Karl Ferdinand Braun

Karl Ferdinand Braun

Karl Ferdinand Braun (* 6. Juni 1850 in Fulda; † 20. April 1918 in New York City) war ein deutscher Physiker, Elektrotechniker und Nobelpreisträger, der im besonderen Maße daran mitwirkte, die von Heinrich Hertz 1888 experimentell nachgewiesene elektromagnetische Strahlung nachrichtentechnisch nutzbar zu machen.

Ferdinand Braun

Inhaltsverzeichnis

Anfänge

Ferdinand Braun war der Sohn eines hessischen Beamten, er besuchte das Domgymnasium in Fulda, bevor er 1868 an der Universität Marburg sein Studium der Mathematik und Naturwissenschaften begann. Dort schloss er sich (wie seine Brüder Philipp und Adolf) dem Corps Teutonia Marburg an. 1869 ging er nach Berlin, wo er im Privatlabor von Heinrich Gustav Magnus arbeiten durfte, was als besondere Auszeichnung galt. Nach Magnus' Tod im Frühjahr 1870 setzte Braun seine Studien bei Georg Hermann Quincke fort und beschäftigte sich besonders mit Saitenschwingungen, über die er 1872 zum Doktor der Physik promoviert wurde. Seine vierundzwanzigseitige Dissertation trägt den Titel Ueber den Einfluss von Steifigkeit, Befestigung und Amplitude auf die Schwingungen von Saiten.

Tätigkeit als Lehrer

Da Braun kein Geld besaß, um als Assistent und später Privatdozent tätig zu sein, legte er 1873 in Marburg das Staatsexamen für Gymnasiallehrer ab und nahm im folgenden Jahr eine Anstellung als zweiter Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften an der Thomasschule Leipzig auf. Dort betrieb er nebenbei wissenschaftliche Untersuchungen der Schwingungs- und Stromleitung, wobei ihm seine erste große Entdeckung gelang. Zu dieser äußert er sich in den Annalen der Physik und Chemie von 1874: „… bei einer großen Anzahl natürlicher und künstlicher Schwefelmetalle … der Widerstand derselben verschieden war mit Richtung, Intensität und Dauer des Stroms. Die Unterschiede betragen bis zu 30 % des ganzen Wertes“.

Dieser Gleichrichtereffekt an Kristallen widersprach dem ohmschen Gesetz, fand aber dennoch kaum Beachtung. Allerdings begründete es den wissenschaftlichen Ruf von Ferdinand Braun. Eine Erklärung für diesen Effekt konnte Braun trotz intensiver Forschung zeitlebens nicht mehr geben, dazu fehlten damals noch die physikalischen Grundlagen – dies gelang erst im 20. Jahrhundert mit den Erkenntnissen der Quantenphysik.

Während seiner Zeit in Leipzig schrieb Braun sein einziges Buch: „Der junge Mathematiker und Naturforscher – Einführung in die Geheimnisse der Zahl und Wunder der Rechenkunst“, das 1876 erschien[1]. Er wollte damit bei seinen Schülern das Interesse für die mathematischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Natur wecken.

Tätigkeit als Professor

Ferdinand Braun (postumes Porträt von Hans Baluschek, 1927)

1877 wurde Braun zum außerordentlichen Professor für Theoretische Physik in Marburg ernannt. Er ging 1880 nach Straßburg und erhielt 1883 eine ordentliche Professur für Physik an der Universität Karlsruhe. 1887 erhielt er einen Ruf der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und wirkte dort in leitender Funktion an der Gründung und dem Aufbau des Physikalischen Instituts mit. 1895 wurde er Direktor des Physikalischen Instituts und ordentlicher Professor der Universität Straßburg.

Braun galt unter seinen Studenten als Meister des verständlichen Vortrags und des auch für Laien spektakulären Experiments, ein Stil, der sich in seinem locker, teilweise humorig verfassten Lehrbuch „Der junge Mathematiker und Naturforscher“ fortsetzte, welches ab 1875 in zahlreichen Auflagen erschien. Zudem verfasste er zahlreiche Beiträge für die Satirezeitschrift „Fliegende Blätter“.

Von seinen Schülern sind besonders hervorzuheben Jonathan Zenneck, ein Pionier der Ionenforschung, sowie Leonid Isaakowitsch Mandelstam und Nikolai Dmitrijewitsch Papalexi (1880 bis 1947), sie begründeten die russische Hochfrequenz-Technik.

Braunsche Röhre

Die noch heute anhaltende Bekanntheit verdankt Braun seiner Kathodenstrahlröhre, die nach ihm auch oft Braunsche Röhre genannt wird. Heute versteht man darunter stets eine Hochvakuum-Röhre in der ein Elektronenstrahl in Horizontal- und Vertikalrichtung abgelenkt werden kann. Die erste Version, sie entstand 1897 noch in Karlsruhe, fiel aber bei weitem noch nicht so perfekt aus: sie besaß nur eine kalte Kathode und ein mäßiges Vakuum, was 100.000 V Beschleunigungsspannung erforderte, um eine Leuchtspur des magnetisch abgelenkten Strahls erkennen zu können. Auch betraf die magnetische Ablenkung nur eine Richtung, die andere lief über einen vor der Leuchtfläche aufgebauten Drehspiegel ab. Die Industrie interessierte sich aber sofort für diese Erfindung, weswegen sie umgehend weiterentwickelt werden konnte. Schon 1899 führte Brauns Assistent Zenneck Kippschwingungen zur magnetischen Y-Ablenkung ein, später folgten Glühkathode, Wehnelt-Zylinder und Hochvakuum. So konnte diese Röhre nicht nur für Oszilloskope verwendet werden, sondern nach 1932 auch als grundlegendes Bauteil von Fernsehgeräten.

Funkempfänger

Mit Erfindung seiner Röhre begann Braun auch auf dem Gebiet der drahtlosen Telegrafie zu forschen. Ein Problem in der Funktechnik bestand in einem zuverlässig funktionierenden Empfänger: Braun war es als Physiker gewohnt, sich mit reproduzierbaren Versuchsbedingungen zu beschäftigen, diesen Bedingungen entsprachen die damals üblichen Kohärer-Empfänger aber kaum. So ersetzte Braun den Kohärer durch einen Kristalldetektor, was damals einen großen Fortschritt in der Empfindlichkeit der Empfänger brachte - auch wenn der Kristalldetektor immer wieder sauber eingestellt werden musste. Erst die Elektronenröhre konnte den Kristalldetektor ablösen, der aber weiterhin für einige Zeit in einfachen Empfängern Verwendung fand. Auch die ersten UKW-Radaranlagen nutzten noch einen Detektor.

Funksender

Sendeseitig konnte Braun der Funktechnik ebenfalls zu gewaltigen Fortschritten verhelfen: Guglielmo Marconi hatte seinen Sender vorwiegend empirisch zustande gebracht, so dass ihn Braun mit Betrachten des physikalischen Hintergrunds verbessern konnte. Waren Schwing- und Antennenkreis ursprünglich eins, so trennte Braun diese beiden Teile. Nun gab es einen Primärkreis, bestehend aus Kondensator und Funkenstrecke, und einen induktiv angekoppelten Antennenkreis, wodurch sich die Energie in diesem System viel leichter steigern ließ. So kam es schon 1899 zu derart leistungsfähigen Anlagen, dass der Begriff „Ferntelegrafie“ seine Berechtigung erhielt: konnte man bislang nur 20 km überbrücken, stiegen die Entfernungsrekorde von Monat zu Monat, 1901 konnte Marconi mit einem Braun-Sender sogar eine Verbindung von England nach Nordamerika aufbauen.

Parallel dazu versuchte Braun, die Knallfunken-Technik, welche nur gedämpfte Schwingungen erzeugte, zu ersetzen. Es gelang ihm mit Wechselstromgeneratoren, die ungedämpfte Schwingungen erzeugten, während ihm eine Rückkopplungsschaltung mit Elektronenröhren noch nicht gelang.

Antennen

Ein frühes Problem des Richtfunks, die gezielte Ausrichtung von Sende- und Empfangsantenne zueinander, beschäftigte Braun ebenfalls sehr. So war er einer der ersten, dem eine gerichtete Abstrahlung gelang.

Nobelpreis

1909 erhielt er den Nobelpreis für Physik für seinen Beitrag zur Entwicklung der drahtlosen Telegrafie. Er teilte sich den Nobelpreis mit dem Italiener Guglielmo Marconi.

Telefunken

Braun gehörte zu den Mitbegründern der Funkentelegrafie GmbH in Köln (1898) und der Gesellschaft für drahtlose Telegrafie Telefunken in Berlin (1903). Letztere führte ihn 64-jährig und mit angeschlagener Gesundheit nach New York: Die Großfunkstelle Sayville, das Pendant zu Nauen, sollte aufgrund von Patentstreitigkeiten ihren Betrieb einstellen. Der Prozess zog sich hin, woraufhin Braun vom Kriegseintritt der USA überrascht wurde und deswegen nicht mehr zurückreisen durfte. Er lebte als Kriegsinternierter weitgehend ungestört in Brooklyn, bis er am 20. April 1918 an den Folgen eines Unfalls starb. Sein Wunsch war es, in seiner Heimatstadt Fulda beigesetzt zu werden. Da eine Überführung während des Ersten Weltkrieges nicht möglich war, gelang es seinem Sohn Konrad erst im Jahre 1921, die Urne mit den sterblichen Überresten nach Fulda zu überführen. Die Beisetzung fand am Samstag, dem 4. Juni 1921, um 11 Uhr 30 statt. Es waren, bei herrlichem Wetter, nur wenige Menschen erschienen, da zur gleichen Stunde die Hauptkundgebung eines Diözesan-Katholikentages stattfand. Der Magistrat war nur durch einen untergeordneten Beamten vertreten.

Trivia

In seiner Geburtsstadt Fulda ist eine große technische Schule nach ihm benannt: Die Ferdinand-Braun-Schule. An ihr kann man neben Ausbildungen (Berufsvorbereitungsjahr, Berufsschule, Fachoberschule und Berufliches Gymnasium) in Maschinenbau und Elektrotechnik, Holz-, Bau- und Lackiertechnik auch ein Fachabitur in Gestaltung erlangen.

Weiterhin trägt das Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik, eine Forschungseinrichtung mit Sitz in Berlin, seinen Namen. Seine Forschungsaktivitäten sind der angewandten Forschung im Fach der Naturwissenschaft auf den Gebieten Mikrowellentechnik und Optoelektronik zuzuordnen.

Mehrere Straßen sind nach ihm benannt, unter anderem in Fulda.

Weblinks

Literatur

  1. Karl Ferdinand Braun: Geheimnisse der Zahl und Wunder der Rechenkunst. Gekürzte Neuauflage, 2000 Reinbek bei Hamburg (ISBN 3-499-60808-1)

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