutz (* 1651 in Kampehl, Mark Brandenburg; † 1702 ebenda) war ein märkischer Ritter, der vor allem dadurch Berühmtheit erlangte, dass sein Leichnam bis heute nicht verwest ist, ohne dass künstliche Mumifizierungsverfahren angewendet wurden. Heute ist der mumifizierte Leichnam eine Touristenattraktion.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Komplettansicht der Mumie Kahlbutz'

Für seine Verdienste im Schwedenkrieg erhielt Ritter Kahlbutz vom Kurfürsten Friedrich-Wilhelm das Gut Kampehl bei Neustadt an der Dosse als Erblehen. Er war verheiratet mit einer Angehörigen des alteingesessenen märkischen Adelsgeschlechts derer von Rohr, mit der er elf Kinder hatte.

Im Jahre 1690 wurde Kahlbutz von seiner Dienstmagd Maria Leppin des Mordes an ihrem Verlobten, dem Schäfer Pickert aus dem Nachbarort Bückwitz, bezichtigt. Die Begründung lautete, er habe den Schäfer aus Rache erschlagen, weil die Magd dem Ritter das „Recht der ersten Nacht“ verweigert hätte. Im folgenden Strafprozess in Dreetz bei Neustadt wurde Kahlbutz jedoch aufgrund seiner eigenen eidlichen Aussage freigesprochen, da die Zeugen fehlten.

Ritter Kahlbutz starb im Alter von 52 Jahren an einem Blutsturz und wurde in einem Doppelsarg in der Patronatsgruft beigesetzt. 1783 starb der letzte von Kahlbutz, deshalb wechselte das Gut im Folgenden mehrfach den Eigentümer. 1794 wurde die Kirche von Kampehl renoviert und man wollte wie üblich die Särge im Gruftanbau beisetzen. Beim Öffnen der Särge stellte sich heraus, dass alle Leichen außer der des Ritters Kahlbutz verwest waren.

Legende

Der Volksmund fand schnell eine Erklärung für die Mumifizierung des Ritters Kahlbutz und sah darin Gottes gerechte Strafe für den Mord. Der Überlieferung nach soll Ritter Kahlbutz vor dem Gericht geschworen haben: „Wenn ich doch der Mörder bin gewesen, dann wolle Gott, soll mein Leichnam nie verwesen.“

Fragestellung

Mit der allem Anschein nach nicht einbalsamierten Leiche des Ritters wurden bereits zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, die klären sollten, warum der natürliche Verwesungsprozess speziell bei dieser Leiche nicht einsetzte. Sowohl Rudolf Virchow als auch Ferdinand Sauerbruch beschäftigten sich mit der Leiche des Ritters und auch die Berliner Charité untersuchte in den 1980er Jahren Ritter Kahlbutz erfolglos. Warum Kahlbutz bis heute nicht verwest ist, bleibt weiterhin ungeklärt. Dennoch gibt es einige wenige Fälle, bei denen der natürliche Verwesungsprozess ähnlich aussetzte.

Natürliche Mumifizierung

Der natürliche Verwesungsprozess einer Leiche kann durch einige Umstände aufgehalten oder verzögert werden, wodurch die Leiche austrocknet und „verledert“, sprich: sie wird zur Mumie. In erster Linie sind bei einem solchen natürlichen Mumifizierungsprozess die Luft- sowie die Bodenbeschaffenheit zu beobachten. Absolute Trockenheit, leichte Radioaktivität oder bestimmte „Ausdünstungen des Bodens“ (zum Beispiel Säure oder Salze) können hier förderlich wirken, ebenso wie hermetisch abgeschlossene Särge oder ständig bewegte sehr trockene Luft. Ebenso kann die konstante Einnahme giftiger Medikamente zu Lebzeiten – in sehr kleinen für den Patienten unschädlichen Mengen – eine natürliche Mumifizierung begünstigen. Zahlreiche solcher Gifte und Wirkstoffe sind im Nachhinein kaum noch nachweisbar, da sich viele Fettstoffe einer Mumie im Laufe der Zeit verändern oder verflüchtigen.

Heutiger Forschungsstand

Heute wird angenommen, dass Ritter Kahlbutz an einer Krankheit litt, die eine starke Abzehrung seines Leibes verursachte. Dafür in Frage kommen vor allem Krebs, Muskelschwund oder Tuberkulose. Für Tuberkulose als Krankheit von Kahlbutz sprechen einige Tatsachen, die überliefert wurden und die das Krankheitsbild bestätigen. Laut Überlieferung soll Ritter Kahlbutz im „eigenen Blut erstickt sein”. Dies deutet stark darauf hin, dass Kahlbutz kurz vor seinem Tode einen Blutsturz hatte, wie er in Folge schwerer Lungenkrankheiten (Lungenkrebs oder Tuberkulose) auftreten kann. Kahlbutz wurde in einem Eichendoppelsarg beigesetzt. Die bereits begonnene Verwesung der Leiche wurde daraufhin durch den hermetisch abgeschlossenen Sarg, seine eigenen Ausdünstungen sowie den mangelnden Nährboden der extrem abgemagerten Leiche unterbunden. Durch die Bauweise der Gruft und des Sarges konnten große Mengen Luft am Leichnam vorbeistreichen, genügend Wasser von diesem wegtransportieren und der Leichnam dadurch austrocknen.[1] Dies führte letztlich zur natürlichen Mumifizierung durch „Verlederung“. Darüber hinaus gelangten durch die trockene Umgebung und der Bauweise des Sarges kaum Käfer zum Leichnam, die somit diesen nicht weiter zersetzen konnten.[1]

Sonstiges

Die Geschichte des „ledernen Ritters“ wurde auch künstlerisch aufgegriffen, zum Beispiel 1997 in dem Fernsehfilm Spuk aus der Gruft mit Matthias Schweighöfer.

Auch der lederne Franzl in Oberösterreich ist in seiner Gruft mumifiziert verblieben und gab Anlass zu unterschiedlichen Auslegungen. In der Kirche St. Peter in Sinzig sind die mumifizierten sterblichen Überreste des Heiligen Vogt aufbewahrt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Dr. Mark Benecke: Dem Täter auf der Spur. So arbeitet die moderne Kriminalbiologie. ISBN 3-404-60562-4

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