Karl Gereon Goldmann

Karl Gereon Goldmann

Karl Gereon Goldmann (* 25. Oktober 1916 in Ziegenhain; † 26. Juli 2003 in Fulda) auch bekannt als "Lumpensammler von Tokio", war ein deutscher Franziskaner der in Japan und Indien tätig war.

Inhaltsverzeichnis

Jugend und frühe Jahre

Gereon Goldmann wurde 1916 als eines von sieben Kindern des Tierarztes Dr. Karl Goldmann und dessen Frau Margarethe Goldmann († 1924) in Ziegenhain bei Fulda geboren. Nachdem sein Vater in den späten 20er Jahren erneut geheiratet hatte – aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor –, zog die Familie 1931 nach Köln. Dort wurde Goldmann Mitglied in der 1919 von Jesuiten gegründeten Jugendbewegung Bund Neudeutschland. Am 10. Oktober 1936 trat er in den Franziskanerorden ein.

Zweiter Weltkrieg und Priesterweihe

Am 28. August, einen Tag nach Abschluss seines Philosophiestudiums, in die Wehrmacht eingezogen, wurde Goldmann bereits im selben Jahr in die Waffen-SS strafversetzt und war an der Front in Polen stationiert. 1942 wurde nach Auseinandersetzungen mit seinem Vorgesetzten in die Wehrmacht zurückversetzt. September 1942 wurde Goldmann verhaftet und wegen Wehrkraftzersetzung vor ein Kriegsgericht in Kassel gestellt und zu Fronteinsatz in Russland verurteilt. Nach einer erneuten Verhaftung blieb Goldmann bis Winter 1943 in Haft, wurde erst nach Frankreich strafversetzt, später dann nach Sizilien. Beim einem Heimaturlaub kam er in Kontakt zu Adam von Trott zu Solz, für den er später nach Frankreich und Italien Kurierdienste leistete. Ein solcher Kurierdienst führte ihn Januar 1944 nach Rom, wo er einem Verbindungsmann an der deutschen Botschaft eine Nachricht überbrachte. Als Dank wurde es Goldmann ermöglicht, eine Audienz bei Pius XII. zu erhalten. Dieser erteilte eine Sondervollmacht zur Priesterweihe.

Am 30. Januar wurde Goldmann auf Monte Cassino in alliierte Gefangenschaft und wurde in Folge in Kriegsgefangenenlagern in Marokko und Algerien interniert. Am 24. Juni 1944 erhielt er die Priesterweihe in Notre Dame de Rivet, ein Kirche in der Nähe eines Kriegsgefangenenlagers in Algerien. Ab August 1944 war er als Lagergeistlicher in Ksar-es-Souk, Marokko tätig. Ende 1945 wurde Goldmann verhaftet und nach Meknes, Marokko gebracht. Dort wurde er von französischen Alliierten vor ein Kriegsgericht gestellt und zum Tod durch Erschießen verurteilt. Februar 1946 erfolgte kurz vor der Exekution seine Begnadigung auf Fürbitte Pius XII. Die Strafe wurde in Lagerhaft umgewandelt. Nach seiner Freilassung 1947 kehrte er nach Fulda zurück. Zwischen 1948 und 1949 wurde er erneut verhaftet und diesmal von amerikanischen Alliierten vor Gericht gestellt. Das Verfahren wurde aus Mangel an Beweisen eingestellt. Nach einem einjährigen Theologiestudium widmete sich Goldmann seelsorgerlichen Tätigkeiten. Sein Augenmerk galt hierbei vor allem der Jugendarbeit.

Seelsorgerische Tätigkeit in Japan und Indien

Anfang 1954 reiste Goldmann nach Japan, um dort Leiter der Pfarrei St. Elisabeth in Tokioter Stadtbezirk Itabashi zu werden. Betroffen von dem in Itabashi herrschenden Elend fing er an zwischen 1954 und 1961 als Lumpensammler seinen Lebensunterhalt zu verdienen und mit den Überschüssen die Armen zu Unterstützen. Die von ihm gegründete "Lumpensammler-Studienstiftung" ermöglichte in den folgenden Jahren an die hundert Menschen das Studium. Hierfür wurde er 1965 von Tennō Hirohito mit einem Orden geehrt. Darüber hinaus umfasste sein soziales Engagement bis 1975 den Bau von Kirchen, Heimen, Krankenhäusern, Sozialstationen, das sammeln von Spendengelder und den Aufbau eines Sozialdienstes für die Bettler und Verwahrlosten mit Hilfe eben dieser Spendengelder sowie die Vermittlung von zinslosen Darlehen an Bedürftige. Diese Darlehen ermöglichten den Bau von 50 Sozialwohnungen. Seine seelsorgerlichen Tätigkeiten umfassten Taufen, Priesterweihen, Vorträgen und Predigten in ganz Japan. Ab 1965 dehnte er sein Engagement auf Indien aus. Bis 1994 setzte er sich dort für den Bau von Heimen, Kirchen, Klöstern und Krankenhäusern in der Missionsprovinz der Karmeliter in Kerala ein. 1975 gründete er das St. Gregorius-Institut für Kirchenmusik und Liturgie in Tokio. Am 26. September 1979 wurde das Institut eingeweiht, und Goldmann wurde Institutsleiter. In Folge dessen gab er die Leitung seiner Pfarrei an einen Nachfolger ab.

1993 erhielt Goldmann in dem von ihm gegründeten Kinderheim St. Maria den Besuch des japanischen Kaiserpaares Akihito und Michiko als Anerkennung seines sozialen Engagements. Der Umfang der von ihm gesammelten Spendengelder wird auf 50 Mio. Mark geschätzt. 1994 kehrte er nach schwerer Krankheit ausgelöst durch ein Herzleiden nach Fulda zurück. Dort lebte er bis zu seinem Tod 2003 im Franziskanerkloster der Stadt. Er starb am 26. Juli im Alter von 87 Jahren.

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