Kaiserkonferenz von Carnuntum

Kaiserkonferenz von Carnuntum

Bei der Kaiserkonferenz von Carnuntum trafen sich im Herbst 308 mehrere römische Kaiser in Carnuntum an der Donau, um über die Zukunft der römischen Tetrarchie, des von Diokletian errichteten Mehrkaisermodells, zu diskutieren. Im Rahmen dieser Konferenz wurde Licinius zum Nachfolger des 307 getöteten Augustus des Westens Severus ernannt.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Follis Konstantins, dessen Erhebung zum Kaiser die Krise der Tetrarchie auslöste

Nach dem Tod Constantius’ I. war im Juli 306 einer der beiden Plätze als Augustus frei geworden. Nach dem tetrarchischen System hätte Severus, bis dahin Caesar, also Unterkaiser des Constantius, für ihn als Augustus nachrücken müssen. Die Soldaten riefen jedoch sofort Konstantin, den ältesten Sohn des Constantius, in Eburacum, dem heutigen York, zum Kaiser aus.[1] Dies war der Anfang vom Ende der Tetrarchie.

Im Oktober 306 wurde Maxentius, der Sohn des vormaligen und seit 305 im Ruhestand befindlichen Augustus Maximian, in Rom zum Kaiser ausgerufen.[2] Kurz darauf ließ sich auch Maximian selbst erneut zum Kaiser ausrufen. Galerius, seit dem Rücktritt Diokletians senior Augustus, bestimmte, dass Konstantin zumindest als Caesar Kaiser bleiben dürfe, weigerte sich aber, Maxentius und Maximian anzuerkennen. Wenig später unterlag Kaiser Severus im Bürgerkrieg gegen die beiden; er wurde in Ravenna von Maximian verhaftet.[3]

Maximian suchte nun die Zusammenarbeit mit Konstantin. 307 besuchte er ihn in Trier, vermählte ihn mit seiner Tochter Fausta und ernannte ihn zum Augustus. Nachdem weder Maximian noch Galerius den in Rom residierenden Maxentius entmachten konnten,[4] gab es nun vier Augusti, von denen Konstantin, Maxentius und Maximian nicht vom nominellen senior Augustus Galerius als solche anerkannt wurden.

Ergebnisse

Follis Diokletians, des Begründer der Tetrarchie und Leiters der Kaiserkonferenz

In dieser schwierigen Situation bat Galerius Diokletian, den 305 gemeinsam mit Maximian zurückgetretenen Begründer der Tetrarchie, um Schlichtung. Diokletian wurde für 308 zum Konsul ernannt und berief ein Treffen der Kaiser im pannonischen Carnuntum ein. Obwohl er darum gebeten worden war, hatte er sich geweigert, selbst wieder Kaiser zu werden.[5]

Auf der Konferenz wurde nun vereinbart, dass Konstantin Caesar statt Augustus bleiben sollte. Diokletian konnte außerdem Maximian erneut zur Abdankung bewegen. Als Nachfolger des mittlerweile hingerichteten[6] Severus wurde am 18. November 308 Licinius, ein hoher Offizier, zum neuen Augustus des Westens ernannt, ohne vorher je Caesar gewesen zu sein, was eigentlich dem tetrarchischen Konzept widersprach.[7] Maxentius wurde nach wie vor nicht anerkannt.

Im Osten des Reiches amtierten somit nach der Kaiserkonferenz Galerius als Augustus und Maximinus Daia als Caesar, im Westen Licinius als Augustus und Konstantin als Caesar. Der ihnen von Galerius zugestandene Ehrentitel filius Augustorum genügte den beiden Caesares allerdings nicht, sie bezeichneten sich bald ebenfalls als Augusti.[8] Licinius, der neue Augustus des Westens, war außer für Rätien und Pannonien eigentlich auch für Italien und Africa zuständig, tatsächlich wurden diese Provinzen aber weiterhin von Maxentius kontrolliert.[9]

Literatur

  • Alexander Demandt: Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284–565 n. Chr. 2. Auflage. C. H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55993-8, S. 76–80, insbesondere S. 77 (Handbuch der Altertumswissenschaft, 3. Abteilung, 6. Teil). 

Anmerkungen

  1. Zu Constantius’ Tod und Konstantins Erhebung Anonymus Valesianus 4; Chronica Minora I 231; Epitome de Caesaribus 41, 2–3; Eutropius 10, 1–2.
  2. Zur Erhebung des Maxentius Anonymus Valesianus 6; Epitome de Caesaribus 40, 2; 40, 12; Lactantius, De mortibus persecutorum 26; 44, 4.
  3. Zu Niederlage und Gefangennahme des Severus ausführlich Anonymus Valesianus 9–10; Lactantius, De mortibus persecutorum 26; knapp Aurelius Victor, De Caesaribus 40, 7; Eutropius 10, 2.
  4. Zu Galerius Anonymus Valesianus 7; zu Maximian Eutropius 10, 3; Orosius, Historiae adversum Paganos 7, 28, 9.
  5. Zum Treffen in Carnuntum Lactantius, De mortibus persecutorum 29, 1–2; Zosimos 2, 10, 4. Kaiserinschrift aus Carnuntum: Inscriptiones Latinae selectae 659. Zur Datierung auf 308 vgl. Chronica Minora I 231.
  6. Zum Tod des Severus mit explizitem Hinweis auf eine Beteiligung Maximians Epitome de Caesaribus 40, 3; Zosimos 2, 10; mit Andeutung einer Beteiligung Maximians Anonymus Valesianus 10; Lactantius, De mortibus persecutorum 26; ohne Hinweis auf Maximian Eutropius 10, 2.
  7. Zur Erhebung des Licinius Eusebius von Caesarea, Historia Ecclesiastica 8, 13, 15; Eutropius 10, 4, 1; Lactantius, De mortibus persecutorum 29,2; Orosius 7, 28, 11.
  8. Zu den Titeln der Kaiser Lactantius, De mortibus persecutorum 32. Insbesondere zum Titel filius Augustorum Alexandra Stefan: Filius Augustorum. In: Antiquité Tardive. Band 12, 2004, S. 273–291. 
  9. Nach Anonymus Valesianus 13 erwartete Galerius von Licinius die Niederwerfung des Maxentius, dieser wurde aber erst 312 von Konstantin besiegt.

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