Kastell Oberhochstatt

Kastell Oberhochstatt
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Kastell Oberhochstatt
Limes ORL NN (RLK)
Strecke (RLK) Rätischer Limes,
Strecke 14
Datierung (Belegung) bis spätestens um 260 n. Chr.
Typ evtl. Numeruskastell
Einheit evtl. Numerus
Erhaltungszustand nur im Luftbild erkennbar
Ort Oberhochstatt
Geographische Lage 49° 2′ 4″ N, 11° 3′ 11″ O49.03444444444411.053055555556
Vorhergehend Kastell Weißenburg (westlich)
Kastell Ellingen (nordwestlich)
Anschließend Kleinkastell „In der Harlach“ (östlich)
Vorgelagert Kleinkastell Gündersbach
(nordwestlich)
Kleinkastell Raitenbuch (ostsüdöstlich)

Das Kastell Oberhochstatt ist eines der am wenigsten bekannten ehemaligen römischen Kastelle, das nahe dem Obergermanisch-Rätischen Limes errichtet worden ist und nordöstlich des Dorfes Oberhochstatt im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen in Bayern gelegen hat. Die vielleicht für einen Numerus erbaute Befestigung ging mit dem Limesfall im Jahr 260 n. Chr. unter.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Die lange Zeit nur vermutete Befestigung lag an der nordöstlichen Ortsausfahrt des Dorfes Oberhochstatt zwischen der Straßenkreuzung Indernbuch–Burgsalach in der ehemaligen Flur „Burgstall“, worauf in der Vergangenheit nur der Fund von vier zum Teil fragmentierten, 9 cm hohen Bronzebuchstaben hinwies,[1] der von einer Bau- oder Ehreninschrift stammte, wie sie am Limes schon öfter, beispielsweise in Pfünz, aufgefunden worden ist. Thomas Fischer sieht diese Inschriften in Zusammenhang mit einer Inspektionsreise von Kaiser Caracalla nach dessen Sieg über die Alamannen im Jahre 213.[2] Vom Kastellplatz aus bestand Sichtverbindung zum Kastell Weißenburg. Rund zweieinhalb Kilometer Luftlinie im Südosten liegt das Kleinkastell „In der Harlach“.

Forschungsgeschichte

Erst 1983 konnte der Luftbildarchäologe Otto Braasch die genaue Lage der Umwehrung feststellen.[3] Aufgrund von einigen aufgefundenen Bronzebuchstaben, die zu einer Bau- oder Ehreninschrift gehört haben könnten, vermutete man zuvor schon lange in diesem Bereich ein Kastell. Barbara Pferdehirt hat daran gedacht, die mit wenigen Ausnahmen 8–10 Zentimeter[4] großen Buchstaben dieser Art in Zusammenhang mit gleichgestalteten Bronzebuchstabeninschriften aus der Regierungszeit Kaiser Caracallas (211–217) zu bringen, der 213 am Limes war. Buchstaben aus Bronze wurden unter anderem an den Kastellplätzen Schirenhof, Böbingen, Kösching, Pförring, Pfünz, Eining, Faimingen, Steinkirchen, Saalburg und Feldberg entdeckt. Den gleichen Gedanken vertritt auch Thomas Fischer.[5]

Baugeschichte

Da Ausgrabungen fehlen, ist die Wissenschaft auf reine Spekulationen angewiesen. Vielleicht gehört das Kastell bereits zur erste Phase des Limesvorschubs in den Raum nördlich des Fränkischen Jura. Es wäre dann in der domitianischen Epoche (81 bis 96 n. Chr.) zeitgleich mit Weißenburg, Gnotzheim und Unterschwaningen gegründet worden. Wesentlich häufiger wird jedoch die These vertreten, dass Oberhochstatt zusammen mit den Numeruskastellen Ellingen (Sablonetum) und Böhming zunächst als Holz-Erde-Anlage entstand. Für Ellingen konnte eine solche Gründung in der Zeit um 120 n. Chr. veranschlagt werden,[6] als der Limes in Raetien auf seine endgültige Linie gebracht worden ist. Quintus Spicius Cerialis, der als rätischer Statthalter in den Jahren 181 und 182 die Kastelle Böhming und Sablonetum in Stein ausbaute, könnte für die gleichen Baumaßnahmen auch in Oberhochstatt verantwortlich sein.

Numerus

Die nach Oberhochstatt abkommandierte, namentlich unbekannte Abteilung, war wahrscheinlich ein Numerus (dt. „Einheit“). Diese Einheiten gehörten zu den römischen Hilfstruppen, waren aber nicht so standardisiert, wie die Auxilia, welche in den Gründungstagen der Numeri bereits fester Bestandteil des römischen Heeres waren. Die Numeri entstanden am Ende des 1. Jahrhunderts, als die ersten Limesstrecken eingerichtet wurden. Der Bedarf an kleineren Einheiten zur Grenzüberwachung wuchs enorm, was auch finanzielle Folgen für das Reich hatte. So wurden junge Einheimische regional ausgehoben und mit geringerem Sold und weniger striktem Standard in neuerrichtete Standorte abkommandiert. Die Numeri wurden wie die Auxilia nach ihrer ursprünglichen völkischen Herkunft benannt und haben scheinbar bei der Entlassung nicht das römische Bürgerrecht erhalten.[7]

Vicus

Das mutmaßliche Kastelldorf (Vicus) konnte bislang nicht fixiert werden. Daher sind auch seine Ausmaße unbekannt.

Denkmalschutz

Das Kastell Oberhochstatt und die erwähnten Anlagen sind als Abschnitt des Obergermanisch-Rätischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes. Außerdem sind sie geschützt als eingetragene Bodendenkmale im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden anzuzeigen.

Siehe auch

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage, Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-786-12347-0, S. 299
  • Johann Schrenk und Werner Mühlhäußer: Land am Limes. Auf den Spuren der Römer in der Region Hesselberg - Gunzenhausen - Weißenburg. Schrenk, Gunzenhausen 2009, ISBN 978-3-924270-57-5, S. 115.
  • Eveline Grönke: Neues vom römischen Numeruskastell in Oberhochstatt, Stadt Weißenburg, Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen. In: Beiträge zur Archäologie in Mittelfranken, Band 5. Verlag Dr. Faustus, Büchenbach 1999. S. 181ff.
  • Günter Ulbert, Thomas Fischer: Der Limes in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8062-0-351-2

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Walter E. Keller, Walter Grabert: Die Römer am Limes von der Ostalb bis zur Donau. Verlag Walter E. Keller, Treuchtlingen 1998, ISBN 3-924828-49-0. S. 61.
  2. Günter Ulbert, Thomas Fischer: Der Limes in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8062-0-351-2
  3. Werner Zanier: Das römische Kastell Ellingen. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1992, ISBN 3-805312644. S. 12.
  4. Markus Scholz: Keramik und Geschichte des Kastells Kapersburg – eine Bestandsaufnahme. In: Saalburg-Jahrbuch, 52/53. 2002/2003. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2003. ISBN 978-3-8053-3636-9. S. 55.
  5. Günter Ulbert, Thomas Fischer: Der Limes in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8062-0-351-2.
  6. Werner Zanier: Das römische Kastell Ellingen. Zabern (Reihe Limesforschungen, Band 23). Mainz 1992, ISBN 3-8053-1264-4. S. 171.
  7. Anne Johnson (dt. Bearbeitung von Dietwulf Baatz): Römische Kastelle. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1987, ISBN 3-8053-0868-X, S. 36–37

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