Karl Postl

Karl Postl
Charles Sealsfield; Fotografie, 1864.

Charles Sealsfield, eigentlich Karl Anton Postl, (* 3. März 1793 in Poppitz bei Znaim; † 26. Mai 1864 in Solothurn) war ein österreichischer und US-amerikanischer Priester, protestantischer Pfarrer und Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Postl entstammte einer Weinbauernfamilie. Der Erstgeborene trat nach dem Besuch des Jesuitengymnasiums in Znaim in den Kreuzherrenorden ein, wo er bis zum Sekretariatsadjunkt aufstieg, studierte in Prag Theologie, u. a. bei Bernard Bolzano, und empfing 1814 die Priesterweihe.

1823 flüchtete Postl aus ungeklärten Gründen über Wien und Stuttgart in die USA, wo er sich eine neue Identität aufbaute, zuerst als Charles Sidons, dann als Charles Sealsfield. Er lebte zunächst als protestantischer Geistlicher in Kittanning im US-Bundesstaat Pennsylvania und danach in New Orleans. 1826/27 war er wieder in Europa, v. a. in London, ließ seine ersten Veröffentlichungen erscheinen und bot vergeblich dem österreichischen Kanzler Metternich seine Dienste als Geheimagent an.

Während eines weiteren USA-Aufenthalts war er u.a. in New York als Mitarbeiter bei der Zeitung Courrier des Etats-Unis tätig und hatte Kontakt mit Joseph Bonaparte. Ende 1830 kehrte er nach Europa zurück, ließ sich in der Schweiz nieder und erlangte mit mehreren zunächst anonym veröffentlichten Romanen auch internationale Erfolge. Eine kurze USA-Reise 1837 diente der rechtlichen Absicherung seiner US-amerikanischen Identität; ein USA-Aufenthalt 1853-1858 brachte ihm die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. 1858 kaufte er sich auf Anregung eines seiner Schweizer Freunde, des Baselbieter Politikers Stephan Gutzwiller ein Haus in Solothurn, das er bis zu seinem Tod bewohnte.

Im Juni 1860 bewarb sich Karl Maria Kertbeny als Privatsekretär. Sealsfield schlug dieses Angebot aus.

1864 erlag Sealsfield einem Krebsleiden; für sein Grabmal bestimmte er selbst die Inschrift „Charles Sealsfield, Bürger von Nord Amerika“. Seit 1843 hatte er nichts mehr veröffentlicht und war weitgehend vergessen; die Eröffnung seines Testaments und die Enthüllung seiner früheren Identität erregte aber großes Aufsehen und führte zu intensiven biographischen Forschungen. 1965 wurde im Rahmen der Buchreihe Welt der Abenteuer sein Werk Das blutige Blockhaus neu aufgelegt.

Künstlerisches Schaffen

Zu Sealsfields Werk gehören neben journalistischen Arbeiten und Reisebüchern mehrere Romane, die in der Neuen Welt spielen. 1828 verfasste er die ausgesprochen kritische Schrift Austria as it is or sketches of continental courts, by an eye-witness (London, anonym). Sein erster Roman Tokeah, or the White Rose (1828, deutsch: Der Legitime und die Republikaner, 1838) ging seiner journalistischen Tätigkeit in New York, Paris und London voraus.

Eine reichhaltige Sammlung von Manuskripten und Erstausgaben seiner Werke, die „Sammlung Kresse”, wird in der Zentralbibliothek Solothurn aufbewahrt.

Literatur

  • Eduard Castle: Der große Unbekannte. Das Leben von Charles Sealsfield (Karl Postl). Manutius Presse, Wien/München 1952.
  • Helmut Zimpel: Karl Postls (Charles Sealsfields) Romane im Rahmen ihrer Zeit. Gerstenberg, Hildesheim 1973. (= Frankfurter Quellen u. Forschungen zur germanischen u. romanischen Philologie; 29)
  • Hubert Fritz: Die Erzählweise in den Romanen Charles Sealsfields und Jeremias Gotthelfs. Zur Rhetoriktradition im Biedermeier. Lang, Bern 1976. (Europäische Hochschulschriften; Reihe 1; 151)
  • Thomas Ostwald: Charles Sealsfield, Leben und Werk. Biographie aufgrund zeitgenössischer Presseberichte, ergänzt durch Buchauszügen aus Literaturgeschichten. Graff, Braunschweig 1976, ISBN 3-87273-021-5.
  • Franz Schueppen: Charles Sealsfield, Karl Postl. Ein österreichischer Erzähler der Biedermeierzeit im Spannungsfeld von Alter und Neuer Welt. Lang, Frankfurt am Main u.a. 1981 (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1; 428), ISBN 3-8204-6223-6.
  • Andreas Peter: Charles Sealsfields Mexiko-Romane. Zur raum-zeitlichen Strukturierung und Bedeutung der Reisemotivik. Stuttgart 1983. (= Jahresgabe der Charles Sealsfield-Gesellschaft in Stuttgart)
  • Beate Jahnel: Charles Sealsfield und die bildende Kunst. Die Landschaftsbilder in den Romanen Charles Sealsfields und ihre Parallelen in der amerikanischen und englischen Malerei des 19. Jahrhunderts. Sealsfield-Gesellschaft, Stuttgart 1985.
  • Walter Grünzweig: Das demokratische Kanaan. Charles Sealsfields Amerika im Kontext amerikanischer Literatur und Ideologie. Fink, München 1987 (= Schriftenreihe der Charles-Sealsfield-Gesellschaft; 2), ISBN 3-7705-2421-7.
  • Günter Schnitzler: Erfahrung und Bild. Die dichterische Wirklichkeit des Charles Sealsfield (Karl Postl). Rombach, Freiburg im Breisgau 1988 (= Schriftenreihe der Charles-Sealsfield-Gesellschaft; 3), ISBN 3-7930-9047-7.
  • Charlotte L. Brancaforte (Hrsg.): The Life and Works of Charles Sealsfield (Karl Postl) 1793-1864. Max Kade Institute, Madison (Wisconsin) 1993.
  • Franz B. Schüppen (Hrsg.): Neue Sealsfield-Studien. Amerika und Europa in der Biedermeierzeit. Interkulturelle Wirklichkeiten im Werk von Charles Sealsfield (1793-1864). Marbacher Symposion, November 1993 M und P, Verl. für Wiss. und Forschung, Stuttgart 1995 (= Schriftenreihe der Charles-Sealsfield-Gesellschaft; 7), ISBN 3-476-45062-7.
  • Joseph P. Strelka (hrsg.): Zwischen Louisiana und Solothurn. Zum Werk des Österreich-Amerikaners Charles Sealsfield. Lang, Bern u.a. 1997 (= New Yorker Beiträge zur österreichischen Literaturgeschichte; 6), ISBN 3-906756-93-9.
  • Gustav-Adolf Pogatschnigg: Charles Sealsfield. Politischer Erzähler zwischen Europa und Amerika. Perspektiven internationaler Forschung. Symposion Bergamo, Oktober 1994. Charles-Sealsfield-Ges., München 1998 (= Schriftenreihe der Charles-Sealsfield-Gesellschaft; 9), ISBN 3-926-458-04-6.
  • Lars-Peter Linke: Reise, Abenteuer und Geheimnis. Zu den Romanen Charles Sealsfields. Aisthesis, Bielefeld 1999, ISBN 3-89528-263-4.
  • Egon Renner und Boris Kruse: Charles Sealsfield und sein Indianerroman. In: Magazin für Amerikanistik 2/2002 - 4/2002. Verlag für Amerikanistik, Wyk a.F. 2002.
  • Alexander Ritter (Hrsg.): Charles Sealsfield. Perspektiven neuerer Forschung. Edition Praesens, Wien 2004.
  • Britta Waldschmidt-Nelson: Von Affen, Waldmännern und Wechselbälgern: Koloniale Stereotypen bei Sealsfield und ihr kulturwissenschaftlicher Kontext. In: Günter Schnitzler und Waldemar Fromm (Hrsg.): Jahrbuch der Charles-Sealsfield-Gesellschaft, Band XVI/2004. Rombach, Freiburg i.B. 2004, S. 129-170.
  • Ernst Grabovszki: Zwischen Kutte und Maske. Das geheimnisvolle Leben des Charles Sealsfield. Styria, Wien 2005, ISBN 3-222-13164-3.
  • Alexander Ritter (Hrsg.): Charles Sealsfield im Schweizer Exil 1831-1864. Republikanisches Refugium und internationale Literatenkarriere. Praesens Verlag, Wien 2008, ISBN 978-3-7069-0512-1.

Weblinks


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