Kellfaktor (Technik)

Kellfaktor (Technik)

In der Fernsehtechnik ist der Kellfaktor ein experimentell ermittelter Faktor zwischen 0,5 und 1, der angibt, bei welcher Bandbreite eines kontinuierlichen Fernsehsignals die Bildqualität im Vergleich zu der eines zeitdiskret abgetasteten Fernsehsignals als gleichwertig empfunden wird. Der Bezugswert ist dessen halbe Bildpunktfrequenz.

Inhaltsverzeichnis

Der Kellfaktor im Schwarz-Weiß-Fernsehen

Der Kellfaktor wurde in der CCIR-Norm für das Schwarz-Weiß-Fernsehen wie folgt berücksichtigt:

Die vertikalen Austastlücken hatten eine Dauer von 12,5 Zeilen. Die Dauer der horizontalen Austastlücke betrug 18 % der Zeilendauer von 64 Mikrosekunden. Das aktive Bildfenster belegte also in der Höhe 600 Zeilen und in der Breite 52,48 Mikrosekunden und hatte dabei ein definiertes Seitenverhältnis von 4:3.

Die Modellvorstellung ging von quadratischen Bildpunkten aus, behandelte also die horizontale und die vertikale Richtung gleichberechtigt. Deshalb ergaben sich für die Zeile 800 Bildpunkte mit einer Dauer von 65,6 ns (Nanosekunden). Aus diesem Wert errechnet sich eine halbe Bildpunktfrequenz von 7,62 MHz.

Die Bandbreite wurde auf 5 MHz festgelegt. Man nahm also zur Einsparung von Bandbreite relativ willkürlich einen Kellfaktor von etwa 0,656 an. In der OIRT verwendete man 6 MHz.

Die zeitnahe Definition

Ein Fachwörterbuch definierte den Kellfaktor: „Setzt man die Zahl der Bildpunkte je Zeile gleich der Zeilenzahl des Bildes mal dem Bildseitenverhältnis, so ergibt sich aus ihr und der Zeilenfrequenz die Bildpunktzahl pro Sekunde und damit die erforderliche Bandbreite. Die Auflösung ist aber in vertikaler Richtung nicht genau definiert. Nimmt man an, dass sie geringer ist als in horizontaler Richtung, so muss die errechnete Bandbreite im Interesse gleicher horizontaler und vertikaler Auflösung mit einem Faktor zwischen 0,5 und 1, dem Kellfaktor, multipliziert werden.“ [1]

Der Kellfaktor im Farbfernsehen

Mit Rücksicht auf die Ablenktechnik wurden für das Farbfernsehen größere Austastlücken festgelegt. Das Bildseitenverhältnis blieb bei 4:3 und auch die Bandbreite wurde nicht verändert. Deshalb ergibt sich mit 575 Zeilen und 52 Mikrosekunden rechnerisch ein etwas anderer Faktor. Das hat aber eigentlich nichts mit dem Kellfaktor zu tun.

Der Kellfaktor und die digitale Bildsignalverarbeitung

Mit der digitalen Bildsignalverarbeitung gab es die Bildpunkte, die zuvor nur im Modell (und in Form einer Wand aus Glühlampen) existierten, erstmals in der Realität. Damit ist die Grundlage für die Berücksichtigung des Kellfaktors entfallen.

Mit dem Übergang zur digitalen Bildverarbeitung veränderte sich somit das Modell: Die halben Zeilen wurden in der Speicherung zu ganzen Zeilen, deshalb spricht man von 576 Zeilen. Die Abtastfrequenz wurde nicht nach dem Modell mit quadratischen Bildpunkten gewählt sondern relativ willkürlich auf 13,5 MHz festgelegt. Daraus ergibt sich die Anzahl der Bildpunkte von 702 für die nominale aktive Zeilendauer. Die Anzahl 720 erfasst den Übergang in den Austastbereich einschließlich der Toleranzen, die Zahl 768 ergab sich als Anpassung an das Binärsystem und vereinfachte die Adressierung im Speicher.

Die Schranken des Kellfaktors

Betrachtet seien die beiden für den Kellfaktor genannten Schranken. Bei einem angenommenen Kellfaktor von 0,5 können bei 600 Zeilen in vertikaler Richtung 150 Linien akzeptabel abgetastet und dargestellt werden. Eines der beiden Halbbilder trifft eine solche Linie mit Sicherheit voll. Das andere Halbbild könnte die Linie voll treffen oder aber einen Mittelwert bilden, weil die Grenzlinie erfasst wird.

Bei einem angenommenen Kellfaktor von 1 wären es 300 Linien und es könnte der Fall eintreten, dass das eine Halbbild schwarz und das andere weiß ist. Es käme also zu einem inakzeptablen Flimmern. Dieses Signal ist wegen des Zwischenzeilenverfahrens unzulässig, aber dies steht nicht mit dem Kellfaktor im Zusammenhang. Den Kellfaktor betrifft die Tatsache, dass die Übertragung eines solchen Musters nicht garantiert werden kann, weil die Zeilen auf die Grenzen treffen können. In diesem Fall ergäbe sich eine Graufläche. Die Linien könnten auch einen kleinen Winkel zur Zeilenrichtung haben und so über die Breite des Bildes alle Zustände (auch mehrfach) durchlaufen.

Die Beispiele zeigen, dass der zutreffende Kellfaktor zwischen den Schranken liegen muss.

Angaben zur Geschichte

Der Kellfaktor ist benannt nach Ray D. Kell, der in den 1930er Jahren bei RCA die entsprechenden Experimente durchführte. Gleiche Versuche wurden auch in Entwicklungslabors Europas durchgeführt und veröffentlicht. Die Ergebnisse (selbst die von Kell) schwankten zum Teil beträchtlich. P. Mertz und F. Gray kamen 1934 zu einem Faktor von 0,53; Kell, A. Bedford und G. Fredendall veröffentlichten 1940 einen Faktor von 0,85!

Die Bedeutung des Kellfaktors

Die obere Schranke des Kellfaktors entspricht gerade jener Schranke, für die das etwa ein Jahrzehnt später veröffentlichte Abtasttheorem behauptet, dass im Bereich bis zu dieser Schranke eine Signalübertragung möglich sei. Die praktischen Erfahrungen, die die Grundlage der Ermittlung des Kellfaktors waren, stehen zum Abtasttheorem im Widerspruch.

Der Kellfaktor stützt die 1/3-Regel, die besagt, dass Signale, deren Bandbreite 1/3 der Abtastfrequenz nicht wesentlich übersteigt, halbwegs zufriedenstellend übertragen werden. Dieser Regel entspricht auch die Wahl der Abtastfrequenz von 13,5 MHz (dreifache Farbträgerfrequenz).

Das Thema Bildqualität ist weitaus komplexer. Auf die Beziehung zwischen Auflösung und Schärfe wird in SECAM III b eingegangen.

Einzelnachweise

  1. Handbuch für Hochfrequenz- und Elektro-Techniker, V. Band, Fachwörterbuch, Verlag für Radio-Foto-Kinotechnik GMBH, Berlin-Borsigwalde 1957/1970

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