Kampfschwimmer (Bundeswehr)

Kampfschwimmer (Bundeswehr)
Abzeichen der Kampfschwimmerkompanie
Taktisches Zeichen der Kampfschwimmerkompanie

Die Kampfschwimmer der Deutschen Marine bilden die maritime Komponente der Spezialkräfte der Bundeswehr. Ihr Aufgabengebiet ist weit gefächert und umfasst vor allem Kommandoeinsätze im Zuge küstennaher Kriegführung. Das bedeutet, dass sie in allen Elementen eingesetzt werden: zur See, an Land und in der Luft (luftlandefähig).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bereits bei der Aufstellung der Bundesmarine 1956 wurde geplant, eine Kampfschwimmereinheit aufzustellen. Sie sollte einen Beitrag leisten, amphibische Landungsoperationen im Rücken angreifender Verbände des Ostblocks vorzubereiten. Am 1. August 1958 wurde mit der Ausbildung der ersten Kampfschwimmer begonnen. Der Aufstellungskader bestand aus Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg in den Kleinkampfverbänden und den Marine-Einsatzkommandos gedient hatten. Sie wurden zunächst bei den Nageurs de combat in Frankreich geschult. Die Franzosen hatten im Indochinakrieg die Rolle des Kampfschwimmers zum modernen Einzelkämpfer weiterentwickelt. Die erste Kampfschwimmergruppe wurde im Dezember 1959 dem Seebataillon in Wilhelmshaven unterstellt.[1]

Die Kampfschwimmer sollten sowohl im Wasser als auch an Land Aufgaben erfüllen, wie schon die deutschen Kampfschwimmer im Zweiten Weltkrieg. Neu war der Einsatz aus der Luft als Fallschirmspringer. Dieses triphibische Konzept der Franzosen wurde zur Grundlage der Kampfschwimmer der Deutschen Marine. Seit 1972 besteht ein Personalaustauschprogramm zwischen den Kampfschwimmern und den United States Navy SEALs, um Ausrüstung, Einsatzverfahren und Ausbildung weiterzuentwickeln. [2]

Am 1. April 1964 wurden die Kampfschwimmer in einer selbstständigen Kompanie zusammengefasst, die der Amphibischen Gruppe unterstand. Die Kampfschwimmer sind seit 1974 im Marinestützpunkt Eckernförde bei Kiel stationiert. Im Oktober 1991 wurden sie der Flottille der Minenstreitkräfte unterstellt und in die Waffentauchergruppe eingegliedert.[3] Infolge einer 2001 begonnenen Reorganisation der Marine untersteht die Kampfschwimmerkompanie seit Juli 2003 den Spezialisierten Einsatzkräften Marine (SEK M). [4]

Seit der Aufstellung des KSK im Jahr 1996 gibt es in der Bundeswehr weitere Kräfte, die mit den Kampfschwimmern bezüglich der Ausbildung und Ausrüstung vergleichbar sind. Beide Spezialeinheiten ergänzen sich und führen einen Personalaustausch durch, um gegenseitig Kompetenz und Erfahrung zu fördern.

Auftrag

  • Terrorismusbekämpfung
  • Asymmetrische Kriegführung
  • Verdeckte Operationen
  • Gewinnen von Schlüsselinformationen in Kriegs- und Krisengebieten
  • Fernaufklärung
  • Kampf hinter feindlichen Linien gegen Schleusen, Schiffe und Brücken
  • Kampf gegen Einzelziele an Land (vor allem im gegnerischen Küstengebiet), gegen Hauptquartiere und Fernmeldeeinrichtungen
  • Evakuierungs-, Rettung- und Bergungseinsätze
  • Abwehr gegen Anschläge auf hoher See

Einsätze

Anders als bei den Kampfschwimmer-Einheiten anderer Länder sind wegen der Geheimhaltung bisher keine Einsätze öffentlich geworden. Experten gehen aber davon aus, dass die deutschen Kampfschwimmer die ersten deutschen Soldaten waren, die an Kampfhandlungen nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt waren.

  • Im Golfkrieg 1991 wurde die gesamte Kompanie für Sicherungsaufgaben an Bord der an der Operation Südflanke beteiligten deutschen Schiffe im Persischen Golf eingesetzt.
  • Somalia-Einsatz im Rahmen der Operation UNOSOM II.
  • Als Durchsuchungskommando waren sie an der Embargo-Kontrolle gegen Restjugoslawien in den Gewässern der Adria beteiligt (Operation Sharp Guard).
  • Teilnahme am Kosovo-Einsatz als Teil von KFOR und an Bord deutscher Marineeinheiten in der Adria.
  • Der Spiegel berichtete,[5] dass Kampfschwimmer verstärkt im Libanon-Einsatz verwendet worden seien.
  • Nach verschiedenen Veröffentlichungen waren Kampfschwimmer gemeinsam mit Soldaten des KSK in Afghanistan nicht nur zum Schutz des deutschen ISAF im Einsatz[6], sondern wurden bereits zusammen mit dem KSK 2005 in Ostafghanistan eingesetzt[7].

Organisation und Führung

Die Kampfschwimmerkompanie verfügt nach Stärke- und Ausrüstungsnachweis über geschätzte drei Züge mit je 16 Mann, die als Kampfschwimmereinsatzteam (KSET) bezeichnet werden. Sie werden unterstützt durch eine zur Kampfschwimmerkompanie gehörende Einsatzgruppe See. Diese verfügt über bewaffnete Festrumpfschlauchboote und andere Fahrzeuge, um Kampfschwimmereinsatzteams an ihren Einsatzort zu transportieren.[2]

Selbständige Einsätze der Kampfschwimmer werden vom Kommando Führung von Operationen von Spezialkräften (KdoFOSK) geführt und sind geheim. Außerdem können einzelne Kampfschwimmer zur Unterstützung von Marineoperationen eingesetzt werden; sie werden in diesem Fall innerhalb dieser Organisation geführt.

Personal

Die Laufbahn der Kampfschwimmer wird in der Marine als Verwendungsgruppe 3402 bezeichnet und gehört zusammen mit den Minentauchern zur Verwendungsreihe 34 Waffentaucher. In der Einsatzgruppe See dienen außerdem Soldaten des seemännischen und des technischen Diensts mit besonderer Ausbildung für den gemeinsamen Einsatz mit den Kampfschwimmern einschließlich einer Fallschirmspringer- und einer Einzelkämpferausbildung.[2]

Rekrutierung

Der Bewerber muss folgende Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, um angenommen zu werden:

Allgemeine Voraussetzungen

Um dem extremen Anforderungsprofil zu genügen, müssen Bewerber folgende Mindestvoraussetzungen erfüllen, um zur Ausbildung zugelassen zu werden:

  • Bewerber müssen Deutsche im Sinne des Artikels 116 Grundgesetz sein
  • Mindestens 17, aber höchstens 25 Jahre alt
  • Realschulabschluss (oder gleichwertiger anerkannter Bildungsstand) oder Abitur
  • Hauptschulabschluss (oder gleichwertiger anerkannter Bildungsstand) und ein für die Verwendung förderlicher Berufsabschluss.
  • Mindestens zwölf Jahre Verpflichtung als Bootsmann oder acht Jahre als Maat
  • Militärische Bewerber müssen mindestens im Rang eines Feldwebels sein
  • bzw. Einstellung als Offizier mit Bewerbung nach der Offiziersausbildung

Physische Voraussetzungen

  • 1000m-Schwimmen unter 24 Minuten
  • 5000m-Lauf unter 22 Minuten
  • 30m-Streckentauchen mit einer Wende
  • 60 Sekunden Zeittauchen
  • acht Klimmzüge im Ristgriff
  • 15 Wiederholungen mit 50kg beim Bankdrücken (unabhängig vom eigenen Körpergewicht)
  • erfüllter Basis-Fitness-Test
  • Tauchtauglichkeit, untersucht im Schifffahrtmedizinischen Institut der Marine
  • Fallschirmsprungtauglichkeit

Basisausbildung

Bevor ein angehender Kampfschwimmer seine Ausbildung beginnen kann, muss er seine allgemeine militärische Ausbildung bzw. seine normale Unteroffziersausbildung abgeschlossen haben, den sechswöchigen Schwimmtaucherlehrgang in Neustadt/Holstein ablegen und es müssen noch mindestens sechs Jahre Dienstzeit bevorstehen. In der Basisausbildung werden die Grundzüge des militärischen Tauchens gelehrt. Anschließend müssen die folgenden Lehrgänge absolviert werden, die je nach Jahreszeit variieren können:

Halle

Die Zeit der Hallenausbildung dient dazu, die angehenden Kampfschwimmer sowohl psychisch als auch physisch an ihre Grenzen zu führen und ist daher nicht als Ausbildung zu verstehen, sondern eher als ein weiteres Auswahlverfahren, während dessen die meisten der Bewerber scheitern. Das Programm umfasst Ausdauerläufe, Mutproben, Langstreckenschwimmen, Zeit- und Streckentauchen (Luftanhalten), sowie Liegestütze, Klimmzüge, Sit-Ups und Kniebeugen. Die Hallenausbildung findet zu großen Teilen in der Taucherübungshalle statt.

Einsatz- und Freiwasser

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Hallenausbildung kommt die Kampfschwimmereinsatzausbildung. Sie findet im offenem Wasser statt. In ihr wird hauptsächlich das Tauchen und das Langstreckenschwimmen in der Ostsee geübt, das sich wegen anderer Sicht- und Temperaturverhältnisse deutlich schwerer gestaltet als in der Schwimmhalle. Den Abschluss der Einsatzausbildung bildet das 30-km-Schwimmen durch die Ostsee.

Taktik

In der Kampfschwimmertaktikausbildung wird den angehenden Kampfschwimmern der infanteristische Kampf beigebracht, sowie das Seekajakfahren.

Tätigkeitsabzeichen der Kampfschwimmer

Weiterführende Ausbildung

Weitere Ausbildungsabschnitte sind der Kraftbootführerschein, die Ausbildung als „Sprenghelfer der Marine mit Taucheinsatz“, der Führerschein für die Bundeswehr-Klassen BCE (Pkw, Lkw, Lkw-Anhänger), der Einzelkämpferlehrgang Teil 1, sowie der Fallschirmspringerlehrgang an der Luftlande-/Lufttransportschule Altenstadt.

Bootsleute (vgl. Feldwebel) und Offiziere müssen darauf aufbauend noch weitere Ausbildungsschritte absolvieren:

  • Sprengleiter Marine mit Taucheinsatz
  • Kampfschwimmereinsatzleiter
  • Kampfschwimmerkampftruppführer
  • Fallschirmsprungausbildung, manuell

Außerdem werden folgende Lehrgänge im Ausbildungszentrum Spezielle Operationen in Pfullendorf absolviert:

Anschließend folgt die Verwendung in der Kampfschwimmerkompanie.

Interne Lehrgänge

In der Verwendung der Kampfschwimmerkompanie findet noch eine weitere Spezialisierung statt, sowie weitere Sonderlehrgänge wie Fernaufklärung in Pfullendorf, Bergsteigen/Kampf im Gebirge bei den Gebirgsjägern, Fernmelde-Lehrgang, Erste Hilfe, taktische Luftüberwachung, Waffen- und Schießausbildung usw. Bei der GSG 9 der Bundespolizei lernen die Kampfschwimmer das Gefechtsschießen. Nahkampf-Drill und Psychologie dienen der Antiterror-Taktik.

Ausrüstung

Während Kampfschwimmer küstennah, unentdeckt und in geringer Tiefe operieren, werden andere Waffentaucher auch auf offener See und zum Teil in größeren Tiefen eingesetzt. Das ausschließliche Tauchgerät der Kampfschwimmer ist entsprechend ein Sauerstoff-Kreislaufgerät, ein sog. Rebreather, welches die ausgeatmete Luft aufbereitet und nur geringste Gasmengen an die Umgebung abgibt, sodass der Kampfschwimmer nicht durch aufsteigende Blasen entdeckt werden kann. Entsprechend sind Kampfschwimmer in jeder Situation getarnt und verfügen über ein breites Spektrum an Waffen, z.B. die für den Unterwasserkampf entwickelte P11.

Siehe auch

Literatur

  • Sünkler, Sören: „Die Spezialverbände der Bundeswehr“. Motorbuch Verlag 2007, ISBN 3-613-02592-2
  • Sören Sünkler: „Elite- und Spezialeinheiten Europas“. Motorbuch Verlag 2008, ISBN 3-613-02853-0
  • Probst, Wilhelm: Kampfschwimmer der Bundesmarine. Innenansichten einer Elitetruppe, Motorbuchverlag Oktober 2001, ISBN 3-613-02148-X

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wilhelmshavener Zeitung vom 2. Dezember 2009, S. 6
  2. a b c Ingo Mathe. Einsatzgruppe See der Kampfschwimmerkompanie - Unbekannte Fähigkeiten der Deutsche Marine. In: Marineforum 11-2011 S. 18 f.
  3. Bundesarchiv/Militärarchiv Bestand BM 17
  4. Bundesarchiv/Militärarchiv Bestand BM 14
  5. Friedrich Kuhn: Froschmänner sollen die deutschen Marineschiffe beschützen. Spiegel Online, 8. Oktober 2006, abgerufen am 8. März 2009.
  6. Susanne Koelbl: "One Couldn't Help but Feel like a Lousy Comrade". Spiegel Online International, 27. November 2006, abgerufen am 8. März 2009 (englisch).
  7. Timo Noetzel, Benjamin Schreer: Spezialkräfte der Bundeswehr – Strukturerfordernisse für den Auslandseinsatz. Stiftung Wissenschaft und Politik Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, September 2007, S. 26, abgerufen am 8. März 2009 (pdf).

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