Kaolin

Kaolin
Kaolin

Kaolin, auch als Porzellanerde, Porzellanton, weiße Tonerde, Aluminiumsilikat oder in der Apotheke als Bolus Alba oder Pfeifenerde bezeichnet, ist ein feines, eisenfreies, weißes Gestein, das als Hauptbestandteil Kaolinit, ein Verwitterungsprodukt des Feldspats, enthält. Weitere Bestandteile sind verschiedene andere Tonminerale und unzersetzte Feldspatteilchen.

Kaolin wird hauptsächlich bei der Papierherstellung und Porzellanbereitung verwendet. Daneben wird Bolus Alba unter anderem als Bestandteil mancher Pudergrundlagen verwendet und auch Lebensmitteln zugesetzt. (Siehe Verwendung)

Der Preis für eine Tonne Kaolin lag in den Jahren 2003 bis 2005 um 70 britische Pfund, da der Verbrauch nur wenig geringer ist als die Fördermenge. Im Jahre 2003 wurde ein Verbrauch von 45 Millionen Tonnen durch eine Fördermenge von 45,6 Millionen Tonnen abgedeckt.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Das Wort Kaolin 高嶺土 wird von dem chinesischen Ortsnamen 高嶺 Gaoling (von chin.: gāo lĭng = hohe Bergkette) abgeleitet. So heißt ein Ort in der Volksrepublik China, im Nordwesten der Provinz Jiangxi, wo die „weiße Erde“, eben das eingedeutschte Kaolin gefunden wurde. Das Wort kam im 18. Jahrhundert durch einen französischen Jesuitenpater nach Europa, wo es die bisher üblichen Bezeichnungen „Weißton“ oder „Passauer Erde“ ersetzte.

Vorkommen und Abbau

Bereits vor 2000 Jahren wurde ein Vorkommen auf den Äolischen Inseln (Italien) ausgebeutet.

Lagerstätten

Es können zwei Arten von Kaolinlagerstätten unterschieden werden:

Primäre Vorkommen

Man unterscheidet hydrothermale Lagerstätten von residualen Lagerstätten. Granite oder Rhyolite werden vor Ort, also in situ durch Oberflächenwasser, fließendes Grundwasser oder hydrothermale Fluide chemisch verwittert.

Sekundäre Vorkommen

Sekundäre Kaoline sind zumeist umgelagerte primäre Kaoline. Am Ort der Entstehung wurden sie erodiert, anschließend transportiert und gemeinsam mit anderem Material in Form von Linsen abgelagert. Manche sekundären Kaolinite entstanden durch hydrothermale Alteration, also chemische Verwitterung durch Grundwasser, von Arkosen. Als Arkose wird ein Sediment mit einem Feldspatanteil von mehr als 25 % bezeichnet.

Siehe auch: Liste der Gesteine

Weltweite Vorkommen

Kaolin kommt in der Natur vergleichsweise selten vor, nennenswerte Lagerstätten befinden sich in Brasilien, USA, Deutschland, England, Tschechien, Japan, China, Indien und auf den Philippinen. Die weltweiten gesicherten und wahrscheinlichen Vorräte werden auf 14,2 Mrd. Tonnen berechnet, die weltweite Jahresproduktion betrug im Jahr 2003 45,6 Millionen Tonnen. Ausgehend von diesen Daten reichen die weltweiten Kaolinvorräte theoretisch noch bis ins Jahr 2300.

Die größten Produzenten sind Brasilien, die USA, Großbritannien, Deutschland und Tschechien. Aus diesen Ländern stammten 2003 rund zwei Drittel der Jahresproduktion. Die größten Abbauunternehmen weltweit sind Imerys (F), CADAM/PPSA (Bra), Thiele (USA), BASF (USA), Huber (USA) und die Amberger Kaolinwerke (Deutschland), die mittlerweile unter dem Dach der Quarzwerke Gruppe agieren.

Abbau in Deutschland, Polen, Tschechien, Ukraine

Kaolingrube bei Halle (Saale)

Hauptabbaugebiete für Kaolin in Deutschland befinden sich bei Hirschau in der Oberpfalz. Im Kaolinrevier in der Hirschau-Schnaittenbacher Senke befindet sich eine der bedeutendsten kontinentalen Kaolin-, Quarzsand- und Feldspatlagerstätten Europas. Die Amberger Kaolinwerke (gegr. 1901), der größte Hersteller des Industrieminerals Kaolin in Deutschland und die traditionsreiche Firmengruppe Dorfner bauen dort im Tagebau die Roherde ab. In Lohrheim im Taunus und auch im Westerwald wird vereinzelt Kaolin abgebaut. Ein weiteres Abbaugebiet liegt im mittelsächsischen Hügelland bei Seilitz und Kemmlitz („Börtewitzer Becken“). Aus dem dortigen Vorkommen wird Kaolin, das über eine kaolinitische Verwitterung von Graniten entstanden ist, für das berühmte Meißener Porzellan gewonnen. Bei Hohburg im Leipziger Land wurde von 1901 bis 1965 Kaolin abgebaut, das ebenfalls für Meißener Porzellan verwendet wurde[1]. Aus Gruben in Raum Halle (Saale) bei Salzmünde/Möderau, Etzdorf, Spergau und Rossbach wird Kaolin und weißbrennender Ton durch die Kaolin- und Tonwerke Salzmünde GmbH abgebaut[2].

Die Unternehmensgruppe Quarzwerke GmbH Frechen/Amberger Kaolinwerke betreibt neben dem Werk in Hirschau-Schnaittenbach, den Abbau in Kemmlitz (Kemmlitzer Kaolinwerke) sowie in Königswartha-Caminau (Caminauer Kaolinwerk) in der sächsischen Oberlausitz. In Polen wird der Kaolinabbau in Naumburg am Queis (östlich von Görlitz) und in der Ukraine in Gluhivzi durchgeführt. Tschechische Abbaugebiete befinden sich bei Pilsen und Karlsbad. Weitere – meist stillgelegte – Kaolingruben befinden sich um Lieskau und Röblingen am See in Sachsen-Anhalt sowie im Erzgebirge bei Aue.

Abbau in Österreich

Österreich ist nach Deutschland sechstgrößter Produzent der Welt. Hauptvorkommen und Betriebsstätten in Österreich befinden sich in Kriechbaum-Weinzierl (Gemeinden Allerheiligen im Mühlkreis, Perg, Schwertberg, Tragwein, Grube und Tagbau) und Aspang/Zöbern.

In Österreich ist die Kamig (Österreichische Kaolin- und Montanindustrie Aktiengesellschaft) in Tragwein das größte der drei bestehenden Förderunternehmen. 2004 wurden in zwei niederösterreichischen und einer oberösterreichischen Abbaustätte 80 Personen beschäftigt und 104.986 Tonnen Rohkaolin im Tagbau, im oberösterreichischen Tragwein auch im Grubenbau, gefördert. Dies ergab 16.345 Tonnen Reinkaolin in Tragwein und 5.832 Tonnen Muskovitglimmer in den niederösterreichischen Abbaustätten.

Varietäten

Varietäten des Kaolin tragen Bezeichnungen aus dem angelsächsischen Bergbau, die in die weiterverarbeitende Industrie übernommen wurden:

Ball clays

enthalten nur geringe Mengen an weiteren Mineralen beziehungsweise organischem Material. Durch Brennen entstehen weiße Produkte, wie etwa Sanitärwaren, aber auch Fliesen und Kacheln.

Fireclay

wird unmittelbar unter Kohleflözen gefunden und besitzt ähnliche Eigenschaften wie „ball clay“.

Abhängig vom Ablagerungsmilieu kann vulkanische Asche in Minerale umgewandelt werden oder bleibt als solche erhalten. Wasser ist notwendig für eine Alteration der Aschen. Wenn das Ablagerungsmilieu sauer ist, wie zum Beispiel in Kohlesümpfen, in denen organische Säuren aus dem Zerfall von Pflanzen vorkommen, wird die Asche zu Kaolinit umgewandelt. Dieses Gestein wird als „Tonsteins“ bezeichnet. Alte „Tonsteins“, die eine Ausfällungsreaktion durchlaufen haben, sind „fireclays“.

Underclays

können Kaolinit enthalten, müssen es aber nicht. Der „underclay“ ist der Bereich unmittelbar unter einem Kohlenflöz, und war der Boden auf dem die Pflanzen wuchsen, die heute die Kohle bilden. Wenn „underclay“ als „fireclay“ bezeichnet wird, ist er reich an Kaolinit. Aus „underclay“, „fireclay“ oder „flint clay“ werden feuerfeste Ziegel und Zemente, zum Beispiel für den Formsand in Gießereien hergestellt.

Flint clay

ist hart, glatt und bricht muschelig. Er entwickelt keine Plastizität (Bildsamkeit), wenn er mit Wasser versetzt wird, und kann nicht gelöscht werden. „Flint clay“ kristallisiert aus einem Gel mit Kaolinit-Zusammensetzung am Boden von Seen, möglicherweise Karstseen, aus.

Eigenschaften

Kaolin ist ein hydratisiertes Aluminiumsilikat. Eine theoretische Formel ist Al2O3 · 2SiO2 · 2H2O oder als Summenformel Al2Si2H4O9. Im Color Index wird es unter PigmentWeiß19 und mit seiner chemischen Struktur unter CI 77005 geführt. Es ist ein natürliches, feinkörniges und gut kristallisiertes Tonmineral mit einer „buch“artigen Struktur. In jeder dieser „Buchseite“ wiederholt sich die gleiche Schichtung von oktaedrischen Aluminat- und tetraedrischen Silikatschichten, die über Schichten von Sauerstoffatomen verbunden sind. Durch diese Schichtung ist die Plastizität (Verformbarkeit) zwar gering, aber der chemische Aufbau bringt eine hohe Feuerbeständigkeit und es bildet sich beim Brennen ein fester, dichter Scherben. Zudem führt diese Struktur zu geringen Partikelgrößen.

Blick vom Monte Kaolino auf Hirschau

Kaolin ist ein weißes Pulver mit einer Dichte von 2,58 g/cm³ und das einzige weiße, technisch verfügbare Mineralpigment, das natürlich mit einer Partikelgröße von weniger als 2 µm vorkommt. Der Schmelzpunkt von Kaolin liegt bei etwa 1450 °C. Der Weißgrad der trockenen Reflexion liegt bei 82 % für ein grobes Kaolin und bis 87 % für ein feines, ein wasserfrei kalziniertes kann auch über 91 % erreichen. Der Brechungsindex beträgt 1,56. Seine Mohssche Härte liegt bei 2,5. Ein feines Kaolin hat eine kugeläquivalenten Partikeldurchmesser von 0,5 µm und einen Anteil von 90 % Partikeln unter zwei Mikrometer, für ein 325-Maschen-Sieb beträgt der Rückstand weniger als 0,01 %. Einfachere grobe Kaoline haben einen Äquivalentdurchmesser von 3,5 µm und bilden auf dem 325er Sieb 0,1 % Rückstand, aber auch ein solches hat 40 % der Partikel unter 2 µm.[3]

Der Ölbedarf als Maß der relativen Oberfläche beträgt 32 g/100 g für ein grobes Kaolin, 45 g für 100 g feines und 55 g für 100 g kalziniertes Kaolin.

Oxidische Zusammensetzung in % [3]
Oxid theoretisch typische Analyse
Al2O3 39,50 % 38,5 %
SiO2 46,54 % 45,5 %
Na2O 0,1 %
TiO2 1,4 %
Fe2O3 0,3 %
H2O 13,96 % 13,7 %
(ungebrannt)

Verwendung

Neben dem Einsatz als Porzellanerde wird Kaolin vor allem als Füllstoff eingesetzt. Seine Pigmenteigenschaft ist von der Art des Substrates abhängig.

Verteilung des Kaolinverbrauchs auf einzelne Wirtschaftszweige[3]
Branche/ Einsatz Anteil am Gesamteinsatz
Papierbeschichtung 49,7 %
Füllstoff im Papier 22,8 %
Gummiindustrie 13,2 %
Lack- und Kunststoffindustrie 4,5 %
Keramikindustrie
sonstiger „Nichtfüllstoff“
6,2 %
Lebensmittel- und Düngerindustrie 3,2 %
Insektizide/ Fungizide 0,4 %

Keramik

Dank seines hohen Schmelzpunktes von 1450 °C dient Kaolin in der Keramikindustrie hauptsächlich als Grundlage zur Herstellung von weißem Porzellan und für hellbrennende Tonmassen. Bekanntes Endprodukt ist das Meißener Porzellan. Ein Zusatz bei der Herstellung von Boden- und Wandfliesen fördert die Qualität, je höher der Kaolin-Anteil umso größer kann die Fliese sein, da ihre mechanischen Eigenschaften nach dem Brennen verbessert werden.

Pigment und Füllstoff

  • Als weißes Pigment wird es zur Herstellung von Streichfarben und Anstrichmittel gebraucht.
  • Bei der Papierherstellung hat es eine doppelte Aufgabe als Füllstoff in der Masse und Streichpigment für Beschichtungen.
  • In Polyethylen (HDPE) kann Kaolin als Füllstoff zur Verbesserung des Elastizitätsmoduls eingesetzt werden.
  • Weichkaolin wird in der Reifenproduktion eingesetzt.
  • In der Kosmetik dient es als Grundlage zur Herstellung von Puder.
  • Als Grundstoff in der Farbstifterzeugung (Farbmine).

Lebensmittel

Kaolin wird in der Lebensmittelindustrie als Trägerstoff, Trenn- und Bleichmittel zugesetzt. Hierauf beruht die Bezeichnung Bleicherde, da es auf Grund seiner Struktur gut zu absorbierende Nebenstoffe aufnimmt. Vom menschlichen Darm wird Kaolin nicht aufgenommen, sondern unverändert wieder ausgeschieden. Die eingesetzten Mengen sind zudem sehr gering und die Substanz gilt als unbedenklich. In der EU ist es als Lebensmittelzusatzstoff mit der Nummer E 559 für bestimmte Lebensmittel und als Trägerstoff für Farbstoffe zugelassen. Kaolin wird auch für Nutztierfutter verwendet.[4] Kaolin wird auch bei der Edelobsterzeugung als Sonnenschutzmittel für die empfindliche Apfelschale in wässriger Lösung in den Plantagen ausgebracht. [5]

Sonstiges

Wie andere saugende Pulver kann auch Kaolin als Reinigungsmittel für Fettflecken auf Stoff oder Papier verwendet werden. Es wird dick aufgetragen, und während einer längeren Verweildauer verteilt sich das Fett aus dem Gewebe in der größeren Menge Kaolin. Gereinigt wird durch Abklopfen.

In der Kosmetik als Gesichtspackung (siehe auch weisse Tonerde). Wirkung: Reinigende und fettabsorbierende Wirkung bei Hautunreinheiten.

Literatur

  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie (7. Aufl.). Springer Verlag, Berlin (2005), ISBN 3-540-23812-3

Weblinks

 Commons: Kaolin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hohburger Dorfbuch von Manfred Müller
  2. Kaolin- und Tonwerke Salzmünde GmbH (Hrsg.: 190 Jahre Kaolin- und Tonwerke Sazlmüne, Verlag Störr Usedom, 2008
  3. a b c Temple C. Patton: Pigment Handbook Volume 1 Properties and Economics. John Wiley & Sons, London 1973. ISBN 0-4716-7123-1
  4. Dioxin-Gefahr aus dem Tagebau. In: FOCUS Magazin. 8. November 2004, abgerufen am 26. Januar 2011.
  5. Fehlender Parameter „titel“ und „zugriff“ (Hilfe) .

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